Lange nichts gehört von Chris Morris: Dieses Jahr ist immerhin als Script Editor in „Stewart Lee’s Comedy Vehicle“ aufgetaucht — ansonsten war in den letzten Jahren kaum etwas von dem Mann zu sehen, dessen Pädophilie-Episode in „Brass Eye“ 2001 für einen der größten britischen Medienskandale aller Zeiten gesorgt hatte. Nun berichtet die BBC, Chris Morris‘ erster Spielfilm „Four Lions“ sei auf der Shortlist für Sundance, wo er möglicherweise für ein bißchen Furore sorgen wird, schließlich ist Morris‘ Satire auf englische Dschihadisten kontrovers genug, daß BBC und Channel 4 sie zu fördern schon mal abgelehnt haben — auch wenn das möglicherweise nicht so sehr viel bedeutet.
Mitgeschrieben an „Four Lions“ haben Sam Bain und Jesse Armstrong, die Autoren hinter „Peep Show“ und Mitarbeiter an „The Thick of It“, und angeblich hat Morris drei Jahre Recherche für diesen Film hinter sich, in denen er mit Terrorismusexperten, der Polizei, Geheimdienstlern, Imamen und hunderten (!) einfachen Moslems gesprochen haben soll. Morris beschreibt den Film als Farce, die den „Dad’s Army“-Aspekt des Dschihads beleuchten soll; „Dad’s Army“ war eine eher gemütliche 60er/70er-Jahre-Sitcom über eine Art Senioren-Armee, die im Zweiten Weltkrieg an der Heimatfront „gekämpft“ hat. Eine Mitarbeiterin von Warp, die Morris‘ Film produziert haben, vergleicht diesen mit „Spinal Tap“ und „Dr. Seltsam“:
As Spinal Tap understood heavy metal and Dr Strangelove the Cold War, Four Lions understands modern British jihadis.
„Spinal Tap“? „Dr Strangelove“? Dschihad-Satire? Das wil ich sehen!
Unterhaltungsliteratur (wie etwa die momentan äußerst erfolgreiche Romantrilogie von Stieg Larsson) bedient sich einiger Tricks, um ihre Leser in Bann zu schlagen: Sie ist kritisch genug gegenüber Systemen, um sich von rein affirmativer Trivialliteratur zu unterscheiden, befeuert die Phantasie des Lesers/der Leserin aber wie diese durch gezielt gestreute Liebesplots und sexuelle Abenteuer, und hält durch zopf-artig verwobene Storylines genügend Abwechslung bereit, um auch ungeübte Leser bei der Stange zu halten. Vor allem aber schlägt sie ein langsames Tempo an und wiederholt alle für das Verständnis der Handlung wichtigen Informationen so oft, daß auch vorübergehend unkonzentriertes Lesen niemanden aus dem Buch wirft — unter anderem deshalb sind etwa Larssons Bücher auch dermaßen dick.
Im Fernsehen arbeiten Soap Operas und Daily Soaps mit ähnlichen Mitteln. Sind sie schlecht, merkt man die minütliche Wiederholung relevanter Wissensfragmente z.B. über den Charakter einer Figur an grottigen Dialogen („Daß Tanja ein Scheusal ist, weiß ich schon, seit sie meine Katze in den Betonmischer geworfen hat!“); bessere Soaps bauen solche Informationen subtiler ein. So wie die Krankenhaus-Soap-Sitcom, die so innovativ, unkonventionell und komisch war, daß sie in England zunächst nur ein kleines, aber dafür umso fanatischeres Gefolge hatte, alsbald zum Kult wurde und nun in meinen Top-10-Britcoms der Nullerjahre auf Platz zwei angelangt ist:
„Green Wing“ (2004 — 07, Channel 4)
„Green Wing“ erzählt in der Form einer Ensemble-Sitcom die Geschichte einer Krankenhaus-Belegschaft: Caroline Todd, zu Beginn der Serie Neuzugang in der Chirurgie, ist schon bald zwischen dem charmant-lässigen Dr. Mac und dem arroganten Anästhesisten Guy hin- und hergerissen; die Personalchefin Joanna Clore fügt ihrer obsessiven erotischen Beziehung zum Chefradiologen und Hochgeschwindigkeitsneurotiker Alan Statham ständig neue, bizarre Facetten hinzu; Statham führt einen lächerlichen Kleinkrieg mit dem Arzt im Praktikum Boyce, und Sue White, Staff Liaison Officer und damit Vertrauensfrau des Krankenhauspersonals, scheint komplett wahnsinnig zu sein. Jede Folge beschreibt einen Arbeitstag, und das Drehbuch spielt dabei alle mathematisch möglichen Begegnungen zwischen den Charakteren konsequent durch, den oben aufgeführten wie etlichen anderen, — mit immer wieder neuen, unfaßbar komischen Ergebnissen.
IstCaroline die Identifikationsfigur für den Zuschauer, so stellt das Nervenbündel Statham eines der komischen Epizentren der Serie dar: Der permanent haspelnde, verklemmte Statham mit seiner autoritätsheischenden, aber erbärmlichen Art ist die Zielscheibe des allgemeinen Spotts, und selbst wenn er sich mal an Boyce und seinen kindischen Pranks rächen will und seinerseits einen practical joke inszeniert, geht das nach hinten los:
Eine Auseinandersetzung über einen Parkplatz in nächster Nähe zum Krankenhaus, wie ihn Mac hat, Statham aber nicht, kann schon mal zu Besessenheit führen, die mit einem Streit mit dem Parkplatzpersonal beginnt…
…und mit dem Verspeisen einer Gallenblase endet:
Die Handlung der Serie ist typisch für Soaps: Mac und Guy tragen ihre Rivalitäten aus, Joanna Clore fürchtet sich vor dem Altwerden und würde deshalb gerne eine Affäre mit dem farbigen IT-Experten beginnen, Caroline schmeißt eine House-Warming-Party, Martin muß sich Prüfungen unterziehen und Mac überlegt, das Krankenhaus zu verlassen und woanders eine bessere Stelle anzunehmen.
Sensationell an „Green Wing“ ist aber, wie innerhalb dieser Soap die Figurencharakterisierung durch beständige Wiederholung funktioniert: Indem nämlich die Körpersprache der Figuren ebenso durch Zeitraffer und Zeitlupen verdeutlicht wird wie durch visuelle Gags, lange Einstellungen und einen brillianten Soundtrack und durch sketchartige Vignetten, nämlich die beschriebenen Zusammentreffen der Figuren in allen denkbaren Konstellationen. In diesen Miniaturen werden Charaktere so präzise porträtiert, wie es Dialoge kaum könnten — etwa in dieser Szene, wo Boyce und Martin um die Wette aus Schokoriegeln Türme bauen und Sue White dazukommt:
Überhaupt ist Sue White neben Statham eine weitere schillernde Figur, weil sie vollkommen unberechenbar ist:
Diese Mischung aus handlungstragenden und nur charakter-basierten Sketchen schlug sich in der Drehbucharbeit in unendlich vielen Zetteln nieder, die zusammen eine Folge ergaben und die, von den Autoren geschrieben, vor der Produktion immer aufs neue arrangiert wurden: für die Story relevante Szenen auf Zetteln in einer Farbe, freie Gags in anderen Farben, so lange umgruppiert und verschoben, bis stimmige, runde Episoden dabei herauskamen.
„Green Wing“ lebt zum einen von dieser außergewöhnlichen Herangehensweise, zum anderen aber von dem phantastischen Cast. Der ging, allen voran Stephen Mangan (Guy) und Michelle Gomez (Sue), so in seinen Rollen auf, daß etliche Szenen durch Improvisationen noch komischer wurden, als die Autoren sie vorher geschrieben hatten — sehr zum Leidwesen letzterer. Tamsin Greig (als Caroline) hatte sich zuvor in „Black Books“ Meriten erworben, Mark Heap (Statham) desgleichen als der Künstler Brian in „Spaced“, Oliver Chris (Boyce) war bereits aus „The Office“ bekannt. Sarah Alexander („Coupling“, „The Worst Week of My Life“), Michelle Gomez als Sue White („The Book Group“) und Pippa Haywood („The Brittas Empire“) unterstützten sie nach Kräften, in der zweiten Staffel ergänzt durch Sally Phillips („I’m Alan Partridge“). Hinter der Serie steckte das Team, das zuvor mit der Frauen-Sketchshow „Smack the Pony“ populär geworden war, allen voran Produzentin Victoria Pile, und hinter dem Soundtrack Trellis aka Jonathan Whitehead, der auch für „Nathan Barley“, „Black Books“, „Brass Eye“ und „The Day Today“ den Soundtrack besorgt hat.
Einziges Manko von „Green Wing“ ist, daß die zweite Staffel gegen Ende das hohe Niveau des Anfangs nicht mehr ganz halten konnte und mit einem Special endet, das ein wenig enttäuschte, weil es nicht mehr in der vertrauten Krankenhausumgebung spielte und die großen Erwartungen, die die Fans darauf gerichtet hatten, nicht erfüllen konnte. Dennoch ist „Green Wing“ eine der hierzulande weitgehend unbekannten Britcoms, die größere Bekanntheit, ja: unbedingtes Fantum auf jeden Fall verdient haben. Schon für diese Szene, in der Sue White einen schönen Teller Nabelschnüre ißt, was Guy allerdings erst nach einer beherzten Kostprobe erfährt:
PS: Ein Tip, der sich schon mehrfach bewährt hat: „Green Wing“ funktioniert bei vielen Zuschauern erst mit und nach der zweiten Episode, möglicherweise, weil man sich an den Stil erst gewöhnen muß, weil die erste Folge zum Teil aus der Pilotfolge besteht (mal drauf achten: Macs Frisur ändert sich in der ersten Episode mehrfach) oder weil erst die zweite Folge eine Serie überhaupt erst zur Serie und serielle Momente augefällig macht.
Eine der schönsten Traditionen Großbritanniens sind Skandale rund um Comedians und komische Produkte. Vor allem die religiöse Rechte setzte und setzt sich sehr für den Erhalt des Brauchtums ein, schon zu trommeln und zu wehklagen, noch bevor irgend jemand etwas genaues weiß. Die Monty Pythons hatten seit der ersten Ausstrahlung des „Flying Circus“ am 5. Oktober 1969 Ärger mit Christen bzw. eben schon vorher: Denn der „Flying Circus“ erhielt, ausgerechnet, einen Sendeplatz, den zuvor eine religiöse Sendung gehabt hatte. Keine glückliche Wahl der BBC, die sich seit Mitte der sechziger Jahre mit einer gewissen Mary Whitehouse und ihrer „National Viewers‘ and Listeners‘ Association“ herumschlagen mußte.
<Abschweifung>Whitehouse, Lehrerin aus Shropshire, organisierte regelmäßig Kampagnen für „sauberes Fernsehen“ und gegen das, was sie für Pornographie und die Verletzung religiöser Gefühle hielt, und wurde, nicht zuletzt weil die Medien sie und ihre spinnerten Anliegen bereitwillig ventilierten, schnell zu einer Figur des öffentlichen Lebens. Comedians revanchierten sich auf ihre Weise, nicht zuletzt durch die Stand Up/Sketch-Show „The Mary Whitehouse Experience“ (und auch die Pornographen benannten die vormalige Schmuddelseite whitehouse.com nicht nach dem Weißen Haus, sondern nach Mary Whitehouse). Etliche recht komische Bezugnahmen auf Mary Whitehouse in der Popkultur finden sich hier; Bernard Manning kommentierte ihr Ableben im Jahre 2001 so: „She’ll be sadly missed, I imagine, but not by me.“</Abschweifung>
Auch der noch vor dem Gezeter um „The Life of Brian“ zweitgrößte Comedy-Skandal Großbritanniens funktionierte so (der größte war, nach Zählung der Sendung „50 Most Shocking Comedy Moments“ von 2006, Chris Morris‘ „Brass Eye“-Spezial über Pädophilie). Eine mächtige Welle der Empörung brach über Richard Thomas‘ und Stewart Lees Musical „Jerry Springer — The Opera“ herein: 55 000 Beschwerden erreichten BBC2 bereits vor der Sendung im Januar 2005; 8000 danach — die Fernsehversion der Jerry-Springer-Oper wurde mit 2,4 Millionen Zuschauern die erfolgreichste TV-Oper bis dahin. Die Verantwortlichen der BBC erhielten Morddrohungen, einige mußten sogar kurzfristig umziehen, um den Protesten aufgebrachter Christen zu entgehen. Vor der geplanten Tournee durch das Vereinigte Königreich übte die christliche Lobbyistengruppe Christian Voice Druck auf die Spielstätten aus, die „Jerry Springer — The Opera“ in ihr Programm aufnehmen wollten. Ein Drittel davon sprang daraufhin ab und machte die Tour beinahe finanziell unrentabel, zumal das Arts Council ihr Fördermittel verweigerte. Und das, obwohl das Stück im Londoner West End extrem erfolgreich gelaufen war, etliche Preise gewonnen hatte — und nebst allerlei anderer Prominenz Jerry Springer selbst unter den Zuschauern gewesen war, ohne hinterher vor Wut explodiert oder vor Gericht gezogen zu sein. Im Gegenteil.
Grund genug hätte er dabei gehabt, guckt man nur auf die Oberfläche: In Thomas‘ und Lees Musical wird Springer, der englischstämmige Vater aller Krawall-Talkshows, auf offener Bühne erschossen und fährt zur Hölle. Die Ausdrucksweise, der sich bereits im ersten Akt Springers Talkshowgäste befleißigt haben, ist, um es vorsichtig zu formulieren, rüde:
„My mom used to be my dad. I was jilted by a lesbian dwarf, but she gave good head. I used to be a lapdancing preoperative transsexual, a chick with a dick“
singt der Chor der Talkshowgäste, und der Kontrast zwischen ernsthafter Operninszenierung und niedrigster Gossensprache könnte komischer kaum sein. Seinen Gästen, den Windelfetischisten, Ehebrechern und Frauenhassern, ist nach ihrem Auftritt in der „Jerry Springer Show“ nichts Gutes widerfahren; Jerry begegnet ihnen im zweiten Akt in der Vorhölle wieder, wo über ihn zu Gericht gesessen wird. Nach seinem Schuldspruch landet er schließlich in der Hölle. Dort stellt Satan ihn vor eine unlösbare Aufgabe und droht Jerry damit, ihm neben dem regulären höllischen Zwicken und Zwacken auch noch einen mit Stacheldraht umwickelten Pfosten in den Arsch zu rammen, sollte er scheitern.
Die eigentliche Blasphemie ist das noch nicht, klarerweise, ich will aber nicht unfair sein: Jeder, der zwei Stunden unmotivierte Singerei auf offener Bühne aushalten kann und will (ich selbst lehne Musicals aus ästhetischen Gründen entschieden ab und habe nicht vor, nach dieser noch eine weitere Ausnahme zu machen), soll dafür wenigstens mit der gleichen komischen Wucht getroffen werden, die mich im dritten Akt minutenlang hat lachen lassen wie nicht ganz dicht — ja, ich glaube, ich habe sogar ein bißchen geweint vor Lachen. Darum werde ich die überraschende Wendung hier nicht verraten (sondern erst auf der nächsten Seite) und beschränke mich auf den Hinweis, daß (bei Amazon.uk für ganze £2,98) die DVD erhältlich und, neben einigen schönen Extras, auch mit sehr hilfreichen Untertiteln versehen ist. Die Inszenierung ist, soweit ich als Musical-Laie das beurteilen kann, tatsächlich sehr gelungen, allerdings ist der erste Akt mit 55 Minuten so lang wie der zweite und dritte zusammen und damit vielleicht ein weniges zu lang. Über Stewart Lee werde ich demnächst wohl noch ausführlicher berichten, ich gucke mich gerade durch seine beiden Stand Up-DVDs und bin jetzt schon ganz eingenommen für ihn und seine klare politische Haltung, die ihn von den meisten eher unpolitischen Stand Ups unterscheidet. Mehr…
Ich kann mittlerweile weite Teile auswendig mitsprechen, so sehr liebe ich „Nathan Barley“ (2005, Channel 4), die Mediensatire-Serie der nuller Jahre von Chris Morris und Charlie Brooker rund um selbstverliebte junge Medienaffen, die coole Websites, hippe Stadtmagazine und ganz generell „was mit Medien“ machen. Nathan Barley (Nicholas Burns) ist der Oberaffe, dessen Webpage trashbat.co.ck (dot cock, got it?) ihm als Ort der Selbstdarstellung dient, an dem er seine Gratismeinungen über George W. Bush neben „lustige“ Videoschnipsel mit gemeinen Streichen stellt, die er seinem Praktikanten spielt. Ein ganzer Affenfelsen für Hipster-Medienprimaten ist die Redaktion des Untergrund-Magazins „Sugar Ape“ (das „Suga“ steht klein im Bauch des R von „RAPE“): Dort sieht man sie mit ihren lustigen Hütchen auf ultramodernen Handys herumspielen, während sie schaukeln oder albern mit Tretautos herumfahren, sich in Hipster-Speak unterhalten und „Cock, Muff, Bunghole“ spielen, eine obszöne Variante von „Stein, Schere, Papier“ — so habe ich mir die Spex-Redaktion in den späten Neunzigern immer vorgestellt (bestimmt sehr zu Unrecht!). Permanent grinsende Idioten, die sich für etwas Besseres halten, für „in“ und „vorne“.
Für „Sugar Ape“ schreibt Dan Ashcroft (Julian Barratt, „The Mighty Boosh“), dem allerdings diese Idioten sehr auf den Sack gehen. „The Rise of the Idiots“ heißt sein wegweisender Essay über die Spezies, als deren Spitzenkraft Barley gelten kann:
Doch kaum ist Dans Leitartikel erschienen, gratulieren ihm ebendiese Idioten herzlichst zu seinen kritischen Auslassungen, jubeln ihm nach Kräften zu und beginnen ihn regelrecht als Preacher zu verehren. Eine Rolle, die er aus Sachzwängen (Geldnot) annimmt, um in der zweiten Folge auf einer Club-Bühne als Prediger verkleidet aufzutreten. Ein Auftritt, der ihm zutiefst widerstrebt, bei dem er schließlich aus der Rolle fällt und alle als Idioten beschimpft: „You are all idiots!“ — „Yes, we are all idiots!“ schallt es zurück; was sonst.
„Nathan Barley“ (die Figur geht auf Brookers satirische Website TVgohome zurück, hier gesammelte Barley-Einräge) ist atmosphärisch dicht, so voller böser, lustiger Details, daß man erst beim wiederholten Sehen alle wahrnimmt: Wie etwa ein Plakat im Hintergrund, das für „Email the Musical“ wirbt („Ross Kemp as Pixel, Lyrics by Ben Elton“). Es geht um die Sorte Kunst, die meine Frau als „Kunscht“ bezeichnet, wenn etwa eine Vernissage von Schwarzweißfotos vorkommt, in der Prominente beim Urinieren (z.B. in einen Toaster) ausgestellt werden („When you urinate you are actually a lot more relaxed than when you sleep!“) und um einen Klamottenladen namens „bumphuk“ — alles spot on gezeichnet. Allen voran die Figur des Nathan Barley, der über einen Beischlaf prahlt: „Kicked the brown door in, painted it white on the way out.“
Drastisch und hochkomisch, das alles. So nimmt es kaum Wunder, daß im Abspann praktisch nur Menschen stehen, denen ich jederzeit mein gesamtes Erspartes ausleihen würde, bräuchten sie denn Geld für eine neue Serie: Neben den Giganten Chris Morris („Jam“, „The Day Today“, „Brass Eye“) und Charlie Brooker („Dead Set“, „Charlie Brooker’s Screenwipe“, „Newswipe With Charlie Brooker“) u.a. Noel Fielding (wie Barratt in „The Mighty Boosh“), Oliver Chris („The Office“, „Green Wing“) und Richard Ayoade („The IT Crowd“); für die Musik zeichnet neben Morris selbst (der auch „Jam“ bereits zu Radiozeiten selbst mitvertont hat) auch Jonathan Whitehead verantwortlich, der seinerseits etwa den perfekten „Green Wing“-Score komponiert und eingespielt hat und immer phantastisch ist, wenn es um parodistische Musik geht.
Weiteres „Nathan Barley“-Material, das gerüchteweise in der Pipeline ist, würde ich aufs Entschiedenste begrüßen, selbst wenn es so schrecklich erfolglos sein sollte, wie es die Serie zu ihrer Zeit leider war. „Nathan Barley“ ist, soweit ich das überblicken kann, so ziemlich komplett bei YouTube zu sehen, und weil ich die Schnipsel hier nicht einbetten kann, gibts halt nur einen Link — mit der dringenden Empfehlung, sich die DVD zu kaufen, die ihrerseits ein veritables Gesamtkunstwerk mit aufwendigem Booklet und tollen Menüs und allem ist. Kaufzwang!
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