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Archiv für Dezember, 2011

That Was The Year That Was

31. Dezember 2011 Keine Kommentare

Charlie Brookers „Screenwipe 2011“ (BBC4) anyone? Bittesehr.
https://www.youtube.com/watch?v=4coGerRh4ZI?version=3&hl=de_DE

Die einzige Frage zu 2011, die leider offen bleibt: Was hat sich denn da um Himmels willen auf Brookers Kopf zum Sterben hingelegt?!

Die Weihnachts-Specials 2011

29. Dezember 2011 Keine Kommentare

Es soll ja „The Office“-Gucker geben, die sich ausgerechnet den letzten zwei Specials, den Weihnachts-Folgen der Show, verweigern. Eine fatale Fehlentscheidung, weil es natürlich genau diese zwei Folgen sind, die die Serie abschließen, sie zu einem unerwarteten Happy End bringen und den Figuren mehr Tiefe geben, indem sie sie außerhalb ihres gewohnten Kosmos, ihrer comfort zone zeigen. Das ist die quasi magische Kraft der Weihnachts-Folgen, und darum werden diese Folgen von den fernsehsüchtigen Briten auch so sehnlich erwartet.

Dieses Jahr waren es Specials von „Absolutely Fabulous“, „How Not to Live Your Life“ und „Outnumbered“, jedenfalls was das Comedy-Genre anging; „Dr Who“ verfolge ich nicht, und über das „Downton Abbey“-Special will ich nur verraten, daß die Frau schon seit Wochen nur beim Gedanken daran heller strahlte als jeder Weihnachtsbaum — und auch tatsächlich nicht enttäuscht wurde: 90 Minuten Historienschinken vom Feinsten, mit großem Drama, mehreren kleinen und einem großen Happy End, das… aber psst.

https://www.youtube.com/watch?v=I3lLLRtnFEo?version=3&hl=de_DE

***

Das „Absolutely Fabulous“-Special „Identity“ (BBC1) dagegen war weniger ein One-Off als der Auftakt zu insgesamt drei Specials: Das nächste wird Neujahr zu sehen sein, das dritte irgendwann, vermutlich im Rahmen der Olympischen Spiele. Kaum zu glauben, daß die erste Folge „Ab Fab“ zwanzig Jahre her ist: Weder Jennifer „Edina“ Saunders noch Joanna „Patsy“ Lumley scheinen ernsthaft gealtert zu sein (Julia Sawallha als Tochter Saffron und Jane Horrocks als Assistentin Bubble dagegen schon); und selbst wenn, hätte es dem „Ab Fab“-Grundgedanken nicht geschadet, denn der besteht ja gerade darin, daß die Mutter-Tochter-Rollen quasi vertauscht sind, die Älteren nicht erwachsen werden können und wollen und die Jüngere nie jung war, sondern immer spießig. Und so ist es um so komischer, wenn Patsy Joint um Joint aus ihrer toupierten Frisur herausklaubt und vorher Edina sich im Bentley durch Brixton („meine alte Hood!“) zum Gefängnis chauffieren läßt, das Fenster runterkurbelt und ihren Chauffeur anweist, etwas Dubstep zu spielen.

Entlassen wird dort aber nicht, wie man aufgrund ihrer Drogenaffinität erwarten könnte, Patsy, sondern Saffron, die offenbar Personalausweise für illegale Immigranten gefälscht hat und zwei Jahre einsaß: Ein guter Vorwand, um die Ereignisse der letzten Jahre (das letzte „Ab Fab“-Special ist über fünf Jahre her) Revue passieren lassen zu können, die Saffron im Knast verpaßt hat. Und ein ebenso lustiger Aufhänger, Patsys Luxusdrogenkonsum thematisieren zu können, denn Saffrons beste Knast-Freundin Baron (Lucy Montgomery, „The Armstrong and Miller Show“) erkennt ihre ehemalige Kundin Patsy wieder, von der sie noch 50 000 Pfund zu kriegen hat…

https://www.youtube.com/watch?v=lq0FxwAlP_c?version=3&hl=de_DE

„Ab Fab“ lebt also und ließe sich problemlos fortsetzen, die Show ist immer noch genauso frisch und unverbraucht wie eh und je — verblüffend!

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„How Not to Live Your Life“ (BBC3) dagegen ist nach drei Staffeln vorbei, und wie bei den „Office“-Specials war hier das Weihnachts-Special „It’s a Don-derful Life“ die Gelegenheit, der Serie einen narrativen Abschluß zu geben: Don (Dan Clark) erhält die Genehmigung, das Haus zu verkaufen und tut das auch, Mrs. Treacher kommt ins Heim, Don und Samantha kommen endlich zusammen und Don veröffentlicht seine Memoiren „How Not to Live Your Life“, die später mit James Corden in der Hauptrolle von der BBC verfilmt werden.

https://www.youtube.com/watch?v=ZNvPq46Ko48?version=3&hl=de_DE

Ich hatte die Show, zumindest die letzte Staffel, ein bißchen aus den Augen verloren: Zu sehr wiederholten sich zwischendurch die allzu erwartbaren Scherze, was als nächstes gleich passieren würde („5 Things That Happened Next“), zu grob war mir zwischendurch der Holzhammer, mit dem da Scherze geklopft wurden. Aber dieses Finale war herzerwärmend genug, daß ich mir die letzte Staffel doch noch reinziehen werde.

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Ganz ähnlich ging es mir mit „Outnumbered“ (BBC1) : Die letzte, vierte Staffel hatte ich nur mit gemischten Gefühlen sehen können. Zu alt waren die Kinder inzwischen geworden, um weiter in die Rollen zu passen, die Andy Hamilton und Guy Jenkin ihnen auf den Leib geschrieben haben. Aber für das Weihnachts-Special „The Broken Santa“ paßte genau das plötzlich wieder: Wie Kinder eben zu alt für (diese eine spezielle Form von) Weihnachten werden, waren es die Brockman-Kinder hier auch, und so beschließt die Familie, lieber über Weihnachten in den Urlaub zu fahren. Bzw. zu fliegen. Was selbstverständlich im Chaos endet.

https://www.youtube.com/watch?v=YvgMgHzNOxk?version=3&hl=de_DE

Vier schöne Weihnachts-Specials also dieses Jahr, das „Top Gear“-Special ziehe ich mir jetzt als nächstes rein, und von der schrecklichen ersten Folge von „The Royal Bodyguard“ (BBC1) schweige ich jetzt lieber, um nicht unweihnachtlich werden zu müssen. Bzw.: Daß Mark Bussell und Justin Sbresni, die ja immerhin mal „The Worst Week of My Life“ gemacht haben, jetzt so einen schlimmen Slapstick-Scheiß mit dem britischen Sitcom-Liebling David Jason verbrechen, den man als Del-Boy aus „Only Fools And Horses“ in bester Erinnerung hat und der jetzt mit 71 Jahren wie ein geriatrischer Inspektor Clouseau herumtrotteln muß, das ist… das ist… ach was, ich bin mal still.

Jahresendabstimmung (US)

23. Dezember 2011 8 Kommentare

Ein letzter Poll zum Jahresende: Welche amerikanische Comedy-Serie des Jahres hat Euch am besten gefallen?

Ich habe selbst allenfalls die Hälfte davon komplett gesehen, manches gar nicht, aber von den meisten Serien habe ich einen ungefähren Eindruck. Darum ist mir auch klar, daß hier mal wieder Äpfel mit Birnen verglichen werden, Sitcoms mit Comedy-Drama und Trickserien, aber was soll’s. Das ist nur bedingt konsistent, und ich könnte in Erklärungsnot kommen, warum „Entourage“ drin ist, „Breaking Bad“ aber nicht — Erklärung wäre allenfalls, daß ich „Entourage“ mehr für Comedy hielt als „Breaking Bad“, letzteres aber natürlich eindeutig für die bessere Serie, wo nicht für die beste des Jahres überhaupt.

Nur eins ist klar: Alles ist Fiction, Dailys und Late Night Shows sind nicht dabei. Nun denn, jeder hat abermals drei Stimmen, damit die Tendenzen ein bißchen klarer werden, und es ist genau eine Woche Zeit, bevor der Poll schließt.

UPDATE: Auf Wunsch bei Facebook habe ich die Liste um „Bored to Death“, „Episodes“ und „How I Met Your Mother“ ergänzt, auch wenn das das Ergebnis ein bißchen verzerrt.

Beste US-Comedy 2011

  • Modern Family (14%, 28 Votes)
  • 30 Rock (12%, 24 Votes)
  • Community (11%, 23 Votes)
  • Parks & Recreation (10%, 20 Votes)
  • Louie (8%, 17 Votes)
  • It's Always Sunny in Philadelphia (7%, 14 Votes)
  • Futurama (6%, 13 Votes)
  • Wilfred (6%, 12 Votes)
  • How I Met Your Mother (5%, 11 Votes)
  • The Simpsons (5%, 10 Votes)
  • Episodes (3%, 7 Votes)
  • Southpark (3%, 6 Votes)
  • Beavis & Butt-Head (3%, 6 Votes)
  • Family Guy (2%, 4 Votes)
  • Bored to Death (2%, 4 Votes)
  • American Dad (1%, 3 Votes)
  • Raising Hope (0%, 1 Votes)
  • The Office (0%, 1 Votes)
  • Entourage (0%, 0 Votes)

Total Voters: 121

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„Black Mirror“ zum Dritten

20. Dezember 2011 2 Kommentare

Nach zwei Verrissen und der Prognose, die Serie könne man insgesamt wohl abschreiben, muß ich nun doch noch etwas zum dritten Teil von Charlie Brookers „Black Mirror“ (Channel 4) und zur Ehrenrettung der Serie sagen: Die letzte Folge war nämlich gut.

https://www.youtube.com/watch?v=3bFCqK81s7Y?version=3&hl=de_DE

„The Entire Hirstory of You“ (Autor hier mal nicht Brooker, sondern Jesse Armstrong) hatte die mit Abstand glaubwürdigste Geschichte der Serie zu erzählen und tat dies sehr geradlinig, schnörkellos fast, mit einem Plot, wie er auch in jedem anderen Drama hätte ausgebreitet werden können (ja, der Comedy-Aspekt kam diesmal sehr kurz): der junge Anwalt Liam (Toby Kebbell) kommt von einem eher erfolglosen Vorstellungsgespräch zu einer Party, wo er seine Frau Ffion (Jodie Whittaker) dabei beobachtet, wie sie in mehreren Situationen fast flirtös mit dem Gast- und Angeber Jonas (Tom Cullen) redet. Später stellt er sie zur Rede und findet seinen Verdacht bestätigt: Ffions und Jonas‘ Affäre, vor Liams Zeit, war länger als die eine Woche, von der sie bis dahin immer geredet hatte. Sie war sogar länger als der Monat, den sie dann zugibt.

*** Hmpfja: Spoiler, again. ***

Im Unterschied zu den uns bekannten Konflikten, die sich aus solchen kleinen und großen Lügen ergeben, wenn sie auffliegen, gibt es hier aber ein tückisches kleines Gerät, das „grain“ genannt wird und das sich alle, die Spaß an solchen Gadgets haben, hinter einem Ohr haben implantieren lassen: Ein Aufzeichnungsgerät, das es ermöglicht, alles, was man je erlebt hat, in Stereo und HD abermals zu sehen und zu hören — ein Festplattenrekorder für die Realität, der Ehekrächen ungeahnte Möglichkeiten bietet. Denn man kann seine Aufzeichnungen entweder sich selbst vor Augen führen (was die Regie mit einer milchigen Färbung der Augen darstellt, zusammen mit dem abwesenden Gesichtsausdruck ein schön zombieesker Effekt) oder auf abermals ubiquitären Bildschirmen (die Show muß ihrem Namen ja gerecht werden) auch mit Freunden teilen kann. Oder eben mit treulosen Ehefrauen.

Ein Gedankenspiel, das gar nicht so weit von der Realität weg ist: Die lückenlose Dokumentation der individuellen Wahrnehmung hat ja längst begonnen; dank Handy-Kameras und Facebook kann jeder, der das möchte, jedes einzelne Mittagessen (bzw. die Bilder davon) mit allen teilen, die es interessiert — von da bis zu legendären Partys, die man noch Monate und Jahre später zusammen mit Freunden aus der Perspektive jedes einzelnen wieder und wieder ansehen kann, ist es nur noch ein kleiner Schritt.

Genauso klein aber ist der Schritt dahin, sich peinliche und demütigende Momente immer und immer wieder ansehen zu können. Oder zu müssen, zwanghaft, wie Liam, der sich schon im Taxi zur Party den letzten Satz seines Vorstellungsgespräches immer wieder ansieht bzw. -hört: „We hope we’re looking forward to seeing you again.“ Nicht gerade vertrauensfördernd, sich diesen Satz immer wieder sagen zu lassen.

Oder natürlich: Sex. Bei der Party etwa wirft Jonas aufrichtig, aber auch großmäulig in die Runde, er säße oft lieber im Wohnzimmer und sähe sich die re-dos früherer erotischer Abenteuer an, als zu der Frau in seinem Schlafzimmer zu gehen und mit ihr richtigen Sex zu haben. Eine Vorstellung, die Liam, ohnehin unsicher, nicht gefallen kann: daß sich Jonas immer wieder den Sex ansieht, den er mit seiner, Liams, jetzigen Frau hatte. Welche erschütternden anderen Möglichkeiten es gäbe, erzählt Armstrong (der überhaupt viele Ideen en passant anspielt, die sich aus der Grundidee ergeben könnten) in einer späteren Szene, als Liam und Ffion wilden Sex haben. Beziehungweise eben nicht — sie haben eher schlechten Blümchensex und sehen sich währenddessen die Aufzeichnung einer stürmischeren Nacht an.

Es endet alles nicht schön: der Untreue überführt per Videobeweis, der endlos rekapituliert werden kann — das ist eine ziemlich gruselige Vorstellung. Und das sogar obwohl (oder gerade weil) Liam eher unsympathisch dargestellt wird und das Mitgefühl bei der untreuen Nuß von Ehefrau liegt, in deren Vergangenheit gnadenlos herumgestochert wird.

Es hätte gewiß ambitioniertere Geschichten gegeben, die sich auf der Grundlage dieser Idee hätten entwickeln lassen — ganze Steven-Spielberg-Filme (mit Tom Cruise in der Hauptrolle) lägen da im Bereich des Denkbaren. Aber gerade diese einfache Erzählung, an die jeder anschließen kann, hat mich für sich eingenommen, eben weil sie keine „Jeder sein eigener Privatdetektiv“-Story entwickelt hat, sondern eine menschliche, persönliche, emotionale. Für Jesse Armstrong, Autorenduohälfte von „Peep Show“ und „Fresh Meat“ sowie „The Thick of It“, eine ungewöhnlich ernste Story, aber genauso clever und geistreich wie seine bisherigen Arbeiten. Mehr davon und weniger von Brookers seltsamen bis haarsträubenden Ideen — oder vielleicht einfach doch eine andere Reihenfolge, in der sich die Extreme steigern statt abzunehmen — hätten „Black Mirror“ womöglich gut getan.

The Not so Great Dictator

16. Dezember 2011 1 Kommentar

Der Trailer zu Sacha Baron Cohens nächstem Film „The Dictator“ (für Mai 2012 angekündigt) sieht leider alles andere als „great“ aus. So langsam dürfte wirklich klar sein, daß nicht nur einzelne (britische) Comedy-Größen schwächeln (naming no names, Ricky Gervais!), sondern daß ein ganzes Genre an seine Grenzen gestoßen ist, bzw.: an seine Grenzen gestoßen ist, sie eingerissen hat, auf den Ruinen herumgetrampelt und dann johlend weiter Richtung Abgrund gerannt ist. Wenn ich eine Bitte für 2012 äußern dürfte, dann wäre es: keine Mockumentarys mehr. Bitte. Bitte!

Sieht ein bißchen wie Leichenfledderei aus; ist es ja auch, wenn die Figur, über die man sich 90 Minuten lang lustig macht, schon lange vor Filmstart massakriert und totgemacht durch die Wüste geschleift wird. Da fehlt plötzlich die Fallhöhe, fehlte aber vielleicht von Anfang an, denn auch Saddam Hussein und ähnliche Popanze sind ja nun alle längst Geschichte. Nur Assad und Ahmadinedschad spielen getreulich weiter ihre Rollen, sind aber vom Typ her entschieden anders als der Diktator, der hier parodiert wird.

„Black Mirror“ zum Zweiten

13. Dezember 2011 3 Kommentare

Nach der ersten Folge von Charlie Brookers „Black Mirror“ (Channel 4) war ich nicht wirklich überzeugt und hatte schon die Vermutung, daß die zwei verbleibenden Teile, weil völlig unabhängig voneinander, ebenfalls nicht zu einem nachsichtigeren Urteil beitragen würden, weil man sonst eine bessere Folge ja einfach an den Anfang hätte stellen können. Die zweite Folge, „15 Million Merits“, schien mir dennoch zunächst die bessere, auch wenn sie den ganzen ersten und auch zweiten Akt über sehr minimalistisch, fast kammerspielhaft, jedenfalls aber klaustrophobisch war. Dann aber hat Brooker doch noch mit dem Arsch eingerissen, was er mit den Händen aufgebaut hatte. Denn zu meiner Überraschung hat sich Brooker hier selbst plagiiert — und dabei das Original nicht etwa übertroffen.

*** Achtung, schon wieder Spoiler! ***

Ohne allzu viel verraten zu wollen: „15 Million Merits“ führt uns in eine dystopische Welt ein, in der die Menschen umzingelt sind von Touchscreens (nun ja, interaktive Screens jedenfalls), die ihr ganzes Leben ausmachen — denn außer daß jeder den ganzen Tag via Tretmühle Strom erzeugt, passiert nichts mehr in der Welt. Dafür ist die Ablenkung durch Ballerspiele, zynische Fernsehshows und Pornos so perfekt, daß niemand rebelliert. Statt Geld sind (über die Tretmühle zu verdienende) Punkte die Währung; wer etwa Werbung ausblendet, zahlt dafür ein paar Punkte Strafe. Unser Held Bing (Daniel Kaluuya) aber verliebt sich in Abi („Downton Abbey“s Jessica Brown-Findlay), die er zufällig hat singen hören, und schenkt ihr all seine 15 Millionen Punkte, damit sie sich bei einer Variation der „X-Factor“-Show bewerben kann (in der Jury: Julia Davis und Rupert Everett). Dort aber wird nicht ihr Gesangstalent erkannt, sondern ihre Ausstrahlung, die sich prima für Pornos eignen würde — und so entscheidet sie sich unter Tränen dafür, lieber in Pornos mitzuspielen als weiter in der Tretmühle zu schuften. Daß er nun, ohne Punkte, auch noch seiner großen Liebe bei Pornos bzw. den Werbetrailern dafür zusehen muß (!), treibt Bing zur Verzweiflung, und so ackert er, bis er abermals 15 Millionen Merits hat und sich selbst bei der Show bewerben kann, wo er vor laufenden Kameras mit Selbstmord droht und ein (leider nicht wirklich) erschütterndes Plädoyer gegen die schöne, neue Welt hält, voller Verzweiflung und höchst emotional (na ja, ebenfalls nicht wirklich). Was passiert? Genau: Die Jury erkennt sein Talent — und bietet ihm eine zweimal die Woche laufende eigene Show an, Bing sagt zu und läßt sich als Prediger gegen das System vom System vereinnahmen.

Äh, Moment: als Prediger gegen das System vom System vereinnahmen? Jepp, das ist genau der „Nathan Barley“-Dreh, wo Dan Ashcroft (Julian Barratt) einen Artikel über den „Rise of the idiots“ schreibt und anschließend von allen Idioten dafür geliebt und verehrt wird, daß er sie hasst: „You are all idiots!“ — „Yes, we’re all idiots!“ Das ist, vermutlich, Brookers ureigenstes Trauma und Dilemma.

Bloß: Bei „Nathan Barley“ war dieser Dreh innerhalb einer Farce sehr komisch, weil man als Zuseher sich zusammen mit Ashcroft so gut für etwas Besseres halten konnte, für einen Intellektuellen unter Trotteln, der dann aber doch lieber von den Trotteln geliebt wird als als Outcast zu enden. Bing hier aber ist innerhalb dieses Dramas, das fast ohne Comedy auskommt, eine arme Wurst und von Anfang an Opfer. Es ist nicht sein Hochmut, der ihn zu Fall bringt — und darum ist es hier nicht komisch, sondern tief traurig. Und, leider, ein Selbstplagiat.

Was ich sehr schade finde. Vielleicht hat Brooker zu viel zu tun, um sich neue Geschichten auszudenken, vielleicht hat Konnie Huq, Brookers Ehefrau, „Xtra-Factor“-Moderatorin und Co-Autorin dieser Folge, auch „Nathan Barley“ einfach nicht gesehen. Wie auch immer: So schön abermals das Look & Feel dieser Episode war, sie hat das Schicksal von „Black Mirror“ leider besiegelt — die dritte Folge kann so gut sein, wie sie will, sie wird die Serie nicht retten.