Deutsche Bücher, deutsches Geld
Wenn mir demnächst eine Mail ins Haus flatterte: die Hölle friert zu, und aus diesem Anlaß lädt die Zeitschrift Konkret gemeinsam mit Heckler & Koch zu einem kleinen Umtrunk ein — dann könnte ich auch nicht viel erstaunter sein als gerade eben. Vor ein paar Minuten erhielt ich diese Mail:
von: presse@keinundaber.ch
Betreff: Einladung zur Lunchlesung mit Markus Feldenkirchen am 21. März in den Deutsche Bank Türmen in Frankfurt am Main(…) Der Verlag Kein&Aber und die Alfred Herrhausen Gesellschaft der Deutschen Bank laden Sie herzlich zu einer Lesung zur Mittagszeit: Markus Feldenkirchen liest aus seinem Roman „Was zusammengehört“. Im Anschluss: Der Autor und Spiegel-Redakteur im Gespräch mit Stephan Sattler, Editor at Large, Hubert Burda Media. Einführung: Wolfgang Nowak, Geschäftsführer der Alfred Herrhausen Gesellschaft“
Ja, wirklich? DAS gehört jetzt zusammen? Kein&Aber und die Deutsche Bank? Also der sympathische Schweizer Verlag, in dem Gerhard Polt, Harry Rowohlt und etliche Autoren der Neuen Frankfurter Schule verlegt sind, und die Bank, die Kredite für skrupellose Projekte vergibt und Spekulationsgeschäfte auf Kosten hochverschuldeter Länder betreibt? Die gehören jetzt zusammen? Herzlichen Glückwunsch!
Zur Erinnerung: Die Deutsche Bank finanzierte, um ein willkürliches Beispiel zu nennen, in den Neunzigern eine Gold- und Kupfermine in Indonesien, deren Betreibern grobe Menschenrechtsverletzungen und massive Zerstörung des Ökosystems vorgeworfen wurde und das indonesische Militär Zwangsumsiedlungen durchführen ließ, bei denen über ein Dutzend Menschen umkamen. Die Deutsche Bank hat dem afrikanischen Apartheitssystem durch großzügige Umschuldungen und langfristige Kredite zu günstigen Bedingungen wieder auf die Beine geholfen. Die Deutsche Bank zahlt kaum noch Steuern („Unsere Absicht ist es, … Industriebeteiligungen so zu veräußern, daß die Steuerfreiheit gegeben ist, d.h. der erwartete Steuersatz null Prozent beträgt“, so der Vorstand in seinem Geschäftsbericht), während die deutschen Steuerzahler via Hermes-Kreditsicherung durch den Bund für Ausfälle und Risiken haften. Die Deutsche Bank fördert die Atomkraft. Und, und, und.
Und mit dieser Deutschen Bank arbeitet jetzt ohne Not Kein&Aber zusammen, deren Autoren F.W. Bernstein, Wiglaf Droste, Bernd Eilert, Fil, Bernd Fritz, Greser & Lenz, Josef Hader, Eckhard Henscheid, Rudi Hurzlmeier, Ernst Kahl, Peter Knorr, Bernd Pfarr, Gerhard Polt, Harry Rowohlt, Rocko Schamoni, Michael Sowa, Hans Traxler, F.K. Waechter und Hans Zippert für das diametral Andere, das Gute und Schöne und Wahre in der Welt stehen? Nämlich auf der Seite des Menschen, des Kleinen, Ausgebeuteten, Schwachen? Deren Verlag arbeitet jetzt mit DER DEUTSCHEN BANK zusammen??
Ich muß gleich kotzen.
Gefällt mir (an dieser Stelle sich bitte kleinen Daumen nach oben vorstellen)!
Ingo Oschmann wurde übrigens gerade zum neuen Chefredakteur der Titanic ernannt.
Inwiefern Eckard Henscheid freiwillig für das Gute und Schöne in der Welt steht, darf aber auch hinterfragt werden, oder?
PS: Und so neu überraschend ist das Ganze leider auch nicht: Kolleger Hilmar Kopper ist immerhin Vorsitzender des Caricatura-Aufsichtsrates, wenn ich mich nicht irre…
jepp, die kopper-nummer finde ich auch äußerst kritikwürdig.
gibt’s denn da gar keine erklärungs/rechtfertigungsversuche seitens kein & aber?
doch. kein&aber reagierte auf meine mail mit der bitte, mich aus dem mailverteiler zu nehmen, wie folgt:
vielen Dank für Ihre Mail.
Ich kann Sie gerne aus dem Verteiler nehmen, auch wenn wir nicht der neue Corporate Publisher der Deutschen Bank sind.
Zudem handelt der Roman u.a. von der Finanzkrise in Irland ausgelöst durch die … Banken.
Wussten Sie, dass Helmut Kopper Förderer des caricatura Museums ist? So werden die Mailinglisten immer dünner.
Ich hoffe, Sie bleiben uns erhalten!
Besten Dank und herzliche Grüße
J**** S*****
(auslassungs-pünktchen im original)
fragt sich, ob die ihre npd-kritischen bücher an entsprechend einschlägigen stammtischen und in zusammenarbeit mit der ortsgruppe vorstellen.
weils zum thema passt: soeben auf ORF in der fußball-halbzeitpause gesehen: john cleese macht mit dem werbespruch „and now for something completey different“ werbung für ein wettbüro.
^ The Cheese hat allerdings auch eine unersättliche Ex-Frau, da kann man ihm das vielleicht nachsehen.
Da ich es schrieb und es mich ernsthaft interessieren würde (sofern eine Antwort nicht den Rahmen sprengt und meine Frage nicht zu indiskret ist): Wie stehen Sie denn generell zu Henscheid bzw. gibt es sowas wie eine „gemeinsame Linie“ der ganzen Titanic-Leute in dieser Sache?
Ich meine das relativ wertfrei, ist ja eine schwierige Angelegenheit.
Ich stehe Titanic und der NFS zu nahe, als daß ich dazu hier Stellung beziehen möchte. Sie können aber davon ausgehen, daß es bei Titanic keine „gemeinsame Linie“ gibt, da hat – wie zu jedem anderen Thema – jeder seine eigene Meinung. Satiriker halt!
Alles klar, habe ich mir so in der Art auch gedacht, besten Dank!
Der „kleine, feine“ Kein@Aber Verlag hatte schon immer Geld. Das zum Thema „klein“.
Vor ein paar Jahren hat er seine Buchhandelsvertreter abgeschafft und macht Geschäfte nun übers Telefon mit den Buchhandlungen. Alles sehr ungewöhnlich. Da wundert mich so etwas überhaupt. Wahrscheinlich kennen die Jungs sich schon seit dem Kindergarten in Zürich.