Kurz war meine Freude an der neuen, jungen BBC3-Sitcom „Pramface“: Kaum zwei Folgen lang. Schon die dritte ließ mich deutlich weniger lachen. Warum nur?
Die Voraussetzungen waren jedenfalls gut: Ein eher schüchterner Sechzehnjähriger ohne große Erfahrung mit Frauen, der die Gelegenheit bei einer feuchtfröhlichen Party nutzt und mit einem (ziemlich betrunkenen) Mädchen ins Bett geht. Leider klappt das mit dem Kondom nicht so gut, und prompt ist sie schwanger. Kleine Komplikation: Sie ist schon achtzehn — und kein Altersunterschied könnte größer sein als der zwischen einem achtzehnjährigen Mädchen und einem sechzehnjährigen Jungen. Sehr schön demonstriert in einer Szene, als sie ihn zum ersten Mal nüchtern trifft und ihn anraunzt, er könne sich gleich wieder davonmachen auf seinem BMX-Rad. Er antwortet entrüstet: Er sei ja gar nicht mit einem BMX-Rad da! Seine Mama hätte ihn mit dem Auto gebracht!
Ein prima Konflikt also, von den diversen kleineren Konflikten ergänzt: Natürlich kommt Laura (Scarlett Alice Johnson) aus einer poshen Oberschichtsfamilie und Jamie (Sean Michael Verey) aus eher tiefer angesiedelten Verhältnissen; natürlich gibt es die üblichen Dramen à la „Wie sage ich es Mami und Papi“; und natürlich kommen da etliche Nebenfiguren ins Spiel, die der Story Würze geben: Er hat eine beste Freundin, die in ihn verliebt ist, von der er aber nicht mehr will als von einem guten Kumpel, und einen treudoofen besten Freund, der mehr doof ist als treu und in dieser Entourage die Figur, die am durchschaubarsten eingesetzt ist als Witzemagnet.
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Während die zweite Folge (per Einblendung) erklärte sechs Wochen nach der ersten spielt, findet die dritte (abermals per Einblendung ausgewiesene) zwölf Wochen später statt. Sie ist gerade nach Edinburgh zum Studieren gegangen, und er reist ihr nach, um sie davon zu überzeugen, dass… ja, was? Zwar will er ihr einen Heiratsantrag machen, aber mit dem Ziel, dass sie nein sagt, so dass er aus der Nummer guten Gewissens herauskommt. Diese Motivation könnte man mit etwas gutem Willen noch einsehen, und sie bietet abermals genügend Konfliktpotential, um hübsche Dialoge und Szenen zu bewerkstelligen: Was, wenn sie ja sagt? Und den teuren Ring behält, den er mit der elterlichen Kreditkarte online bestellt hat (in der Hoffnung, ihn dann einfach zurückschicken zu können)?
Vollkommen unklar wird aber in dieser Folge ihre Motivation, das Baby zu behalten. Bei einer Aussprache zwischen ihr und ihrer Mutter erklärt letztere sympathischer- und richtigerweise, dass an beruflichen Erfolg mit einem Baby nicht zu denken ist. Tochter: Aber es gibt Frauen mit einer Karriere und einem Baby! Mutter: Nein, es gibt Frauen mit einer Karriere und einer Nanny. Abtreibung steht also im Raum, als eine mehr als naheliegende Option.
Warum aber entscheidet sie sich dagegen? Welche Motivation gibt es, dieses Baby zu bekommen? Sie ist angewidert von dem Gedanken, sich mit einem zwei Jahre jüngeren Burschen einzulassen, sie will zur Uni gehen, sie hat eine beste Freundin, die ihr ebenfalls zu diesem Schritt rät — nichts, aber auch gar nichts spricht für dieses Kind. Außer dass es ohne keine Serie gäbe.
Das aber hinterlässt mich als Zuschauer ratlos. Und nichts ist tödlicher für Comedy, als wenn man die Motivation der Hauptfigur nicht erkennt. Das Ziel der Hauptfigur, das nur erreicht werden kann, wenn Hindernisse dafür überwunden werden, ist entscheidend dafür, wie eine Figur handelt und warum sie sich zum Deppen macht: Ist es das Ziel, berühmt zu werden und gesellschaftlicher Mittelpunkt zu sein wie bei Frasier, oder sein Gewissen zu erleichtern und mit sich ins Reine zu kommen wie bei „My Name is Earl“, ist es das Ziel, im eigenen Buchladen von Kunden unbehelligt zu bleiben, wie im Falle Bernard Blacks in „Black Books“, oder auch nur Zucht und Ordnung durchzusetzen wie bei „Hausmeister Krause“ — die Motivation ist grundlegend, und sie muss klar erkennbar sein, am Besten in jeder Folge wieder. Etwa wie bei „White Van Man“, wo im Vorspann das Foto eines neuen, weißen Transporters gezeigt wird und dann Ollies alter, rostiger Van, so dass die Motivation gar nicht offensichtlicher sein könnte: Er will einen neuen, weißen Transporter, so einen wie auf dem Foto.
Warum aber will Laura dieses Baby? Wenn ihr Antrieb klar dargelegt würde, wenn man einsehen könnte, was sie bewegt: Dann wäre „Pramface“ eine ganz gute Sitcom.
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