Archiv

Archiv für die Kategorie ‘Allgemein’

Photoshoppen ist nicht mein Geschäft, Liebling

2. März 2009 7 Kommentare
Rick Kavanians Rückhand

Rick Kavanians Rückhand

Gutgut, es hat schon wieder nichts mit Britcom zu tun, aber es läßt mir keine Ruhe: Seit wann hat Rick Kavanian eine dritte Hand, die ihm aus dem Rücken wächst? Und wofür könnte die wirklich gut sein, außer um Leute zu erschießen, die hinter einem stehen?
Eine Humorkritik zu „Mord ist mein Geschäft, Liebling“ findet sich übrigens in der neuen TITANIC. Nicht von mir allerdings.

Kurze Unterbrechung

1. März 2009 2 Kommentare

Weil ich dieser Tage nicht zum Bloggen komme, hier ein kleiner Pausenfüller. Gute Unterhaltung!
https://www.youtube.com/watch?v=vASd3QGn8eo&hl=de&fs=1

(via)

KategorienAllgemein Tags:

Hader muß her

19. Februar 2009 4 Kommentare

In der Druckausgabe der Süddeutschen gibt es heute, begleitend zu dieser Filmkritik, ein Interview mit Josef Hader, das Susan Vahabzadeh mit der Frage beginnt, warum in Österreich eigentlich das Kabarett und das Kino so leicht zusammenfänden. Hader beantwortet das mit dem Verweis auf Woody Allen in den USA und Benigni in Italien: „Das ist doch überall so, ist ja auch naheliegend“, und hat damit natürlich völlig recht.

Im Prinzip. Denn naheliegend ist das vielleicht tatsächlich in Österreich, in Italien und, hier kommt dieses Blog ins Spiel, in England — in Deutschland eher nicht. Das suggeriert schon die Frage, die sich um klar definierte Grenzen bemüht nicht nur zwischen Film und Bühne, sondern auch zwischen Politkabarett und Comedy. Diese Unterscheidung wird hauptsächlich in Deutschland bemüht; schon in Österreich, speziell bei Hader und einigen seiner Kollegen, werden diese Kategorien obsolet, denn dort sind die Kabarettisten weder politisierende Dozenten noch apolitische Grimassenschneider. Hader entwirft auf der Bühne Figuren und Geschichten, die gewiß ein Schlaglicht auf gesellschaftliche Zustände werfen, aber ihre primäre Absicht ist doch die Unterhaltung. Das ist ein Ansatz, der dem britischen sehr nahe ist, viel näher als der deutsche.

Wie sollte er auch nicht: Von der äußeren Verfaßtheit ist Österreich England ähnlicher als Deutschland. Beide, Österreich wie England, sind Länder mit einem einzigen urbanen Zentrum und einer Fernsehlandschaft, die aus einer dominierenden Anstalt (ORF/BBC) besteht, die sich gegen private Konkurrenz mehr oder weniger mühelos durchsetzen kann. Das scheint gut für komische Talente zu sein, die hier wie dort einen viel kleineren horizontalen Radius haben, weil sie schnell alle Bühnen des Landes bespielt haben, dafür aber vertikal agiler sind: Von der Bühne ins Radio ins Fernsehen zum Film. Sehr auffällig, diese Parallele: Viele Österreicher (Hader, Alfred Dorfer, Stermann & Grissemann, Martin Puntigam, Thomas Maurer, um nur einige zu nennen) sind überall präsent; in England ist es seit jeher gang und gebe, daß Comedians durch die Schule des Stand Ups und oft auch des Radios gehen, bevor sie beim Fernsehen landen. Und manchmal zum Film kommen.

In Deutschland ist es für Komik-Schuster viel leichter, bei ihren Leisten zu bleiben: Man kann davon leben, Radio zu machen, Fernsehen, Film, auf Bühnen zu tingeln — kein Ansporn, das Medium zu wechseln. Es ändert sich höchstens mal was, wenn das Publikum endgültig die Nase voll hat von einem speziellen Fach, z.B. dem der komisch gemeinten Belehrung: Daß sich etwa der „Scheibenwischer“ gefühlte 100 Jahre zu spät für Comedians öffnen will. (Eine Idee, die interessanterweise das ZDF viel früher hatte mit „Live Neues aus der Anstalt“.) Deutschland ist schlicht groß genug, um Nischen zu bieten, in denen auch ungeschliffene Diamanten glitzern können.

Der ORF, der ein viel kleineres und homogeneres Publikum erreichen will als etwa die ARD, kann auch deshalb mutiger sein, gibt außergewöhnlichen Formaten wie „Die 4 da“ und der legendären „Sendung ohne Namen“ eine Chance und auch Zeit, sich zu entwickeln. Da hat Österreich es besser, auch wenn es womöglich das entscheidende Quentchen zu klein ist, um international komische Relevanz zu haben. Josef Hader, so hört man, entwickelt jedenfalls derzeit eine Fernseh-Sitcom, in der er einen Pathologen spielen wird. Auf die bin ich jetzt schon gespannt. Und auf den „Knochenmann“ natürlich auch.

Mit viel scharf

19. Februar 2009 Keine Kommentare
Mustard, Mustard, Mustard

Mustard, Mustard, Mustard

Alex Musson, der Mann hinter dem Britcom-Fanzine Mustard, hat mir die ersten drei Ausgaben gegen einen geringen Obolus zukommen lassen, und ich freue mich schon auf die ausführlichen Interviews mit Graham Linehan (ja doch, es muß immer wieder hingeschrieben werden: „Father Ted“, „The IT Crowd“, „Big Train“, „Black Books“), Sam Bain und Jesse Armstrong („Peep Show“, „The Old Guys“) und Michael Palin (gut, hier spare ich mir die Credits), auf die zahlreichen Cartoons und auf auf all die Scherze, die da auf mich warten. Für eine, wenn ich das richtig einschätze, Untergrund-Publikation scheint mir das alles sehr aufwändig gemacht. Ein Abo ist euch sicher, Mustard („as seen on ‚The IT Crowd‘ if you look really closely„)!

Komische Erleichterung

7. Februar 2009 Keine Kommentare

Man stelle sich vor: Gerhard Schröder hätte mit Anke Engelke einen Sketch im Kanzleramt gespielt, Harald Schmidt wäre nackt über den Alexanderplatz gerannt, und Erkan & Stefan hätten die Effenbergs interviewt, ihnen dabei anzüglichste Fragen über Oral- wie Analsex und Onanierverhalten gestellt, ohne daß die Interviewten aber empört auf und davon gerannt wären, sondern, ebenso wie Schröder und Schmidt, den Unfug bereitwilligst mitgespielt hätten — und alles im Namen einer Spendenaktion für Afrika und für einen Fernsehabend der Superlative. Schwer vorzustellen, wie? In Großbritannien hat Tony Blair in 10 Downing Street Catherine Tate für einen Sketch empfangen, Billy Connolly ist splitterfasernackt über den Picadilly Circus gesprintet, und über das Interview, das Ali G. (alias Sacha Baroh Cohen) mit Posh und Becks geführt hat, wird noch heute in jeder Sekunde irgendwo auf der Welt gelacht (Quelle: selbst ausgedacht). Kein britischer Star ist sich zu schade, einmal im Jahr für die Comic Relief-Fernsehgala die Hosen runterzulassen – und sei es im wörtlichen Sinne, wenn es sein muß.

Comic Relief heißt die Wohltätigkeitsorganisation, die den Red Nose Day initiiert hat; benannt aber hat sie sich nach einem Effekt, der im Fernsehen und auf der Bühne nach einer besonders spannenden, tragischen oder erschreckenden Szene durch einen komischen Effekt zum Abbau der psychischen Anspannung beim Zuschauer sorgt. Die Comic Relief-Fernsehshow bietet denn auch beides: Neben den komischen Einlagen von Comedians, Bands, Schauspielern und Politikern berichten eben diese Stars in kurzen Reportagen aus den Elendsgebieten Afrikas. Für deutsche Sehgewohnheiten ist es irritierend, wie sorglos die Briten in einer Fernsehshow Comedy und dramatischste Berichte über Hungerkatastrophen, Völkermord und Seuchen nebeneinanderstellen, denn wir sind eine scharfe Trennung zwischen leichter Unterhaltung gewohnt, die in erster Linie gemütlich sein soll, und ernsten Reportagen, deren Urheber niemals in den Verdacht kommen möchten, Fernsehunterhaltung zu produzieren. Das Wechselbad aus Beklemmung und Befreiung scheint in Großbritannien aber hervorragend zu funktionieren: Jährlich werden, per Telefon erhoben, recht beachtliche Spendensummen eingenommen, nicht selten über 30 Millionen Pfund allein während der Live-Sendung.

Zwei Höhepunkte der letzten Jahre waren der Beitrag von Ricky Gervais und Stephen Merchant (2007) und das Interview von Ali G. mit den Beckhams (2006). Wer’s noch nicht gesehen hat: Hier ist der vollständige Beitrag inklusive der brillanten Frage an Victoria Beckham, ob ihr Sohn mal Fußballer werden sollen wie sein Papa oder singen — wie Mariah Carrey:

Und hier der nicht minder lustige Beitrag von Gervais und Merchant:

Der nächste Red Nose Day wird am 13. März sein und wieder mal nichts mit der eher traurigen deutschen Adaption zu tun haben, die Pro7 seit sechs Jahren halbherzig betreibt. Den Unterschied zwischen der englischen und der deutschen Mentalität hat mir mein britischer Gewährsmann Tom Harris gestern übrigens so zusammengefaßt: Briten gingen mit Begeisterung zum Karaoke, sprängen unvorbereitet auf die Bühne, um sich völlig zum Affen zu machen, wobei sie zwar keinen Ton träfen, sich und ihr Publikum aber prächtig amüsierten. Deutsche gingen erst mal grundsätzlich nicht zu Karaokeveranstaltungen, wenn aber doch, dann nur nach tagelanger Vorbereitung, damit sie möglichst richtig sängen, was wiederum alle honorierten, wobei sich aber niemand besonders gut unterhält. Schade eigentlich.

Eine informative „Comic Relief“-Doku der BBC, „Comic Relief – The Fool’s Guide“, gibt es online bei der BBC — aber leider nur für Bewohner des Königreichs. Buuuuh, BBC! Buuuuuuuh!

Who killed the british sitcom?

1. Februar 2009 Keine Kommentare

Alle paar Jahre fließen in England bittere Tränen, wenn wieder einmal der Tod der britischen Sitcom ausgerufen wird; und jedesmal haben die Überbringer der Todesnachricht gute Argumente auf ihrer Seite. So auch David Liddiment, vormaliger Creative Head von ITV, dessen Dokumentation „Who Killed The British Sitcom?“ (Channel 4, 2. Januar 2006; TV-Kritik dazu hier) gleich fünf Gründe für den Niedergang des Genres anführt. An den könnte man fast glauben, wenn man die Zahlen für sich sprechen läßt: 1975 etwa liefen auf nur drei Fernsehkanälen ganze acht britische Sitcoms pro Woche, zehn Jahre später sogar 13, davon zehn in der BBC und auf ITV. 1994 schon liefen Comedyserien erkenbar später am Abend, 2005 waren es nur noch drei Sitcoms, die zur family viewing time ausgestrahlt wurden – davon zwei US-Produktionen und eine Wiederholung.

Unter den Verdächtigen, die Liddiment anführt, sind die Alternative Comedy der frühen Achtziger, deren Punk- und Dada-Ansatz die traditionelle Sitcom alt aussehen ließ, die amerikanischen Sitcoms, gegen deren Überlegenheit in der schieren Anzahl von Autoren, Episoden und Gags pro Folge nicht anzukommen war, und Reality TV, das wesentlich billiger zu produzieren ist, dabei aber mitunter ebenso komisch sein kann wie teuer produzierte Sitcoms, deren Erfolg sich womöglich erst nach der zweiten oder dritten Staffel einstellt.

Ein Sargnagel der klassischen Sitcom aber könnte gleichzeitig der Auslöser für die Selbsterneuerung des Genres gewesen sein: Nämlich die Einführung des digitalen Fernsehens, das in England eine Vielzahl neuer Fernsehkanäle mit sich brachte. Diese mußten sich naturgemäß alle das gleiche Publikum teilen, was logischerweise zu massiven Quotenverlusten pro Kanal führte. Nun ist Comedy, anders als zum Beispiel Drama oder Krimi, immer etwas Gemeinschaftliches — es sind Comedy-Catchphrases, die sich die Kinder auf dem Schulhof zurufen, nicht reflexive Monologe über Abtreibung oder Verhör-Dialoge –, was vielleicht erklärt, warum Comedy stärker unter der Diversifizierung des Fernsehen litt als andere Sparten: Sie war plötzlich kein Teil des gemeinsamen Lebens mehr, brachte nicht mehr ganze Generationen zusammen wie zuvor „The Young Ones“ oder noch früher „Dad’s Army“. Der Erfolgsdruck wurde stärker, Serien mußten (ganz wie hierzulande) schon nach der dritten Folge ihr Publikum gefunden haben statt nach der dritten Staffel.

Das aber führte zu einer Veränderung der Sitcoms: Die jüngste Generation der Comedy nämlich, die keine absoluten Mehrheiten mehr erreichen konnte, spezialisierte sich stattdessen. Peter Kay, Steve Coogan und Gervais/Merchant machten Comedy für sich selbst, weil sie annahmen, daß auch andere das komisch fänden, worüber sie selbst lachten. Und plötzlich explodierte die Szene, griff Reality TV als Formvorlage auf („The Office“), suchte sich Nischen, peilte von vorneherein eine Minderheit als Zielgruppe an, die etwa auf psychedelische Comedy mit Musikeinlagen steht („The Mighty Boosh“), extrem film- und fernsehaffin ist und abwegigste Zitate goutiert („Spaced“), aus Computernerds besteht („The IT Crowd“) oder aus Menschen, die sich für Politik interessieren („The Thick Of It“) — und war damit auf einmal erfolgreicher als alle Versuche, wieder klassische große Publikumsshows zu lancieren. Was natürlich den pathetischen Titel von Liddiments Doku und die Theorie von der sterbenden Gattung Sitcom völlig widerlegt; gottseidank.

Höchst bedauerlich, daß die Krise im deutschen Fernsehen immer nur Krise bleibt und nie Chance ist, auch einmal auf Quoten zu scheißen, die ja nun eh nicht zu kontrollieren sind, und stattdessen mit noch so kleinen Budgets etwas Neues zu wagen. Und nicht die tausendste Sketchshow ins Programm zu hieven, die auf Frauen-und-Männer-Witze setzt.