Dies sei, so Ricky Gervais in den ersten Minuten von „An Idiot Abroad“ (Sky1), nichts anderes als ein sehr teurer practical joke, und Karl Pilkington „an idiot in a corner, poked by a stick — and I am the stick“. Zu vorgeblich keinem anderen Zweck, als um Pilkington zu foppen, schicken Gervais und Merchant den Simpleton-Sidekick aus ihren höchst erfolgreichen Podcasts um die Welt. Die sieben Weltwunder soll er bereisen, und dabei immer genau das tun, was die Bullys zuhause ihm via iPhone auftragen: In der ersten Folge etwa, die Chinesische Mauer zu besichtigen — und zwar in ihrer gesamten Länge.
https://www.youtube.com/watch?v=VpePyoqbtJ0?fs=1&hl=de_DE
Das tut Pilkington dann auch brav, immer schön das Trottelgesicht mit offenem Mund und halb geschlossenen Augen aufgesetzt, und jammert sich durch halb China: die Chinesen können seinen Namen nicht aussprechen („It’s not car, it’s Karl!“), essen ekelhafte Insekten am Spieß, Hühnerföten und Kröten, denen sie vor laufender Kamera die Köpfe einschlagen und die Haut über die… über das ziehen, was auch immer Kröten anstelle von Ohren haben. Außerdem versteht Pilkington die Schriftzeichen nicht, muß im Bus neben einer Frau sitzen, die fortwährend Rotz hochzieht und in eine Plastiktüte spuckt, und darf sich beim Kung Fu blamieren. „Are you having a laugh?“ fragt er hin und wieder entgeistert, und man fragt sich, wer diese Catchphrase nun von wem übernommen hat. (Ich habe allerdings die Podcasts nicht gehört, falls das da thematisiert worden sein sollte.)
Es ist tatsächlich alles ein einziger großer Streich, dem man als Zuschauer beiwohnt. Trottel Pilkington läßt einiges über sich ergehen, obwohl er keinerlei wirkliches Interesse für seine Umwelt hat — die betrifft ihn nur insofern, als er sich von fehlenden Toilettentüren indigniert sieht, beim Krötenessen würgen muß und bei einer traditionellen Massage halb flambiert wird. Er wird vom Reisen nicht klüger, allenfalls dümmer, und im Grunde will er nur nach Hause.
Diese Umkehrung der Vorzeichen für eine Reisereportage ist zunächst durchaus clever und lustig. Ein Reisender, für den das Reisen eine Qual und alles, was im fernen Ausland passiert, im Grunde nur unverständlich ist und potentiell demütigend für Fremde, hat für eine Fernsehdokumentation nur einen Nachteil: So richtig zu erfahren gibt es nichts. Also bleibt, wenn man sich von Pilkington und seiner Trottelrolle nur so halb unterhalten fühlt, von „An Idiot Abroad“ kaum mehr übrig als Bilder vom chinesischen Alltag. Die sind zugegeben recht hübsch anzusehen, weil sie nicht nur den Ausschnitt zeigen, den alle anderen Reisereportagen präsentieren.
Aber irgendwie wurde zumindest ich das Gefühl nicht los, daß da etwas fehlte, und zwar möglicherweise etwas Entscheidendes. Vielleicht auch, weil ich Pilkington seine Trottelrolle und die Demütigungen viel weniger abnehme als sagenwirmal James May, der bei „Top Gear“ eine ganz ähnliche Rolle spielt und bei sämtlichen größeren Abenteuern der drei immer die Arschkarte zieht, immer gedemütigt wird — und dabei aber immer etwas glaubwürdiger in dieser Rolle ist als Pilkington.
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