„I’m a size ten… -ty. Yeah, tenty.“
Miranda Hart ist sehr groß und nicht besonders feminin. Daraus hat sie nun eine eigene Sitcom gemacht: „Miranda“ (Montags 20.30 Uhr, BBC2). In der Adaption ihrer erfolgreichen Radioserie spielt sie die Mitbesitzerin eines Joke Shops, der für allerlei Späße rund um Schokoladenpenisse sorgt und in dem sie ca. ein halbes Dutzend Mal über Kisten fallen kann — kreischendes Lachen des Publikums ist ihr jedes Mal sicher. Mirandas größtes Problem: Sie wird permanent für einen Mann gehalten und mit „Sir“ angesprochen. Ihr zweitgrößtes Problem: Sie kriegt keinen Mann ab, und der nette Koch im Restaurant gegenüber erlebt sie selbstverständlich nur in gequälten Posen, in Lügen verstrickt, in einem Kleid, das sie wie einen Transvestiten aussehen läßt, und schließlich in einem Hochzeitskleid, obwohl sie natürlich gar nicht verzweifelt auf der Suche nach einem Bräutigam ist, neinnein. (Diese Szene, in der sie mit ihren Freundinnen shoppen geht, liefert allerdings den Anlaß für den besten Witz der Folge: „Which size are you?“ — „Uh, ten. -ty. Yeah, tenty.“)
Kaum zu glauben, daß solcherart muffige „Ich sehe scheiße aus, will aber gerne einen Mann“-Klischees eine eigene Show erhalten. Alles in „Miranda“ riecht nach angeschimmelten 70er-Jahre-Sitcoms, bis hin zum schrecklichen Abspann, der mit der Einblendung „You have been watching…“ auf die Kaufhaus-Serie „Are You Being Served?“ anspielt, und dann alle Darsteller in die Kamera winken läßt, als ob es in der Show selbst nicht schon genügend wissende, verblüffte und indignierte Blicke in die Kamera gegeben hätte. Das Produktionsteam setzt sich zusammen aus Mitarbeitern an Shows wie „Bonkers“, „Jam & Jerusalem“ und „Life of Riley“, was man irgendwie auch sieht, und was Sally Phillips in dieser Show verloren hat, ist mir ein völliges Rätsel. Miranda Hart selbst aber fand ich auch schon in „Hyperdrive“ neben Nick Frost nicht besonders komisch.
In kleinen Dosen (wie in „Hyperdrive“, „Not Going Out“ oder, als Spielzeugverkäuferin, in „Lead Balloon“) finde ich Miranda Hart eigentlich ganz sympathisch. In einer 30-Minuten-Sketchshow wie dieser erschöpft sich ihr Repertoire aber leider allzu schnell, und daß Sie als Schauspielerin seit Jahren auf diese eine Figur festgelegt ist, wird ihr über kurz oder lang sicher eher schaden als nützen.
Sally Phillips war übrigens eine der Miterfinderinnen der Sketchshow „Smack the Pony“, bei der Miranda Hart zeitweise mitschrieb und -wirkte. Jennifer Saunders (of „Ab Fab“ fame) lachte und lachte, wie man kürzlich in der Times las, als Hart ihre Show den BBC-Entscheidern vorstellte. Da das anscheinend als Ausweis von Qualität gilt, wurde „Joke Shop“ angenommen. „Jam & Jerusalem“ wiederum ist ein Saunders-Produkt, bei dem auch Sally Phillips mitgespielt hat. Vielleicht deshalb.
Ich hab’s mir gerade noch mal angesehen, weil mich irgend etwas daran stutzig machte, jetzt weiß ich, was es war: Miranda Hart hat in ihren Kurzauftritten in anderen Shows immer leicht verschrobene Figuren gespielt, aber weder im „Ab Fab“-Special als „Yoko“ („I’m Japanese, don’t ask.“) noch in „Hyperdrive“, „Not Going Out“ oder „Lead Balloon“ wurde ihre ungewöhnliche Körpergröße je explizit erwähnt. Der komische Effekt beruhte zwar stets auf ihren etwas ungelenken 1,85 m; ausgeschlachtet, wie in „Miranda“, wurde dieser Umstand jedoch nicht.
Das ist als alleinige Prämisse für eine Sitcom natürlich reichlich dünn, und es fragt sich, was wohl noch kommen kann, wenn das Thema nach sechs Folgen so abgegessen sein wird, daß es selbst wohlmeinenden Zuschauern zum Hals heraushängt. Ich vermute: ein Leben in Panel-Shows.