Hilfe! Herbst!
„Hilfe! Hochzeit! – Die schlimmste Woche meines Lebens“ ist, das sei konzediert, über einige Strecken komisch geraten. Offenbar haben die Verantwortlichen bei Brainpool aus „Pastewka“ und „Stromberg“ gelernt, denn sie haben sich bei der dritten Adaption aus dem Angelsächsischen eng an das Original gehalten: „Hilfe! Hochzeit!“ kopiert „The Worst Week Of My Life“ (TITANIC 1/2006) so genau, daß es die Humorfarbe der Vorlage über weite Strecken gut trifft. Dramatik und Drehbuch sind annähernd identisch und wären auch kaum zu verbessern gewesen: Die BBC-Serie ist ein Meisterwerk der Burleske mit reichlich Gewalt gegen Autos, Omas und kleine Hunde und kommt so dem deutschen Hang zum Derbkomischen schon weit entgegen. Sie erzählt in sieben Folgen von der Woche, die vor der Hochzeit Joachim Wittes (Ch.M. Herbst) mit Anna von Schanz (Ulrike Tscharre) liegt und in der alles schief geht, was nur schief gehen kann: Witte, eigentlich ein harmlos-freundlicher Bankangestellter, verscherzt es sich unter anderem mit der aristokratischen Familie seiner Braut, wird von einer liebestollen Kollegin verfolgt und befördert seinen Trauzeugen ins Koma.
Daß die Übertragung aus dem Englischen so exakt ist, zieht nun einige Unstimmigkeiten nach sich: zwischen einem königlich-britischen und einem beamtisch-deutschen Richter liegen Welten, und hausgemachtes deutsches Lammgulasch steht nicht automatisch im Verdacht, völlig ungenießbar zu sein. Doch das verzeiht man in Hinblick auf die komischen Verstrickungen, die sonst nicht zu erhalten gewesen wären. Unverzeihlich dagegen, daß die Produktion ausgerechnet bei den Nebendarstellern gespart hat: Das größte Schauspieltalent in der zweiten Reihe hat mit Sicherheit der Hund. Weder Wittes Sekretärin ist glaubwürdig, noch seine unglücklich in ihn verliebte Bankkollegin; und selbst Uwe Friedrichsen, Vater der Braut und mächtigster Widersacher Wittes, bleibt blaß und konturlos, sein Schweigen ist nicht drohend und unheilschwanger, sondern immer nur Stummheit und Absens.
Das liegt aber vielleicht auch am größten Schwachpunkt der Serie: Christoph Maria Herbst. Der Schauspielerdarsteller Herbst spielt die Figur Wittes, wie er jede Figur spielt, nämlich als Clown. Um ihn ist das ganze Ensemble und das Set herumgestellt, doch er geht nie darin auf, weil er immer ironische Distanz wahrt. Selbst unter dem Bett seiner Schwiegereltern in spe versteckt, die gerade intim werden, spielt er nicht die schrecklich-komische Verzweiflung, mit der man als Zuschauer mitfühlen könnte, sondern grimassiert in die Kamera und bleibt so im Grunde doch noch Herr der Situation: Ganz schön peinlicher Moment, wie? Zwinker, zwinker!
Es ist ja nur das eine, daß deutsche Fernsehzuschauer bei komischen Produktionen gerne schon vorher wissen möchten, worüber sie gleich lachen werden, und die Produktionen dementsprechend auch beim Casting auf Wiedererkennbarkeit setzen. Das andere ist, daß Christoph Maria Herbst gar kein so besonders guter Schauspieler ist.
(zuerst erschienen in der Humorkritik in TITANIC 5/2007)
Hallo Oliver,
deine Beiträge in der Titanic hab ich immer wieder gern gelesen.
Die beiden letzten Absätze geben sehr gut wieder, was ich bei dieser und anderen Adaptionen denke. Beim Original habe ich Tränen gelacht (ungelogen), bei der deutschen Adaption dagegen nach einer halben Folge beschämt weggezappt.
Kann ich nur bestätigen.