Die Top-10-Britcoms der 00er-Jahre: Platz 10

10. Oktober 2009 8 Kommentare

Gut, wir haben natürlich erst Oktober ’09. Trotzdem halte ich es für unwahrscheinlich, daß in den letzten Minuten des Jahrzehnts noch eine so brillante Britcom des Weges kommt, daß sie meine eben aufgestellten Top 10 durcheinanderwirbeln wird. Wenn doch: Hurra und herzlich willkommen, brillante neue Britcom!

Vorab und weil natürlich jeder Leser eingeladen ist, seine eigenen Top 10 in den Kommentaren zu posten, noch ein schnelles Wort zu den Regularien: Meine Wertung ist strikt subjektiv, Hauptkriterium war, wenn ich es mir recht überlege, einfach, wie oft ich die betreffende Sitcom gesehen habe, mit wechselnden Mitguckern und allein. Das heißt natürlich, daß die leichter konsumierbaren Serien besser abschneiden als die verqueren, unzugänglicheren; sei’s drum, Komik ist nun mal etwas, das zwischen Menschen stattfindet, und zwischen je mehr, desto besser und lustiger. Strikt war ich nur in zwei Punkten: Dem der Sitcom und dem der 00er-Jahre. Nicht in der Wertung sind Comedy-Dramas, One-Offs, Sketchshows, Filme, Stand Ups, Panel Shows, Clip Shows usw.; und die erste Folge der ersten Staffel muß in den 00ern gewesen sein. Damit scheidet z.B. „Spaced“ aus.

Beginnen wir doch mit

Platz 10: „Black Books“ (2000 – 2004, Channel 4)topten10

Eines der vielen vorderhand abstoßenden Ekel der britischen Sitcoms regiert seinen Secondhand-Buchladen mit vom Alkohol leicht zittriger Hand: Bernard Black (Dylan Moran), misanthroper Ire in London, schmeißt schon mal einzelne Kunden raus, die Bücher passend zur Couchgarnitur kaufen wollen, oder auch einfach alle Kunden, wenn sie ihm auf die Nerven gehen, und trinkt lieber sieben schöne Flaschen Rotwein. Etwas Licht kommt erst in sein Leben, als er Manny Bianco (Bill Bailey) trifft, der seinen Buchhalterjob hingeworfen hat, um etwas Sinnvolles mit seinem Leben anzufangen — und dann für Black die Buchhaltung macht. Manny ist das genaue Gegenteil von Bernard: Offen, liebenswürdig, hilfsbereit, ein bißchen naiv, und kommt so schon mal in merkwürdige Situationen, wenn er etwa aus dem Buchladen ausreißt, weil er Bernards Launen nicht mehr erträgt, und sich mit einem Fotografen einläßt, der eine etwas merkwürdige Faszination für Mannys Bart entwickelt. Fran Katzenjammer (Tamsin Greig), Besitzerin der benachbarten Schnickschnack-Boutique, gibt der Serie den weiblichen Touch und ist Bernards einziger Freund.

„Black Books“ lebte von den surrealistischen Drehbuchideen, die dank Graham Linehans Federführung den Geist von „Father Ted“ atmeten und dank Dylan Morans Kontribution düster waren und sich von der Welt angeekelt gaben, und von Slapstick und Sight Gags (hier ein Best-Of), die einen unmittelbar in den Kosmos dieser für britische Sitcom vergleichsweise warmen und herzlichen Sitcom zogen. Diese Wärme und Herzlichkeit strahlten nicht zuletzt Bill Bailey und Tamsin Greig aus, aber auch die zahlreichen Gaststars von Simon Pegg und Nick Frost bis Peter Serafinowicz, die „Black Books“ zu einer „Spaced“ eng verwandten Serie machten, und wie „Spaced“ wurde auch „Black Books“ von Nira Park produziert.

Daß „Black Books“ nicht weiter oben in meinen Top 10 plaziert ist, ist seiner Nähe zum Mainstream geschuldet: Es ist beinahe ein wenig zu perfekt, zu liebenswert, zu klassisch auch, indem es einer beinah altmodischen Idee von Sitcom entspricht, wie sie Graham Linehan auch später in „The IT Crowd“ wieder verfolgt hat. Sitcom in den 00ern dürfte meinen Ansprüchen nach ruhig etwas edgier sein, ein bißchen mehr die Herausforderung suchen und Neues wagen. Dennoch ist „Black Books“ aber eine der großen Britcoms seiner Zeit gewesen und immer noch ein perfekter Einstieg für alle, die sich dem Britcom-Kosmos noch nicht zu nähern gewagt haben, weil er so groß und unüberschaubar ist. „Black Books“ heißt seine Besucher jedenfalls herzlicher willkommen, als Bernard Black das gerne hätte.

Best Peep Show in Town

6. Oktober 2009 4 Kommentare

Bei manchen Serien fragt man sich wirklich, warum man sie überhaupt guckt — fünf Staffeln lang. Bei „Red Dwarf“ etwa war es so: Ich hatte von dem massiven Kult gehört, der die Serie umgibt, es gab ein günstiges Box-Set, und ich hatte viel Zeit; na ja, jedenfalls die 15 Stunden, die diese fünf Staffeln dauerten. Ein lustiger Farbiger, eine Katze in Menschengestalt, ein Hologramm und ein depperter Computer auf einem Raumschiff, das klang ja auch vielversprechend. Nach fünf Staffeln aber habe ich es dann aufgegeben: Billigste Kulissen und Effekte, die in ihrer Schlichtheit selbst (die TV-Serie des) „Hitchhiker’s Guide“ hinter sich ließen, die 80er-Jahre in ihrer schlimmsten Erscheinungsform, unglaublich langweilige Episoden — ich hatte vorher gewußt, daß die Serie schon bei ihrer Erstausstrahlung ein Slow Burner war, der erst nach vielen Jahren allmählich Fans hinter sich versammelte, aber das war mir zu slow. Die restlichen drei Staffeln und alle Wiederbelebungsversuche dieses Jahres habe ich mir dann geschenkt.

Beinahe wäre es mir mit „Peep Show“ (Channel4) ebenso gegangen. Da wäre mir allerdings etwas entgangen, denn die sechste Series (hat gerade Halbzeit) scheint mit Abstand die beste zu werden.

Was möglicherweise daran liegt, daß Mark und Jeremy mit dieser Staffel erwachsener geworden sind. Ich hatte in meiner Besprechung im März vermutet, ich sei zu alt für „Peep Show“, möglicherweise ist es aber umgekehrt: „Peep Show“ war zu juvenil für mich und gewinnt mit der Alterung nun eine Tiefe, des es vorher nicht hatte. In dieser Staffel stehen Mark und Jeremy nun vor Erwachsenenproblemen: Sophie (Olivia Colman) ist schwanger und weiß zunächst nicht, ob von Mark (David Mitchell) oder Jez (Robert Webb), und Mark verliert seinen Job. Das zwingt beide aus ihrer spätjugendlichen Duldungsstarre heraus und schafft Fallhöhe für peinlichere Momente denn je, etwa wenn Jez etwa in Anwesenheit von Mark behauptet, er, Jeremy, sei der Kindsvater, es tatsächlich aber besser weiß und deshalb dem unendlich erleichterten Mark Minuten später gestehen muß, er habe mit dieser Lüge nur seine neue Freundin Elena beeindrucken wollen, in Wirklichkeit sei er, Mark, Vater von Sophies Baby.

Auch die Technik der First Person Camera, die uns im Schnitt/Gegenschnittverfahren in die Köpfe der Protagonisten versetzt und es uns so erlaubt, ihren Gedanken mehr als den Dialogen zuzuhören (Buch: Jesse Armstrong, Sam Bain), funktioniert immer besser (sehr schön zu sehen in diesen beiden Szenen vom Anfang der dritten Episode) und wird immer lustiger, etwa wenn Mark während eines kleinen Streits im Geiste Jez‘ Grammatikfehler korrigiert. Ja, „Peep Show“ sprüht gerade so vor schnellen Scherzen, treffenden Formulierungen (insbesondere von Marks heimlicher Flamme Dobbie) und pointierten Dialogen und könnte eine der besten Britcoms der Nullerjahre sein und ein Beleg dafür, daß die große englische Sitcom doch nicht tot ist. Eine siebte Staffel ist für 2010 jedenfalls schon in Auftrag gegeben.

Halbtot gelangweilt

6. Oktober 2009 3 Kommentare

Die Besprechungen der neuen US-Comedies, die die Herbst-Season so mit sich gebracht hat, geht weiter: René Reinholz hat sich schon mal „Bored to Death“ angesehen.

Auch wenn die Versuchung natürlich groß ist, liefe der allzu naheliegende Sparwitz doch ins Leere: HBOs neuestes Comedyexperiment „Bored to Death“ ist zwar nicht so sterbenslangweilig, wie es der Titel suggerieren mag. Sie ist aber auch bei weitem nicht so unterhaltsam und geistreich, wie das Produktionsteam anscheinend glaubt.

https://www.youtube.com/watch?v=KSyIz9_HktQ&hl=de&fs=1&

Der in Brooklyn lebende Schriftsteller Jonathan Ames (so benannt nach — wie meta! — dem New Yorker Schriftsteller und Schöpfer der Serie, Jonathan Ames) wurde soeben von seiner Freundin verlassen, weil er sein Versprechen, endlich das Kiffen und Weißweintrinken aufzugeben, nicht gehalten hat. Damit auch sofort klar ist, in welche Richtung „Bored to Death“ geht, wird man freundlicherweise gleich zu Beginn der ersten Folge mit der Nase draufgestoßen. Von einem Möbelpacker gefragt: „What are you? Another self-hating New York Jew?“ erwidert Jonathan mit wehmütigem Blick: „Hm. Yes, I am. Yeah.“ — Und ein weinerlicher, selbstmitleidiger, banaler Slacker dazu. Was ihn allerdings nicht zwangsläufig sympathisch oder interessant macht.

Jonathan, dem nach dem Auszug der Freundin kaum mehr als eine Matratze, ein leerer Kleiderschrank und einige Stapel Bücher geblieben sind, stößt (natürlich nicht!) zufällig auf ein abgegriffenes Exemplar von Raymond Chandlers Roman „Farewell My Lovely“. Nach kurzer Lektüre inspiriert, schaltet er eine Annonce auf dem Kleinanzeigenportal Craigslist, um seine Dienste als Privatdetektiv anzubieten. Ohne Lizenz zwar, aber vielleicht benötigt ja trotzdem jemand seine Hilfe. Kurz darauf meldet sich tatsächlich eine junge Frau, deren Schwester verschwunden ist, und Jonathan stürzt sich, den Chandler gut sichtbar in die Jackentasche stopfend, in sein erstes Abenteuer. So weit, so konstruiert.

Seinem neuen literarischen Vorbild nacheifernd, versucht er nun, Nachforschungen anzustellen, gerät aber, weil er eben kein abgebrühter Philip-Marlowe-Typ, sondern ein Schlaffi ist, in manch peinliche Situation: Weder Whisky noch Zigarettenrauch bekommen ihm, er läßt sich widerspruchslos von einem patzigen Stundenhotelportier beschimpfen und flieht, als er die Schwester seiner Auftraggeberin schließlich findet, aus Angst vor dem Entführer, ihrem meth-abhängigen, aber einigermaßen harmlosen Exfreund, ins Bad. Von einer aufgeschreckten Nachbarin herbeigerufen, verhaftet die Polizei am Ende ausgerechnet den Freizeitdetektiv, der doch nur hatte helfen wollen.

Ein wenig fühlt man sich an „Manhattan Murder Mystery“ erinnert, doch Jason „One Expression“ Schwartzman, den ich anfangs für Steve Carells kleinen Bruder hielt, geht kaum als Woody Allen für Arme durch. Da nützt es auch nichts, daß „Bored to Death“ großspurig als noir-otic comedy beworben wird. Willkommene Abwechslung, vor allem in den nächsten Folgen, versprechen in dieser Hinsicht immerhin Jonathans bester Freund, der abgerissene, liebeskummergeplagte Comiczeichner Ray (Zach Galifianakis, zuletzt in „Hangover“), und Jonathans Chef George (Ted Danson), wenngleich hier besonders Dansons Talent an seine Rolle als Partylöwe und Womanizer verschwendet wird.

„Bored to Death“ wirkt auf mich wie eines jener halbgaren, betont skurrilen Humorprodukte, wie Judd Apatow, Ben Stiller und Wes Anderson sie regelmäßig produzieren, die endlos um mäßig originelle Ideen und langweilige Figuren kreisen, aber selten richtig in die Gänge kommen. Es ist, als würde man einem Insiderwitz beiwohnen, über den alle wissend lachen, den aber in Wahrheit keiner der Anwesenden versteht. Viel lieber hätte ich mehr von dem thematisch sehr ähnlichen „Andy Barker, P.I.“ mit Conan O’Briens derzeitigem Sidekick Andy Richter gesehen, das NBC vor zwei Jahren leider schon nach nur sechs Folgen wieder aus dem Programm nahm. Auf HBO dürfte „Bored to Death“ jedoch praktisch unabsetzbar sein, und das ist schade.

In the News (6)

4. Oktober 2009 1 Kommentar

„Curb Your Enthusiasm“ wird, nach zwei zunehmend komischen, aber „Seinfeld“-freien Folgen, in der heutigen Folge auf endlose Ankündigungen endlich Taten folgen lassen: Jerry Seinfeld, Jason Alexander, Julia Louis-Dreyfus und Michael Richards werden nach fast elfeinhalb Jahren erstmals wieder gemeinsam vor der Kamera stehen. Und das vor Originalkulissen im Originalstudio, wie sie in einem langen Interview mit Hollywoodinsider verraten:

Michael Richards: „The only thing that was missing was on the back wall of Jerry’s apartment in the hall where you enter from, I had written “Funny” in red paint on the wall. And that wasn’t on the wall. It was missing. But we didn’t need any touch-up. That’s what was so profound. It just all came together pretty easily.“

Matt LeBlanc („Friends“) wird die Hauptrolle in der britisch-amerikanischen Coproduktion „Episodes“ spielen, die im Fernsehmilieu stattfinden wird und den Trend zu amerikanischen Remakes englischer Sitcoms satirisch aufgreifen soll. LeBlanc soll darin die amerikanische Fehlbesetzung eines englischen älteren Gelehrten spielen, über den sich die Produzenten in die Haare kriegen. Es soll aber in erster Linie eine romantische Comedy über Liebe am Arbeitsplatz werden — denn die Produzenten sind miteinander verheiratet. Könnte gut werden, wird „Episodes“ doch von Hat Trick produziert (die neben dem Dauerbrenner „Father Ted“, den ich hier gar nicht oft genug empfehlen kann, allerdings auch das unsägliche „Kröd Mandoon“ versemmelt haben) und von Mark Bussell und Justin Sbresni betreut, die das höchst empfehlenswerte „The Worst Week of My Life“ gemacht und auch seine (allerdings eher mäßige) Umsetzung für den US-Markt betreut haben. Ich persönlich bin ja ein Fan von Fernsehen, das sich mit sich selbst beschäftigt (siehe „Curb“), und empfehle daher hier nochmal fix „Moving Wallpaper“ und „Dead Set“; „30 Rock“ und „Extras“ muß man ja wohl nicht mehr extra erwähnen.

Außerdem meditiert die London Times darüber, what British comedy says about us (ich wage kaum darüber nachzudenken, was deutsche Comedy über uns aussagt), und der Guardian denkt laut darüber nach, ob der „Anhalter“ immer noch lustig ist. Ich tippe ja: Er ist es.

ABComedy (2)

4. Oktober 2009 8 Kommentare

Heute also wie angekündigt die zwei weiteren US-Sitcom-Neustarts von ABC, besprochen wiederum vom Britcoms-Gewährsmann René Reinholz. Herr Reinholz, bitte übernehmen Sie!

Am überzeugendsten in diesem Viererblock ist die etwas arg 70er-Jahre-mäßig betitelte Mockumentary „Modern Family“ mit Ed „Al Bundy“ O’Neill und der als Denise Bauer aus „Boston Legal“ bekannten Julie Bowen; entwickelt haben die Serie Christopher Lloyd und Steven Levitan, beide vormals Produzenten von „Frasier“. Das Kamerateam begleitet drei Paare: den Geschäftsmann Jay und seine heißblütige Frau Gloria, Claire und Phil und das schwule Paar Mitchell und Cameron. Ohne zu viel zu verraten, sei gesagt, daß alle drei Paare miteinander in Verbindung stehen.

Da ist Phil, Vater von drei nicht ganz unkomplizierten Kindern, der sich für einen coolen Dad hält („I’m hip: I surf the web, I text – LOL: laugh out loud, OMG: oh, my God, WTF: why the face?“) und seine Kinder mit seinen abgeschauten „High School Musical“-Tanznummern zur Verzweiflung bringt. Oder Glorias elfjähriger Sohn aus erster Ehe, der in eine Sechzehnjährige verliebt ist und ihr — gegen den stiefväterlichen Rat — mit selbstgepflückten Blumen und einem selbstgeschriebenen Gedicht Avancen macht. Und Gloria selbst, die sich lachend an ihre gescheiterte Ehe erinnert: „It seemed like all we did was fight and make love, fight and make love, fight and make love. One time, I’m not kidding you, we fell out the window together:“ — Darauf Jay verdutzt: „Which one were you doing?“ Sehr schön auch Mitchell und sein Freund Cameron mit Hang zur Drama-Queen, die gerade aus Vietnam zurückgekehrt sind, wo sie ein kleines Mädchen adoptiert haben, und dies nun ihrer nichtsahnenden Familie beibringen müssen.

Trotzdem verläßt man sich trotz der zugegeben klischeeträchtigen Ausgangssituation erfreulicherweise nicht auf allzu Bekanntes und Bewährtes. Die ersten beiden Folgen sind im Gegenteil sehr sehenswert, wenn auch das Potential, das „Modern Family“ zweifellos hat, noch lange nicht ausgeschöpft ist.

Jetzt könnte man eigentlich auch schon gut unterhalten und hoffnungsfroh abschalten, aber es läuft ja noch „Cougar Town“ mit Courteney Cox („Friends“) als Jules, eine geschiedene, alleinerziehende Mutter eines Siebzehnjährigen. Der Titel der Serie bezieht sich auf cougars (Pumas), in gewissen Kreisen, wie man hört, auch MILFs genannt, also attraktive Frauen über 40, die sich weitaus jüngere Männer suchen.

Da sie nun geschieden ist, läßt sich die selbstredend unglückliche Jules — denn wer kann schon ohne Partner? — von ihrer Kollegin Laurie dazu überreden, sich doch mal wieder auf die Jagd (wir verstehen: „cougars“) nach Männern zu begeben.

Und damit nimmt das Elend seinen Lauf. „All of the single guys our age are either broken, gay or chasing younger girls.“ Diesen Spruch hat man nun wirklich noch nie gehört, jedenfalls nicht seit letzter Woche. Oder wie wär’s damit: Jules streitet sich mit ihrem (gutaussehenden) Nachbarn, der bezweifelt, daß sie einen jüngeren Typen abschleppen könnte. Sie, nicht dumm, ruft einem schätzungsweise dreizehnjährigen Radfahrer zu: „Hey, kid!“ und reißt sich blitzartig den Morgenmantel vom Leib, woraufhin der herüberstarrende Teenager die Straße aus den Augen verliert und kopfüber in ein offenes Cabrio fällt. Darauf sie zu dem Nachbarn: „Suck it!“ Genau! Bzw.: cringe. Und natürlich schleppt sie kurz darauf doch noch einen 22jährigen ab.

Ob beabsichtigt oder nicht, ein Fünkchen Realismus findet sich doch. Als Jules ihren Sohn fragt: „Why do you never laugh at my jokes?“, antwortet dieser: „Because they make me sad.“

Wer sich für den Typ magersüchtiger, nervtötend hyperaktiver Botoxjunkie und einen wie aus einem Cartoon entsprungenen, ganz und gar unglaubwürdig coolen und welterfahrenen Teenager begeistern kann, kommt hier garantiert auf seine Kosten. Man möchte Jules empfehlen, in Würde zu leben und vielleicht mal ein Buch zu lesen; dann gäbe es zwar „Cougar Town“ nicht, aber damit ließe sich ja leben.

ABComedy (1)

3. Oktober 2009 1 Kommentar

Das Wochenende in diesem gemütlichen kleinen Familienblog gehört René Reinholz, der so freundlich war, vier neue US-Sitcoms zu sichten, allesamt angelaufen am 30. September auf ABC. Heute geht es mit den ersten beiden los, morgen folgen die restlichen zwei. Also Bühne frei und einen freundlichen Willkommensapplaus für Gastautor René!

Der Sender ABC hat sich für die Herbstsaison offenbar Großes vorgenommen: Gleich vier neue Sitcoms bilden den kürzlich mit allerlei Trara eingeführten Comedy-Mittwochblock von acht bis zehn Uhr. Der Optimismus dürfte sich jedoch als verfrüht erweisen, denn mindestens zwei der vier werden die Weihnachtspause hoffentlich nicht überdauern. Doch ein Verlust wäre das beileibe nicht.

Eingeleitet wird der Abend ausgerechnet mit der schwächsten Show, „Hank“, vielleicht weil man glaubte, mit Kelsey Grammer einen zugkräftigen Namen zu haben. Warum Grammer, der immerhin in zwei der großartigsten amerikanischen Sitcoms der letzten dreißig Jahre mitgewirkt hat, sich aber für diesen stumpfen, armseligen, müden, vorhersagbaren Schmarrn hergegeben hat, soll sein Biograph klären. Hank, der Titelheld, wurde soeben von seinem Posten als Vorstandsvorsitzender einer von ihm selbst gegründeten Sportartikelfirma gefeuert und zieht daraufhin, mangels Geldreserven, mit seiner Frau Tilly und seinen beiden halbwüchsigen Kindern von Manhattan zurück in seine Heimatstadt River Bend, Virginia, wo seine Karriere einst begann. Hier, so hat er sich vorgenommen, will er noch einmal von vorn anfangen und, gähn, mehr Zeit mit seiner Familie verbringen. Natürlich wird man es hier, auf dem Land, mit kauzigen, aber, würg, liebenswerten Landeiern zu tun haben. Tillys Bruder Grady, der zur Einweihung des Hauses ein, haha, Fivepack Bier mitbringt, ist so einer. — Grammer spielt wieder die Rolle des zugeknöpften Spießers, die Szenen mit den Kindern hat jemand geschrieben, der noch nie ein Kind hat reden hören, und je flacher die Gags zum Ende hin werden, desto lauter kreischt der Laughtrack. Kurz, es ist nicht zum Aushalten.

„The Middle“, im Anschluß, ist nicht viel besser, aber auch nicht richtig schlecht. Wir sehen eine ganz normale Mittelstandsfamilie im ländlichen Virginia ( das so ländlich ist, daß sogar der Handyempfang eingeschränkt ist) mit — meine Güte! — ganz normalen Alltagsproblemen.

Der abgeklärte, aber liebenswerte Vater Mike, Manager in einer Mine, ersetzt nach einer Explosion die — wer denkt sich sowas nur aus? — 1 vom „[ ] Tage ohne Unfall“-Schild durch eine 0. Die Mutter, Frankie, eine überarbeitete, glücklose Autoverkäuferin, erschrickt über das menschliche Wrack auf ihrem Führerscheinfoto und fragt sich bang, wie es dazu nur hat kommen können: „Somehow the life had been sucked right out of me. But who, or what, had sucked it?“ Fokus auf — hätten Sie’s gedacht? — die sich streitenden Kinder: Axl, der älteste der drei, der gern in Unterhosen durchs Haus läuft, die 13jährige Zahnspangenträgerin Sue, die — ja, so sind sie, nicht? — gerade eine schwierige Phase durchlebt und in all ihren bisherigen schulischen Aktivitäten kläglich gescheitert ist, sich aber trotzdem für den Showchor eingeschrieben hat (o mei, da wird doch nicht etwa am Ende etwas schiefgehen?), sowie der siebenjährige, dem kleinen Dewey wie aus dem Gesicht geschnittene, schwerst grimassierende Jüngste, Brick (?!), dessen Macke darin besteht, zur Selbstberuhigung bestimmte Wörter laut vor sich hin flüsternd zu wiederholen, und dessen bester Freund sein Rucksack ist.

Das alles kennt man so oder so ähnlich aus „Malcolm in the Middle“, mit dem Unterschied, daß dem bemüht verschrobenen „The Middle“ — herrje, auch wenn es sich auf den mittleren Westen bezieht, selbst am Titel mußten sie sich vergreifen! — jeglicher Charme und Witz des Vorbilds abgehen: Während Lois schon mal wochenlang einen Auflauf streckte, wirft Frankie mit den Worten „I made dinner“ eine Tüte mit Burgern aus der Fastfoodschmiede auf den Tisch, die — „let’s eat together“ — auf dem Sofa vor dem Fernseher gegessen werden. Wenn das so weiter geht, werden Augen rollen, aber heftig!

Morgen wird die kleine ABC-Comedy-Rundschau fortgesetzt, dann geht’s um „Modern Family“ und „Cougar Town“.