Dude, Where’s My Zombie?
Selten beschreibe ich Filme (oder Serien) als eine Mischung aus diesem und jenem Film (oder dieser und jener Serie), ganz einfach, weil es Filmen (oder Serien) selten gerecht wird. Heute mache ich mal eine Ausnahme: „Zombieland“ ist eine Mischung aus „Evil Dead“, „Crank 2“ und „Dude, Where’s My Car?“. Von der „Evil Dead“-Reihe hat er dabei natürlich das Zombiethema (und ein bißchen was vom Humor Sam Raimis), von „Crank 2“ die Looks und die Brutalität, und von „Dude, Where’s My Car?“ die hanebüchene Story und den Kifferhumor — was ihm letztlich auch eine eher mäßige Gesamtnote einträgt.
https://www.youtube.com/watch?v=M-cIjPOJdFM&hl=de&fs=1&
Die USA nach der Apokalypse. Nach dem Vorspann, in dem schon allerhand Zombieaction in Slowmotion zu sehen ist, erläutert uns ein ca. 15jähriger Klugscheißer (Jesse Eisenberg) seine Überlebenstips für das Zombie-Armageddon, was mit entsprechenden Szenen illustriert wird: Fitness, double tap (zweimal auf einen Gegner schießen, um sicherzustellen, daß er tot ist), Sicherheitsgurte, Vorsicht vor Toiletten etc. Recht schnell trifft das Klugscheißerkind auf den cool-abgefuckten Zombiekiller (Woody Harrelson), und gemeinsam lassen sie sich erst von love interest (Emma Stone) und ihrer kleinen Schwester übertölpeln, um sie anschließend aus größter Gefahr zu retten, weil die Weiber natürlich doof genug sind, sich ausgerechnet einen Freizeitpark als Fluchtziel auszusuchen. Zwischendurch ziehen sich die vier noch in Hollywood in die Villa eines bekannten Schauspielers zurück, der prompt als er selbst auftaucht — ein Subplot, der lustig genug ist, daß ich hier keine Details verraten möchte, der aber andererseits auch typisch für das zentrale Problem des Filmes steht: die fehlende Fallhöhe.
Denn „Zombieland“ hat keinen Respekt vor Zombies. Weder vor dem Genre noch vor den Untoten selbst. Hier werden die Zombiejagd und das möglichst bunte Abknallen zum Selbstzweck, Zombies zu Schießbudenfiguren, die an keiner Stelle wirklichen Schrecken verbreiten und so ambivalent erscheinen, wie sie sind, weil zum Beispiel niemand aus der unmittelbaren Nähe der Helden selbst zum Zombie wird. Das wirkt in vielen Zombiefilmen ja erst als Erweckungserlebnis, weil die Bedrohung dadurch real und persönlich wird. Hier bleibt eine unpersönliche Zerstörungswut, die sich beispielsweise in der ungebrochen „komisch“ dargestellten Zerstörung eines Ladens in einem Indianerreservat (ausgerechnet!) zeigt, wo Kunsthandwerk und Souvenirs von den vier Helden einfach zum Jux kaputtgeschlagen werden — ohne daß es Grund gäbe, sich an dem konkreten Ladengeschäft oder etwa dem Kapitalismus als solchem zu rächen (es ist ein verdammter Souvenirladen von Indianern! Kein Kaufhaus oder sowas). Komik entsteht hier fast ausschließlich aus der ungefilterten, extrem übertriebenen Gewalttätigkeit gegen Zombies und überhaupt alles, was noch nicht ganz kaputt ist: der lustige Zombiekiller hat schlicht Bock auf Ballern, sei es auf Zombies oder auf Einrichtungsgegenstände, fährt gerne mit einem Hummer in der Gegend herum und hat Spaß daran, mit ungewöhnlichen Waffen (Banjo! Heckenschere!) Zombies zu töten. Wenn man unterstellt, daß jeder Zombiefilm, absichtlich oder nicht, ein Porträt der Gesellschaft zeichnet, in der er entstanden ist, dann ist die Botschaft von „Zombieland“: Die Welt ist eh am Arsch, also mach, was du willst, um deinen Spaß zu haben, denn das ist das wichtigste.
Abgesehen davon habe ich mich aber durchgehend amüsiert. Etwa so wie über eine Fahrt mit der Achterbahn, nach der man denkt: Na, sie hätten sie ja nicht unbedingt aus den Knochen von tausend an Leukämie gestorbenen Kindern bauen müssen.
„Zombieland“ läuft in Deutschland am 10. Dezember an.
Wirklich erfrischend ist der lakonische Unterton des Erzählers und Helden, und die Idee, dass die Zombieapokalypse(aktueller Bezug zur Doku Food, Inc.) durch kontaminiertes Burger-Hackfleisch ausgeläst wurde. Anders als O.Nagel sehe ich den Erzähler weniger als Klugscheisser, sondern eher als unsicheren Nerd, der sich mittels einer Checkliste durch das menschenleere Katastrophengebiet USA bewegt, noch dazu nur mit einer Doppellader-Schrotflinte bewaffnet. Natürlich genau auf die Hauptzielgruppe, nämlich College-Kids hin positioniert. Woody Harrelson spielt eine Karikatur von sich selbst in Natural Born Killers. Als zweiten Film für einen Film-Abend empfehle ich „Idiocracy“ von Mike Judge, am besten vorher ansehen.
Der jungen Eisenberg war letztens bei Conan O’Brien und ich kann nur sagen, dass man von ihm noch mehr hören und sehen wird. Er hat diesen angenehmen, etwas hängeschultrigen Jungzynismus und dabei war er unglaublich nervös und dennoch souverän und – dare i say it – süß. Jude halt.
dass die zombies keine wirklich bedrohung darstellen, hat mich auch gelangweilt. ich hab immer drauf gehofft, dass sich die kleine schwester nach dem anfaenglichen taeuschungstrick dann mal wirklich infiziert, ihr aber keiner glaubt und sie dann als werdender zombie im auto mitfaehrt. haette mir nach den vielen positiven reviews auch ein weniger mehr erwartet. den klugscheisser fand ich nicht so schlimm. die sache mit dem indianerreservat kaputtschlagen fand ich ganz gut. in zombieland ist der kapitalismus eh schon kaputt, da kann man statt supermaerkten oder banken ruhig auch mal einfach den laden einer unterdrueckten minderheit ruinieren, weil eh schon alles wurscht is.
Wer dieses () schöne, leider etwas dunkle, Filmplakat in 69 x 102 haben möchte, bitte melden (casiraghi at gmx.net). Durch unselige Umstände habe ich es zweimal erhalten, eins davon könnte daher gegen Porto eine andere Wand zieren.