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Archiv für die Kategorie ‘Sitcom’

Der Kilometa-Humor von „Community“

23. April 2012 9 Kommentare

„Community“ (NBC, seit 2009) ist eine der besten Sitcoms, die derzeit laufen.

Dieser Meinung bin ich noch nicht lange, gebe ich zu: Nachdem ich damals den Piloten gesehen hatte, habe ich erst einmal auf weitere Folgen verzichtet. Erst seit ein paar Wochen gehöre ich zu der kleinen, aber enthusiastischen Fangruppe, die diese Show trotz nicht gerade überwältigender Einschaltquoten am Leben erhält. Warum hat das so lange gedauert?

Weil ich kein Freund von Meta-Humor bin. Nicht mehr jedenfalls. Ich war es mal, damals, als Redakteur einer großen deutschen Satirezeitschrift, und musste irgendwann feststellen, was für ein einsames Geschäft das ist: Witze, die (vorderhand) nicht witzig sind, werden eben von den meisten Menschen tatsächlich auch nicht als witzig empfunden. Sie fühlen sich ausgeschlossen und wenden sich ab („Nicht witzig!“, „…kündige ich mein Abo“ usw.).

Was aber ist Meta-Humor? Ein klassischer Witz unterläuft eine Erwartung; er enttäuscht den einen Sinnzusammenhang und stellt einen neuen her. Meta-Humor ist, wenn wiederum genau diese Erwartung unterlaufen wird: Dass ein neuer Sinnzusammenhang hergestellt wird. Meta-Humor ist also vor allem für Menschen lustig, die das klassische Witz-Schema in- und auswendig kennen. Der prototypische Meta-Witz („Sitzen zwei Atomkraftwerke im Baum und stricken“) erhält nur noch die Form des klassischen Witzes, in diesem Fall das Set-Up, verzichtet aber nicht nur auf die Pointe, sondern auch auf jeden Sinn. Das finden dann tatsächlich nur noch Leute komisch, die sich schon sehr viele Witze erzählt haben. Und auch die nur eine Weile.

Als Satirezeitschriftenredakteur kennt man den Aufbau und die Funktionsweise von Witzen im Schlaf. Schon deshalb beginnt man irgendwann, sich nach Alternativen zu den klassischen Gags zu sehnen, und möchte zu Witze-Ufern aufbrechen, die noch nie zuvor ein Mensch betreten hat. Stefan Gärtner und ich hatten jedenfalls immer das Gefühl, dass wir die lustigsten Typen der Welt sind, weil wir gut darin waren, gegenseitig unsere Sätze zu vollenden. Beim gemeinsamen Schreiben kamen auf diese Weise tatsächlich oft komische Wendungen heraus: Einer begann einen Satz, der andere merkte intuitiv, wo dieser Satz hinwollte, auf welchen Witz er hinauslaufen sollte — und setzte dann eben genau eine Wendung hinter den ersten Halbsatz, mit der nicht zu rechnen gewesen war. Das war gut, solange dann trotzdem eine Pointe kam. Wenn nur die Erwartung einer Pointe gebrochen wurde, war das zeitweise auch komisch — aber eben meta.

Hier genau liegt eine der großen Gefahren des Meta-Humors: er wird irgendwann beliebig, wenn die Voraussetzungen zu hoch und die Belohnungen zu klein werden, die als Scherz aus den vielen Voraussetzungen entspringen. Noch ein Beispiel: Gärtner und ich haben als Running Gag in unseren Texten oft den Namen meines vormaligen WG-Mitbewohners Dirk Schulz eingebaut, wann immer wir einen „Experten“ oder so brauchten. Für aufmerksame Beobachter war das (glaubten wir zumindest) lustig, wenn er erkannte, wie viele Auftritte dieser Dirk Schulz hatte. Dann begannen wir, Dirk Schulz zu variieren („Schilz Durk“), und irgendwann waren diese Variationen überhaupt nicht mehr lustig, sondern allenfalls albern, dann rätselhaft und zum Schluss wurscht. Meta. Gärtner und ich mussten aufhören, junge Kollegen entwandten unseren zitternden Händen Bleistift und Kugelschreiber, wir wurden entlassen und an einer Autobahnraststätte ausgesetzt.

Seitdem habe ich Meta-Humor als Humor für faule Autoren betrachtet, die sich den Aufwand ersparen wollen, richtige Witze zu machen.

Aber das ist natürlich auch nur die halbe Wahrheit. Denn Meta-Humor kann sehr komisch sein, wenn man sich auf dem Feld, das mit Meta-Humor beackert wird, gut auskennt. „Geht ein Journalist an einer Kneipe vorbei“: das ist (bzw. war vor hundert Jahren mal) lustig, wenn man wusste, wie viel Journalisten so trinken. Und sie trinken sehr, sehr viel; jedenfalls die vom alten Schlag.

Und jetzt komme ich endlich zu „Community“: Das ist ebenfalls sehr, sehr komisch — wenn man sich in der Popkultur auskennt, und speziell mit Sitcoms.

Denn natürlich sind die Figuren, die sich da einmal die Woche an einer Art Volkshochschule zum gemeinsamen Studieren treffen, alle wahnsinnig konstruiert. Es ist ein Comedy-Ensemble, das mit maschinengewehrartiger Feuerkraft Witze aufsagt, also das Gegenteil britischer Sitcom-Figuren, die vom Charakter leben und weniger von Gags. Mit den „Community“-Figuren wird man lange nicht warm, weil man nicht an sie als Menschen anschließen kann. Sie sind keine. Sie sind Sitcom-Klischees.

Umso besser aber können diese Figuren in andere Rollen schlüpfen, in denen der „Community“-Macher Dan Harmon sie dann pro Folge durch einen Parcours der Popkultur jagt: durch eine Mafia-Film-Folge, durch eine Science-Fiction-Parodie, durch „Breakfast Club“, „Batman“, Anwaltsfilme, „Glee“-Parodien, durch Quentin Tarantinos Universum. Sie erfüllen ihr prototypisches Rollenbild so gut, dass sie die Mechanik hinter Sitcoms und Filmen bloßlegen können, dass sie die Fäden sichtbar machen können, an denen sie tanzen.

Wer die Voraussetzungen mitbringt, die „Community“ erfordert, der wird reich belohnt. Überreich, denn ich fürchte, mir bleibt die Hälfte aller Anspielungen, aller Zitate, aller kleinen Sight Gags im Hintergrund verborgen (hat hier jemand schon mal was von „My Dinner with Andre“ von Louis Malle gehört? Ich auch nicht). Aber auch so kommen noch derart viele Späße, die sich diese Show erlaubt, bei mir an, dass ich längst süchtig geworden bin.

„Community“ ist eine Show von Nerds und Geeks für Nerds und Geeks, sie ist exklusiv, weil sie viele Menschen ausschließt, die nicht ihr ganzes Leben vor dem Fernseher und im Kino verbracht haben. Sie lebt von Meta-Humor. Wer „Spaced“ mochte, wer Simon Peggs und Edgar Wrights Humor mag (was die Verweise auf Popkultur betrifft, weniger was die warmherzige Figurenzeichnung angeht), der wird „Community“ lieben. Wer „Parks & Recreation“, das zusammen mit „Community“ auf NBC läuft, für seine Humor-Farbe mag, der wird „Community“ lieben. Wer „Glee“ hasst, der könnte „Community“ lieben.

„Community“ hat mich mit dem Meta-Humor versöhnt. Nicht so sehr, dass ich mir jetzt Wes-Anderson-Filme freiwillig ansehen würde, aber doch versöhnt.

„Community“ läuft ab nächstem Samstag nachmittag um 13.30 Uhr (!) auf ProSieben.

Keine BehindiCom von Ricky Gervais

Channel 4 wird „Derek“, Ricky Gervais‘ nächster Sitcom-Idee rund um einen geistig Behinderten, doch keine volle Serie geben; der schon abgedrehte Pilot wird als „One-off“ am 27. März gezeigt werden. Das berichtet Dan’s Media Digest.

Keine große Überraschung, dass die Sender etwas vorsichtiger geworden sind: Nicht nur ist gerade die US-Ausstrahlung von „Life’s Too Short“ (BBC2, 2011) wie schon die in England von schlechten Kritiken gesäumt, sondern Gervais auch für die unreflektierte Verwendung des Wortes „Mong“, sprich: Mongo, in Großbritannien im Herbst letzten Jahres abgewatscht worden. Womöglich wird sogar die BBC die schon zugesagte zweite Staffel „Life’s Too Short“ gar nicht erst produzieren. Kein gutes Jahr für Gervais bislang.

Motivation, Motivation, Motivation

11. März 2012 4 Kommentare

Kurz war meine Freude an der neuen, jungen BBC3-Sitcom „Pramface“: Kaum zwei Folgen lang. Schon die dritte ließ mich deutlich weniger lachen. Warum nur?

Die Voraussetzungen waren jedenfalls gut: Ein eher schüchterner Sechzehnjähriger ohne große Erfahrung mit Frauen, der die Gelegenheit bei einer feuchtfröhlichen Party nutzt und mit einem (ziemlich betrunkenen) Mädchen ins Bett geht. Leider klappt das mit dem Kondom nicht so gut, und prompt ist sie schwanger. Kleine Komplikation: Sie ist schon achtzehn — und kein Altersunterschied könnte größer sein als der zwischen einem achtzehnjährigen Mädchen und einem sechzehnjährigen Jungen. Sehr schön demonstriert in einer Szene, als sie ihn zum ersten Mal nüchtern trifft und ihn anraunzt, er könne sich gleich wieder davonmachen auf seinem BMX-Rad. Er antwortet entrüstet: Er sei ja gar nicht mit einem BMX-Rad da! Seine Mama hätte ihn mit dem Auto gebracht!

Ein prima Konflikt also, von den diversen kleineren Konflikten ergänzt: Natürlich kommt Laura (Scarlett Alice Johnson) aus einer poshen Oberschichtsfamilie und Jamie (Sean Michael Verey) aus eher tiefer angesiedelten Verhältnissen; natürlich gibt es die üblichen Dramen à la „Wie sage ich es Mami und Papi“; und natürlich kommen da etliche Nebenfiguren ins Spiel, die der Story Würze geben: Er hat eine beste Freundin, die in ihn verliebt ist, von der er aber nicht mehr will als von einem guten Kumpel, und einen treudoofen besten Freund, der mehr doof ist als treu und in dieser Entourage die Figur, die am durchschaubarsten eingesetzt ist als Witzemagnet.

https://www.youtube.com/watch?v=6e9dPoBXnzE?version=3&hl=de_DE

Während die zweite Folge (per Einblendung) erklärte sechs Wochen nach der ersten spielt, findet die dritte (abermals per Einblendung ausgewiesene) zwölf Wochen später statt. Sie ist gerade nach Edinburgh zum Studieren gegangen, und er reist ihr nach, um sie davon zu überzeugen, dass… ja, was? Zwar will er ihr einen Heiratsantrag machen, aber mit dem Ziel, dass sie nein sagt, so dass er aus der Nummer guten Gewissens herauskommt. Diese Motivation könnte man mit etwas gutem Willen noch einsehen, und sie bietet abermals genügend Konfliktpotential, um hübsche Dialoge und Szenen zu bewerkstelligen: Was, wenn sie ja sagt? Und den teuren Ring behält, den er mit der elterlichen Kreditkarte online bestellt hat (in der Hoffnung, ihn dann einfach zurückschicken zu können)?

Vollkommen unklar wird aber in dieser Folge ihre Motivation, das Baby zu behalten. Bei einer Aussprache zwischen ihr und ihrer Mutter erklärt letztere sympathischer- und richtigerweise, dass an beruflichen Erfolg mit einem Baby nicht zu denken ist. Tochter: Aber es gibt Frauen mit einer Karriere und einem Baby! Mutter: Nein, es gibt Frauen mit einer Karriere und einer Nanny. Abtreibung steht also im Raum, als eine mehr als naheliegende Option.

Warum aber entscheidet sie sich dagegen? Welche Motivation gibt es, dieses Baby zu bekommen? Sie ist angewidert von dem Gedanken, sich mit einem zwei Jahre jüngeren Burschen einzulassen, sie will zur Uni gehen, sie hat eine beste Freundin, die ihr ebenfalls zu diesem Schritt rät — nichts, aber auch gar nichts spricht für dieses Kind. Außer dass es ohne keine Serie gäbe.

Das aber hinterlässt mich als Zuschauer ratlos. Und nichts ist tödlicher für Comedy, als wenn man die Motivation der Hauptfigur nicht erkennt. Das Ziel der Hauptfigur, das nur erreicht werden kann, wenn Hindernisse dafür überwunden werden, ist entscheidend dafür, wie eine Figur handelt und warum sie sich zum Deppen macht: Ist es das Ziel, berühmt zu werden und gesellschaftlicher Mittelpunkt zu sein wie bei Frasier, oder sein Gewissen zu erleichtern und mit sich ins Reine zu kommen wie bei „My Name is Earl“, ist es das Ziel, im eigenen Buchladen von Kunden unbehelligt zu bleiben, wie im Falle Bernard Blacks in „Black Books“, oder auch nur Zucht und Ordnung durchzusetzen wie bei „Hausmeister Krause“ — die Motivation ist grundlegend, und sie muss klar erkennbar sein, am Besten in jeder Folge wieder. Etwa wie bei „White Van Man“, wo im Vorspann das Foto eines neuen, weißen Transporters gezeigt wird und dann Ollies alter, rostiger Van, so dass die Motivation gar nicht offensichtlicher sein könnte: Er will einen neuen, weißen Transporter, so einen wie auf dem Foto.

Warum aber will Laura dieses Baby? Wenn ihr Antrieb klar dargelegt würde, wenn man einsehen könnte, was sie bewegt: Dann wäre „Pramface“ eine ganz gute Sitcom.

Kleine Glotz-Bilanz

9. Februar 2012 8 Kommentare

Wenig passiert hier in den letzten Tagen, aber die Glotze war natürlich trotzdem oft an. Meine Fernsehauswahl der letzten Wochen:

„Homeland“ (Showtime, 2011) ist weder lustig noch britisch, dafür aber dekoriert mit einem Golden Globe (Best Television Series – Drama) und nach einer israelischen Vorlage, was mich aus persönlichen Gründen immer interessiert. Inhalt: Ein US-Marine, Sergeant Nick Brody (Damian Lewis), wird nach acht Jahren Gefangenschaft in den Händen von Al Qaida von einem US-Kommando befreit und als Kriegsheld nach Washington zurückgebracht. Allerdings hat die psychisch einigermaßen labile CIA-Agentin Carrie Mathison (Claire Danes, die Julia in Baz Luhrmanns „Romeo + Juliet“) zuvor in Bagdad aus zuverlässiger Quelle erfahren, dass ein langjähriger P.O.W. von Terroristen während seiner Haftzeit „umgedreht“ worden ist und nun als islamischer Terrorist in den USA eingesetzt werden soll. Das kann nur Brody sein. In der Agentur glaubt ihr nur kaum jemand, so dass Claire mehr oder weniger auf eigene Faust beginnt, Brody zu verfolgen.

„Homeland“ ist eine Mischung aus den Thriller-Elementen von „24“ (von dessen Executive Producern die Serie auch stammt) und der Hauptfigur aus „Dr. House“, die medikemantenabhängig und gebrochen ist, vielleicht weniger genialisch als House, dafür verbissener. Außerdem spielen die zentralen seelischen Beschädigungen der Israelis eine tragende Rolle, wie ja auch schon (und logischerweise) bei „In Treatment“ (HBO, 2008 – 10): Schuldgefühle (u.a. geht es um nicht legitimierte US-Kriegshandlungen), Paranoia, bipolare Störungen, Schizophrenie. Vor allem, aber nur hintergründig, um Schizophrenie, denn dass Carrie mit ihrem Verdacht nicht falsch liegt, wird sehr schnell klar: Brody ist tatsächlich beides, US-Marine, Kriegsheld und treusorgender Vater — und muslimischer… aber ich will nicht zu viel verraten.

Natürlich ist „Homeland“ ultra-konservativ; hin und wieder habe ich vor mir Homer Simpson gesehen, der mit bloßem Oberkörper „U-S-A! U-S-A!“ ruft und sein Shirt um den Kopf wirbelt. War „24“ ja auch. Geht aber vermutlich auch nicht anders, wenn man eine solche Spionagegeschichte erzählen möchte, und die scheinen im Moment ja Konjunktur zu haben (mit der neuen le Carré-Verfilmung „Tinker Tailor Soldier Spy“, „Mission Impossible“ usw.). „Homeland“ ist jedenfalls prima Fernsehen, auf der Höhe der Zeit, und die erste Staffel (eine zweite ist in Planung) endet freundlicherweise nicht mit einem riesigen Cliffhanger, der alles offenlässt, sondern schließt in einer extra langen Episode viele Handlungsstränge ziemlich endgültig ab. Jedenfalls scheint es so.

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Zurück nach Großbritannien:

„Skins“ (E4, seit 2007) läuft derzeit in der sechsten Staffel und mit dem dritten Ensemble, und ist dafür immer noch ziemlich gut. Eigentlich besser als „Fresh Meat“ (Channel 4, seit 2011), das im Prinzip das gleiche versucht: Ein junges Comedy-Drama with an attitude. „Skins“ erzählt, pro Folge um eine der jugendlichen Hauptfiguren kreisend, die Geschichte einer Handvoll Teenager rund um Bristol und begleitet sie während der letzten zwei Jahre in der Schule (Sixth Form) (daher der komplette Cast-Austausch nach je zwei Staffeln). Die Jugendlichen sind, wie die in „Misfits“ (ebenfalls E4, seit 2009), weiß Gott keine Unschuldslämmer und haben darüberhinaus mit handfesten Coming-of-Age-Problemen zu kämpfen. In der aktuellen Staffel ist gerade eine der Hauptfiguren gestorben (was die Serie davor bewahrt hat, zur Soap zu werden — ans viele Kiffen und die Häuser verheerenden Partys hat man sich ja nun gewöhnt), und eine neue ist auf den Plan getreten, die per Würfel entscheidet, was als nächstes zu tun ist, und heimlich wilde homosexuelle Erfahrungen sammelt.

Keine andere Serie schafft es so sehr, in mir den Wunsch nach unverbindlichen Drogen, lautem Sex und harter Musik zu wecken, wie „Skins“ — mit „Misfits“ und „Skins“ hat E4 derzeit das deutlich bessere Gespür für „neue“, junge Bild- und Musik-Ästhetik als die BBC, wo allenfalls „Being Human“ mithalten kann (das gerade auch in eine neue, die vierte Staffel gegangen ist). E4 ist der digitale Ableger von Channel 4, der sich vorwiegend an ein junges Publikum richtet, Experimente wagt und sogar richtig Geld dafür ausgibt. Lobenswert.

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Apropos junge Menschen:

„The Inbetweeners Movie“, zu deutsch: „Sex on the Beach“ (also eher: „deutsch“), gerade in den Kinos (bzw. womöglich schon wieder raus?) KANN in Deutschland nur total floppen, alles andere würde mich jedenfalls sehr wundern. Nicht weil dem durchschnittlichen deutschen Kinogänger die Vorgeschichte aus drei Staffeln „Inbetweeners“ fehlt (abermals E4, 2008 – 10) — ein Kinofilm muss es schon schaffen, eigenständig zu funktionieren. Sondern weil das spezielle englische Element dieser (abermals sehr jugendlichen) Komödie hier überhaupt nicht verstanden werden dürfte.

Für das unbewaffnete Auge sieht der „Inbetweeners“-Film wie eine britische Variante von „American Pie“ oder „Eis am Stiel“ aus, die hierzulande ja ebenfalls schon eher als geschmacklos und vulgär empfunden werden denn als komisch — und der „Inbetweeners“-Film legt da noch zwei Schippen oben drauf: Da werden (während eines gemeinsamen Urlaubs der vier Teenager auf Kreta, in einer absoluten Touri-Hölle der unfeinen englischen Art) Omas gebumst, Selbst-Fellatio betrieben und Leute vollgekotzt; es gibt Schwänze ins Gesicht, eine Kackwurst im Bidet, ja, es wird sogar menschliches Exkrement geschnupft— nichts, was Deutsche per se als komisch empfänden.

Für Engländer aber, deren Schamschranken (man mag es angesichts solcher Filme nicht glauben) in der Realität aber viel höher liegen, ist es lustig, wenn genau diese Schranken in einem Film, mithin erkennbar künstlich und kunstvoll, gebrochen werden. Und auch ich musste mehrfach herzlich lachen, etwa wenn der sexbesessene Jay (James Buckley) (zu Beginn des Films und noch zuhause) sich herzhaft einen von der Palme wedelt — auf dem Bett sitzend vor einem Laptop samt Live-Sex-Chat, Taucherbrille auf, Sporthandschuh an, Schinkenscheiben im… nun, und wenn dann seine Mutter reinplatzt, hinter ihr die kleine Schwester, und sagt: Jay, kommst du bitte nach unten, dein Großvater ist gerade gestorben. — dann muss ich, nach einer atemlosen Schrecksekunde, wahnsinnig lachen. Weil die Geschmacklosigkeit nicht nur geschmacklos ist, sondern eine groteske Übersteigerung von Geschmacklosigkeit, eine Geschmacklosigkeit, die praktisch in alle Ewigkeit fortgesetzt ist, mithin endlos, schließlich wird Jay sich nicht nur während der Beerdigung, sondern jedesmal, wenn vom toten Opa die Rede sein wird, an diesen Moment erinnern… Was für eine Strafe, für das bisschen Sex!

Oder wenn der widerwärtige Hotelheini auf Kreta zu seinen neuen Gästen sagt: „Have fun, but not too much. You shit on floor, you pay 50 Euro fine. Each time.“ Oder wenn Will (Simon Bird) feststellt: „Dads are like arseholes: everyone’s got one. Plus they’re arseholes.“

Will sagen: Wie da fette englische Bratzen in zu kurzen Röcken gezeigt werden, die äußere Anmut allenfalls durch ein strahlendes Selbstbewusstsein ersetzen, vier hoch peinliche Teenager zwischen Extrem-Nerd und Vollpfosten, das ist von einer Selbstironie getragen, freilich auch von darunterliegender englischer Selbstsicherheit, die es in amerikanischen Teenagerfilmen dieser Art so (glaube ich) nicht gibt, und in Deutschland schon gar nicht. Da schämt man sich allenfalls, wenn andere Leute sich dermaßen daneben benehmen, und zwar für sie, aber man lacht nicht darüber. Und schon gar nicht mit ihnen. Engländer aber schon. Das belegt nicht zuletzt der Umstand, dass „The Inbetweeners Movie“ in England den Einspielrekord aller Komödien am Premierenwochenende gebrochen hat und nun vor „Bridget Jones — The Edge of Reason“ und „The Hangover II“ liegt.

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„Noel Fielding’s Luxury Comedy“ (schon wieder E4, 2012) zuguterletzt ist „gloriously weird“ oder aber völlig witzfrei, ich bin mir noch nicht ganz sicher. Sicher ist: Es ist eine Art Sketchshow, in der Noel Fielding (die jüngere Hälfte des „Mighty Boosh“-Duos) seinen surrealen Albernheiten freien Lauf lassen darf, ohne Julian Barratt, dafür aber mit Sergio Pizzorno von der britischen Rockgruppe Kasabian, der hier die Musik beisteuert, und einigen der üblichen Verdächtigen (Bruder Michael Fielding, Rich Fulcher, Richard Ayoade). Es ist viel Animiertes dabei, an dem man auch deutlich die Fieldingsche Handschrift erkennen kann, und es ist bestimmt auch ganz lustig, für Hardcore-„Mighty Boosh“-Gucker. Ich persönlich bin nach zwei Folgen gespalten: Richtig oft lachen musste ich nicht, aber für ein endgültiges Urteil ist es wohl noch zu früh. Wer die erste Episode gucken möchte: Hier ist sie.

https://www.youtube.com/watch?v=8F7Pn8Owi-8?version=3&hl=de_DE

Ab Fab Forever

7. Januar 2012 1 Kommentar

„Ab Fab“ lebt also und ließe sich problemlos fortsetzen, die Show ist immer noch genauso frisch und unverbraucht wie eh und je habe ich vor einer guten Woche in die Kritik der Weihnachts-Specials hineingeschrieben, und offenbar sieht man das bei der BBC genauso: Nun haben, nachdem das Neujahrs-Special abermals über sieben Millionen Zuschauer eingefahren hat, die BBC-Oberen Jennifer Saunders offenbar um eine weitere komplette Staffel „Absolutely Fabulous“ gebeten. Jennifer Saunders Antwort auf dieses Angebot ist noch nicht bekannt.

„Absolutely Fabulous“ lief ursprünglich in drei Staffeln zwischen 1992 und 1996 auf BBC1 und erzählt die Geschichte von Edina Monsoon (Saunders), einer erfolgreichen, aber ziemlich kindischen PR-Agentin (die man niemals ernsthaft bei der Arbeit sieht) und ihrer besten Freundin, der Modejournalistin Patsy Stone (Joanna Lumley), die ebenfalls nie wirklich arbeitet. Stattdessen versuchen beide verzweifelt, modisch „hip“ zu sein, trinken zu viel, nehmen Drogen (Patsy deutlich mehr als Edina) und benehmen sich absolut unerwachsen — ganz im Gegensatz zur spießigen, stets zu ernsthaften Tochter Edinas, Saffron (Julia Sawalha), die in ihrer über-erwachsenen Rolle aber meist ebenso schlecht wegkommt wie ihre zweimal geschiedene, für ihr Verhalten deutlich zu alte Mutter.

„Ab Fab“ beruht auf einem Sketch des damaligen Double-Acts von Saunders und Dawn French und war in den Neunzigern sensationell erfolgreich — vermutlich, weil hier einerseits die damals virulente Softie-Welle konterkariert wurde, wie es für die Männer auch Simon Nyes „Men Behaving Badly“ tat, wo das genaue Gegenteil des „New Man“-Ideals gefeiert wurde, nämlich der saufende, sexistische, sich schlecht bzw. eben laddish benehmende Mann. Andererseits waren die Anti-Heldinnen Edina und Patsy mit ihrer Parodie auf den PR-, Werbe- und Promi-Wahn ihrer Zeit, auf Charitys und Marketing am Puls der Zeit — und bald auch noch Ikonen der Emanzipation, denn offenbar (man sieht es ja nie explizit) waren sie beruflich so erfolgreich, dass sie sich ihren exzessiven Lebensstil auch leisten konnten: Weibliche Selbstermächtigung pur und vom Feinsten. Und durch die Ergänzung des Casts durch Edinas patente Mutter (June Whitfield) als (zumindest Patsy gegenüber) kritischer und wacher Geist und Ersatzmutter für Saffy sowie durch Edinas Assistentin Bubble (Jane Horrocks), die durch ihre strahlende, Homer-Simpson-Father-Dougal-artige Dummheit enormes komisches Potential und Abgrenzung zur nicht ganz so strahlenden Dummheit Edinas und Patsys in die Serie bringt, durch diesen Cast also, der Frauen in vielen komischen Facetten zeigt, wurde „Ab Fab“ zu einer der wichtigsten Serien der (Comedy-) Frauenbewegung.

Dass „Ab Fab“ über Generationen hinweg funktionierte und geliebt wird, zeigte sich im langen Leben der Serie und vor allem der Specials: Nach einem zweiteiligen Fernsehfilm („The Last Shout“, 1996) liefen von 2001 bis 2003 abermals zwei ganze Staffeln und drei weitere einstündige Specials; der letzte Clip der Show war ein „Comic Relief“-Sketch 2005. Neben den drei diesjährigen Specials ist Gerüchten zufolge ein Film geplant.

„Absolutely Fabulous“ rangiert in der Liste der „greatest British TV shows of all time“ des British Film Institute auf Rang 17 und in vergleichbaren Rankings ebenfalls stets weit oben; die Show gehört auf jeden Fall zu den wichtigsten Sitcoms der letzten dreißig Jahre und in jeden Grundkurs Britcom.

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Heute ist der dritte Geburtstag dieses Blogs, sehe ich grade. Also, happy birthday, britcoms.de!

Noch eine Behindi-Sitcom von Ricky Gervais?! Life’s too short!

26. November 2011 5 Kommentare

Ricky Gervais arbeitet an einer neuen Sitcom, die auf einem Sketch aus der Prä-„The Office“-Zeit beruht: „Derek“, nach dem von Gervais gespielten, geistig behinderten Charakter Derek Noakes. Hier ist ein Clip:

leider offline

Derek wird, zusammen mit einem älteren Partner (gespielt womöglich von Sean Connery), in einem Altenheim leben; ein Pilot wird gerade in London gedreht. Gerüchten zufolge soll die Serie, so sie denn kommissioniert wird, auf Channel 4 laufen.

Persönlich könnte ich sehr gut auf eine weitere Behindi-Sitcom von Ricky Gervais verzichten, ist doch nach der dritten Folge „Life’s Too Short“ (BBC2) mittlerweile klar, daß diese Serie einer der größeren Sitcom-Reinfälle des Jahres ist. Die dritte Folge (mit einer vollkommen unlustigen Helena Bonham-Carter als Gaststar) lebte praktisch nur noch von sehr erwartbaren Zwergenwitzen, die sich bisweilen eher nach einer Parodie auf Gervais-Sitcoms anfühlten als nach genuinen Gervais-Scherzen. Spätestens nach der Szene, als Warwick Davis einen Schüler vor der ganzen Klasse zusammenstauchen will, weil der ihn im Internet beschimpft hat, und sich prompt rausstellt, daß dieser Schüler selbst schwerstbehindert ist, war bei mir alle Bereitschaft erloschen, mich nochmal auf diese Form von Grausamkeitshumor einzulassen. Es hätte also gar nicht der Bloßstellung eines anderen Kleinwüchsigen bedurft, dessen darstellerische Unfähigkeit aufs Korn genommen wurde, obwohl bzw. gerade weil sie erkennbar echt war. Genau diesen Kleinwüchsigen dann dazu zu bringen, vor der Kamera die Hosen runterzulassen und über seinen eigenen Schniedel zu kotzen, ähm, nun ja — nicht meine Tasse Tee.

Die Zuschauerzahlen, mittlerweile sehen nur noch halb so viele zu wie bei der ersten Folge, sprechen da schon eine recht deutliche Sprache; möglicherweise auch deshalb will Gervais so schnell wie möglich sein nächstes Projekt eintüten. Aber jetzt kommen ja erst mal die Golden Globes, und damit wieder jede Menge Witze, die Amerikaner vermutlich abermals als „böse“ und „schwarz“ empfinden werden, nicht aber Engländer, und ich auch nicht.