Bald zwanzig Jahre nach seinem Tod verbinden die meisten mit Benny Hill kaum noch mehr als eine alberne Melodie, die praktisch jeden Filmclip komisch wirken läßt, wenn man ihn nur ein bißchen schneller abspielt. Wer sich doch noch an ihn erinnert, denkt an sexistischen Humor der altbackenen Sorte. Dabei war er zu seiner Zeit nicht nur größer als Charlie Chaplin: Er hat in den Kindertagen des Fernsehens bereits Formen gefunden, von denen Comedyshows bis heute zehren.
Als er am Ostermontag 1992 starb, alleine auf dem Sofa seiner schäbigen kleinen Mietswohnung in Teddington, war aus ihm das geworden, was er immer gespielt hatte: Eine Witzfigur. Mit wild abstehendem Haar und offenem Hemd, ohne Schuhe und Socken hatte ihn ein Herzinfarkt überrascht, während er Teletext guckte; es war sein zweiter. Neben sich zwei leere Teller und zwei leere Weight-Watchers-Softdrinks, so fand ihn sein langjähriger Produzent und Regisseur Dennis Kirkland drei Tage später. Wären da nicht die 300 Pfund in bar gewesen, die ihm aus der Hose gefallen waren (und die 7,5 Millionen auf der Bank): man hätte ihn für einen armen Schlucker halten können. Als solcher war er zuletzt auf der Titelseite des Daily Star gewesen; der hatte ihn dabei fotografiert, wie er mit zwei Plastiktüten voll Konservendosen aus dem Supermarkt kam, und mit der Schlagzeile „Mr. Mean“ noch nachgetreten: Das ist aus Benny Hill geworden, dem vormals berühmtesten Engländer im Ausland, dem ungekrönten Star-Comedian der Fünfziger, Sechziger, Siebziger und sogar der Achtziger – ein ungepflegter, dicker, schmutziger alter Mann, der Millionen mit Tittenwitzen verdient hat, aber so geizig ist, daß er sich weder Personal noch ein Auto, eine Eigentumswohnung oder gar ein Haus leistet. Ein Eigenbrötler, der selbst sein Weihnachtsmahl bei Marks & Spencer kauft und keinen Menschen neben sich erträgt außer einer Zugehfrau. Auch die durfte seine Sachen kaum berühren, und in der Folge machte sie dann eben zwischen seinen Dreckhaufen sauber.
Die ganze Geschichte in einem ausführlichen Humorkritik-Spezial gibt’s ab morgen in der August-Ausgabe der Titanic am Kiosk Ihres Vertrauens!
Bzw. jetzt natürlich auch hier im Blog: Hier geht’s zum zweiten Teil.
Ein seltenes Vergnügen: Die ARD zeigt britisches ComedyDrama — und das an einem der prominentesten Sendeplätze: Sonntags, nach dem „Tatort“.
Morgen um 21.45 Uhr kommt der erste von drei Teilen der brillanten „Sherlock“-Neuverfilmung mit Benedict Cumberbatch und Martin Freeman (BBC1, 2010). Die Miniserie stammt aus der Feder von Steven Moffat („Coupling“ und neuere „Dr Who“-Folgen) und Mark Gatiss („The League Of Gentlemen“), und weil ich auf die deutsche Ausstrahlung auch nur aufmerksam geworden bin, weil Peer Schader im F.A.Z.-Fernsehblog darauf hingewiesen hat, linke ich einfach mal zur gerechterweise hymnischen Kritik dort.
Ricky Gervais stellt Warwick Davis vor, den Hauptdarsteller aus Gervais‘ und Stephen Merchants nächster Sitcom „Life’s Too Short“ vor. Was mich aber viel mehr interessieren würde: Warum sind da im Hintergrund Schauspieler in „Star Wars“-Kostümen zu sehen, die sich offenbar gerade auf ein Bankett vorbereiten…?
https://www.youtube.com/watch?v=39iPmE2p52I?version=3&hl=de_DE
Die achte Staffel „Curb Your Enthusiasm“ (HBO) hat begonnen (ACHTUNG, SPOILER!):
Larrys Scheidung von Cheryl geht ihren Gang — selbstverständlich zum Nachteil Larrys, der seinen äußerst renommierten Anwalt Berg feuert, weil der trotz seines jüdischen Namens (und Habitus‘) kein Jude ist, und zu einem Winkeladvokaten wechselt. Prompt verliert Larry das Haus an Cheryl und muß (schon wieder) umziehen. Die Tochter eines Freundes von Larry, die ihm in ihrer Eigenschaft als Girlscout Kekse verkaufen möchte, hat zufällig in Larrys Eingangshalle ihre erste Periode, und Larry muß ihr durch die Toilettentür erklären, wie man (bzw. frau) einen Tampon benutzt. Worüber ihr Vater nicht erfreut ist. Zum Schluß muß sich Larry einer Horde Girlscouts erwehren, die die Keksbestellung Larrys liefert und Geld sehen möchte, das Larry aber nach der Malaise mit dem Tampon nicht mehr zu zahlen bereit ist.
Insbesondere die Tampon-Episode kam mir sehr an den Schamhaaren herbeigezogen vor; bis auf eine lustige Szene, in der Larry selbst einen Tampon (nicht ganz seiner Bestimmung gemäß) verwendet, war sie schon sehr unglaubwürdig. Der Erzählstrang rund um den nicht ganz koscheren Anwalt war recht vorhersehbar, allerdings im Vergleich schon wieder beinah realistisch: In der Autobiographie des deutschen Musikproduzenten Jack White gibt es eine ähnliche Anekdote, die womöglich Pate für diese Story in „Curb“ war. Denn White, in Wirklichkeit Horst Nußbaum, hatte während seiner Zeit in den USA deutlich die Unterstützung aus den jüdischen Teilen des Showbusiness gespürt — und diese selbstverständlich auch nicht darüber aufgeklärt, daß er keineswegs Jude ist, sondern einfach nur zufällig einen jüdisch anmutenden Namen trägt.
Eine insgesamt unbefriedigende Episode „Curb“. Mit der Aussicht, daß es auch in der nächsten Folge noch nicht nach New York gehen wird, mag ich mich ebenfalls nicht anfreunden: Das sieht mir sehr nach der Strategie der letzten Staffel aus, die lange mit dem Cast von „Seinfeld“ warb, aber die erste Handvoll Episoden völlig ohne auskam.
Was habt ihr von dieser ersten Show der neuen Staffel gehalten?
Es gibt auf diesem Blog eine neue Seite namens „Termine“, und ratet mal, was sich darauf befindet: — Genau! Süße Babyphotos und Katzen, die aussehen wie Hitler. Ich bitte um freundliche Verachtung.
Jesse Armstrong, langjähriger Co-Autor von Erfolgscomedys wie „The Thick of It“, „Four Lions“, „Peep Show“ sowie verschiedenen anderen Projekten mit David Mitchell und Robert Webb, wird eine Folge für Charlie Brookers neues Comedy-Drama „Black Mirror“ schreiben. Das berichtet Metro.
„Black Mirror“ soll Brookers zweite Fiction-Serie nach „Dead Set“ (E4, 2008) werden und in puncto Medienkritik Ähnlichkeiten zu „Nathan Barley“ (2005, Channel 4) aufweisen, dem gemeinsamen Lovechild von Brooker und Chris Morris (und, hab ich das je erwähnt, nach wie vor meine Lieblingsserie).
Außerdem wird es von Armstrong irgendwann ein Drama rund um Rupert Murdoch geben, was ja nun wiederum gerade im Moment ebenfalls starke Links zu „Black Mirror“ hat — nach all den gehackten Handys, die Murdoch und die Praktiken seiner Journalisten gerade in die Medien gebracht haben.
Der Begriff „Black Mirror“ selbst steht übrigens für die (im ausgeschalteten Zustand schwarzen) Mattscheiben, die uns im Alltag praktisch permanent umgeben: am Computer, Fernseher, Handy.
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