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Wie ein Ei dem anderen

Gestern begannen auf Sat.1 die neuen Staffeln „Ladykracher“ und „Pastewka“, nach Pocher lief dann noch „Zack! Comedy nach Maß“, und so wenig ich auf die Inhalte im Einzelnen eingehen möchte, weil ich das alles auch nicht sehr aufmerksam und nicht ausschließlich geguckt habe, umso mehr fiel mir, vermutlich eben deshalb, die beeindruckende Gleichförmigkeit all dieser Shows auf: Wie verwechselbar das alles inszeniert ist! Wie immer alles gleich ausgeleuchtet, gleich ausgestattet, gleich geschnitten ist — als gäbe es genau einen Regisseur, einen Ausstatter, einen Produzenten, der Wert darauf legt, daß alle seine Shows identisch aussehen.

In „Star Stories“ fachsimpeln U2 darüber, daß das Alleinstellungsmerkmal von Bono seine Sonnenbrille und das von The Edge seine Mütze sei, während das Markenzeichen der anderen zwei sei, daß sie eben kein Markenzeichen hätten. Genau diese Idee scheinen auch die Sat.1-Comedyserien zu verfolgen: Ihr Unique Selling Proposition ist es, keine zu haben. Klappt prima.

Nicht so ganz verstehe ich, daß sich neben Brainpool (von denen zwei der erwähnten Shows stammen) nicht irgendwann einmal eine kleine Produktionsfirma etablieren kann (wie in England sagenwirmal Baby Cow), die ein anderes Look and Feel entwickelt für ihre Shows: Dunkler (gerne auch im Wortsinn), dreckiger, in einem halbwegs überzeugenden Mockumentary-Stil gedreht (warum hält sich nicht einmal „Pastewka“ an dieses Format, als das es doch angelegt ist?), oder psychedelisch, mit irgendwelchen Regie-Ideen, die man nicht schon millionenmal gesehen hat? Es gibt doch hunderte von Möglichkeiten, Serien etwas Unverwechselbares, Eigenes zu geben; nennen wir es der Einfachheit halber Charakter. Anschließend könnte man ja sogar wieder zurück zu klassischen Formen kommen, die dann genau so wirken könnten, nämlich klassisch. Heute wirken sie nur wie Einheitsbrei, möglichst leicht verdaulich heruntergekurbelte Dutzendware, die dadurch leider schon seicht aussieht, bevor noch irgendwelche Drehbuch-Inhalte Wirkung entfalten könnten. Wenn es denn welche gäbe.

  1. René
    31. Oktober 2009, 16:32 | #1

    Der SPON-Artikel zum Thema (http://www.spiegel.de/kultur/tv/0,1518,658255,00.html) lobt den Kram natürlich: „Stromberg 4.0: So klingt die Poesie des Untergangs; so funktioniert die Kunst der humoristischen Verfeinerung inmitten des groben deutschen Comedy-Unfugs.“ Das ist hübsch verschwurbelt, aber natürlich verstiegen und glatt gelogen, denn Christoph Maria Herbst ist ja bestenfalls ein zweitklassiger Grimasseur.

    „Denn was bleibt ihnen anderes übrig, als ihre Kunst in ihren kleinen Serienreservaten zu kultivieren, während draußen im Rest der deutschen Fernsehwelt der Heuschrecken-Humor herrscht?“ Ich verstehe einfach nicht, warum man auf diese Weise versucht, den Leser für dumm zu verkaufen, und trotz Internet und DVD noch immer so tut, als gäbe es ausschließlich deutsches Fernsehen, als wären diese Serien originäre Schöpfungen und nicht sämtlich für den deutschen Markt adaptierte britische und amerikanische Formate. Vielleicht, weil man sich sonst eingestehen müßte, daß es, von wenigen Ausnahmen abgesehen, um deutsche Comedy eben doch schlecht bestellt ist und daß man bei einem kurzen Blick über den Tellerrand weinend auf die Knie fiele?

  2. René
    31. Oktober 2009, 20:36 | #2

    Ich will ja nicht kleinkariert sein, aber das zweite „daß“ im letzten Satz meines Kommentars gehört da nicht hin. Dieses Posting zerstört sich in 90 Sekunden selbst.

  3. nur ein viertelstündchen
    31. Oktober 2009, 23:20 | #3

    Das Vorurteil, dass die Deutschen keinen Humor haben, scheint in der Regel wohl einfach zu stimmen.
    Es ist doch bezeichnend, dass man einen wie Harald Schmidt, als witzigsten Mann des deutschen Fernsehen bezeichnen könnte und dieser noch nicht einmal wirkliche „funny bones“ hat, sondern einfach nur ein smartes „Arschloch“ ist (der seine besten Tage auch schon lange hinter sich hat).
    Der deutsche Mainstream-Humor ist entweder stumpfer menschenverachtender Chauvinismus, indem es nur um die Abgrenzung, die Überlegenheit gegenüber den Freaks, die man auslacht und an den Pranger stellt geht ,wie fabriziert von z.B. Stefan Raab, Oliver Pocher usw. oder total harmlose,eingeschlafene, eindimensionale Kalauersketche, über die in Amerika oder England noch nicht einmal Dreijährige lachen könnten.
    Bis auf wenige Ausnahmen wie z.B. Titanic, Loriot, Thomas Berhard kenne ich Humor in deutscher Sprache gar nicht.
    Ich habe mir instinktiv angewöhnt nur noch über Witze in englischer Sprache wirklich lachen zu können und schaue mir ehrlichgesagt deutsche Comedy aus Prinzip gar nicht mehr an.

  4. nur ein viertelstündchen
    31. Oktober 2009, 23:51 | #4

    Tut mir leid, wenn ich da ein bißchen einseitig und unbedacht dahergeplappert habe, aber ich bin noch jung und kenne britische Comedy und amerikanische Comedy im orginal noch nicht so lange. Ich bin mit deutscher Comedy und den entsprechenden Witzen meines sozialen Umfelds großgeworden und habe immer gedacht, ich sei das Problem und hätte keinen Humor. Bis ich das erste Mal Alan Partridge gesehen habe und vor Lachen beinahe gestorben bin. Deswegen finde ich ist der „Look“ der deutschen Comedy das geringste Problem. Es ist das viel grundsätzlichere Problem, dass die Deutschen, was den Humor betrifft, einfach keine Kultur zu haben scheinen und deswegen auch ihre Komödien in fast allen Fällen so etwas wie Charakter gar nicht haben können

  5. Kenny von Spenny
    1. November 2009, 10:38 | #5

    Über viele ausländische Komikerdarsteller kann ich aber auch nicht lachen: Jim Carrey, E. Murphy, Adam Sandler, Benigni etc.
    Bestenfalls findet sich für die mal jemand, der ihnen eine Rolle maßschneidert, und dann sind sie einen Film lang relativ erträglich und man steht nicht kurz davor, eine Bierflasche Richtung Fernseher zu schmeissen.
    Vielleicht liegt hierin auch die Schwierigkeit: es gibt eine Menge selbsternannter Komiker, die gar nichts Komisches oder wenigstens komisch Unkomisches an sich haben. Denen gegenüber sitzen dann Lohnschreiber, die sich für einen Haufen gesichtsloser Chargen etwas ausdenken müssen.
    Am glücklichsten ist wohl die (seltene) Kombination „guter Autor & Darsteller in Personalunion“. Oder „guter Autor & sein Lieblingsdarsteller“.
    In Deutschland etwa gibt es Schauspieler, die viel komisches Talent haben, seltsamerweise aber bis zur Verrentung immer nur ernste Rollen spielen. Selten hat dann so einer vielleicht mal das Glück und es findet sich ein fähiger Schreiber oder Filmmensch, der ihr Potential erkennt:
    Vor ein paar Jahren habe ich mal Wiederholungen uralter Tatort-Folgen mit Helmut Fischer als Polizeibeamten gesehen. Seine Rolle wirkte da verhältnismäßig farb- und harmlos, trotzdem müssen die Zuschauer damals wohl schon gemerkt haben, daß da einer noch sehr viel mehr könnte, wenn er nur dürfte.
    Etwas später bekam er dann ja auch eine Rolle, die wohl mehr seinem Naturell entsprach.

  6. Captain Stormfield
    1. November 2009, 12:34 | #6

    Es ist m. E. einfach so, dass die TV- Produktionsstrukturen in Deutschland Mittelmaß belohnen und Risiko im günstigsten Fall nicht bestrafen. Aber es gibt schon Leute, die erkennen, was gut ist. „The Office“ beispielsweise galt schnell bei deutschen Fernsehmachern als „verdammt heißer Stoff“, Von „Curb Your Enthusiasm“ wurden zumindest im RTL-Umfeld bald nach Erscheinen Folgen auf selbstkopierten Kassetten (ja, damals gab es noch Videokassetten!) rumgereicht und als „tolle Sache“ beschrieben, die man aber „leider den Deutschen nicht zumuten kann“. Und nach vielerlei Absicherung und Marktforschung kommt dann so was wie Pastewka oder Stromberg raus. Nun kann man Fernsehfritzen schwerlich vorwerfen, dass sie an ihren Stühlen kleben; das haben Menschen, die in Behörden oder Quasi-Behörden arbeiten, nun mal so an sich.
    Die BBC ist auch ein Monster, aber da verdienen die Leute, wenn sie einen Hit landen, Geld. (Und werden gefeuert oder zurückgestuft, wenn sie Flops bauen.) Sowas bräuchten wir auch. Den Rest – Publikum, Talent und (in Maßen) Know-how – haben wir.

  7. Jeun
    3. November 2009, 11:56 | #7

    Mir gehts nicht unähnlich wie meinem Vorredner: Auch ich habe mir mittlerweile angewöhnt, instinktiv über englischsprachigen Humor zu lachen und deutschen von vornherein skeptisch zu betrachten, aaaber: das ist natürlich auch nicht toll. Ich glaube, die Freude darüber, dass ich mittlerweile gut Englisch kann, lässt mich auch so manchen halbgaren Jokus gut finden und macht mich zu milde.

  8. Larry Duff
    3. November 2009, 21:31 | #8

    So – und jetzt alle hier mal 15 Minuten lang Helge Schneider gucken! (Ich weiß – keine originäre Fernsehgestalt – versöhnt einen aber wieder mit dem deutschen Humor!)

  9. Torsten
    21. September 2011, 16:15 | #9

    Bezeichnend dafür, wie viel Ahnung hierzulande selbst die Programm-Chefs von guter Comedy haben und wie man sie produziert: Da erwägt ZDF-Chef Bellut die Produktion einer eigenen Sitcom, und welches unglaublich originelle, witzige Kleinod an kreativem Humor wird dafür gewählt? Ausgerechnet der Zoten-Dauerbeschuss Two an a Half Men!
    http://www.fernsehlexikon.de/8694/zweieinhalbtes-deutsches-fernsehen/
    Bezeichnend an dieser Aussage finde ich, dass 1. selbst eine formelhafte Baukasten-Flachwitz-Show wie 2 1/2 Men den deutschen TV-Machern wie schwer zu erreichende, hohe Komödienkunst vorkommt und 2. man glaubt, dass gute Autoren offenbar genügen, um sowas auch machen zu können.
    Da sieht man mal, wie weit das deutsche Fernsehen davon entfernt ist, Sitcoms und Comedy auch nur ansatzweise auf dem Niveau anderer Länder wie USA, UK produzieren zu können. Gute Autoren und Schauspieler sind allein eben nicht genug, die ganze Comedy-Kultur funktioniert in solchen Ländern auf ganz anderem Niveau, gute Schauspieler, Produzenten und Autoren haben jahrelang Standup gemacht, bevor sie zum Fernsehen kamen, es gibt einfach völlig andere Möglichkeiten, kreative Nachwuchskräfte zu finden (bzw. es gibt sie in Deutschland sicherlich, aber sie bleiben unentdeckt), undundund. Sowas sollte man als Programmchef auch hierzulande eigentlich wissen – oder solche vor Halbwissen strotzenden Aussagen unterlassen.

  10. Kenny
    21. September 2011, 19:28 | #10

    Torsten, mein Rat: trinkensen Bier auf diese Schocknachricht. Ich war (gottseidank, muss man sagen) schon fast voll, bevor ich Ihre Meldung hier las, und kann das darum jetzt noch halbwegs psychisch verarbeiten. Wie das Leben aber morgen weitergehen soll mit so einer Sc*eis*e weiss ich jetzt auch nicht, aber es muss doch irgendwie weitergehn!

  11. Torsten
    21. September 2011, 22:31 | #11

    Iss ja gut, ich will die Sache nicht überdramatisieren, finde nur, dass dieses Beispiel das Elend mit dem deutschen Fernsehen und seiner Einstellung zum Humor mal wieder besonders auf den Punkt bringt und zum Thema/Tenor dieses Threads gut passt. Ich glaube, einfach mal ein Bier trinken und die Dinge nicht so eng sehen würde dir auch mal ganz gut tun. 😉

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