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Artikel Tagged ‘Charlie Brooker’

„Peep Show“-Autor schreibt für Brooker

Jesse Armstrong, langjähriger Co-Autor von Erfolgscomedys wie „The Thick of It“, „Four Lions“, „Peep Show“ sowie verschiedenen anderen Projekten mit David Mitchell und Robert Webb, wird eine Folge für Charlie Brookers neues Comedy-Drama „Black Mirror“ schreiben. Das berichtet Metro.

„Black Mirror“ soll Brookers zweite Fiction-Serie nach „Dead Set“ (E4, 2008) werden und in puncto Medienkritik Ähnlichkeiten zu „Nathan Barley“ (2005, Channel 4) aufweisen, dem gemeinsamen Lovechild von Brooker und Chris Morris (und, hab ich das je erwähnt, nach wie vor meine Lieblingsserie).

Außerdem wird es von Armstrong irgendwann ein Drama rund um Rupert Murdoch geben, was ja nun wiederum gerade im Moment ebenfalls starke Links zu „Black Mirror“ hat — nach all den gehackten Handys, die Murdoch und die Praktiken seiner Journalisten gerade in die Medien gebracht haben.

Der Begriff „Black Mirror“ selbst steht übrigens für die (im ausgeschalteten Zustand schwarzen) Mattscheiben, die uns im Alltag praktisch permanent umgeben: am Computer, Fernseher, Handy.

Neues vom coolen Onkel Charlie

12. Mai 2011 1 Kommentar

Charlie Brooker hat erstmals Details über seinen zweiten Ausflug in die Welt der Fiction-TV-Serien bekanntgegeben: „Black Mirror“ soll die Miniserie von dreimal einer Stunde heißen und im Herbst auf Channel 4 ausgestrahlt werden.

Shane Allen, Head of Comedy von Channel 4:

„Black Mirror“ is a satirical drama for the social media generation all rooted in the world around us now. A thought-provoking and gripping reflection and extrapolation of current social, cultural and technology-inspired trends and fears.

Und was hat es mit dem Schwarzen Spiegel auf sich? Zum Glück etwas wesentlich weniger Esoterisches, als man zunächst denken könnte:

Over the last ten years, technology has transformed almost every aspect of our lives before we’ve had time to stop and question it. In every home; on every desk; in every palm — a plasma screen; a monitor; a smartphone — a black mirror of our 21st Century existence. Our grip on reality is shifting. We worship at the altars of Google and Apple. Facebook algorithims know us more intimately than our own parents. We have access to all the information in the world, but no brainspace left to absorb anything longer than a 140-character tweet.

Charlie Brooker selbst sagt zu „Black Mirror“, er sei begeisterter „Twilight Zone“-Fan gewesen, und „Black Mirror“ werde zwar ganz anders, aber immer noch mehr „Twilight Zone“ als (der Kostüm-Schinken) „Downton Abbey“:

It combines satire, technology, absurdity and a pinch of surprise and it all takes place in a world you almost — almost — totally recognise. It changes each week — like the weather, but hopefully about 2,000 times more entertaining. If you don’t like it, you will be beaten about the face and neck by Channel 4 executives.

Wird nicht nötig sein, denke ich, schließlich war Brookers erste Serie „Dead Set“ ja auch schon brillant.

Japan-Witze (2)

Genau so soll das: Charlie Brooker in „10 O’Clock Live“ über die Japan-Berichterstattung von Sky, „Witze“ von 50 Cent und hysterische Infographiken. Lol!
https://www.youtube.com/watch?v=tVWhZ_qGD7g?fs=1&hl=de_DE&rel=0

Japan-Witze

16. März 2011 7 Kommentare

Es ist wieder mal so weit: Comedians werden gefeuert für Witze über Japan und die verschiedenen Katastrophen dort, die immer noch und wie in Zeitlupe in vollem Gange sind. Die Tragödie, die Katastrophe selbst ist ja noch nicht einmal ansatzweise vorbei, so daß das Rezept „Tragedy + Time = Comedy“ noch nicht zur Anwendung kommt; momentan geraten Medien bereits in die Kritik, weil sie Katastrophenbilder zu einer Art Musikvideoclip zusammenschneiden und so etwas leisten möchten wie Trauerarbeit (wie es ein Autor der „heute show“ bei Facebook nannte), für die es genauso zu früh ist wie für Comedy. Weshalb auch eine öffentlich-rechtliche Comedy-Show schon ihre Autoren informiert hat, daß für die nächste Ausgabe keine Japan-Witze benötigt werden.

Dabei weiß ich gar nicht genau, was mit Japan-Witzen gemeint ist. Natürlich gibt es die Sorte geschmackloser Witze, die an den schattigen Stellen des Netzes sofort wie Unkraut gewachsen sind und die sich von selbst verbieten. Andererseits scheinen diese Witze ein Grundbedürfnis zu befriedigen, vielleicht ein Bedürfnis nach Normalität, und auch ich mußte über den einen (der etwa mit der Hautfarbe der „Simpsons“ und unfähigen Atomkraftwerks-Angestellten arbeitete) oder anderen (der sagte, daß Wale und Delphine so schnell keine bessere Chance zur Rache bekämen) immerhin schmunzeln.

Aber es gibt ja noch andere Möglichkeiten, mit der Katastrophe in komischer Form umzugehen. Die neue Variation des alten Anti-Atomkraft-Aufklebers etwa („Atomkraft? Deine Mutter!“) finde ich komisch und moralisch kein bißchen fragwürdig, sondern Ausdruck der einzigen Haltung, die man haben kann. Oder die herzzerreißende Information, daß Afghanistan 50.000 Dollar nach Japan spendet: Darüber den Scherz zu machen „Du weißt, daß dein Land wirklich am Arsch ist, wenn plötzlich Spenden aus Afghanistan kommen“ — ist das verwerflich? Oder die Tatsache, daß die USA Atom-Experten nach Japan geschickt haben: Darf man nicht anmerken, daß beim letzten Mal, als die USA Atom-Experten nach Japan geschickt haben, anschließend 100.000 Japaner tot waren?

Oder sollte man gerade von Comedians, deren Shows ja immer mehr zum Nachrichtenersatz für junge Menschen werden, eine Einordnung erwarten und damit rechnen dürfen, daß sie sich zum Thema äußern und es nicht schamhaft tabuisieren? Ich denke da an Leute wie Jon Stewart (habe die „Daily Show“ in letzter Zeit allerdings nicht verfolgt) oder Charlie Brooker, der gewiß etwas zur medialen Aufbereitung des japanischen Infernos zu sagen hätte. Verbietet sich das? Wenn ja, aus welchen Gründen? Wird „10 O’Clock Live“ nichts zu Japan sagen? Wo verläuft die Grenze zwischen (moralischem, also immer legitimen) Kabarett und Comedy (zur schnöden Unterhaltung)? Dürfte Harald Schmidt, liefe er denn am morgigen Donnerstag, nichts dazu sagen, Dieter Nuhr im „Satire Gipfel“ aber schon? Wo liegt die Grenze zwischen Japan-Witzen und Witzen über den Umgang mit der Katastrophe und ihren weitreichenden Folgen? Gibt es diese Grenzen überhaupt?

Was meint ihr?

UPDATE Björn Mannel, der oben zitierte Autor der „heute show“, schreibt mir:

Ich bin gerade dabei, die Strecke zum Thema für die Sendung zu schreiben. Wir konzentrieren uns ganz auf die Atomdebatte hierzulande, und da gibts so einiges zum Thema Heuchelei und Angst um die Wahl zu sagen… Ansonsten bin ich ganz bei Dir: Lachen hat was Befreiendes. Und außerdem: Das Argument, wie könnt ihr lachen, wenn in Afrika jeden Tag Kinder sterben, das Argument kann man immer bringen. Da ist es fast schon zynisch, jetzt irgendeine Pietät einzufordern.

Hunting down the news

9. Februar 2011 1 Kommentar

Als ich sechzehn, siebzehn war, war Titanic mehr für mich als nur leichte Unterhaltung. Das war die Zeit vor Internet und Smartphones; meine Informationen bekam ich aus der örtlichen Tageszeitung (wenn ich sie denn las) und aus der „Tagesschau“. Hin und wieder schmökerte ich in der Schulbibliothek in den wöchentlichen und monatlichen Zeitungen und Magazinen, aber das war im Grunde mehr Pflicht, die Erfüllung eines bildungsbürgerlichen Auftrags — tatsächlich fand ich das meiste, was ich da las, fürchterlich langweilig.

Als ich aber Titanic entdeckte, war das der Schlüssel zu einer Schatzkiste: In den „Briefen an die Leser“ erfuhr ich, wer was Dummes gesagt oder getan hatte, und vor allem, wer überhaupt so relevant war, daß er da auftauchte. Und in den Artikeln bekam ich nicht nur die satirische Einordnung und den komischen Kommentar zu Politik, Medien und Literatur, sondern vor allem erstmal die Nachrichten selbst: wenn ich das neue Heft gelesen hatte, fühlte ich mich besser informiert als nach der Lektüre von Zeit, SZ und Spiegel zusammen.

Hunting down the news and beating the truth out of it nennen sie das bei „10 O’Clock Live“ (Channel 4). Eine gute Dreiviertelstunde lang präsentieren Charlie Brooker, Jimmy Carr, Lauren Laverne und David Mitchell immer Mittwochs eine auf den ersten Blick ungewöhnliche Mischung aus Information, Talk und Comedy, die deutlich von der Attitüde der drei Comedians getragen wird: Da darf zunächst Jimmy Carr, üblich schwarzhumorig, in einem Stand Up-Solo die Meldungen der Woche durchgehen (ja, die schnelle, kurze Form am Anfang bewährt sich halt immer wieder, egal ob in Print- oder TV-Magazinen). Danach variiert die Reihenfolge, aber immer gibt es ein Gespräch, in dem David Mitchell entweder schön konfrontativ mit Bänkern (und ihren Kritikern) über ihre Bonus-Zahlungen reden darf oder in Einzelgesprächen die britische Grünen-Vorsitzende Caroline Lucas oder Alastair Campbell in die Zange nimmt, den vormaligen Spin Doctor von Tony Blair (der auch die Vorlage für Malcolm Tucker abgeben durfte). Charlie Brooker wirft einen deutlich „Screenwipe“-geprägten Blick auf Ägypten oder Sarah Palin und welches Bild jeweils die Medien vermitteln, Jimmy Carr beleuchtet ein aktuelles Thema quasi kabarettistisch, Mitchell gibt in die Kamera hinein einen Kommentar ab, in dem er sein ganzes kolumnen-geschultes Talent für politische Leitartikel zeigen darf, und die Radio-DJane und Moderatorin Lauren Laverne hält alles zusammen.

https://www.youtube.com/watch?v=JoQ4Shg29zo?fs=1&hl=de_DE

Die ganze Show ist bunt und schnell; manchmal vielleicht ein bißchen zu schnell — viele Gespräche sind zuende, bevor alle Diskutanten Betriebstemperatur erreicht haben. Und vielleicht auch ein bißchen zu bunt, und damit meine ich nicht nur die regenbogenartig blinkende Neon-Kulisse, die macht, daß einem die Augen bluten, sondern auch die Atemlosigkeit, die womöglich dem Druck des „live“-Elements geschuldet ist und dem Anspruch, möglichst tagesaktuell zu sein. Und Jimmy Carr, so gut sein Stand Up ist, war im Gespräch mit dem Klimawandel-Scharlatan Bjørn Lomborg gegenüber dem rhetorisch geschulten Dänen schnell ein wenig überfordert.

Aber es sind ja nun erst drei Folgen gelaufen, und der Spaß an unverblümter Meinung, Direktheit und satirischer Feuerkraft ist deutlich größer als eventueller Ärger über Kinderkrankheiten der Show, die zum ersten Mal im Mai 2010 in ähnlicher Form lief als „Channel 4’s Alternative Election Night“. Klar, Jon Stewarts „Daily Show“ läßt grüßen und überstrahlt „10 O’Clock Live“ im Moment noch deutlich. Aber nicht nur haben die Amerikaner mehr Zulieferer im Rücken, sondern auch über zehn Jahre Erfahrung mehr, insofern ist der (unausweichliche) Vergleich vielleicht ein wenig ungerecht.

Die politische Situation in England aber, eine unfähige rechtsliberale Regierung, dramatische Budgetkürzungen, die Einführung von Studiengebühren, das ganze politische Klima in Großbritannien sind, so schrecklich sie für den Einzelnen sein mögen, natürlich Wind unter den Flügeln einer solchen Show. Schlechte Zeiten sind gute Zeiten für Satiriker. Schon deshalb erwarte ich noch einiges von „10 O’Clock Live“.

How TV ruined my life… NOT

2. Februar 2011 1 Kommentar

Zwei Fragen drängten sich mir nach der ersten Folge von Charlie Brookers neuer Show „How TV Ruined Your Life“ (BBC2) auf, die sich mit dem Thema „Fear“ befaßte: Warum eine neue Show, warum nicht einfach „Screenwipe“ weitermachen? Und: Übertreibt er jetzt nicht ein bißchen?

Über die Antwort auf  die erste Frage kann man nur spekulieren — vielleicht hat es etwas damit zu tun, daß er mit seinem mediensatirischen Programm von einem gut versteckten Sendeplatz auf BBC4 zu einem besseren auf BBC2 gewechselt hat. Ansonsten ist nämlich kein großer Unterschied festzustellen.

Die zweite Frage ist schon ein bißchen weniger trivial. Denn die These, daß das Fernsehen maßlos übertreibt, was die Darstellung von Gefahren angeht, und uns ängstigen und unmündig halten will, ist natürlich nicht aus der Luft gegriffen. Aber ausgerechnet mit ihr eine neue Show zu beginnen, die  „How TV Ruined Your Life“ heißt — hmmmm, nein, stimmt schon, das Fernsehen hat mein Leben ruiniert. Und Ihres doch auch, geben Sie’s halt mal zu! Das Fernsehen ist schrecklich, es wird uns allen das Gehirn fritieren und auf unsere toten Körper scheißen! Es macht uns zu willenlosen Zombies! Der Untergang des Abendlandes ist nahe! — Sie ahnen vielleicht, worauf ich hinaus will.

Zum Glück deutet die zweite Folge darauf hin, daß Brooker doch nicht in einen Überbietungswettbewerb mit sich selbst getreten ist („Charlie Brooker — jetzt noch finsterer!“). „The Lifecycle“ zeigt einmal mehr aufs Feinste, wie das Fernsehen Menschen von der Wiege bis zur Bahre darstellt, was es für jede Altersgruppe bereithält und wie sich das über die letzte Generation geändert hat. Er stellt fest, daß das Fernsehprogramm für Überdreißigjährige vorwiegend in geschlossenen Räumen spielt und alles, was draußen vor sich geht, extrem gefährlich erscheinen läßt. Daß man früher denken mußte, im Fernsehen seien nur middle aged men, egal wie alt sie waren, und daß heute vorwiegend Männer im mittleren Alter zu sehen sind, die sich wie Jugendliche benehmen und nicht erwachsen werden können. Daß das auch für Politiker gilt, die früher wie verstaubte Dozenten wirkten und heute wie juvenile Air-Freshener-Verkäufer oder gut gelaunte Nachbarn aus schlechten Soap Operas. Und daß Senioren nur noch ins Fernsehen dürfen, wenn man sie wie Haustiere behandeln kann und ihnen bei Talent-Shows herablassenderweise schon für ihr biblisches Alter applaudiert, egal, was sie sonst noch machen.

Oder, wie Brooker es zusammenfaßt:

TV never’s quite got you. When you’re a kiddie-winky, it’s just a meaningless light source, when you’re young it either demonizes or patronises you, when you’re in your middle years it makes you feel too old by ruthlessly highlighting your flaws, when you’re older than that it wipes you off the screen altogether and leaves you feeling socialy irrelevant.

Aber was red ich mir den Mund fusselig. Gucken Sie’s halt selber. Die halbe Stunde wird Ihr Leben schon nicht ruinieren…!
Teil 1:

leider nicht mehr online

Teil 2:

dito