Geschichte? Schrecklich!
Das wird jetzt vielleicht überraschend kommen: Ich halte es für einen Mythos, daß Briten per se mehr Humor hätten als bspw. wir Deutschen. Allerdings denke ich, daß in Großbritannien eine humorvoll-distanzierte Haltung gegenüber den meisten Aspekten des Alltags gesellschaftlich akzeptiert, ja sogar gewünscht ist, während in Deutschland viele Bereiche von Komik und Humor ausgenommen bleiben („Darüber macht man keine Witze.“). Der Deutsche nimmt einfach gerne ernst und braucht oft eine amtliche Ansage, wann es lustig wird („Es darf gelacht werden!“). Deshalb braucht er den Karneval, deshalb arbeiten die typisch deutschen Plakate für Theater-Komödien, Comedy-DVD-Cover usw. mit breit lachenden Gesichtern, die Heiterkeit signalisieren sollen (während in England oft auch Comedy mit ernsten, mit dead pan-Gesichtern beworben wird). Jedenfalls war das mal so — zum Glück hat sich in den letzten Jahrzehnten da viel geändert.
Zu meiner Schulzeit allerdings, um langsam mal zum Gegenstand dieses Textes zu kommen, war z.B. Geschichte ein Fach äußerster Ödnis und Langeweile. Bauernkriege, Reformation, an ein drittes Thema kann ich mich schon nicht mal mehr erinnern, so fad fand ich den ganzen Krempel damals. Schnarch! Wieviel mehr hätte ich gelernt, wenn es jemand verstanden hätte, etwas mehr Witz in den Unterricht zu bringen! Aber im Gegenteil, ich glaube, viele Lehrer haben geradezu einen Wettbewerb daraus gemacht, möglichst trocken, sachlich, nüchtern, grau in grau zu unterrichten, getreu dem Motto: Wir sind nicht eure Clowns, wir sind nicht zur Unterhaltung hier, motivieren müßt ihr euch schon selber. Gräßlich. Als ob es hieße, daß man den Unterrichtsstoff nicht ernst nimmt, weil man ihn nicht nur ernst nimmt! Um nicht unfair zu sein: Ausnahmsweise gab es schon auch Lehrer, an denen Stand Up-Comedians verloren gegangen sind — wer weiß, was aus mir geworden wäre, wenn nicht ein, zwei Deutschlehrer es geschafft hätten, dank Wortwitz und Sprachgewalt bei mir Interesse an Literatur und Sprache zu wecken. Aber Geschichte: Langeweile war eine Achterbahn im Vergleich dazu.
Beneidenswert dagegen: Englische Kinder, denen der Kinderkanal der BBC, CBBC, „Horrible Histories“ näherbringt. So lustig ist diese mittlerweile in der zweiten Staffel befindliche HistoryCom, daß immer mehr Erwachsene verfolgen, was da in kleinen Häppchen über „terrible Tudors“, „groovy Greeks“, „rotten Romans“, „vile Victorians“ und „slimy Stuarts“ berichtet wird. Mit Hauptaugenmerk auf triviale, ungewöhnliche und grausige Aspekte und gerne in Form von Parodien erwecken britische Comedians (u.a. Simon Farnaby [„Mighty Boosh“], Sarah Hadland [„Moving Wallpaper“] und den Stargästen David Baddiel und Alexei Sayle) die Geschichte zum Leben. Und immer, wenn die Gags allzu ausgedacht wirken, hält der Moderator der Show, eine Handpuppen-Maus, ein Schild in die Kamera: „This really happened!“
„This really happened“ — leider nicht in meinem Unterricht damals. Aber immerhin erfahre ich ja nun aus dem Kinderfernsehen, was ich alles verpaßt habe. Danke, CBBC!
Einer geht noch, mehr finden sich bei YouTube:
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