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Archiv für die Kategorie ‘Sitcom’

Piloten-Check 4+5: Giggelnde Gläser mit sarkastischen Untertiteln

20. März 2009 1 Kommentar

Eine Garderobe mit Herrenmantel. Ein Damenmantel wird dazugehängt. Sagt der Herrenmantel: „Du bist aber feucht!“

Wenn Tiere sprechen können, warum nicht auch Gegenstände? „Things Talk“ heißt der Sitcom-Pilot (18.3., BBC3) von Stefan Golaszewski, und genau darum geht’s: Sprechende Haushaltsgegenstände. Fernseher zu Fernbedienung: „Ich war bis drei Uhr auf, um ’24‘ zu gucken!“ Fernbedienung zu Fernseher: „Ich beginne mich zu fragen, was ich je in dir gesehen habe.“ Ein großmäuliger Plattenspieler, ein witzeerzählender Gasherd, kichernde Trinkgläser, eingebildete Salz- und Pfefferstreuer, die eine oder andere prominente Synchronstimme (etwa Dom „Trigger Happy TV“ Joly) — das sind die Zutaten für eine Sitcom, die ziemlich schnell anstrengend wird. Weil erstens kaum etwas passiert, das man als Handlung bezeichnen können, schließlich werden die meisten Dinge eher bewegt als daß sie sich selbst bewegen. Und weil zweitens sprechende Tiere immer noch ein Gesicht haben und damit menschliche Züge. Sprechende Gasherde können aber noch so lange mit ihren Kochstellen züngeln, anthropomorph werden sie dadurch nicht. Eine schöne Idee also, die vermutlich aber in der Theorie besser war als in der praktischen Umsetzung.

„Vidiotic“ (ebenfalls 18.3., BBC3 — da war wohl Frühjahrsputz) ist eine Mischung aus Sitcom und Clip Show, die in einem heruntergekommenen Videoverleih spielt. Die kleinen Sketche zwischen den beiden Angestellten und ihren Kunden sind aber nur der Rahmen für Parodien auf Fernsehtrailer, Sitcoms, Popkultur in toto, für Splatter-Animationen mit Action-Figuren und Ausschnitte aus den schlechtesten Filmen aller Zeiten (u.a. gibt es einen Schnipsel aus Uwe Bolls wirklich unfaßbarem „Postal“) und ein Interview mit Daniel „Harry Potter“ Radcliff mit sarkastischen Untertiteln. Dazwischen tritt Thomas F. Wilson auf, der Biff aus „Zurück in die Zukunft“, und singt im Park, sich selbst auf der Gitarre begleitend, einen Song darüber, was die Leute auf der Straße ihn permanent fragen: „What’s Michael J. Fox like? He’s nice. What’s Christopher Lloyd like? Kind of quiet. Stop asking me the question! What does a key grip do? Set up lights! What does the best boy do? Help the key grip! What does a producer do? …I don’t know! Stop asking me the question!“ Wäre das also auch geklärt. That was fun! Please, BBC, give them a series!

Hier der Trailer:

Looking through Mark’s and Jeremy’s eyes

8. März 2009 4 Kommentare

Jede Sitcom braucht, um erfolgreich zu sein, eine Idee, die sie unverwechselbar macht; ohne ein originelles Moment bleibt sie Abklatsch. Dabei sticht dieses entscheidende Merkmal mal mehr, mal weniger deutlich ins Auge: Jeder sieht ohne weiteres, daß es bei „Alf“ Alf war, den sonst keine Serie aufzubieten hatte (und zum Glück, möchte man sagen); schon ein bißchen schwieriger wird es bei „The Office“ oder „Seinfeld“, wo das Bemerkenswerte war, daß es um nichts bemerkenswertes ging — Stichwort: Show about nothing. Im Marketing spricht man von Unique Selling Proposition, kurz: USP.

Bei „Peep Show“ ist dieses Alleinstellungsmerkmal sofort auffällig: Der Zuschauer sieht die Welt mit den Augen der beiden Protagonisten Mark und Jeremy (David Mitchell und Robert Webb). Heißt: Dialoge werden direkt in die Kamera gesprochen, der Zuschauer nimmt je den Standpunkt einer der Figuren ein. Die beiden Jugendfreunde teilen sich eine Wohnung (nämlich die von Mark), obwohl sie keine Gemeinsamkeiten haben: Mark ist ernst, bieder, beruflich halbwegs erfolgreich, aber unsicher, während Jeremy faul, narzisstisch, verantwortungslos und alles in allem ein großes Kind ist, das in den Tag hineinlebt, obwohl es langsam ein bißchen zu alt ist für einen nie ernsthaft verfolgten Traum vom Leben als Rockstar. Sein bester Freund ist eine überlebensgroße Version seiner selbst: der Möchtgern-Musiker Super-Hans, ein vollkommen suspektes und vertrauensunwürdiges Subjekt, zu dem ausschließlich Jeremy aufsieht. Mark wiederum ist (jedenfalls zu Beginn) in seine Kollegin Sophie (Olivia Colman, „Green Wing“) verliebt, stolpert aber dermaßen über seine eigene Unentschlossenheit, daß er sie schließlich heiratet, obwohl er sich zuvor bereits dagegen entschieden hat.

Sam Bain und Jesse Armstrong, die Autoren von „Peep Show“, sind vielfach ausgezeichnet worden für ihre Serie, und obwohl sie Channel4 nur mittelmäßige Zuschauerzahlen beschert hat, liefen bereits fünf Staffeln und ist eine sechste in Vorbereitung: Denn ihr dunkler, böser Humor hat der Serie vor allem unter jüngeren männlichen Zuschauern ein begeistertes Fanpublikum verschafft, das sich über die immer peinlicheren Situationen freut, in die das Ensemble gerät: Sei es daß Jeremy mit Sophies Mutter schläft, sich einen Job schönredet, bei dem er einem von ihm verehrten Musiker, ähm: zur Hand geht oder daß Mark sich zum Stalker entwickelt, als Sophie in die Provinz versetzt wird.

Leider ist das Gimmick, das „Peep Show“ so einzigartig macht, nach meinem Dafürhalten auch das größte Handicap der Serie. Denn so schön es ist, entlarvende innere Monologe als Kommentare zur Handlung zu hören und die knietiefen Fettnäpfchen dementsprechend noch eindringlicher zu empfinden, die hier durchschritten werden, so hölzern wirken die meisten Schauspieler, wenn sie nicht mit anderen Schauspielern interagieren, sondern mit der Kamera, in die sie hineinsprechen müssen. Da entsteht keine Chemie, das bleibt ein bißchen lebloser, als es sein könnte, und wirkt schnell formelhaft — zumindest auf mich. Vielleicht bin ich aber auch einfach schon ein bißchen zu alt für „Peep Show“, vielleicht sollte ich mich eher an die Sketchshow „That Mitchell And Webb Look“ halten, die mir Murmel schon mehrfach ans Herz gelegt hat.

Die „Peep Show“-Clips bei YouTube, wo sich sogar ganze Folgen finden, lassen sich leider hier nicht einbetten, aber immerhin verlinken: Zum ersten Teil der ersten Folge bitte hier entlang!

((Jaja, die Überschrift versteht wieder mal keiner: eine Anspielung auf „Gary Gilmore’s Eyes“ von den Adverts.))

Animierte Tapeten

25. Februar 2009 1 Kommentar

Bin ich das, oder hat Fernsehen tatsächlich bessere Chancen, glaubwürdig zu sein, wenn es sich um sich selbst dreht? Ich jedenfalls habe eine ausgesprochene Vorliebe für Sitcoms, die vom Fernsehen (und Film) handeln: „Entourage“, um mal eine Serie zu erwähnen, um die es hier noch nicht tausendmal gegangen ist, „30 Rock“, „Larry Sanders“ und natürlich „Curb“; aus England klarerweise alle Alan Partridge-Serien, mit „Garth Marenghi’s Darkplace“ und „Rob Brydon’s Anually Retentive“ konnte ich allerdings nicht ganz so viel anfangen (zu viele In-Jokes), dafür wiederum mehr mit der Big Brother-Zombie-Serie „Dead Set„.

Hinter den Kulissen einer Fernsehserie spielt nicht nur die zweite Staffel „Extras“, sondern auch das vor knapp einem Jahr zum ersten Mal ausgestrahlte Moving Wallpaper. „Moving Wallpaper“ steht für anspruchsloses Fernsehen oder, abschätzig, Fernsehen insgesamt, und abschätzig gegenüber seinem Job ist auch die Hauptfigur hier: der knallharte Produzent Jonathan Pope (Ben Miller, „The Worst Week Of My Life“). Der wird zwei Wochen vor Sendebeginn für eine neuen Soap namens „Polnarren“ von ITV abgestellt, die Show auf Vordermann zu bringen, und tut das auch prompt: Aus einer sozialkritischen, anspruchsvollen Soap über das schwere Leben der Küstenbewohner Cornwalls wird im Handumdrehen „Echo Beach“, inklusive völlig überarbeiteter Drehbücher, einem Surf-Shop und Jason Donovan in der Hauptrolle — ja, der aus „Neighbours“, der Stock-Aitken-Waterman-„Sealed With a Kiss“-Australier Jason Donovan. Pope hat ein Ziel: Er will mindestens einen „British Soap Award“ — und dementsprechend plant er die Serie so, daß jede Kategorie („Most Dramatic Episode“, „Villain Of The Year“) bedient wird. Dabei ist er zwar über die Maßen egoistisch und gefühllos, also ein weiteres Serien-Ekel, in das man sich prima verlieben kann, aber auch eher ahnunglos. Seine Erfolge basieren mehr auf Zufall und der Zuarbeit seines Teams als auf seiner Kompetenz. Was Nancy Heads (Raquel Cassidy, „Lead Balloon“), Head Of Continuing Drama bei ITV, natürlich bemerkt. Und alles unternimmt, Pope so schnell als möglich zu feuern.

Fast amerikanisch sähe „Moving Wallpaper“ aus, wäre die „Echo Beach“-Produktion nicht so klein, mit einer knappen Handvoll Autoren, einer zickigen Möchtegernschauspielerin und einem Set, das wegen knappen Budgets „gedalekt“ werden muß, sprich: im Wesentlichen aus dem gleichen Pappmaché gebaut werden muß wie seinerzeit die ultrabilligen „Doctor Who“-Roboter. Der Clou bei „Moving Wallpaper“ allerdings ist: Es geht nicht um eine fiktionale Serie — „Echo Beach“ gibt es tatsächlich. Es spielt in Cornwall, hat einen Surfshop, und in der Hauptrolle zu sehen ist Jason Donovan. Alles, worauf bei „Moving Wallpaper“ angespielt wird, ob Pope ein kleines Mädchen zum Weinen bringt oder es um eine dramatische Explosion geht, die aber niemanden töten darf, ist bei „Echo Beach“ (ebenfalls ITV) zu sehen. Eine nachgerade geniale Idee von verschränkten Wirklichkeiten, die weidlich genutzt wird für Anspielungen auf britisches Fernsehen, Schauspieler, die Schauspieler spielen, die Schauspieler spielen — unendliche Möglichkeiten, die sich auftun. Leider hat diese TV-Version einer Matrioschka einen kleinen Haken: „Echo Beach“ ist durchaus keine Parodie, sondern ernst gemeint. Möglicherweise war genau das die Herausforderung für das „Moving Wallpaper“-Team, daß die „fiktionale“ Serie als eben das funktionieren sollte, was sie darstellte; der „Moving Wallpaper“-Zuschauer jedoch sieht sich mit einer eher langweiligen und unglaubwürdigen Soap konfrontiert, die einfach nicht lustig ist. Weil sie es nicht sein will.

„Moving Wallpaper“ aber funktioniert gut, und hat, anders als „Echo Beach“, daher eine zweite Staffel bekommen, in der es nun um „Renaissance“, eine One-Off Zombie-Show, geht. — Zombie-Show? Ich bin gespannt!

Meine DVD übrigens enthält keine Untertitel, was umso bedauerlicher ist, als viele Anspielungen auf britisches Alltags-TV für Leute, die es nicht gesehen haben können, ohnehin schwer verständlich sind.

Armando the great adult

21. Februar 2009 6 Kommentare

Armando Iannuccis Werk ist auch in England immer noch ein Geheimtip. Zu wenig zieht es ihn vor die Kamera, lieber schreibt und produziert er, von seinen Anfängen bei „The Day Today“ an immer wieder mit Steve Coogan und Chris Morris, und oft seziert er dabei die Mechanismen von Fernsehen und Komik, was ihn mehr zu einem Comedian’s Comedian macht als zum Publikumsliebling. Lange kokettierte er damit, daß alle seine erfolgreichen Formate kennen, aber niemand seinen Namen richtig schreiben kann. Das dürfte sich spätestens mit der bösen Polit-Satire-Serie „The Thick Of It“ geändert haben, aber mir gefallen seine versponnen-philosophischen Armando Iannucci Shows besser, deren Sketche häufig mit Oberservational Comedy beginnen, indem Iannucci etwa darüber reflektiert, daß Kinder sich immer mehr wie Erwachsene benehmen, dann aber schön regelmäßig ins Surreale abgleiten, wie hier, wo er einige Schüler auf kindgerechte Weise davon abbringen möchte, erwachsen sein zu wollen:

Iannucci ist immer dann gut, wenn er leise, aber irritierende Töne anschlägt und dabei traditionelle Komikmuster dekonstruiert, ja transzendiert — aber was rede ich da, wenn man sich es ebensogut ansehen kann! Hier etwa ein schön zerstörter Stand Up mit Powerpoint-Unterstützung, ebenfalls aus den „Armando Iannucci Shows“:

Schon bei den „Iannucci Shows“, die bereits auf DVD erschienen sind (£4.98!) und definitiv in jede Britcom-Bibliothek gehören, hatte Iannucci Unterstützung von den Computer-Animatoren, die auch die Dinosaurier der BBC-Dino-Dokus zum Leben erweckt haben, die Pro7 hin und wieder ausstrahlt. Eben diese Animations-Götter haben auch Iannuccis bis dato letzter eigener Serie „Time Trumpet“ zugeliefert, einer Parodie auf Nostalgie-Shows, die aus dem Jahr 2031 auf die ersten dreißig Jahre des Jahrtausends zurückblickt – und darin z.B. auf TV-Shows wie „Rape An Ape“:
https://www.youtube.com/watch?v=UpjQx2xjy-Y&hl=de&fs=1

„Time Trumpet“ erscheint Ende April auf DVD, und es funktioniert prima als Gegengift etwa zu den grauenhaften Retro-Shows, wie ich sie vorhin aus Versehen beim Frühstück auf RTL eingeschaltet habe, wo Oliver Geißen die lustigsten Lieder von Fips Asmussen und Bernd Stelter–, ach, ich darf gar nicht darüber nachdenken. — Mit von der Partie ist bei „Time Trumpet“, man hat es im Ausschnitt gesehen, u.a. Richard Ayoade („The IT Crowd“, „The Mighty Boosh“).

HD’oh!TV

17. Februar 2009 4 Kommentare

Die Simpsons haben einen neuen Vorspann, der ihrem neuen HDTV-Standard gerecht wird (mehr dazu gibt’s bei Nerdcore und im Guardian). Ich würde fast vermuten, das war ein One-Off; genaueres in einer Woche. Den meisten Express-Lesern scheint’s jedenfalls zu gefallen, was auch immer das bedeutet.
https://www.youtube.com/watch?v=qZGz1Ajg7QU&hl=de&fs=1

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Good morning, my dear cunts!

16. Februar 2009 Keine Kommentare

Die Ofcom wird reichlich zu tun haben, so viele fucks (22) und cunts (3) wie bereits in der ersten Folge „Free Agents“ vorkamen. Offenbar bringt das Leben von Schauspielagenten, das Stephen Mangan (der brillant dünkelhafte Guy Secretan aus „Green Wing“) und Sharon Horgan („Pulling“, „Angelo’s“) hier als Alex und Helen porträtieren, eine erfrischend ordinäre Ausdrucksweise mit sich. Die beiden pflegen seit einem unter Alkoholeinfluß zustande gekommenen One-Night-Stand eine On/Off-Beziehung, deren Umstände eher nicht so romantisch sind: Er leidet unter seiner Scheidung, die eine Trennung von seinen Kindern mit sich gebracht hat, sie unter dem überraschende Tod ihres Verlobten. Komischste Momente: Sein postkoitales Gequatsche in der ersten Szene, das sich in der letzten (beim zweiten One-Night-Stand) wiederholt — mit der gleichen Pointe wie beim ersten Mal. Die erste Szene gibt es in diesem Clip bei YouTube zu sehen (der leider nicht extern eingebunden werden kann).

„Free Agents“ (seit Freitag auf Channel4) basiert auf pointiertem Dialog und wirkt vielversprechend; für die Authenzität des Settings spricht, daß Autor Chris Niel selbst als Schauspielagent tätig war. Produziert hat die Serie Nira Park („Spaced“, „Black Books“). Scheint ein gutes Frühjahr für britische Sitcoms zu werden, so dick wie es in den letzten Wochen schon gekommen ist.