Die allertraurigste Show der Woche
Hätte ich mir den Superlativ im letzten Eintrag doch gespart! Dann müsste ich ihn jetzt nicht noch überbieten. Denn das Prädikat „traurig“ gebührt ohne Zweifel „Derek“ (Channel 4), der Pilot-/One-Off-Folge von Ricky Gervais‘ jüngster Show rund um ein geistig zurückgebliebenes Faktotum in einem Altersheim. „Traurig“ in mehr als einer Hinsicht.
https://www.youtube.com/watch?v=iVBaZA1Jnkg?version=3&hl=de_DE
Traurig, in erster Linie, weil es nichts zu lachen gibt. Nennt mich altmodisch, aber ich mag Comedy, die mich zum Lachen bringt. Bei „Derek“ musste ich nach handgestoppten 14 Minuten (von 25) zum ersten Mal leise kichern, und danach kam nur noch ein einziger Lacher. Und nein, das war nicht der Moment, als Derek in den Brunnen gefallen ist. Vermutlich hat Gervais „Derek“ deswegen vorsorglich als Comedy-Drama deklariert, weil es schlicht fast keine Comedy gibt. Das Format (die schon erwähnten 25 Minuten) weist die Show aber im Grunde als Sitcom aus (ich kenne kein englisches Comedy-Drama, das so kurze Episoden hätte).
Als solche funktioniert „Derek“ nicht. James Carey fasst in seinem Blog Sitcom Geek sehr gut zusammen, was aus humorkritischer Perspektive nicht funktioniert: eine Sitcom benötigt eine Hauptfigur, die a) ein Ziel hat, eine Mission, mit einem Wort: die Âventiure, die seit dem Mittelalter jeden Ritter hat in die Welt ziehen lassen, um sich Bewährungsproben zu suchen. Dereks Wunschziel bleibt äußerst unklar. Comedy braucht aber auch b) Hindernisse, die aus dem Charakter selbst entstehen, aus seiner Eitelkeit, seiner Misanthropie, egal — er muss sich aber selbst im Weg stehen. Er braucht ein Handicap.
Genau hier stoßen wir an das Problem der Show, denn Derek hat ein Handicap, er ist aber nicht selbst schuld daran: Derek ist — sei es nun eine tatsächliche Behinderung, sei es nur ein extrem unterdurchschnittlicher Intelligenzquotient — beschränkt. Da hat „der Spaß ein Loch“, wie Murmel zu sagen pflegt. Denn wenn Derek nun über etwas stolpert, wörtlich und im übertragenen Sinne, hat das praktisch keine Fallhöhe. Er fällt nicht von einem hohen Ross; er ist von Anfang an schon ganz unten.
Es ist also schwierig, mit einer solchen Hauptfigur in einem solchen Setting komische Geschichten zu erzählen. Folglich hängen die wenigen genuin komischen Momente an den Nebenfiguren: Karl Pilkington als seniorenverachtender Altenpfleger Dougie etwa, der es durchaus verdient, wenn ihm etwas schlechtes widerfährt, oder die sympathische Pflegerin Hannah (Kerry Godliman), die von Derek in eine peinlich-amüsante Situation gebracht wird, als er ihr eigentlich nur helfen möchte. Die Komik, die da evoziert wird, ist aber allenfalls naiv und sentimental-rührend (beim erwähnten einzigen lauten Lacher ist Derek gar nicht beteiligt). Wer das mag, ist mit „Derek“ vielleicht ganz gut bedient.
Aber ich habe neben der fehlenden Fallhöhe (und dem abgedroschenen Mockumentary-Format) noch ein anderes Problem: Ich empfinde leider keine Sympathie mehr für Ricky Gervais. Ich kann nicht darüber hinwegsehen, dass die Figur des Derek vom Macher von „Life’s Too Short“ gespielt wird, der damals schon „keine Witze über Zwerge“ versprochen hat und dann doch nur Slapstick um einen Zwerg lieferte, der im Klo stecken bleibt. Gervais ist in meinen Augen hauptsächlich ein Agent Provocateur, der genau um die Wirkung weiß, wenn er sich die Haare in die Stirn kämmt, den Unterkiefer vorschiebt, mit einem „Glöckner von Notre Dame“-Gang geht und überhaupt einen Behinderten spielt. Ich kann von Anfang an nicht anders als denken: hier wird um der Provokation willen provoziert.
Eine interessante, erzählenswerte Geschichte konnte ich in „Derek“ jedenfalls nicht finden (eine erkennbare Handlung gab es überhaupt erst in den letzten zehn Minuten), und eine komische schon gar nicht. „Derek“ war für mich zwei Drittel Langeweile und ein Drittel Widerwillen, und ich wäre froh, wenn ich mich nicht durch weitere fünf Folgen „Derek“ quälen müsste.
Die Trailer wirken auf mich jetzt auch eher abschreckend. Wie da ein nicht Behinderter versucht, einen geistig Behinderten zu imitieren, und das nicht mal sonderlich überzeugend – nee, das geht gar nicht. Und dann noch die Rolle von Karl Pilkington, die aussieht wie eine Little Britain-Figur… Das Gervais sich in Extras/When the Wistle blows einst noch über Sitcoms mit Grimassen und Perücken lustig gemacht hat, ist auch bezeichnend für seinen Niedergang. Wie man Behinderung mit Witz, Drama und Melancholie gleichzeitig thematisieren kann, kann man in der französischen Komödie „Ziemlich beste Freunde“ sehen.
Mein Hauptproblem ist nicht mal die Behinderten Geschichte. Gervais kann einfach nur exakt eine Rolle. David Brent. Oder David Brent der sich über jemanden lustig macht. Es ist immer das Gleiche. Und das Karl einfach sich selber spielt macht die Sache nicht besser. Die beiden Rollen ausgetauscht und die Serie wäre um einiges besser. Als Drama wohlgemerkt. Comedy will das glaube ich nicht sein.
Gervais geht mir aber auch mehr und mehr auf die Eier. Wer seinen Twitter Feed verfolgt weiß wohl was ich meine. Entweder geht es um sein dauerndes Atheistengeheule oder um Tierschutz. An sich ja keine schlechten Themen, wenn mir allerdings die Religionshasser das Ohr mehr volllabern als die Gläubigen wird es anstrengend. Und soviel ich weiss ist Gervais kein Vegetarier, dementsprechend ist seine übertriebene Tierliebe auch sehr anstrengend.
Auch die Tatsache dass Gervais sich über alles stellt was in UK passiert ist lächerlich. Laut ihm ist ja Father Ted das letzte Gute was passiert ist in UK (Irland). Ein Witz.