Count Arthur not so Strong

Es ist so eine Sache mit Kultfiguren. Von einigen heiß geliebt, erschließt sich einem großen Publikum die Begeisterung nicht, mit der Fans ihren Lieblingen zujubeln. Am Ende ist es möglicherweise genau der Kultstatus, der eine breite Rezeption verhindert, weil alle, die nicht rechtzeitig zur Abfertigung am Bahnhof waren, irgendwann glauben, für sie sei der Zug ohnehin abgefahren. Und natürlich tun die Fans der ersten Stunde alles dafür, ihren Vorsprung zu erhalten und sich abzugrenzen („Damals war er noch lustig, da hättest du dabei sein müssen!“).

Ich habe so die Vermutung, dass genau das mit „Count Arthur Strong“ (BBC2, seit dem 8. Juli) passiert ist.

Count Arthur Strong, hinter dem der Comedian Steve Delaney steckt, ist die Karikatur eines alternden Show-Mannes, der nie so erfolgreich war, wie er selbst denkt. Mittlerweile in seinen 70ern, glaubt er immer noch, es könnte jeden Moment ein Anruf kommen, der ihm Variete-Auftritte und Ruhm einbringt. Arthur scheint einerseits an einem ausgewachsenen Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom zu leiden, andererseits ist er offenbar äußerst vergesslich, dabei auch noch grenz-unhöflich und tollpatschig. Also eine Comedy-Figur der alten Schule.

Entwickelt hat Delaney Arthur schon als Schauspielstudent für Shows zum Semesterende, namentlich das alljährliche Edinburgh Festival und das Fringe verhalfen Arthur seit 1997 zu einer kleinen Fangemeinde, und seit Arthurs Radioshow bei Radio 4 (über 40 Folgen seit 2005) hat er eine eigene Gemeinde; die Show gehört zu den festen Pfeilern der Radio-4-Comedy.

Zu dieser Gemeinde gehört auch „Father Ted“- und „IT Crowd“-Schöpfer Graham Linehan, der zusammen mit Delaney seit 2008 an der Serie arbeitet, deren erste Folge nun endlich, endlich zu sehen war —

— und mich vollkommen kalt gelassen hat. Mehr noch: die mich irritiert hat. Denn die große Publikumsbegeisterung (Delaney und Linehan haben erwartbarerweise die altmodische Live-on-Stage-Produktionsweise mit fünf Kameras gewählt) hat sich mir nicht ganz erklärt: die Scherze erschienen mir schal, das ganze Set-up altbacken, die Figuren leblos, wo nicht hölzern. Hat sich also die Figur Arthurs schon zu weit entwickelt, als dass ich (als neues Publikum, mir war er vorher kein Begriff) noch hätte Anschluss finden können? Oder war wiederum genau dieses oben geschilderte Problem der Kultfiguren Delaney und Linehan so bewusst, dass sie für die exzentrische Figur Arthurs eine möglichst altmodisch-anschlussfähige Umgebung schaffen wollten, nämlich die einer altbackenen Sitcom, und dabei über das Ziel hinausgeschossen sind? Interessieren mich alternde Varietekünstler einfach nicht? Oder war es die Transformation einer One-Man-Show aus Liveauftritten und Radioshows ins Fernsehen?

Denn um die Monologe Arthurs, aus denen die Fringe-Shows und die Radioshows bestehen, ins Fernsehen zu übersetzen, haben Delaney und Linehan eine zweite Figur erfunden: Michael (Rory Kinnear) ist der Sohn eines ehemaligen Showpartners Arthurs und möchte die Biographie seines (ungeliebten) Vaters schreiben; zu diesem Zweck begleitet er Arthur und gerät dadurch in dessen bizarre Lebenswelt. Kennt man die Umstände, unter denen die Figur Michaels entstanden ist, liegt die Vermutung nahe, sie habe keine eigene Daseinsberechtigung, sie existiere nicht aus sich selbst heraus. Das stimmt zwar ein bisschen, tatsächlich ist Michael oft Stichwortgeber und Pappkamerad neben Arthur, sozusagen die Personifikation der normalen Welt, durchschnittlich und etwas farblos, neben der Arthur noch mehr schillern kann, noch lauter und noch larger than life wirken.

Aber mir erscheint dieser Kniff trotzdem legitim und auch nicht ohne Beispiel, schließlich stehen in Sitcoms oft absichtlich sehr normale, geerdete Figuren neben glamourös-verrückten (man denke etwa an den Kontrast zwischen Frasier und seinem Vater Martin). Was also ist es, das „Count Arthur Strong“ so schwer und mühsam macht?

Ich glaube, es ist die Figur Arthurs selbst. Ich kann nur noch nicht sagen, ob sie mir zu exzentrisch-verrückt ist oder zu wenig. Vielleicht hatten Linehan und Delaney auch Manschetten, alte (gute) Witze Arthurs zu wiederholen und damit die alten Fans zu indignieren, und haben lieber zu neuen (schwächeren) Witzen gegriffen. Vielleicht sind die besten Zeiten einer so traditionellen Comedy-Figur wie der Arthurs auch einfach vorbei — schließlich entstammt Arthur schon den 80er-Jahren, und auch Linehans Begeisterung für derartige Retro-Comedy könnte mehr Reminiszenz denn künstlerisches Konzept sein. Womöglich sehe ich ja nach der zweiten Folge schon klarer. Dann gebe ich Bescheid.

„Breaking Bad“-Gewinnspiel: Erste Zwischenbilanz

Zehn Tage im „Breaking Bad“-Gewinnspiel sind vergangen, nicht mehr ganz 30 liegen noch vor uns, bevor die letzte Hälfte der letzten Staffel „BB“ anläuft und darum Einsendeschluss ist. Es sind schon ein paar ganz gute Tipps und ein paar phantasievolle eingegangen (sehr gut die Idee, Jesse und Walter Jr. könnten in Mexiko heiraten. Du solltest Drehbuchautor werden, Murmel!). Ich fasse kurz zusammen:

Natürlich steht die im Cliffhanger angedeutete Konfrontation zwischen Hank und Walter noch an, und da gefällt mir die Vorstellung am Besten, Hank könnte mit ins Geschäft einsteigen (zuerst eingebracht von Koma, dann noch mal von Danny). Alternativ natürlich: Walter killt Hank (Guybrush, Bruno spezifiziert noch: mit Rizin), verletzt ihn zumindest schwer (ElBosso) oder lässt ihn umlegen (womöglich von Jesse, der sich anschließend selbst entleiben könnte, wie Copster tippt).

Walter selbst könnte durch „einen blöden Zufall“ (Googlemeier) ums Leben kommen, durch Skyler (ElBosso) oder durch die Neonazis, die für Walter Gus‘ Helfer im Knast umgelegt haben (Bruno). Walter könnte sich aber auch opfern (um Jesse einen Vorsprung zu verschaffen, wie Koma vermutet), an Krebs sterben (Marga) oder am Ende in den Knast gehen (Copster).

Das sind so die groben Eckdaten, und ich glaube: da geht noch was. Also, wer diese hübsche Heimkino-Lautsprechersammlung gewinnen möchte, gibt jetzt in der Kommentarspalte unter dem Gewinnspiel seine Vermutung ab: Wie geht „BB“ aus? Wer lebt, wer nicht, was ist das letzte Bild, die große Wendung vor dem Finale? Ich bin gespannt!

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Kampf der Seriengiganten

8. Juli 2013 3 Kommentare

Vor ein paar Tagen lief im Öffentlich-Rechtlichen nachts ein mir unbekannter englischer Film, in den ich völlig zufällig reinzappte. Weil ich nichts von der Handlung mitbekommen hatte, sondern nur den Endkampf sah, hatte ich eine einigermaßen merkwürdige Erscheinung: Da kämpften doch tatsächlich, mit Degen und Latten, auf der einen Seite Damian „Nicholas Brody“ Lewis gegen auf der anderen Seite Nikolaj „Jamie Lannister“ Coster-Waldau! Also „Homeland“ vs. „Game of Thrones“! Und als ob das nicht schon bizarr genug gewesen wäre, spielte das ganze auch noch in Wales, und einige der Schauspieler aus „Stella“ waren in Nebenrollen zu sehen (etwa Steve Speirs) — so dass der Kampf „Homeland“ gegen „Game of Thrones“ auch noch am Set von „Stella“ zu spielen schien. Es war wie eine supernerdige Folge „Drawn Together“ oder ein Kampf der Giganten wie Godzilla gegen Herkules oder so (tatsächlich war es aber „The Baker“).

Wenn ich Rupert Murdoch oder irgendein anderer Großmogul wäre: Ich würde ja einfach alle Rechte kaufen, die Darsteller engagieren — und einen „Clash of the Programmes“ produzieren! „Homeland“ vs. „Game of Thrones“, im großen Stil. „The Walking Dead“ gegen „24“, „Star Trek“ gegen „Battlestar Galactica“, „Mad Men“ gegen „Breaking Bad“. Oder gleich „The Walking Dead“ gegen „Lindenstraße“, dann wäre da endlich mal Ruhe.

Könnten wir zusammenlegen und sammeln für so eine Show? Bräuchte ja nur eine Folge sein, aber ich würde zu gerne sehen, wie Anna Ziegler von Würfel Mürfel gebissen wird, sich in einen Zombie verwandelt und dann von Rick Grimes mit einem einzigen Schuss zwischen die Augen niedergestreckt wird. Das muss doch mal drin sein!

„Skins“ macht den Deckel drauf

3. Juli 2013 4 Kommentare

Schon einige Male habe ich hier im Blog „Skins“ (E4, seit 2007) gepriesen, das Comedydrama aus dem englischen Norden, in dem die jeunesse dorée, die vergnügungssüchtige Großstadtjugend, ihre problematischen Lebensverhältnisse mittels Sex, Drogen und lauter Musik zu bewältigen versucht. Bryan Elsley und Jamie Brittain, letzterer ist Sohn des ersteren, haben es geschafft, sehr glaubwürdige Charaktere zu erschaffen, die sie je in den letzten beiden Schuljahren begleiten — pro Episode mit einer der Hauptfiguren im Mittelpunkt. Diese Form der Erzählung wiederum hat es mit sich gebracht, dass der größte Teil des Casts je nach zwei Staffeln ausgetauscht wurde; nach sechs Staffeln hat die Serie also ganze drei Generationen verschlissen. Dass sie trotzdem das Niveau der ersten beiden Staffeln weitgehend halten konnte (leichte Schwächen wurden in den letzten beiden Seasons trotzdem sichtbar), zählt zu den große Leistungen der Show.

Nun gehen, nach der Absetzung durch E4, die Digital-Tochter von Chanel 4, allmählich die Lichter aus bei den „Skins“ (die Serie heißt nach den Zigarettenpapierchen, aus denen hier ausschließlich Joints gebastelt werden). Zuvor allerdings gibt es eine ungewöhnliche siebte Staffel, bestehend aus sechs Folgen, in denen über drei Doppelfolgen hinweg je eine Figur begleitet wird, um zu zeigen, was aus ihr geworden ist.

In der ersten Folge, die nun gelaufen ist, ist es Effy Stonem (Kaya Scodelario), mittlerweile 21, die in ihrer eher aussichtslosen Karriere als Rezeptionistin einer Hedge-Fond-Bank in London festzustecken scheint — bis ihr in einem Geschäftsbericht eine Unregelmäßigkeit auffällt. In der Folge wird sie von ihrem (auch amourös interessierten) Boss (Kayvan Novak, „Facejacker“, „Four Lions“) entdeckt, muss aber wenig später feststellen, dass sie womöglich zu hoch gepokert hat.

Effy ist die einzige Figur, die es trotz der Neubesetzung des Hauptcasts geschafft hat, in mehr als zwei Staffeln dabei zu sein: in Series 1 und 2 war sie nämlich schon als jüngere Schwester von Tony Stonem (Nicholas Hoult) an Bord. Konsequenterweise kriegt sie hier unter dem Titel „Skins Fire“ zwei Folgen. Die anderen beiden Doppelfolgen werden sich um Cassie (Hannah Murray, „Game of Thrones“) drehen („Skins Pure“) und um Cook (Jack O’Connell) („Skins Rise“), beide Mitglieder der ersten (Cassie) bzw. zweiten Generation (Cook). Die schwächste dritte Generation geht leer aus.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich die Idee gut finde, das bewährte Schema von „Skins“ zu verlassen und dafür ein „Was aus ihnen wurde“ zu zeigen. Zwar ist Effys Story nicht schlecht, und die Vorstellung, dass die charakterlich eher nicht durchgehend einwandfreie Bande von Kindern aus früheren Staffeln nun plötzlich ihre Finger in Bankgeschäften haben, bei denen es um Millionen geht, ist schon ganz hübsch. Allerdings fehlen mir einige tragende Säulen früherer Staffeln, vor allem die Interaktion mit anderen Figuren der Serie (hier taucht nur noch Effys Mitbewohnerin Naomi aus der zweiten Generation auf). Auch eine staffelübergreifende Geschichte zeichnet sich hier nach der ersten Episode noch nicht ab.

Hoffentlich wird die siebte Staffel „Skins“ nicht zu einem überlangen Epilog, zu dem, was sonst vor den Credits am Schluss eines Filmes eingeblendet wird: „What happened to…“ — das könnte sich ziehen, und allzu große Lust auf viele neue Figuren, die nur für eine oder zwei Folgen eingeführt werden, habe ich nicht. Vielleicht kriegen die „Skins“-Macher aber die Kurve noch, ist die Enttäuschung über die strukturellen Änderungen in der letzten Staffel schon bei Folge zwei verflogen oder entwickelt sich noch ein Groß-Plot, der als Klammer funktioniert. Das würde mich freuen, denn einen würdigen Abschluss hätte diese großartige Serie auf jeden Fall verdient.

Das große „Breaking Bad“-Gewinnspiel bei britcoms.de

2. Juli 2013 4 Kommentare

Als kleine Entschädigung für hier fehlenden Content der letzten Wochen (und weil die Firma Teufel mir freundlicherweise einen sehr schönen Hauptgewinn zur Verfügung gestellt hat) wird es hier im Blog über die nächsten Wochen ein Gewinnspiel geben: nämlich das große „Wie wird ‚Breaking Bad‘ denn nun eigentlich ausgehen?-Raten“!

Das soll im wesentlichen so gehen, dass jeder, der teilnehmen möchte, einfach bis zum 10. August seinen Tipp in die Kommentarspalte reinschreibt: wer lebt, wer stirbt, durch wen und wie, und welche verblüffenden Wendungen Vince Gilligan und seine Autoren noch bis zum Season Finale aus dem Ärmel ziehen.

Am 11. August nämlich geht die zweite Hälfte der fünften Staffel weiter, und ab dann darf mitgefiebert werden — gerne auch hier im Blog in den Kommentaren.

Als höchster Richter werde ich selbst fungieren und am Ende entscheiden, wer nahe genug am originalen Serienausgang dran war, oder, wenn niemand auch nur annähernd drauf gekommen sein sollte, wer die meiste Phantasie an den Tag gelegt hat bei seiner Prognose.

Alles weitere steht auf der Gewinnspiel-Seite, die ab sofort auch oben im Reiter zu finden ist. Ich bin gespannt! Und werde demnächst nochmal die erste Hälfte der aktuellen Season gucken, nur um nochmal klar zu kriegen, was überhaupt bislang passiert ist. Und ob Walt wirklich am Beginn der ersten Folge dieser Staffel seinen 52. Geburtstag gefeiert hat oder was da eigentlich los war.

Bevor ich’s vergesse: Das hier gibt es zu gewinnen: Ein Heimkino-Boxen-Set namens Viton 51 Mk2, das mir selber auch ganz gut gefallen würde. Viel Spaß!

Viton® 51 Mk2 "5.1-Set"

Viton® 51 Mk2 „5.1-Set“

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How do you finger a minor?

19. Juni 2013 2 Kommentare

In letzter Zeit habe ich Ricky Gervais‘ Output nicht mehr regelmäßig verfolgt, und „Derek“ (Channel 4, 2012) würde ich nur ansehen, wenn mich jemand mit Waffengewalt dazu zwingt. Umso dankenswerter, dass Murmel mir gerade diese kleine Clip-Reihe auf YouTube empfohlen hat: „Learn Guitar With David Brent“. Läuft seit vier Wochen, erschienen sind bislang drei Fünfminüter.

David Brent ist nach wie vor die beste, tiefste, detaillierteste Figur von Ricky Gervais; alleine für den leeren Blick, wenn er sich mal wieder in Widersprüche verheddert hat, und für sein unsicheres Kichern liebe ich diese Figur. Hier ist der dritte Clip, in dem es noch weniger ums Gitarrelernen geht als in den ersten beiden, sondern fast nur noch um Fragen von Fans („How do you finger A minor?“):

Wenn es nach mir ginge, könnte Gervais im Laufe des nächsten Jahres mal einen Spielfilm mit David Brent im Mittelpunkt machen, so wie es Steve Coogan gerade mit Alan Partridge vormacht: dessen „Alpha Papa“ kommt im Sommer, und der Trailer sieht tatsächlich verheißungsvoll aus.