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Artikel Tagged ‘Amy Poehler’

Parks and Recs and Kimmy Schmidt

16. März 2015 6 Kommentare

Groß war meine Trauer nach dem Ende von „Parks and Recreations“ (NBC, 2009 – 15): Gerade die siebte Staffel, mit 13 Folgen knapp halb so lang wie die Mehrheit der Staffeln (nur die erste hatte lediglich sechs Folgen und die dritte 16, alle anderen bestanden aus 22 bzw. 24 Folgen), gerade diese Staffel also, die NBC statt am Donnerstag nun Dienstags ausgestrahlt hat, und zwar zum größeren Teil in Doppelfolgen, war noch einmal ein Beleg dafür, welch enormes Potential Amy Poehler und das Ensemble hatten (insbesondere Nick Offerman und Aubrey Plaza), und mit welch brillant komischen Einfällen Greg Daniels und Michael Schur aufwarten konnten.

Allein die Idee, die letzte Staffel zwei Jahre (bzw. drei in der erzählten Zeit) in die Zukunft zu verlegen, so dass sie 2017 spielt, war Gold wert: all die lustigen technischen Gimmicks (allen voran die Smartphones mit Holoscreens), von Gryzzl, einer Firma, die sich zwar wie der Orwellsche big brother verhält, inklusive Datensammeln und Totalüberwachung, aber eben wie ein extrem cooler, hipstermäßiger großer Bruder, dem keiner böse sein kann (Firmenmotto: „Wouldn’t it be tight if everyone was chill to each other?“)!

Auch die persönlichen Veränderungen — Ben (Adam Scott) und Leslie sind nun Dreifacheltern, allerdings sieht man die Drillinge kaum, stattdessen aber die Schneisen der Zerstörung, die sie in der elterlichen Wohnung hinterlassen, Ron führt eine Baufirma namens „Very Good“, Andy (Chris Pratt) hat seine eigene Fernsehshow — erlauben es den Figuren, noch einmal über sich hinauszuwachsen und ihre komischen Seiten noch stärker vergrößert auszuspielen.

Figuren und Stories so stark zu überzeichnen, dass ihr Wahnsinn noch heller strahlt, ohne dabei zu Karikaturen zu werden: das hätte sicher nicht länger als diese eine Staffel lang funktioniert (womöglich nicht einmal über 24 Folgen). So aber, eine halbe Staffel lang, war es der beste Abschluss, den sich „Parks and Recs“ wünschen konnte.

Es wird für Amy Poehler sicher nicht einfach, über Leslie Knope hinwegzukommen. Leslie war ein so guter Charakter — komisch, charmant, durch und durch positiv, was für eine Comedy-Figur eine echte Ausnahme ist: man konnte sich mit Leslie einwandfrei identifizieren — dass die Versuchung groß sein wird, wieder in eine ähnliche Rolle zu schlüpfen, oder eben in eine komplett andere. Beides wäre schade, wie es überhaupt schade ist, dass Leslie Knope nun nie mehr neuen Herausforderungen mehr mit telefonbuchdicken Aktenordnern mit Strategiepapieren begegnen soll.

Ich werde Leslie Knope vermissen, ich werde Ron Swanson, die humane Erscheinungsform der grumpy cat, vermissen, und ich werde die weirdness von April Ludgate vermissen.

Zum Glück allerdings ist genau in dem Moment, wo der Comedygott die Tür hinter „Parks and Recs“ zugemacht hat, auch ein Fenster aufgegangen: das zu „Unbreakable Kimmy Schmidt“.

Tina Feys 13teilige Netflix-Serie hat sich als das perfekte Betäubungsmittel für die Trauer um „P&R“ erwiesen: und die Figur der Kimmy Schmidt (Ellie Kemper aus dem US-„The Office“) mich zunächst auch verblüffend an Leslie Knope erinnert.

Denn auch Kimmy ist eine durch und durch optimistische, aufgekratzt-fröhliche, zur Identifikation einladende weibliche Hauptfigur, für die das Glas immer halb voll und auch noch das schönste Glas auf der ganzen Welt ist. Sie ist ähnlich unerschütterlich, will jedem Menschen Freund sein und sieht die Welt durch die Augen einer Fünfzehnjährigen.

Denn Kimmy ist eine von vier Frauen, die ihr halbes Leben von einem irren Sektenführer (als Gast: „Mad Mans“ Jon Hamm) in einem unterirdischen Bunker in Indiana gefangengehalten worden sind im Glauben, die Welt sei bei einer atomaren Apokalypse vernichtet worden. Erst als Kimmy schon fast 30 ist, werden die „Mole Women“ (wie die Presse sie geringschätzig bezeichnet) befreit — und Kimmy, der sofort klar wird, dass sie sich von diesem Stigma befreien muss, zieht umgehend nach New York und fängt ein neues Leben an. Von nun an ist alles für sie neu — nicht nur, weil sie 15 Jahre von der Welt abgeschnitten war, sondern auch, weil sie die ersten 15 Jahre ihres Lebens in der tiefsten Provinz verbracht hat.

„Unbreakable Kimmy Schmidt“ trägt unverkennbar die Handschrift von Tina Fey (und Robert Carlock, auch bei „30 Rock“ schon als Showrunner mit dabei): unglaublich schnell erzählt, vollgepackt mit absurdistischen Gags, getragen von einem Netz von guten Figuren und deren Beziehungen untereinander. Kimmy lernt die Welt nämlich zunächst durch die Augen ihres Mitbewohners Titus Andromedon kennen (Tituss Burgess), eines arbeitslosen, schwarzen, homosexuellen Musicaldarstellers — das Paradebeispiel einer Figur, die larger than life ist. Und da ist Jacqueline Voorhees (Jane Krakowski, „30 Rock“), die rich bitch, alleinerziehende Manhattanbewohnerin, bei der Kimmy als Nanny arbeitet.

Schon nach wenigen Folgen aber ergibt sich ein ganzes Geflecht von Figuren, die „Kimmy Schmidt“ zu einem Ensemble erweitern, das dem von „30 Rock“ und „Parks and Recs“ in nichts nachsteht: die verzogenen Plagen von Mrs. Voorhees, ein reicher Schnösel sowie Dong, ein koreanischer GED-Kollege Kimmys, die um ihre Liebe konkurrieren.

Und es gibt etliche Gastauftritte, von Kiernan Shipka („Mad Men“) als Kimmys schlecht gelaunte Halbschwester über „Breaking Bads“ Dean Norris als Titus‘ straight coach bis hin zu Fey selbst als Parodie einer unbegabten Rechtsanwältin.

Aber Ellie Kemper als Kimmy Schmidt ist sicher die beste Besetzung, die man sich vorstellen kann: ihre Präsenz, ihr perfektes Timing, und welch komischen Effekte sie allein mit ihrem Gesicht erzielen kann, mit einem Schmollmund, einem Augenaufreißen, einem ratlosen Augenrollen, ist sensationell. Kemper ist eine große Entdeckung, und sollte „Kimmy Schmidt“ zu dem Erfolg werden, den es verdient, wird sie in acht oder neun Jahren vor dem selben Problem stehen wie Amy Poehler: sie wird mit Kimmy Schmidt verschmolzen sein zu einer der ganz großen weiblichen Comedyfiguren.

„Unbreakable Kimmy Schmidt“ ist, was viele andere Sitcoms nicht sind: hysterically funny. Für einen guten Gag schlägt das Drehbuch da nicht einen Haken, sondern drei, und nach dem dritten läuft es dann einfach mal eine Weile in eine vollkommen unerwartete Richtung und kommt nicht mehr zurück — sondern kippt, nur zum Beispiel, in einen schwarzweißen Musical-Film aus den 30ern über schwule Seemänner.

Das einzig Ärgerliche an „Kimmy Schmidt“ ist, dass es nur 13 Folgen sind, die man auch noch alle auf einmal gucken kann, und nicht, sagen wir, 130, von denen nur eine am Tag kommt. Dann hätte man nämlich viel länger etwas davon. So muss man darauf warten, dass Netflix die zweite Staffel online stellt. Was hoffentlich bald passieren wird, denn „Unbreakable Kimmy Schmidt“ gehört zu den besten, komischsten, genialsten Sitcoms der letzten Jahre.

Gute Witze, schlechte Witze

2. September 2014 6 Kommentare

Seit ich (bewusst) fernsehe, gibt es amerikanische Sitcoms, bei denen ich immer mal wieder beim Durchzappen hängen geblieben bin; einige davon habe ich irgendwann regelmäßig geguckt; zwei davon habe ich irgendwann komplett auf DVD erworben und auch noch einmal von A bis Z geguckt: „Seinfeld“ (NBC, 1989 – ’98, deutsche Erstausstrahlung 1995 auf ProSieben) und „Frasier“ (NBC, 1993 – 2004, dt. Ea. 1995 auf Kabel eins). Jetzt, nachdem das Box Set in Großbritannien auf erschwingliches Niveau gefallen ist, ist „Cheers“ dran (NBC 1982 – ’93, dt. Ea. 1985 im ZDF).

Klar, nach „Cheers“ kamen US-Sitcoms, die mich mehr geprägt haben: „Married … with Children“ (Fox, 1987 – ’97, dt. Ea. 1992 auf RTL als „Eine schrecklich nette Familie“) und „Frasier“, weniger schon wieder „Friends“ (NBC, 1994 – 2004, dt. Ea. 1996 auf Sat.1). Heute bleibe ich hin und wieder bei „The Big Bang Theory“ (CBS, seit 2007, dt. Ea. 2009, ProSieben) und „How I Met Your Mother“ (CBS, 2004 – ’15, dt. Ea. 2008, ProSieben) hängen, aber erwerben und von Anfang an gucken würde ich sie nicht. Jedenfalls nicht in absehbarer Zeit.

Alle diese Sitcoms hatten drei Gemeinsamkeiten:

– Sie liefen sehr lange und hatten viele Folgen pro Staffel (i.d.R. über 20), so dass sie schon allein qua Menge praktisch täglich liefen und laufen, oft sogar mehrere Folgen am Tag. Man konnte ihnen gar nicht entkommen. Schon gar nicht früher, als es noch nicht so viele Sender gab.

– Sie waren praktisch statisch, d.h. es kamen zwar über die Staffeln hinweg Figuren dazu und andere Figuren verließen die Show, aber abgeschlossene Handlungsbögen (wie sie bei britischen Sitcoms mit ihren sechs Folgen pro Season die Regel sind) gab es praktisch nicht. Dass mal eine Figur eine andere heiratete (Niles etwa Daphne) war schon ein Höhepunkt und auf lange Sicht auch schon einigermaßen knifflig, weil es das Beziehungsgefüge der Figuren ja nicht unwesentlich veränderte. Die Frage will they, won’t they war damit nämlich beantwortet.

– Sie waren alle live vor Publikum aufgezeichnet.

Als ich gestern nun die ersten drei Folgen „Cheers“ zum ersten Mal in dieser Reihenfolge gesehen habe (womöglich auch tatsächlich zum ersten Mal, jedenfalls konnte ich mich nicht daran erinnern, wie Diana überhaupt zum Bar-Team gestoßen ist), war ich überrascht: überrascht, wie gut „Cheers“ gealtert ist. Denn 1982 war ich zehn, die Fernsehstandards haben sich seitdem stark geändert, und ich wüsste auf Anhieb weder eine deutsche noch eine englische Sitcom aus dieser Zeit, die heute noch den Test der Zeit so gut bestünde.

Aber „Cheers“ funktioniert wie ein Uhrwerk: Diana (Shelley Long) kommt in der Pilotfolge als die neue Figur in ein schon bestehendes Setting (das der Bar), und zwar auf eine Weise, die ihre spannungsgeladene Beziehung zu Sam (Ted Danson) klärt: sie, Studentin der Boston University, ist mit ihrem Verlobten, dem Professor Sumner Sloan auf dem Weg zur Hochzeit und in die Flitterwochen. Er will nur noch den Ehering von seiner zukünftigen Exfrau holen, Diana wartet so lange im Cheers. Und wartet. Und wartet. Und lässt sich so lange von Sam aufziehen, der als ehemaliger Jock, als gutaussehender (und dem Vorurteil nach dümmlicher) Sportler das Gegenteil von dem ist, was Diana als männliches Ideal vorschwebt. Während umgekehrt natürlich auch sie als halbintellektuelle Oberschichtsangehörige überhaupt nicht in sein Beuteschema passt.

Während Diana also auf ihre Verlobten wartet (der selbstverständlich nicht zurückkehrt), wird uns das restliche Personal vorgestellt: Coach (Nicholas Colasanto) als seniler Alter, der für irrlichternd-abseitige Witze zuständig ist, Carla (Rhea Perlman) als verbitterte Kellnerin, dere Gebiet die schneidend-treffende Punchline ist, sowie die Stammgäste Norm (George Wendt) und Cliff (John Ratzenberger), die das tun, was Bargäste tun: saufen und Quatsch reden („Bier? Ja, davon habe ich gehört“).

Die Dialoge aber sind so schnell und mit guten, nacherzählbaren Pointen gestrickt, dass ich kaum mit dem Mitschreiben nachgekommen bin: visuelle Scherze, Dialogscherze, schnell reingestreute Gags (das Telefon klingelt. Carla: „Who’s not here?“ alle Gäste: „Me!“) — alle Witze zeitlos (also ohne Anspielungen ewta auf zeitgenössische Promis oder Themen), immer in charakter (also nicht nur komisch, sondern auch die Figur beschreibend, die den Gag liefert) und selten der erwartbarste Witz, sondern meistens ein besserer. Wenn es aber der Witz war, den ich habe kommen sehen, dann war er immerhin viel schöner ausgeführt, als ich es erwartet hätte.

Aber das sind halt die Vorteile, wenn man erfahrene Produzenten (in diesem Falle James Burrows, Glen Charles und Les Charles) und Autoren hat (u.a. Ken Levine und Earl Pomerantz), die in der Lage sind, so gute Witze gut in Szene zu setzen, dass ein Live-Publikum sich wegschmeißt vor Lachen.

Und dann habe ich „Welcome to Sweden“ gesehen (NBC, 2014).

Gut, das hätte ich nicht, wenn nicht Amy Poehler („Parks and Recreations“) als Produzentin hinter dieser Show steckte, in der ihr Bruder Greg Poehler die Haupt- und sie selbst eine Nebenrolle spielt. Wie auch Aubrey Plaza (dito „Parks and Rec“), Will Ferrell, Gene Simmons von Kiss, Patrick Duffy und andere Prominente.

„Welcome to Sweden“ ist eine mit nur einer Kamera gefilmte Sitcom (das immerhin im schönen Schweden), also ohne Publikum. Und das ist auch besser so, denn viel zu lachen hätte da auch niemand. Was jetzt nicht bedeuten soll, dass das die Anforderung an jede Comedy ist; Louis CK etwa schafft ja auch (oft) gute Sitcomfolgen, die ohne große Lacher auskommen.

Aber „Welcome to Sweden“ behauptet, komisch zu sein. Stattdessen liefert die Show über US-Expat Bruce (Poehler), der mit seiner schwedischen Frau Emma (Josephine Bornebusch) in ihre Heimat zieht, dann allerdings nur konventionelle Peinlichkeitsscherze, die ohne große Pointen auskommen — wenn sich etwa Emma mit einer Freundin auf Schwedisch über eine sterbende gemeinsame Bekannte unterhält und Bruce dazwischenkaspert, indem er sich über die schwedische Sprache lustig macht. Oder komisch gemeinte Figuren wie Emmas Slacker-Bruder Gustaf, der aber über diese eine Eigenschaft großer Faulheit hinaus völlig flach bleibt.

Ich habe so eine Ahnung, dass „Welcome to Sweden“ in dreißig Jahren nicht mehr so gut funktioniert wie „Cheers“ heute. Aber das ist nur so eine Ahnung. Als Kontrastmittel zu einer klassischen Sitcom hätte es aber kaum ein besseres geben können.

Und „Welcome to Sweden“ hat so (unfreiwillig und eher zufällig) meine These untermauert, dass es kein Zufall ist, dass die großen Sitcoms, die, mit denen wir auf- und die uns ans Herz wachsen, alle live vor Publikum gedreht sind. Schon weil ein Livepublikum der beste Test dafür ist, wie komisch eine Sitcom tatsächlich ist.

„Cheers“ ist komisch, nach dreißig Jahren immer noch. „Welcome to Sweden“ nicht.

Ich werde über die nächsten Wochen nach und nach die 42 DVDs durcharbeiten, die der Ziegel von einer Komplettbox „Cheers“ hat, oder es jedenfalls versuchen, und darüber bloggen. Wenn es etwas Bloggenswertes gibt jedenfalls.

Brooklyn nein-nein

28. Januar 2014 Keine Kommentare

Die Frau und ich haben leicht unterschiedliche Fernsehgeschmäcker. Nicht völlig unterschiedlich, naheliegenderweise, aber doch ein wenig. Sie schläft gerne mal bei Nerd-Comedy wie „Community“ ein (etwa bei der vorletzten Folge, einer bottle episode, die nur im Studienraum der Gruppe spielte) und behauptet dann, das sei „nicht lustig“ gewesen, obwohl meine Theorie eher die ist, dass man gar nichts lustig finden kann, während man schläft. Und ich gucke die eine oder andere Folge ComedyDrama wie vielleicht „Doc Martin“ oder „Stella“ eher ihr zuliebe, als dass ich wirklich noch mehr romantische Abenteuer zwischen Provinzbewohnern mit liebenswerten Schrullen sehen müsste.

Meistens aber sind wir uns einig. Zum Beispiel bei „Parks and Recreation“ (NBC, seit 2009), das auch in der sechsten Staffel noch so gut ist, dass es in unserem TV-Programm ganz oben steht. Oder „Cuckoo“ (BBC3, 2012) mit dem fabelhaften Andy Samberg. Was also lag näher, als dass „Brooklyn Nine-Nine“ (Fox, seit September 2013) eine neue gemeinsame Lieblingsserie werden würde, stammt es doch wie „Parks and Recs“ (und die US-Version von „The Office“) von Michael Schur und seinem Co-Autor (auch bei „Parks“) Dan Goor und featured in der Hauptrolle Andy Samberg als New Yorker Polizisten?

Tatsächlich: „Brooklyn Nine-Nine“ ist komisch. Samberg nervt und unterhält genauso wie in „Cuckoo“ in seiner Rolle als kindisch-lustiger Detective Jake Peralta, die einzelnen Folgen sind sehr schnell (so schnell, dass der Nachklapp unter den Schlusstiteln oft noch eng mit der Handlung der Folge zu tun hat), und die Figuren, die um Samberg herumgestellt sind, erinnern zwar mehr oder weniger deutlich an die aus „The Office“ und „Parks and Recs“ (Rosa Diaz [Stephanie Beatriz] ist schon allzu deutlich an April Ludgate [die sensationelle Aubrey Plaza] angelehnt), funktionieren aber dennoch/genau deswegen. Wir waren so begeistert, dass wir gleich vier, fünf Folgen am Stück weggeguckt haben.

Dann aber stellte sich eine überraschende Ernüchterung ein: Das Bedürfnis weiterzugucken wurde im Laufe einer Woche viel weniger stark, als ich es erwartet hätte. Und die Folge, die wir dann gesehen haben, war zwar wieder voll mit Knallergags und hübschen Ideen. Aber so richtig heiß loderte das Feuer in unseren Herzen und, äh, unterm Zwerchfell nicht mehr.

Tatsächlich haben Schur und Goor für „Brooklyn Nine-Nine“ eine Zutat radikal sparsamer eingesetzt als für „Parks and Recs“: nämlich Emotion. Zwar ist Leslie Knope (Amy Poehler) schon per se liebenswerter als der aufsässige Jake Peralta. Aber auch die Geschichten um Leslies Liebesleben und das der Figuren im Grünanlagendepartment kommen bei „Parks and Recs“ deutlich stärker zum Tragen als die in „Brooklyn Nine-Nine“. Wo sie nämlich (fast) vollkommen fehlen. (Es gibt zwar einen Subplot rund um eine zum Scheitern verurteilte, weil einseitige Liebe zwischen Diaz und dem Unglücksraben Boyle [Joe Lo Truglio], aber die wird nur zum komischen Effekt eingesetzt.)

Das liegt nah, einerseits. Auch das legendäre „Police Squad!“ (ABC, 1982), mit dem Zucker, Abrahams, Zucker die Grundlage für die „Naked Gun“-Reihe schufen, war schon genauso gestrickt: dicht voll mit Gags, frei von emotionaler Tiefe. Das Genre Police Procedural eignet sich vermutlich auch schlechter für Liebes-Nebenhandlungen, weil die immer sofort berufliche Komplikationen mit sich bringen, seien es die Kollegen, die sich in amouröse Stricke verheddern, oder, schlimmer noch, Polizisten und Zeugen/Verdächtige/Opfer oder gar Täter. Da ist die Stadtverwaltung deutlich geeigneter, in der es nicht sofort größte Konflikte gibt, wenn sich Angestellte miteinander einlassen. Oder mit Bürgern.

Aber leider fehlt ohne dieses Investment in die Charaktere auch sofort der Anker für den Zuschauer: Warum soll ich mit Peralta mitfühlen, wenn er gegen konkurrierende Detectives von anderen Dezernaten den Kürzeren zieht? Oder wenn er gegen einen Jugendlichen nicht ermitteln kann, weil dessen Vater Schlüsselfigur in der Polizei ist? Sambergs Jake Peralta ist in erster Linie eine pain in the ass, Leslie Knope hingegen ist eine Kämpferin für das Gute, Wahre und Schöne. Peralta ist Bart Simpson, Leslie Knope ist Lisa — und so komisch Bart, so komisch Homer ist: wirklich emotional verbunden bin ich als Zuschauer mit Lisa und Marge.

„Brooklyn Nine-Nine“ ist freilich trotz dieser Einwände immer noch sehr komisch und hat zu recht zwei Golden Globes abgeräumt. Die erste Staffel „Brooklyn Nine-Nine“ würde in meinem Privatranking vermutlich sogar gegen die vierte „Community“ gewinnen (nicht gegen die aktuelle, die ist wiederum deutlich besser als „Brooklyn Nine-Nine“). Aber es ist ein eindrucksvoller Beleg dafür, wie viel komischer Comedy sein kann, wenn man in die Charaktere investiert ist, wenn die Komik auch aus den Charakteren heraus kommt — und nicht ausschließlich aus Onelinern, Slapstick und schnellen Pointen, wie phantastisch auch immer sie sein mögen.

Kaufbefehl

1. August 2013 4 Kommentare

Bedauerlicherweise verlassen mitten in der nächsten, der sechsten Staffel von „Parks and Recreation“ sowohl Rob „Chris Traeger“ Lowe als auch Rashida „Ann Perkins“ Jones die Serie. Allerdings werde ich Lowe, dem ich so viel Selbstironie nie zugetraut hätte, vermutlich mehr vermissen als die Figur der Anne Perkins. Die hatte in den letzten Staffeln kein richtig klares Ziel mehr, und die Plot Line, in der sie mit Chris Traeger versucht, ein Baby zu bekommen, erschien mir als eher schwacher Versuch, dieses grundlegende Problem zu kaschieren.

Nichtsdestoweniger gilt meine Kaufempfehlung für die ersten Staffeln, die in der aktuellen Titanic steht, aber uneingeschränkt.

Einen geharnischten Dank möchte ich der BBC an dieser Stelle aussprechen für ihre weise Entscheidung, die phantastische US-Sitcom »Parks and Recreation« (NBC, seit 2009; siehe Titanic 6/2011) auszustrahlen. Danken will ich indes nicht, weil die Briten nun endlich mal eine gute Sitcom zu sehen bekommen, sondern weil »Parks and Recreation« durch diesen Editionsvorgang zum ersten Mal auf in Europa abspielbaren DVDs herausgekommen ist: Im Laufe der letzten Wochen sind bereits die ersten drei Staffeln erschienen, die vierte erscheint Januar 2014. Jedenfalls wenn es nach mir geht.

Denn eine vergleichbar brillant komische und gleichermaßen satirische Sitcom ist mir noch nie untergekommen: Amy Poehler, die gerade Tina Fey als komischste amerikanische Komödiantin ablöst, hat in der Figur der Leslie Knope ihre Paraderolle gefunden. In dieser darf sie als Leiterin des Grünflächenamts eines winzigen und extrem muffigen US-Kaffs gegen bürokratische Wände laufen, um ihren Traum von einer Kleinstadtwelt voller kleinstädtischer Stadtparks zu verwirklichen — unterstützt von notorisch faulen Praktikantinnen, übermotivierten Stadtplanern und Vorgesetzten.

»Parks and Recs«, wie die Fans sagen, stammt von den Machern der US-Version von »The Office« und hat sich auch in der kürzlich ausgestrahlten fünften Staffel noch keineswegs totgelaufen. Allein das darf zu den Wundern gezählt werden, die offenbar auch bei großen US-Networks noch möglich sind: kleine, feine Sitcoms für ein feines, kleines Minderheitenpublikum. Bitte sofort alle Staffeln bestellen!

Emmy-Nominierungen 2012: Am besten nichts Neues

Die Emmy-Nominierungen sind raus, und insbesondere in puncto Comedy hat die Academy alle auch nur ansatzweise innovativen Shows weiträumig umfahren — auch wenn sich etwa Louis C.K. offenbar selbst keinen Gefallen getan hat.

Die (Nominierungs-)Abräumer des Jahres sind zum größeren Teil seit Jahren geläufig: „Modern Family“ (ABC) ist 14 Mal (!) nominiert, „30 Rock“ (NBC) ganze 13 Mal; neben diesen beiden sind noch der Mainstream-Krempel „Big Bang Theory“ (CBS) von Chuck „Two and a Half Men“ Lorre sowie der Klassiker „Curb Your Enthusiasm“ (HBO) als beste Comedyserien nominiert.

Nicht prominent vertreten unter den Nominierungen ist dagegen die für meine Begriffe phantastisch komische Meta-Sitcom „Community“ (NBC), die eine einzige eher versteckte Nominierung für „Outstanding Writing“ erhalten hat (für die brillante Folge „Remedial Chaos Theory“); das gleichfalls hochkomische „Parks And Recreation“ (NBC) ist ebenfalls lediglich für eher abseitige Auszeichnungen nominiert wie „Outstanding Writing“, „Outstanding Special Class – Short-format Live-Action Entertainment Programs“, „Outstanding Sound Mixing For A Comedy Or Drama Series (Half-Hour) And Animation“ (ja, das gibt es wirklich) und, nun gut, Amy Poehler ist nominiert als „Outstandin Lead Actress In A Comedy Series“.

Louis C.K. hat sich, wenn man dem Blogger und Comedy-Veteran Ken Levine Glauben schenken darf, mit der Auswahl seiner eingereichten Folge „Louie“ (FX) ins Knie geschossen:

There were better, funnier episodes he could have submitted. The first one he offered opens with him waiting at a subway platform. There’s a violinist playing furiously for five minutes and a homeless guy showering by pouring bottled water on himself. This goes on endlessly. Then the subway arrives. We see the refuge of New York City. On a seat there is some disgusting sludge. People stare at it. Louie finally gets us, takes off his jacket, and mopes up the disgusting mess. If you’re a LOUIE fan, I’m fan this was all rollicking. But if you’re not, or you’ve heard good things but were sampling the show for the first time, I think by the seven-minute mark you were done.

Immerhin ist auch Louis C.K. wenigstens zweimal nominiert, für Regie und Drehbuch.

Weitere Überraschung dieses Jahr: „Veep“ (HBO) ist prominent vertreten, obwohl Armando Iannuccis Politsatire um die Vizepräsidentin der USA (gespielt von Julia Louis-Dreyfus, auch als Outstanding Lead Actress In A Comedy Series nominiert) für meine Begriffe nicht so recht funkioniert hat: Dass sich Amerikaner so angiften, wie es für Briten selbstverständlich erscheint, will mir nicht recht einleuchten — zu niedrig erscheinen mir die amerikanischen Hierarchien, als dass auf diesem Weg Komik erzeugt werden könnte, wie es in „The Thick of It“ sehr einleuchtend funktioniert hat.

Viel interessanter als die Comedy-Nominierungen aber sind die für Drama: da rangeln mit „Boardwalk Empire“ (HBO), „Breaking Bad“ (AMC), „Downton Abbey“ (wegen der Ausstrahlung auf PBS trotz britischer Herkunft nominiert), „Games of Thrones“ (HBO), „Homeland“ (Showtime) und „Mad Men“ (AMC) gleich sechs Schwergewichte um die Auszeichnung „Outstanding Drama Series“. Favoriten hier „Mad Men“ mit 17 Nominierungen — und „American Horror Story“ (FX). Letzteres bleibt mir unbegreiflich, denn „American Horror Story“ war wirklich Car Crash TV: So schlecht, dass man nicht wegschauen konnte.

Wer noch mehr wissen möchte: DWDL berichtet ausführlich, und hier gibt es ein .pdf mit allen Nominierungen auf ingesamt 40 Seiten. Viel Spaß.

Recreational Comedy

26. April 2011 5 Kommentare

Gerade als man dachte, der große Sitcomtrend der letzten Dekade sei tot, läuft nun doch noch eine Mockumentary im Stile von „The Office“ zu neuen Höchstformen auf: „Parks and Recreation“ (NBC) dürfte derzeit neben „Modern Family“ die beste US-Sitcom sein. Denn sie gibt dem dokumentarischen Stil das zurück, was bei der amerikanischen „Office“-Version zuletzt arg fehlte: Relevanz.

Man könnte es beinah satirisch nennen, wie „Parks and Recreation“ die kommunale Politik in der amerikanischen Provinz beschreibt: Leslie Knope (Amy Poehler) ist die stellvertretende Leiterin der Abteilung „Parks und Erholung“ im (fiktiven) Städtchen Pawnee, Indiana. Ihr ungebrochener Enthusiasmus für Grünanlagen, Spielplätze und ihren Job kollidiert ständig mit der Haltung ihrer Kollegen, die längst resigniert haben, auf ihre Verrentung warten, nur ihren eigenen Vorteil suchen oder ganz generell gegen jede Form von Staat und Regierung sind, wie ihr Vorgesetzter Ron Swanson (hervorragend mit Betonfrisur, Schnauz und stets todernstem Gesicht: Nick Offerman). Knopes größtes Projekt zu Beginn der Serie ist es, aus der aufgelassenen Grube eines gescheiterten Bauunternehmens einen, genau: Stadtpark zu machen. Und zwar wenn nötig auch gegen den Widerstand der Erzfeinde des „Parks and Recreation“-Departments: die Bibliothekenverwaltung, die dort eine Bücherei errichten möchten. Keine leichte Aufgabe für Knope, die Leute von der Bibliothekenverwaltung sind schließlich sehr belesen, aber Leslie nimmt die Herausforderung gut gelaunt und kämpferisch wie allzeit an…

https://www.youtube.com/watch?v=PdxkdQ-gmaw?fs=1&hl=de_DE

Nur beinah satirisch ist „Parks and Recreation“, weil die Scherze über unfähige Stadtplaner, korrupte Kommunalpolitiker und Wutbürger, die sich sogar darüber beschweren, daß auf dem im Park gefundenen Sandwich kein Senf war, nie zu aufklärerisch werden. An erster Stelle steht immer der komische Effekt – und der beruht einerseits so sehr auf den prima gezeichneten Charakteren, wie man es aus britischen Sitcoms kennt (die permanent gelangweilte, apathische Praktikantin etwa ist ein Musterbeispiel beobachtender Comedy), ist aber so dicht an Gags, wie es nur US-Sitcoms hinbekommen. Allein die vielen Fresken in der Stadtverwaltung sind schon ein unerschöpflicher Quell von Komik: gemalt im naiven Realismus der dreißiger Jahre verprügelt da ein weißer Farmer seine Frau, wird ein gefesselter Indianerhäuptling mit einer großen Kanone von US-Soldaten erschossen oder eine Hochzeit zwischen einem Indianer und einer Weißen von sowohl aufgebrachten Rothäuten als auch weißen Siedlern brutal überfallen – selten hat man in einer Network-Sitcom so explizite Witze über die amerikanische Geschichte gesehen. Solche Scherze gehen vermutlich nur durch, weil sie in einem vordergründig heiteren und harmlosen Rahmen erzählt werden, wie ihn die US-Version von „The Office“ eben auch hat.

Tatsächlich stammen die Serien-Macher Greg Daniels und Michael Schur aus dem kreativen Team der US-„Office“-Produktion, und auch Rashida Jones, eine der „P&R“-Hauptfiguren, hat man dort schon gesehen. Doch „Parks and Recreation“ darf nun nicht als Spin-Off mißverstanden werden; das ist es nicht. Sondern eine leider sträflich unterbewertete politische Sitcom, die den Vergleich mit dem brillanten britischen „The Thick of It“ nicht scheuen muß. Gerade weil sie dem bösartig beißenden Humor der Engländer, die mit ihren Regierungspolitikern ins Gericht gehen, einen hinterhältig nachsichtigen Blick auf Provinzpolitiker der mittleren Eben entgegensetzt, der aber genauso aussagekräftig ist. Und, falls ich das noch nicht oft genug gesagt haben sollte, sehr, sehr komisch.