Archiv

Archiv für die Kategorie ‘Allgemein’

ARD setzt „Cuckoo“ nach einer Folge ab

16. Oktober 2014 5 Kommentare

DWDL meldet gerade, die ARD hätte „Cuckoo“ (BBC3, seit 2012) nach einer einzigen Folge im Vorabendprogramm abgesetzt, weil es die Quoten nicht erfüllt hätte. (Jürgen Marschal bei Facebook dazu: „Ein Wunder, dass sie so lange durchgehalten haben und es nicht gleich während der Ausstrahlung abgebrochen haben.“)

Nach einer Folge im Vorabendprogramm. Das ist ungefähr so, wie wenn an einer Schule (und der Rundfunk hat, soweit ich weiß, einen Bildungsauftrag in diesem Land) ein Lehrer nach der allerersten Stunde Latein feststellt, dass seine Schüler gar kein Latein können, und sagt: „Oh, dann lassen wir es halt mit dem Lateinunterricht und unterrichten weiterhin Indiehändeklatschen und Nasebohren. Das können sie schon ganz gut!“

Wie kann man diesen hyperbeschleunigten Irrsinn, der btw mit Gebühren bezahlt wird, eigentlich noch ertragen?

KategorienAllgemein Tags:

Urlaubslektüre für Fernsehjunkies

8. August 2014 1 Kommentar

Ich war ein paar Tage weg, und weil es Urlaub war, habe ich in dieser Zeit nicht ferngesehen, sondern gelesen, wie es sich gehört — nämlich (unter anderen) ein Buch über Fernsehen: Alan Sepinwalls „Die Revolution war im Fernsehen“ (Luxbooks 2014).

Sepinwalls Fernsehkritiken auf hitfix.com verfolge ich schon lange, genauer gesagt, seit „Breaking Bad“ (das er zu Beginn noch hier besprochen hat), weil er nicht nur gut darin ist, einzelne Folgen zu analysieren und interpretieren, sondern auch noch Zugang zu Autoren, Schauspielern, Produzenten und Showrunnern hat, die er gerne und oft interviewt. Ich lese nicht alles, logischerweise, sondern nur Beiträge zu Serien, die ich auch sehe; außerdem aber gucke ich hin und wieder mit einem Auge auf Texte zu Serien, die ich (noch) nicht kenne. Vorsichtig allerdings, denn wie schnell ist man angefixt, und dann muss man sieben Staffeln à 34 Folgen einer SciFi-Serie über Hirnchirurgen auf dem Mars angucken oder sowas.

 Tja. Genau das (angefixt) ist mir dann allerdings mit „Die Revolution war im Fernsehen“ passiert. Denn hier schreibt Sepinwall in langen, fundierten Essays über die zwölf US-Serien, die das serielle, erzählende Fernsehen seit der HBO-geführten Revolution geprägt haben: Von „Oz“ und den „Sopranos“, „The Wire“, „Deadwood“ und „The Shield“, über „Lost“, „Buffy, the Vampire Slayer“ und „24“ bis zu „Battlestar Galactica“, „Friday Night Lights“, „Mad Men“ und „Breaking Bad“.

Und weil ich davon wohl gute zwei Drittel kannte, ein Drittel aber nicht, steht jetzt ein schönes großes Paket mit staffelweise DVDs hier noch ungeöffnet herum und wartet auf das Sommerloch.

Auch von den Geschichten, die Sepinwall zu erzählen hat, kannte ich zwar schon einige, aber nicht in dieser Tiefe, die meisten waren mir komplett neu, und im Zusammenhang haben sie ein aufschlussreiches Bild davon ergeben, wie Fernsehen funktioniert.

Zum einen nämlich immer wieder anders: Jeder Autor, jeder Showrunner tickt auf seine Weise, und die Umstände, unter denen Serien entstehen, sind genauso unterschiedlich wie die Serien selbst.

Aber es gibt auch Gemeinsamkeiten bei allen großen, neuen, wagemutigen, „anderen“ Serien. Die größte Gemeinsamkeit: Sender wollen sie, die große, neue, wagemutige, „andere“ Serie. Kleine, unbekannte Sender wollen auf sich aufmerksam machen. Sender wollen eine Alternative zu den frei empfangbaren, großen Anbietern sein, wollen umgekehrt die Freiheiten von Bezahlkanälen für sich nutzbar machen, Sender wollen ein neues Profil oder überhaupt erst mal irgend ein Profil.

HBO macht die schreckliche „Rome“-Erfahrung: eine Serie, die nach zwei Staffeln eingestellt wird, weil die erste Season in der Erstausstrahlung überhaupt nicht gesehen wurde. Ohne vernünftiges Finale, sondern mittendrin (wie ja auch „Deadwood“). Dummerweise ist nicht nur die zweite Staffel viel erfolgreicher als die erste, sondern die Leute beginnen auch noch, die erste auf DVD zu kaufen wie verrückt. Leider sind zu diesem Zeitpunkt schon alle Mitarbeiter entlassen, die Sets abgebaut. Keine Chance, die nun doch erfolgreiche Serie fortzusetzen. Ein potentieller Riesen-Hit — verschenkt, weil die Quoten der ersten Staffel zu mau waren, und ohne dass die Serie vernünftig zuende erzählt wäre. HBO beschließt also, auch vermeintlich erfolglose Serien lieber zuende zu erzählen, als noch einmal einen möglichen Erfolg zu verschenken.

Diese Entscheidungen sind es, die statt nur gutem wirklich brillantes Fernsehen hervorbringen: Manager, die Künstler machen lassen. Aus welchem Grund immer. Oft genug, weil sie als David gegen Goliath antreten und mutige Entscheidungen brauchen. Nach dem ersten Sieg Davids gegen den Riesen sieht es dann oft schon wieder anders aus: wenn der Außenseiter erst einmal in der Favoritenrolle ist, kommen dann auch die Anzugträger wieder und wollen mitreden.

So lange die Bosse lange Leine lassen, gibt es Hoffnung. Nie ist eine gute Serie gegen den Sender entstanden, der sie ausstrahlt. Höchstens trotzdem (wie etwa „Lost“, eine Serie, die es eigentlich nicht geben dürfte, so chaotisch war ihre Entstehungsgeschichte).

In den nächsten Wochen werde ich also etliche Grundlagenwerke der jüngeren US-Fernsehgeschichte nachholen (in der ich ja lange nicht so bewandert bin wie in der britischen). Ich bin sehr gespannt, ob die frühen Serien der Nach-Revolutionszeit das halten, was Sepinwall mir von ihnen versprochen hat. Ich werde auch den „Sopranos“ noch eine Chance geben — ich hatte mal ca. eineinhalb Staffeln gesehen, war und bin aber kein Freund des Mafia-Genres und hatte insgesamt zu hohe Erwartungen, glaube ich.

Möglicherweise werde ich dann berichten. Erst einmal aber empfehle ich allen Freunden der guten Fernsehunterhaltung noch einmal ausdrücklich Alan Sepinwalls „Die Revolution war im Fernsehen“, freue mich darüber, dass es ein deutscher Verlag überhaupt ins Programm genommen hat, weise dann aber doch noch darauf hin, dass Sepinwalls Original bereits von 2012 ist. Weshalb dann letzte Worte zu „Breaking Bad“ etwa fehlen, weil die Serie noch nicht zuende war, als Sepinwalls Buch in Druck gegangen ist.

Nun, aber so lange Fernsehserien an sich nicht auserzählt sind, wird man nie ein Resümee ziehen können — irgend eine tolle Serie läuft (im angelsächsischen Fernsehen) ja immer. Hoffentlich.

Die ausbleibende Revolution

16. Juli 2014 5 Kommentare

Schon ein paar Monate alt, dieser Text, aber ich habe ihn erst jetzt entdeckt: „Die ausbleibende Revolution. Eine Analyse, was die Qualität der neuen US-Serien eigentlich ausmacht und warum genau diese Qualität im deutschen Fernsehen auf unbestimmte Zeit nicht zu sehen sein wird“ von einem gewissen DJ Frederiksson (ein Pseudonym, versteht sich).

Selten habe ich eine so genaue Analyse gelesen, woher die Schwächen des deutschen Fernsehens rühren, jedenfalls die seines fiktionalen und seriellen Teils. Teile dessen, was da steht, kann ich bestätigen, jedenfalls kenne ich mehrere vertrauenswürdige Menschen, die mir Ähnliches berichtet haben, und manches habe ich auch schon selbst erlebt. Deprimierend, alles in allem.

KategorienAllgemein Tags:

Lied des Comedyautors

27. Juni 2014 3 Kommentare

„Do You Really Want to Hürth Me?“

Hürth

(Bonustrack: Remix mit Endlosschleife „Achtung an Gleis zwei: ein Zug fährt durch. Ich wiederhole: Achtung an Gleis zwei: ein Zug fährt durch“)

KategorienAllgemein Tags:

Ich im Radio über Monty Python

Pünktlich zu den Reunion-Shows von Monty Python nimmt sich der Bayerische Rundfunk heute Abend im „Zündfunk“ eine ganze Stunde Zeit für die fünf lustigen Sechs aus Großbritannien. Dazu habe ich mit dem Autor der Sendung, Oliver Buschek, schon vor einer Weile ein ganzes Stündchen geplaudert; ich bin mal gespannt, was davon er in der Sendung verwendet.

Außerdem soll möglicherweise der Autor des Grundlagenwerks zu Ähnlichkeiten und Unterschieden des englischen und deutschen Humors „Max und Monty“, Hans-Dieter Gelfert, zu Wort kommen, und alleine deswegen werde ich mir das schon anhören — Gelfert, emeritierter Anglist der Uni Berlin, hat nämlich mein Humorverständnis beträchtlich erweitert, und es lohnt sich, auch seine anderen Publikationen zu englischem und amerikanischem Humor zu lesen.

Leider habe ich das nicht richtig im Kopf gehabt; Gelfert wird in einer anderen Sendung von Oliver Buschek im Deutschlandradio zu hören sein. Schade.

Nun denn: „Zündfunk“-Passionsspiele über Monty Python, BR2, heute abend um 19.05 Uhr. Und irgendwann später dann bestimmt auch als Podcast.

UPDATE: Der Podcast ist jetzt online, wegen Musikrechten vermutlich allerdings nicht länger als sieben Tage.

KategorienAllgemein Tags:

State of the blog

12. Juni 2014 1 Kommentar

Dass dieses Blog gerade in einer Art Sommerschlaf ist, wird der eine oder andere Leser schon gemerkt haben. Das hat im Wesentlichen drei Gründe: zum einen bin ich seit Wochen jobmäßig ziemlich ausgelastet — viele, fast zu viele Projekte, die mich noch bis Mitte Juli in Atem halten werden. Zweiter Grund: ich habe das Gefühl, über Fernsehserien zu schreiben, ist nicht mehr der heiße Scheiß, der es vor ein paar Jahren noch war. Mittlerweile hat ja jeder seine drei Lieblingsserien aus den USA, die hierzulande keiner kennt, der sich nur aufs alte Fernsehen verlässt.

Und zum Dritten: tatsächlich gucke auch ich momentan fast ausschließlich US-Serien (na ja, was noch so nachzuholen ist, seit fast alles in die Sommerpause gegangen ist), und zwar nicht exklusiv Comedy. Eher weniger Comedy sogar. Britische Serien sind derzeit kaum auf meiner Liste; meine Vermutung wäre, es gibt derzeit auch nicht so viele neue, heiße Sachen von der Insel. Ich komme aber auch gar nicht dazu, danach zu suchen.

Darum in aller Kürze dies:

„Louie“ (FX, seit 2010) macht sich nicht mehr die Mühe, Comedy auch nur vorzutäuschen. Nachdem die neue Staffel, auf die man zwei Jahre warten musste, noch mit einigen guten Folgen begonnen hatte (in der dritten Folge sehr schön, wenn auch nicht brüllend komisch, sondern eher melancholisch: der lange Monolog von Sarah Baker als Kellnerin im Comedy-Club über die Demütigungen, denen übergewichtige Frauen beim Daten ausgesetzt sind), nach ein paar komischen Folgen also ist zwischenzeitlich die Luft doch sehr raus. Über vier, fünf Folgen erstrecken sich mittlerweile Handlungsbögen, die nicht mal zwei Folgen tragen — wie etwa Louies Romanze mit einer Ungarin, die kein Wort Englisch spricht. Oder, wie gerade in den letzten beiden Folgen, Kindheitserinnerungen Louies, die sich um seine kleinkriminelle Phase als dreizehnjähriger Kiffer drehen. Ich akzeptiere zwar, dass diese Folgen auch gut erzählt sind, aber, wie Stefan Gärtner gerne sagt: I mechat hoid lacha. Gerade wenn ich Sitcoms gucke. Drama alleine ist mir von Louis C.K. zu wenig. Den Verantwortlichen von FX offenbar auch, sonst hätten sie diese Staffel nicht in Doppelfolgen programmiert.

***

Der überraschende Tod von Rik Mayall („The Young Ones“, „Bottom“) mit 56 Jahren ist traurig. Allerdings habe ich die Brachialcomedy ein bisschen zu spät entdeckt, die Mayall zusammen mit Ade Edmondson betrieben hat: die Slapstick-Gewalt der beiden ist zwar ein befreiend kindisches Vergnügen, und wer sieht zwei erwachsenen Männern nicht gerne dabei zu, wie sie sich gegenseitig Pfannen über die Köpfe schlagen, ins Auge pieken oder in die Eier treten. Aber die ganze anarchische Wucht, mit der diese Vorreiter der alternative comedy frischen Wind in den patriarchalen, tendenziell frauen- und schwulenfeindlichen Comedy Circus der späten Siebziger und frühen Achtziger gebracht haben, hat sich wohl am meisten denen erschlossen, die auch dabei waren. Wäre ich schon als Zehnjähriger vor dem Fernseher gesessen, als Mayall, Edmondson und die restliche Bande auf die Comedybühne stolperten: ich wäre wohl noch einiges bestürzter über das Ableben Mayalls.

***


Von allen Kinofilmen, die gerade als Fernsehserien reanimiert werden, gefiel mir bislang „Fargo“ (FX, 2014) am Besten. Zu Beginn hatte ich zwar meine Zweifel, dass ausgerechnet der äußerst englische Martin Freeman („The Office“) in der Hauptrolle als Hillbilly in Minnesota funktionieren würde, aber die haben sich schnell verflüchtigt. Zu dicht ist die Atmosphäre, zu gut das Zusammenspiel mit Billy Bob Thornton und Allison Tolman, zu schön die Geschichte, die zum Glück nicht die gleiche wie im gleichnamigen Film der Coen-Brüder von 1996 ist, sondern nur in ihrem Geiste dem Film nachempfunden. „Fargo“ schlägt mittlerweile „From Dusk Till Dawn“ (Netflix, 2014) um Längen, das ich zu Beginn beider Serien als stärker empfunden habe. Aber Robert Rodriguez macht sich nicht die Mühe, eine andere Geschichte als die seiner Coproduktion mit Quentin Tarantino zu erzählen, und leider geht darum im letzten Drittel nicht mehr so recht viel voran.

***

Nach zwei Folgen „Last Week Tonight With John Oliver“ (HBO, 2014) bin ich von dem neuen news satire-Format noch nicht ganz überzeugt, das die Macher dem vorübergehenden Jon-Stewart-Ersatz Oliver auf den Leib geschrieben haben. Zu sehr erscheint es mir als Rückfall hinter die „Daily Show“ und den „Colbert Report“ (beide Comedy Central), und zu bemüht in den Abweichungen von diesen beiden Vorbildern. Bei „Last Week Tonight“ (wie der Name schon sagt nur einmal die Woche auf dem Sender) ist es ausschließlich Oliver, der eine knappe halbe Stunde Monolog tragen muss, was schon eine ziemliche Strecke ist; Gäste schienen (von Right Said Fred als Musikact mal abgesehen) in den beiden Folgen, die ich gesehen habe, nicht stattzufinden. Dafür sind die Macher von „Last Week Tonight“ ambitionierter; einen viertelstündigen Monolog über Netzneutralität etwa (bei dem sich Visualisierungen, im Fernsehen manchmal ja nötig, nicht direkt aufdrängen) fand ich herausragend. Hier ist er:

***

Zuguterletzt war ich angenehm überrascht von Tom Cruise‘ „Edge of Tomorrow“, der (vielleicht weil ich nichts erwartet hatte) nicht nur besser war als vermutet, sondern zwischendurch sogar richtig komisch: wie da die Comedy aus „Groundhog Day“ in ein Actionspektakel mit Aliens transportiert wurde, war schon sehr schön, und dass die ganze D-Day-Anmutung kein Kommentar zur jüngst allgegenwärtigen Fernsehberichterstattung zum Jahrestag der US-Landung in der Normandie gewesen sein soll, kann ich mir fast nicht vorstellen. Und so habe ich sehr darüber gelacht, wie Cruise immer und immer wieder von England aus an der französischen Küste zu landen versuchte, gegen unmenschliche Monster technisch absolut unterlegen — es war, als hätte ich in ein bizarres N24-Programm aus der Zukunft gezappt …