Können Tiere lustig sein?
Clipshows genießen zu Recht den schlechten Ruf billig produzierter Fernseh-Dutzendware: Es gibt sie schon, seit Videokameras so günstig wurden, daß der Durchschnittsverdiener sich eine leisten konnte – also etwa seit Martin Luther, der nur zufällig nicht dabei gefilmt worden ist, wie er sich ordentlich auf den Daumen gehämmert hat, als er seine Thesen an die Kirchentür nageln wollte. Alle anderen Mißgeschicke von kleinen Kindern, Sportlern, Tieren und Autofahrern aber sind auf VHS bzw. seit dem Ersten Weltkrieg zusätzlich digital dokumentiert worden und werden seitdem auf diversen Fernsehkanälen regelmäßig verklappt. Damit auch der dümmste Zuschauer merkt, daß da ohne jeden finanziellen Aufwand Sendezeit gefüllt werden soll, bemühen sich die meisten Shows dieser Art, auch für Moderatoren, Off-Sprecher, Kulissen und Autoren möglichst kein Geld auszugeben.
Dabei ließe sich selbst aus einem ermüdenden Format wie diesem noch etwas machen. Man müßte lediglich die von Zuschauern hausgemachten Wackelfilmchen durch sagenwirmal hübsch gefilmte BBC-Wildlife-Aufnahmen mit Gorillas, Haien, Pandas und Pinguinen ersetzen und ein paar talentierte Comedians damit beauftragen, sich komische Synchronisationen für die Viecher auszudenken. Wie komisch könnte diese Show sein!
Ohne weiteres ließe sich ein Running Gag denken, bei dem ein Murmeltier immer und immer wieder seinen Kumpel Alan ruft, einige Dachse, die sich geschäftig am Bauch kratzen, was mit entsprechenden Soundeffekten sehr nach dem Scratchen von Hip-Hop-Platten aussähe, oder eine Gruppe von Haien, die ihre Mäuler zu »Bohemian Rhapsody« auf- und zuklappen. Pupsende Gorillas, Frösche, die ein Unterwasserorchester dirigieren, Talentshows mit Pinguinen – alles wäre möglich! Habe ich schon das Murmeltier erwähnt, das »Alan« rufen könnte, »Alan! Alan! Alan! Alan! Alan«?
Natürlich würde diese Show auch davon profitieren, daß verblüffendes Filmmaterial zum Einsatz käme, wie man es auch in aufwendigen Dokumentationen findet: von seltenen Echsen, ungewöhnlichen Raupenprozessionen durch die Wüste oder miteinander rangelnden Giraffen. Wenn man dann noch ein paar prominente Gastsprecher auftriebe, vielleicht Tom Jones, Stephen Fry und Ozzy und Sharon Osbourne – fertig wäre eine familienkompatible BBC1-Samstagnachmittagsshow namens »Walk On The Wild Side«, die man ab Februar auf DVD per Import ordern könnte. Ein Traum!
Zuerst erschienen in der Humorkritik in TITANIC 2/2010.
Leider ist der Erscheinungstermin der DVD auf unbestimmt verschoben; möglicherweise, weil sie zu Beginn der zweiten Staffel „Walk on the Wild Side“ herauskommen soll.
Nur kurz am Rande, weil Sie die süperben BBC-Tierfilme hier auch am Rande erwähnt haben: vor Jahreswende
wurden David Attenboroughs „Wildlife“-Dokumentationen bei amaozn.uk ein paar Tage lang für
quasi „einen Apfel und ein Ei“ herausgeschleudert. Ich habe diese Anschaffung bis heute nicht bereut, obwohl ich nie ein ausgesprochener Tierfilm-Enthusiastiker gewesen bin. Allein schon die einlullende Märchenonkelstimme während der Vorstellung der diversen exotischen Viecher versetzt einen in eine angenehme Stimmung.
Unvergessen bleiben für mich hierzulande immerhin Monty Arnolds Off-Kommentare für diese Clips, Stefan Niggemeier hat das hierseinerzeit sehr schön zusammengefasst.
Mit Tieren gab es hier auch schon mal was in den 90ern, damals bei diesem „Nichts ist unmöglich“-Quatsch von Toyota, das hat Sat.1 dann mit einer eigenen Sendung zu Tode geritten. Der Gag war viel schneller durch als z. B. Rickys Popsofa oder Kentucky schreit ficken (was haben die damals Running Gags gnadenlos durchgezogen) und schrecklich war das, aber naja.
Ea gab übrigens mal eine möglicherweise davon „inspirierte“ deutsche Version auf Super RTL, die aber ziemlich grausam gewesen sein muss:
http://www.popkulturjunkie.de/wp/?p=3726