Mas, mas, mas
„Mas“, „mehr“, war der Titel der letzten Episode „Breaking Bad“ (S03E05), mit der die Serie endgültig bewiesen hat, daß auch die dritte Staffel qualitativ nicht hinter der phantastischen ersten und sehr guten zweiten Season zurücksteht. Die erste Folge der aktuellen Staffel hieß „No mas“, und der Andeutung einer Kehrtwendung folgt ebendiese: Sogar zwei schön vorbereitete und inszenierte Wendepunkte, nach denen gleich drei Figuren und ihre Storys überraschende neue Richtungen einschlagen. Starke Richtungswechsel kurz vor Halbzeit der Staffel (mit insgesamt 13 Episoden): Respekt, das ist sehr gut. So gut, daß ich erst nach dem Klick auf „Mehr“ spoilern möchte.
In einer Prequel-Szene erzählt „Mas“, wie Jesse (Aaron Paul) mit Walters (Bryan Cranston) ganzem Ersparten, immerhin 7000 Dollar, das Wohnmobil kaufen soll, in dem sie später in der Wüste New Mexicos Meth kochen. Statt dessen verjuxt Jesse fast alles mit seinen Kumpels Combo und Skinny Pete in einem Nachtclub. Den kargen Rest händigt er am nächsten Morgen Combo aus, der ihm dafür das Wohnmobil seiner Mutter „verkauft“ — de facto aber stiehlt Jesse es auf diese Weise, ohne das selbst zu wissen. Zwar ist Combo mittlerweile tot, doch Hank (Dean Norris), Walts Schwager und DEA-Cop, findet immerhin Combos Mutter und dort im Zimmer ihres toten Sohnes ein Foto, auf dem er mit Jesse zu sehen ist.
Dieser Rückgriff erzählt also nicht nur, warum sich die Schlinge um Jesses Hals langsam zuzieht, sondern läßt ihn auch in einem überraschend schlechten Licht dastehen. Ein Eindruck, der noch verstärkt wird, als Jesse und Walter bei ihrem gemeinsamen Rechtsanwalt und Geldwäscher Saul Goodman (Bob Odenkirk) aufeinander treffen: Jesse beansprucht auch Walters Teil des Geldes für die letzte Meth-Lieferung. Das wiederum hat ihr gemeinsamer Abnehmer, Gus Frings, Chef einer Hühnerbraterei-Kette, je zur Hälfte Walter und Jesse zukommen lassen — zwar hat Jesse die Drogen alleine produziert, aber mit Walters Rezept. Und sehr gegen Walters Willen. Doch so sehr es Walter stinkt, daß Jesse sein Rezept geklaut hat, so sehr widerstrebt es ihm, auf die Offerte seines Abnehmers einzugehen, der ihm für drei Monate Methkochen drei Millionen Dollar verspricht. Nicht einmal das State-of-the-Art-Drogenlabor in einer zum Betrieb gehörenden Wäscherei, das ihm Gus zeigt, kann Walter überzeugen, obwohl es sehr vielversprechend aussieht: Eine Meth-Küche unter einer Großwäscherei ist annähernd genial, denn niemand wird mißtrauisch, wenn dort täglich große Mengen Chemiekalien angeliefert werden, und die entstehenden Gase können zusammen mit denen der Wäscherei gut gefiltert abgelassen werden.
Daß Walter schließlich doch auf das Angebot eingeht, drei Monate für drei Millionen Dollar zu kochen, ist eher Jesses Gier und seinem abstoßenden Auftritt geschuldet und nicht so überraschend. Überraschend aber ist, daß er zuvor seiner Frau Skyler (Anna Gunn), was er bislang vehement abgelehnt hat, ausgefertigte und unterschriebene Scheidungsformulare zurückläßt und sich also von ihr trennt. Dabei ging es in den letzten Folgen hauptsächlich um seinen Versuch, Skyler zurückzugewinnen, die von Walters Karriere als Drogenkoch alles andere als begeistert ist. Interessanterweise ist es nun Skyler, die erst eine Sporttasche voll Geld im Schlafzimmer findet und dann, trotz ihrer Affäre mit ihrem Chef, an ihrem Trennungsvorhaben zu zweifeln beginnt. Zwischendurch hatte ich sogar erwartet, Skyler und Walter wären das neue Drogenteam — eine Art bürgerlicher Bonnie and Clyde. Doch nun sieht es eher so aus, als machte Walter Nägel mit Köpfen: Und ginge nach dem Pep Talk des Hühnerbraters, echte Männer versorgten in jedem Fall ihre Familie, auch wenn die Familie das nicht wollte oder sogar nicht einmal wüßte, nun seiner eigenen Wege.
Jedenfalls gibt Walter Jesse die geforderte Hälfte des Drogengelds zurück, warnt ihn scharf davor, weiterhin mit seinem, Walters, Rezept zu kochen, und kündigt an, Jesse sei draußen und er, Walter, sei drin: Er kehre im ganz großen Stil ins Geschäft zurück. Und aus Freunden und Geschäftspartnern werden Konkurrenten.
Hervorragende Unterhaltung, das — „Breaking Bad“ dürfte die zurzeit beste amerikanische Serie sein. Na ja, neben „Modern Family“ vielleicht.
Und als wäre das nicht genug Ärger, weiß Walt ja noch gar nichts vom besonderen Interesse der beiden sympathischen jungen Mexikaner an seiner Person.
Leider fehlt einigen Charakteren ein bisschen die Tiefe. Richtig interessant find ich bisher eigentlich nur Jesse und Walt. Alle anderen machen so ziemlich das, was man von ihnen erwartet. Aber der Plot macht natürlich einen Mordsspaß.
In Sachen beste Serie: Ich bin mal gespannt wie Treme so weiter geht, fand den Piloten sehr vielversprechend und wenn das Niveau von The Wire einigermaßen erreicht werden kann… Habe jedenfalls große Erwartungen.
im moment gibt es also zwei gefahrenherde, die walt auffliegen lassen könnten: jesse packt aus irgendeinem grund aus, vielleicht von selbst um walt einen reinzuwürgen (unwahrscheinlich); oder er wird gefasst. Was ist aber mit der anwältin? aber eigentlich hat skyler jetzt auch nicht mehr einen grund, ihn anzuschwärzen.
was ich den machern hoch anrechne, ist, dass sie nie den einfachen weg gehen. es wäre ja ohne weiteres möglich gewesen, walt als neuen unterweltsboss zu entwickeln, der mit hilfe von jesse und seinen kumpels den markt kontrolliert und sich gegen das kartell behaupten muss. das wäre eine der üblichen der-pate-stories geworden (und das funktioniert ja immer). im moment kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, in welche richtung es sich entwickeln wird.
wo guckt ihr den kram eigentlich immer? ami-i-tunes geht doch wohl nicht, oder?
Ein wenig spät mit meinem Kommentar, aber ich finde es nicht gut, dass eine Folge vollständig gespoiled wird.
na ja, aber doch mit deutlicher ansage und erst nach einem klick, oder?
Wenn „Mas“ gut war, was war dann bitte „Sunset“? Und jetzt fang ich Idiot auch noch an „The Wire“ zu schauen: Brilliant.