„Pardon“: Das untote Magazin kehrt zurück
Ich habe von der neuen Pardon, mittlerweile zum zweiten Mal exhumiert und wiederbelebt, natürlich nicht wirklich erwartet, dass sie im Wortsinne satirisch oder auch nur komisch sein würde. Nicht mal unterhaltsam. Interessiert hat mich, als ich sie gekauft habe, eigentlich nur, wie und wie sehr dieses Nebenprojekt des Ex-Cicero-Chefs Wolfram Weimer (Ex-Focus-, Ex-Welt-Chef) scheitern würde. Die Indizien dafür, dass es scheitern würde, häuften sich dann allerdings schneller als gedacht. Ich zähle sie mal auf.
Das Heft ist auf Einmaligkeit angelegt. Das ahnt man jedenfalls, wenn man sich nur den Titel ansieht: Da stehen (neben dem Cartoon eines lächelnden Gottvaters — wie oft habe ich mittlerweile darüber geschrieben, dass deutscher Humor sich v.a. dadurch auszeichnet, dass er sich immer plakatieren muss, dass er immer mit einem lächelnden oder lachenden Gesicht darauf verweisen muss, dass es hier was zu lachen gibt, dass es gleich lustig wird?), da stehen also neben dem Covermotiv nicht etwa die Themen des Heftes, sondern die Autoren: Martenstein, Kinski, Beetlebum, Nuhr, Barbie, Karasek, Hirschhausen, Loriot, Böll, Langhans, Woody, Obama, Schnutinger, Glück. Dann war kein Platz mehr, sonst wären da noch Vince Ebert, Matthias Matussek, Peter Härtling, Gerhard Zwerenz und, ja doch: Hilmar Klute gelandet, die ebenfalls im Heft vertreten sind.
Kein gutes Zeichen, wenn drei annoncierte Autoren schon lange tot sind, und viele andere so omnipräsent, dass man sich fragt, wer für Pardon Geld ausgeben möchte, wo er doch nur den Fernseher einschalten muss, um sie kostenlos sehen zu können. Abgesehen davon, dass man ahnt: kaum einer der Prominenten, schon gar nicht Woody Allen (der es sich gefallen lassen muss, nur mit Vornamen genannt und angekumpelt zu werden), hat speziell für Pardon zum Stift gegriffen — vermutlich könnte Pardon schon froh sein, wenn es nur Zweit- und nicht Viert- und Fünftverwertungen der Promiautoren wären.
Neu oder anders, irgendwie alternativ kann Pardon also schon mal nicht sein, im Gegenteil: da wird die größtmögliche Nähe zum Mainstream gesucht, von dem man sich wohl erhofft hat: der hat schon so viel gewichtloses Humor-Balsaholz mitgenommen, da wird es für ein weiteres Magazin auch noch reichen.
Alternativ möchte dieses Satiremagazin, das speziell auf die Humorbedürfnisse von Hilmar Klute zugeschnitten scheint, auch allenfalls zu Titanic sein. Zwar bedient man sich da in der Formgebung und kopiert etwa die „Briefe an die Leser“, die hier „Schreiberbriefe“ heißen (o Gott!), dafür hat man auch nur drei zusammenbekommen, in denen dann Wladimir Kaminer, Florian Schroeder und Hans A. Nikel irgendwas schreiben dürfen (obwohl zwei der drei nicht mal „Schreiber“ sind, sondern Kabarettist und Exverleger/Bildhauer). Aber gerade Hans A. Nikel, Herausgeber der alten Pardon, schafft es, seine Meriten und die alten Pardon-Autoren zu erwähnen, dabei aber konsequent alle späteren Titanic-Granden unter den Tisch fallen zu lassen: Erich Kästner wird da aufgezählt, Loriot, Werner Finck, Iring Fetscher, Peter Härtling, Erich Fromm, Robert Jungk, Carl Amery, Karlheinz Deschner, Elke Heidenreich, Ephraim Kishon, Alexander Kluge, Eugen Kogon, Robert Neumann, Wolfgang Neuss, Peter Rühmkorf, Wolf Wondratschek, Günter Wallraff und Gerhard Zwerenz — halt alle, die einem sofort einfallen, wenn man das Stichwort „deutsche Satire“ hört.
Das ist nicht das Who-is-who der deutschen Satire, das ist nur das Who?.
So wie es sich, wie Nils Minkmar in der FAZ schreibt, mit einer Neuauflage von Pardon ohne WimS (deren Macher Nikel beim Namedropping ignoriert) so verhält, als würde man „nur jene BBC-Sendungen, die umittelbar vor und nach ‚Monty Python’s Flying Circus‘ ausgestrahlt wurden, auf DVD vertreiben, nicht aber die Sketche der Komikertruppe“.
Wer aber ein Satiremagazin von Menschen vollschreiben lässt, die „politisch in der Nähe jeder Fernsehkamera stehen“ (Wiglaf Droste), der darf vor allem eines nicht erwarten: Haltung. Die einzige Haltung von Peter „Bulo“ Böhling und Daniel Häuser, den Verantwortlichen für die Neuausgabe — die übrigens aussehen, als kämen sie frisch aus einer Werbeagentur — ist die: dass sie möglichst dabei sein wollen beim großen Gesamtscheißdreck; und ihre Kränkung darüber, dass sie das nicht jederzeit und überall schaffen, halten sie schon für die Verzweiflung am System, die für Satiriker Grundlage ihres Schaffens ist.
Wenn sich nämlich Daniel Häuser „erbärmlich“ fühlt, dann weil er am Münchner Flughafen steht (wo sich Satiriker ja praktisch dauernd begegnen) und nur nach Köln-Bonn fliegt statt nach „JFK“, wie der Kollege, dem er begegnet. Der frühstückt ihn mit den Worten „Wir telefonieren!“ ab — und ruft dann aber nicht an. Frustrierend!
Wolfram Weimer hat es da besser, der darf zwar auch nicht nach „JFK“ fliegen, dafür nach Moskau. Und anschließend in einem „offenen Brief“ an (den Leser?) Wladimir Putin seinem Publikum mitteilen: „Vor einigen Tagen habe ich Sie im prächtigen Alexandersaal Ihres karminroten Kreml erlebt“; er, Weimer, durfte also dabeisein beim Jetset, aber gefallen hat es ihm nicht, schließlich ging es zu so einem Ausländer da, der vermutlich auch nicht anrufen würde, selbst wenn er es verspräche. Die Welt ist schlecht.
„Put in jail“ sagt auf der gleichen Seite ein (von „Bulo“ gezeichneter) Putin (warum und zu wem eigentlich?); das unterbietet locker noch das SZ-Karikaturenunwesen.
Was bleibt, sind Nachdrucke aus alten Kalendern (Tiere, die als Promis verkleidet sind), ganzseitige Fotos, die Häuser und Böhling offenbar irgendwie komisch vorkamen (Plastikprodukte, die kurz im Toaster waren, Promis, die fast unsichtbar werden vor einem zusammengephotoshopten Hintergrund aus Elementen ihrer Oberbekleidung) und Nachdrucke aus alten Ausgaben der Pardon. Warum aber heute eine Haitzinger-Karikatur vom Dezember 1973 ganzseitig ins Heft gerückt werden muss, auf der zu sehen ist, wie sich Richard Nixon auf Strümpfen ins Haus schleicht, wo schon die Freihheitsstatue mit dem Nudelholz auf ihn wartet — das bleibt vollkommen rätselhaft.
Wer noch einen Beleg braucht, dass die Macher dieses „Satiremagazins“ nicht nur praktisch Stümper sind, sondern auch in der Theorie versagen, dem liefern sie diesen Beleg gerne und gleich doppelt. Einmal im Editorial, wo die Herausgeber über ihre „spitze Feder“ schreiben, „mit der sich Menschen viel trefflicher wachrütteln lassen als mit dem Holzhammer“.
Eine spitze Feder, mit der man Menschen wachrütteln kann. Statt sie mit einem Holzhammer wachzurütteln.
Das ist auf so vielen Ebenen Quatsch und nicht mal ein halber Gedanke, dass ich gar nicht weiß, wo ansetzen: dabei, dass die „spitze Feder“ etwas für Autoren ist, die sich selbst „Schreiberlinge“ nennen? Dass die Angst vor dem „Holzhammer“ die ist, dass man anschließend nicht mehr von Kollegen angerufen wird, die nach „JFK“ fliegen? Dass das Vorhaben, mit Satire Menschen wachzurütteln, von vornherein zum Scheitern verurteilt ist? Zumal wenn man im Heft erkennbar keinen Gedanken ans Wachrütteln von Menschen verschwendet hat?
Aber Häuser und Böhling übersetzen Satire ja auch mit „mit Früchten gefüllte Schale“, haben also in etwa den Wissensstand über Satire, den ein Oberstüfler nach dem ersten Besuch der entsprechenden Wikipediaseite hat.
Wie es um das Satireverständnis von Häuser und Böhling wirklich bestellt ist, hat sich mir aber spätestens auf Seite 23 erschlossen, wo die Frage „Hat Gott Humor?“ erörtert wird. Diese Verquickung von Humor (ein Begriff, den die Herren natürlich nicht von „Komik“ unterscheiden können) und Hierarchie als Gegenstand für einen Essay (bzw. eine Essay-Parodie) ist ungefähr das Deutsch-Humorloseste, was man sich überhaupt nur denken kann. Bezeichnenderweise ist aber schon begrifflich alles falsch, etwa wenn von „weltbefreiender Offenheit als Folge wahren Sinns für Humor“ schwadroniert wird. Weltbefreiende Offenheit, weil ich über etwas lachen muss? Ach so, ja, es geht ja um den „wahren“ Sinn für Humor.
Bzw. „Der Sinn für Humor beruht auf der existentiellen Situation des Nicht-Wissens, also dem Sinn für Neues“. Say what? Die These, dass „alles, was Menschen komisch finden, auf der Enttäuschung einer Erwartung“ beruht, hat heutzutage ja nicht mal mehr Proseminarniveau: Wenn dem so wäre, wie kommt es dann, dass Menschen bei Comedy-Liveauftritten über Witze immer und immer wieder lachen, obwohl sie sie schon -zigmal gehört haben? Lache ich über die drei Stooges, weil ich nicht damit gerechnet habe, dass Moe Curly auf den Kopf haut? Bei Catchphrases, weil es mich überrascht, dass Bart Simpson „Eat my shorts“ sagt? Oder lache ich am Ende gerade WEIL Frasier und Niles sich vollkommen erwartbarerweise wieder einmal über irgend eine Kleinigkeit in eine snobistische Konkurrenzsituation begeben haben, aus der sie nicht mehr herauskommen?
Nein, bei den Pardon-Machern ist es weder mit der Theorie noch mit der Praxis weit her. Und dabei habe ich jetzt noch keine halbe Zeile darüber geschrieben, dass auch Hellmuth Karasek in dieser Pardon vertreten ist. Es geht da um den Unterschied zwischen „gefiederten Freunden“ und „Vögeln“, glaube ich. Leider kann ich jetzt nicht weiterschreiben, sonst wird mir vor Kopfschütteln schwindelig.
Auch Hellmuth Karasek übrigens berichtet zwischen den Zeilen, wie gerne er „mit dabei“ sein möchte: er durfte immerhin Loriot besuchen. Genutzt hat es offenbar nichts.
I am really sorry, but I am still not quite sure – are you a fan or not? Perhaps you could make that a little bit clearer.
Haha! Well, I do love my zombies, so I’m not quite sure myself what to make of the new Pardon.
Klingt so wie die Humorseiten in den Readers Digest in den 70igern. Mein Titanic-Abo habe ich aber kürzlich gekündigt, weil ich außer den Briefen an die Leser, Von Fachmann für Kenner, Humorkritik und Heinz Strunk 8der ja leider Max Goldt ersetzt hat) nichts wirklich witzig fand. Der behaupete Huomor in den Bleiwüsten Seiten ist jedenfalls nicht meiner. Pure Seitenschinderei.
Schon die Autorenzusammenstellung auf dem Cover lässt mich erschauern.
Aber ich muss auch sagen dass mein Titanic-Abo vor allem noch aus Solidarität läuft, ich schliesse mich da meinem Vorredner an, diese Bleiwüsten von generischen Langtexten lese ich schon seit Jahren nicht mehr.
Die Einleitung macht schon klar: Die Pardon ist nur gekauft worden, um so einen Text schreiben zu können. Aufgehört zu lesen habe ich, als über das Aussehen der Chefredakteure gelästert wurde. Das macht klar: Es geht nur um perönliche Abrechnung, warum auch immer.
Und das ist charakterlich infantil und schäbig.
Pfff, wer sich groß ein Doppelporträt ins Editorial malen lässt, muss damit leben, wenn Leute sagen, wie es ihnen gefällt. Und mit welcher Erwartung ich das Heft gekauft habe, habe ich ja nun tatsächlich offengelegt. Ich verstehe auch gar nicht, was dagegen spricht, etwas zu verreißen, wovon man sofort dachte, das kann nur schlecht sein.
darf mit fug angenommen werden, dass sich der rest des hefts aus elaboraten dieses zuschnitts zusammensetzt: http://twitpic.com/bk2zhf?
kann es sein, dass der Autor amerikanischen Humor bevorzugt? Ist ja verständlich; die Amerikaner haben die Atombombe und wir nicht.
Ja, amerikanischer Humor. Darum heißt das Blog ja auch britcoms.de.
Das kommt halt davon, wenn Sie die Fans von Karasek und Bulo verärgern, Herr Nagel! Da ist die Grenze des Humors erreicht!
mir dünkt, da hat sich jemand selbst gegoogelt
Na ja, das wird wohl nichts mehr mit dem deutschen Humor… (und auch die monatliche Erbauung für 4,00 Euro aus Frankfurt ist leider auch nicht mehr das, was sie mal war- no offense!). Wenn die Bullingdon Boys und ihre rückgratlosen FibDem-Marionetten den Karren mal so richtig an die Wand gefahren haben, können wir ja mal darauf hoffen, diverse Ehemalige der Cambridge Footlights hier um Asyl bitten und nebenbei ein bisschen humortechnische Entwicklungshilfe leisten. Aber velleicht ist der Rückstand aber schon zu groß. Naja, eventuell kann’s der Doctor richten, und Baron Clive davon überzeugen, dass die trostlos-verbissene norddeutsche Tiefebene wohl eher den Segen der britischen Zivilisation nötig hätte als Indien mit seiner vieltausendjährigen Kultur. Dann wäre uns sicher das hölzern-pedantische Volk in all seiner Unlustigkeit und so manches andere Übel erspart geblieben.
„Alternativ möchte dieses Satiremagazin (…) auch allenfalls zu Titanic sein.“
Das kann ich als langjähriger Abonnent leider auch sagen und schließe mich den o.g. Meinungen an; meine monatliche Satireversorgung ist gekündigt und entsteht nun im eigenen Gefrierfach.
Der Artikel ist auch auf die Satirelandschaft in Deutschland anwendbar – die aber unterzugehen scheint, nur ab und zu taucht mal ein Eisberg auf…die damit verbundenen Parallelen erspar ich mir etz.
Komisch, oben steht eine (nüchterne) Kritik der Pardon-Neuauflage – einige der Kommentatoren hier aber teilen mit, dass sie Titanic nicht mehr so toll finden. Der Grund hierfür könnte vielleicht sein: das neue Pardon scheint offenbar so interessant zu sein/zu werden wie eine Furunkel (die man eigentlich gar nicht so dringend braucht). Titanic hingegen ist immer noch ein der (sehr wenigen) deutschsprachigen Publikationen, die abseits der großen Mainstreamsoße sind bzw. noch nicht weichgespült durch diese. Sie war immer schon experimentierfreudiger, lebendiger und offener für neue Ideen als andere – das sollte man zu schätzen wissen (zudem stimmt es auch gar nicht, dass die „Qualität“ im Laufe der Jahre nachgelassen hat)
Ich persönlich wünsche Titanic künftig noch sehr viel mehr neue Abonnenten und Fans, da ohne eine solche Zeitschrift fast nur noch ein einziger hirn- und seelenloser Einheitskäse übrigbleiben würde.
Ich jedenfalls möchte mir nicht vorstellen, dass es Titanic nicht mehr gibt. Da schließe ich mich Kenny an.
Zu #3 u.ä. -> Ich sag mal so: Wenn „Von Fachmann für Kenner, Humorkritik und Heinz Strunk“ als „wirklich witzig“ gutgeheissen werden, dann ist damit doch schon mal ein gefühltes Viertel der titanic witzig, also locker 12 Seiten. Und das ist doch wohl mehr, als man in jeder anderen deutschen Zeitschrift finden kann.
D.h. die titanic bleibt in jedem Fall alternativlos.
Doch, stimmt leider schon. Ich hab Titanic auch ewig lang gekauft und irgendwann kaum noch was gefunden, das irgendwie überraschend oder originell war bzw. festgestellt, dass ich sie zwar noch kaufe, aber kaum mehr lese. Also hab ich’s dann einfach sein lassen.
Und wenn ich sie heute mal in einem Café in die Finger kriege, stelle ich jedesmal fest: Richtig entschieden.
diese pardonneuauflage ist ja ein weiterer beweis, dass in der presselandschaft in d die falschen leute entscheidungen treffen… solange ich nicht hungern muss, behalte ich das titanic abo. je nach qualität auch länger. strunk les ich nicht (ich habs versucht). vielleicht hört es dann ja einfach wieder auf mit dem. ich nehme das flache hin, um ab und zu das gute zu lesen, dafür sind mir wenig andere deutschsprachige quellen bekannt. ich feier dann lieber die rückkehr von simon borowiak. und warte darauf,dass das frauensvolk mal öfter den schritt aus den kleinsttexten schafft.
@sharken
So unterschiedlich sind die Geschmäcker. Für mich ist die Strunk-Kolumne mit das genialste, was die Titanic in den letzten Jahren zu bieten hatte.
@ansatz: In der Tat, sehr unterschiedlich sind die Geschmäcker. Mit Strunk konnte ich, seit er seine Kolumne hat, nur einmal halbwegs etwas anfangen. Dagegen ist die von Stefan Gärtner allein schon der Garant für das Weiterbestehen meines Abos. 😉
Puh….heute habe ich im Zeitungsregal fast überlegt zu zugreifen. Aber, und es stimmt tatsächlich, das Cover schreckt schon zu sehr ab und, Herrn Nagel sei dank, der Inhalt scheint nicht minder erschreckend zu sein.
Auch wenn die Titanic nicht mehr im Abo, wird sie bei Gelegenheit immer noch gekauft. Gärtner(vor allem) aber auch die Rubriken ‚Briefe an die Leser‘, vom ‚Flachmann für Penner‘ und ich gestehe auch die PT-Seiten sind immernoch zuhöchst erheiternd! Von den begnadeten Katz&Goldt sowie Eugen Egner mal ganz zu schweigen! War es früher aus zonaler Gewohnheit auch noch der Eulenspiegel, der vergleichsweise herangezogen wurde und doch(trotz manch guten Beitrages) den kürzeren zog, bleibt Titanic, trotz streckenhafter purer Albernheit doch alternativlos.
PT, soso. Ist wohl doch schon was her, dass Sie das Heft gekauft haben, oder?
Leider ja. Ich schäme mich auch….ein klein wenig. Ich würde mich auch freuen wirklich noch die Zeit, bzw. wenn dann auch die Muße zu haben mir das Heft zu Gemüte zu führen.
@ansatz: ich hab grad auch extra nochmal den aktuellen strunk gelesen (ganz!) und der erinnert mich an 20 jahre wischmeyer. vielleicht komme ich aber auch einfach nicht dahinter. das fleischbuch hab ich fürchterlich gern gelesen. aber beim anschliessenden nachzählen der seiten, die mir gefielen, hab ich festgestellt, dass die titanic doch noch besser ist, als ich zunächst zugeben wollte. yay! heizen mit schnee kchch…und ja, gärtner. klar. mentz, egner. *geschwätzig*aber das führt ja jetzt zu weit, was?
btw: ‚basteln mir bier‘ ist eine … ähmmm … rubrik … die, ähmmm, jaaa! schlicht und ergreifend tränen des lachens in einige augen trieb, so ich die titanic denn diversen kollegen (die die zeitschrift sonst nicht in die hand nehmen) unter die augen hielt.
vielleicht etwas ‚platt‘, aber hier und da der genau richtige eye-catcher, um leute auch mal weg von den (beschissenen) msm-produkten zu locken… 😉
titanic – eulenspiegel – pardon…?
Kann es sein, dass der Nachwuchs fehlt?
Der macht entweder comedy oder ist brav wie Marc-Uwe Kling.
Es ist schwierig, in einem runden Raum anzuecken, so gesehen ist demonstrative Langweiligkeit als Konzept beinahe subversiv, allerdings nur fast, weil man in einem Kreis eben gleichzeitig vorne und hinten steht.
Die Frage ist doch weniger, ob jede Generation von Titanic-Redakteuren genau die Formate gerne und brillant füllt, die die Besetzung vor ihnen ins Leben gerufen hat. Seitdem es Satirezeitschriften gibt, müssen sie immer wieder nach Richtung suchen. Die Titanic hatte unter Sonneborn eine absolute Blütephase, unwidersprochen, aber wenn die Leser von damals sich jetzt zeternd abwenden, weil ihr Geschmack nicht mehr überall getroffen wird, und weil die jüngere Redaktion versucht, neue Konzepte zu entwickeln, finde ich das auch schon an der Grenze zum Selbstgerechten. Wie soll denn ein Magazin scharf und respektfrei bleiben, wenn die Redaktion bitte immer dasselbe Schema bitte immer mit Höchstleistungen bedienen soll?
Schade auf jeden Fall, daß die Marke pardon wohl endgültig hinüber ist. Immerhin ist noch ein stilistisch erhabener Verriß dabei herumgekommen, man dankt!
Ich les die Titanic auch schweren Herzens nicht mehr. Ich weiß also, das sie alternativlos ist, kann mit ihr aber nix mehr anfangen. Das ging für mich beim Chefredaktionswechsel los. Ich hab mir das dann noch eine Zeit lang angesehen, empfand aber Fischer als sehr zahnlos im Gegensatz zu Sonneborn (wobei der mir zwar auch manchmal auf den Keks gegangen ist, aber mir schien sein Satire-Begriff näher). Und ich hab gemerkt, das ich sie gar nicht vermisst habe, nachdem ich sie nicht mehr regelmässig holte. Die Frage ist natürlich: Liegt das am Heft oder liegt das an mir? Haben wir uns auseinandergelebt? Neulich hab ich mir am Bahnhof ein Buch gekauft, in dem nur PT-Beiträge gesammelt sind. Da les ich hin und wieder drin rum und finde jedes Mal etwas, über das ich mich kaputtlachen kann. Es liegt also vielleicht doch eher am Heft. Man weiß es nicht.
@Chris
Genau diese „persönliche“Beschreibung fand ich genial:
„…den Verantwortlichen für die Neuausgabe — die übrigens aussehen, als kämen sie frisch aus einer Werbeagentur — ist die: dass sie möglichst dabei sein wollen beim großen Gesamtscheißdreck;…“
Ich muss mir den Dreck nun nicht kaufen; der Inhalt scheint ja nicht mal unfreiwillig „witzig“ zu sein, wie zum Beispiel die allerletzten Ausgaben dwer alten, richtigen Pardon, als die Koryphäen weg waren und der transzendale Spinner Nikel allein weitermachte…
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Nee, das hier oben ist schon eine so wunderbare wie treffliche Beschreibung dieses Produkts und der Inkompetenz der „Macher“.
komisch, war ich immer alleine mit der Auffassung, dass Leo Fischer als Chefredakteur das Beste war, was der Titanic in den vergangenen Jahren hätte passieren können?
Zu „Pardon“: Dass Loriot jetzt posthum allseits arschgefickt wird, ist unerträglich. Warum gehen die von Bülows nicht restriktiver mit den Rechten um?
Danke für den ausführlichen Kommentar.
Zu „Titanic“: Seit 15 Jahren abonniert, und immer die gleiche Leserleier: Mähmähmäh … Niveau gesunken … mähmähmäh … albern, infantil, pennälerhaft … kündige mein Abo … mähmähmäh.
Ich find‘ das Heft gut gerade, auf Fischers Startartikel freue ich mich jeden Monat. Die Zusammenarbeit mit Konkret „gefällt mir“, müsste aber nicht ständig erwähnt werden. Das Duo Nagel/Gärtner wird schmerzlich vermisst.
Also, ich glaube, es gibt zwei Sorten von Zeitschriften: solche, die mit ihrem Publikum altern, und solche, die sich verjüngen – und zwar Redaktion, Auftritt und Leserschaft gleichermaßen.
Erstere (ich glaube, den Stern könnte man dazuzählen, weiß es aber nicht sicher, vielleicht sowas wie Gong und Funk Uhr, vermutlich ist auch die [alte] Spex zu lange mit ihren Leser alt geworden) kriegen irgendwann ein großes Problem.
Letztere, etwa Neon, von der ich das zuverlässig weiß, verjüngt sich regelmäßig und hat für die älter werdenden Neonleser (mit Kind) irgendwann sogar einen eigenen Ableger gegründet (Nido). Auch Titanic verjüngt sich – und das heißt halt, dass es den Älteren nicht mehr so gut gefällt, die sich an vieles gewöhnt haben, was irgendwann wegfällt, aber dass dafür junge Leser nachwachsen können, die mit neuen Redakteuren, Rubriken und Humor-Ansätzen groß werden.
Eigentlich war Titanic in dieser Hinsicht sogar eher konservativ, viele Rubriken gibt es ja schon sehr, sehr lange, schon seit der Gründung. Bei welcher Zeitschrift ist das schon so.
Ich glaube auch, dass man aus vielen Zeitschriften irgendwann rauswächst. Dann ist man halt zu alt für MAD. Das liegt aber nicht unbedingt an MAD. Für manche Zeitschriften ist auch irgendwann die Zeit gekommen, weil sich die Welt um sie herum zu sehr geändert hat, und dann wird halt keine z.B. Tempo oder Max mehr gelesen.
Gewissermaßen könnte man ja sogar sagen, die einzige Zeitschrift die keinen richtigen Generationenwechsel bzw. Alterungsproblem bei Autoren und Lesern kennt, ist die Apothekenumschau – denn bei ihr sind alle Altersgruppen gleichberechtigt. Wobei sicher auch dort mit der Zeit jüngere Redakteure dazugekommen sind, könnte ich mir vorstellen.
Toleranz und Ignoranz. Zwei doch so verschiedene Silbenschwestern. Getrieben von letzterer versandet der Beitrag schon auf halber Strecke. Für einen totalen Verriss hätten also weniger Zeilen gereicht. Schade um die Zeit.
Schreiben Sie doch lieber eine Rezension über tatsächliche Satirezeitschriften wie der-postillon.com oder eine-zeitung.net. Die haben zumindest Leser. Titanic, Pardon undsoweiter kann doch keiner mehr lustig finden.
Die Titanic war ja schon immer früher besser als jetzt. Das ist ehernes Gesetz seit dreissig Jahren. So, wie die besten Trickserien immer in der eigenen Kindheit liefen, nicht davor oder danach. Das hat der Weltgeist sich schlau ausgedacht.
Als mich die Titanic mal langweilte, habe ich sie einfach ein paar Jahre ausgesetzt. Und später wieder angefangen. Und dazwischen viel anderes gemacht. Irgendwann werde ich auch mal ein paar Jahre mit dem Sex aussetzen, wenn der mich langweilt. Man soll sich doch zu nichts zwingen. Aus diesem Grund werde ich auch die neue Pardon nicht lesen.
Klar, die meisten Witze hat man gehört. Das Menschen, die ständig Humor und Komik konsumieren, überhaupt noch über irgendwas lachen können, ist doch schön. Über die TITANIC lache ich nicht mehr, wie mit zwanzig, aber auch heute zuverlässig genau so, wie über ‚Business Punk‘. Ich habe aber nur Geld für ein Heft, also nehme ich TITANIC. Das hier manche Max Goldt vermissen, kann ich nachvollziehen, aber irgendwann ist doch auch mal gut. Wenn ich mich manchmal um die TITANIC sorge, dann eher, ob sie schafft, genug junge Leser zu binden. Über mehr als Print und Online-Newsticker. Denn ganz im Ernst: Das Frischfleisch dort draussen will das volle multimediale Programm. Meiner Meinung nach sollte der TITANIC Youtube Kanal gerammelt voll mit Pointen sein, TITANIC-TV längst irgendwo in einem Spartensender unterkommen und die Fischer/Tietze Mash-Up Band ‚Flippers vs. Scooter‘ durch Sachsen touren. Besser die TITANIC macht es, als … ach, ich möchte gar nicht dran denken. Die anderen eben.
Ein wirklich guter Text zu Zellers Neuauflage erschien seinerzeit hier: http://craplog.de/unverdient-untot/ Bemerkenswert finde ich die vielen Parallelen zur obigen Rezension (bis hin zum Titel!). Untote sind eben Wiedergänger.
@Oliver
Ich glaube, Du machst hier ein falsches Fass auf respektive öffnest das aufgeblasene Scheinfass „Altersunterschied“.
Intelligenter Humor unterscheidet sich vielleicht durch die Protagonisten und die Themengebiete, aber gerade Loriot verdeutlicht doch, dass Humor eher zeitlos ist.
Ich suche übrigens die Ausgabe von „Nachtschwester Kroymann“, in der sie Harald Schmidt parodiert („Harald Schmidt interviewt Marianne Buggenhagen“) und in der die polnische Putzfrau den Gasofen reinigen möchte (nachdem die Hausbesitzerin ihre Schuld an der Judenvernichtung eingeräumt und sich daher bei der Putzfrau entschuldigt hatte).
Dass Konservative wie Fleischhauer heute unfreiwillige Komiker sind, liegt ja eher an ihrer Verbissenheit und der Unfähigkeit, über sich selbst zu lachen. Das Syndrom belastet ja auch den Zeller-Humor
Tja, da sind wir halt unterschiedlicher Meinung. Ich z.B. halte Loriot für extrem verschnarchten Humor von vorgestern, der von Leuten zu Tode zitiert wird, die auch Heinz Erhardt für einen Großkomiker halten.
@Oliver
Aber das liegt wohl weniger an Deinem Alter als an Deinem Humorgeschmack.
Monty Python machen doch auch zeitlosen Humor, oder nimm Maren Kroymann mit ihren über 60 Jahren ( http://www.youtube.com/watch?v=_QYuCRu0Flk ). Da stellt sich eher die Frage, ob einem diese Art liegt oder es einem zu wenig feinsinnig zugeht.
Von den aktuellen Komikern will ich lieber ganz schweigen. Musste vor ein paar Tagen zwangsweise BB-Radio mit den „besten Comedians“ ertragen. Ich kann mir absolut nicht vorstellen, was die schlechtesten dann machen…
Nein, das sind nicht alles Geschmacksfragen. Gerade wenn ich mir Pardon (die alte aus den 60ern), frühe Titanics, mittlere und heutige ansehe: da sieht man sehr schnell, wie rapide Satire und Humor altern, wie wenig man heute noch versteht, warum Leute was vor 20 Jahren lustig fanden usw. „Zeitloser“ Humor ist meistens nur zeitlos langweilig. Da gibts Ausnahmen, aber auch bei Monty Python und dem Flying Circus finde ich 80 Prozent heute langweilig.
Na ja, das würde ich nicht sagen, auch das ist letzlich Geschmackssache. Über einige geniale Python-Sketche kann ich auch heute noch sehr lachen (wenn auch nicht über alle, einiges beim Flying Circus wirkt heute in der Tat etwas angestaubt), genauso wie über andere Werke der Pythons wie Leben des Brian, Fawlty Towers, etc.. Leute wie Chaplin, Laurel & Hardy, Marx Brothers, etc. sind sogar wesentlich älter und funktionieren immer noch.
Dass man von solchen Sache heute etwas angeödet ist, liegt vielleicht eher daran, dass man sie halt kennt, schon 1000x gesehen hat und jeder sie auswendig zitieren kann. Das würde auch deine Abneigung gegen Loriot erklären. Dieser war mMn schon äußerst genial und funktioniert auch heute noch. Ähnlich ist es mit anderen Klassikern wie Heinz Erhardt, Dinner For One, Ein Herz & Eine Seele oder den jungen Otto: MMn war das schon alles sehr witzig, aber wenn es tausendmal wiederholt wird und jeder spontan auswendig zitieren kann, ist man eben irgendwann nur noch genervt, auch wenn man es anfangs mal lustig fand.
@Oliver
Nun ja, dass Humor so altert wie eben ein Auto – oder eher noch schneller, weil eben die unbekannte Pointe die Hauptrolle spielt – auch wenn hier anderes suggeriert wird – steht ja außer Frage.
Nur schau Dir mal z.B. Witze an: Wer keinen Mantawitze kennt, wird Blondinenwitzen eventuell etwas abgewinnen können, und ob Napoleon, Hitler oder Henryk M. Broder vor Petrus stehen, ist so wichtig wie die Frage, ob der Opel Kapitän oder Astra heißt.
Die Art des Humors hat sich damit jedoch nicht geändert.
Selbst Tabus sind nicht mehr weniger geworden, egal ob im Humor oder in anderen öffentlichen Bereichen, man schaue sich nur mal Klaus Kinski in der NDR-Talkshow an.
Und neue Tabus sind eher ans Gestrige angesiedelt (die angebliche „political correctness“), so dass ihr Brechen nur Gähnen hervor ruft.
Die Frage stellt sich also, an welcher Stelle denn der gute Humor seine Form verändert haben sollte.
@Torsten
Den jungen Otto hatte ich vergessen – aber da hat ja auch Robert Gernhardt einiges geschrieben gehabt, was man bestimmten Sketchen auch sofort anmerkt.
Um mal wieder aus einer besten Humorkritiken des allseits beliebten Blödelbarden R. Gernhardt zu zitieren: „Offensichtlich gibt es überhaupt keine deutsche Satire, es hat sie immer nur gegeben.“
^ Wen’s interessiert: Das obige Zitat gehört zu Gernhardts Entgegnung auf eine verschmockte Zeitungsrezension im „Rheinischen Merkur“ von Rainer Fabian, der von Karl Kraus nicht viel gelesen haben dürfte, denn er befand ca. 1984:
„Wer diese Satiren des großen Karl Kraus liest, wendet sich mit Schaudern ab von allen jenen Produkten, die heute als Satire verkauft werden. Was gegenwärtig angerührt wird, ist bestenfalls ein dünner deutscher Eintopf. […] Kraus dagegen […] Kraus ist souverän, das unterscheidet ihn, er hat Geist, er hat Charme […].“
Über den Charme in Karl Kraus‘ Werk würde ich gern mal eine Diplomarbeit lesen. Also, wer macht’s?
@Dashcroft: Charme zu haben ist in dem Zusammenhang nicht dasselbe wie charmant/anziehend zu sein. In dem Zitat bedeutet es wohl, dass Kraus‘ Werk „Ausstrahlung“ hat oder originell/bemerkenswert ist (Heute – 30 Jahre später – würde man vielleicht auch einen anderen Ausdruck wählen).
Ich glaube, dass es einigen Gernhardt-Zitaten bald so ergehen wird wie dem armen Loriot-Werk oder diesem absolut bemitleidenswerten Bild von Edward Hopper (wo ein Mann in einer Kneipe sitzt): die sind schon von allen Seiten regelrecht totglorifiziert worden, so dass ihre eigentliche Bedeutung mittlerweile fast gar keine Rolle mehr spielt. So erzeugt man Überdruss und Beliebigkeit, durch dauerndes Kaputtloben und -zitieren.
@Der unsympathische Dritte: Das, was Sie da im Zusammenhang mit dem vermeintlichen Bedeutungsunterschied von „Charme“ und „charmant“ sagen, möchte ich bestreiten. Laut Wörterbuch ist Charme die Anziehungskraft und der Zauber, die von jemandes gewinnendem Wesen ausgeht, und „charmant“ sein heißt eine liebenswürdig-gewinnende Wesensart zu haben. Diese Bedeutungen haben sich in dreißig Jahren nicht gewandelt.
Als langjähriger „Fackel“-Leser weiß ich zudem sicher, dass Karl Kraus, zumindest in seiner Eigenschaft als Ein-Mann-Vernichtungsmaschine, alles andere als ein gewinnendes Wesen hatte, ja dass seine Aggressivität, Schroffheit und unermüdliche Angriffslust der Art gewinnendem Wesen, die Fabian ihm in seinem so schmierigen wie ahnungslosen Vereinnahmungs- und Ankumpelungsversuch zu unterstellen versuchte, geradezu entgegenstanden. Kraus hat in seinen Texten über die „Journaille“ selbst hier und da ebensolche Erzschmockereien vorhergesagt und vorweggenommen, und das, was Fabian da über die hehre Satire leider längst vergangener Tage und den Schriftsteller Kraus selbst schreibt, wäre Kraus, nach allem, was ich so weiß, bestimmt locker einen Zehnseiter wert gewesen.
Hä? Wer zitiert denn dauernd Gernhardt und wo? Wenn man schaut, wie der 75. Geburtstag in den Feuilletons begangen wird, sieht man: Gernhardt ist in der breiten öffentlichen Wahrnehmung fast wieder dort angelangt, wo er vor spätem Geltungsdrang und Todesbonus war. Immerhin gibt es aber noch einen Gernhardt-Preis, bei dem Sparkassendirektoren unbedeutenden Hessen Blumen überreichen – und diese hervorragende Tasse (http://www.hessen-shop.com/de/wisl_s-cms/568/Tassen/6990/Intelligenztasse_No_5___Robert_Gernhardt_.html).
Aber viel mehr Aufmerksamkeit bedarf es auch nicht mehr, denn alle, die ihn kennen wollen und sollen, kennen Gernhardts Werk zur genüge. Und so gut Gernhardt gewesen sein mag, jede Komik altert schnell – und muß nicht künstlich – von zudem meist Humorbefreiten – am Leben erhalten bleiben.
Die Humorkritik, aus der das Zitat stammt, beschäftigte sich übrigens nur beiläufig mit der mißlungenen Kraus-Verherrlichung, ihr Anlaß war eine Kritik Dieter Hildebrandts an der frühen Titanic. Gernhardt weist u.a. über das Beispiel mit Kraus nach, daß dieser Vorwurf „Früher war Satire besser“ deutsche Satire stets begleitet hat. Und so geht es der Titanic heute noch.
Das Problem ist: Es gibt eine begrenzte Anzahl komischer Formen, die sich auf bedrucktem Papier bedienen lassen. Der einigermaßen kluge Leser hat sie nach ein paar Jahren durchschaut. Auch nimmt die Anzahl der Überraschungen ab, wenn man ein Heft, auf dem vorne schon mehr oder minder „Achtung, lustig“ steht, lange genug kennt. Da es den meisten Lesern aber dann doch an Reflektionsfähigkeit oder wasauchimmer fehlt, verstehen sie ihren eigenen Fortschritt in der Rezeption als Rückschritt der Qualität des Blattes und schwelgen in der Erinnerung an den früheren Kick, die ohnehin nur noch Großereignisse parat hat: „Ich erinnere mich noch an Zonen-Gaby, im Vergleich dazu ist dieser Fachmann aber…“ Und diesen Mechanismus faßt Gernhardts Ausspruch immer noch gut zusammen.