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Artikel Tagged ‘Charlie Brooker’

British Comedy Awards: Die Gewinner

23. Januar 2011 Keine Kommentare

Ganz wie erwartet, hat vor allem Miranda Hart für ihre Tollpatschcom „Miranda“ (BBC2) abgeräumt bei den diesjährigen British Comedy Awards: Nämlich in den Kategorien „Best New British TV Comedy“ und „Best Comedy Actress“, und den „People’s Choice Award“ gab’s gleich obendrauf. Nur in der Abteilung „Best Sitcom“ hatten „The Inbetweeners“ die Nase vorn. Was an „Miranda“ new sein soll, entzieht sich meinem Verständnis: die erste Staffel lief schon 2009 (ok, sie lief 2009 an), und altmodischer als „Miranda“ kann Sitcom kaum sein. Was soll’s, dem breiten Publikum gefällt’s halt, und so seien ihr die drei Awards gegönnt, auch wenn sie nun wirklich kein bißchen frischen Wind in das Genre gebracht hat.

Erfreulicher ist da schon, daß tatsächlich „Newswipe“ in der Kategorie „Best Comedy Entertainment Programme“ gewonnen hat, auch wenn sich Charlie Brooker nicht gegen Harry Hill als „Best Comedy Entertainment Personality“ durchsetzen konnte.

Daß „The Armstrong & Miller Show“ den „Best Sketch Show Award“ an die Kindersendung „Horrible Histories“ verloren hat: Meh. So gut „Horrible Histories“ sein mag, ich bevorzuge Comedy für Erwachsene.

Peter Capaldi kann sich über den Award für den „Best Comedy Actor“ für seine Rolle in „The Thick Of It“ freuen, das allerdings in der Kategorie „Best Sitcom“ nichts gerissen hat, und Kayvan Novak über seine Auszeichnung für die „Best British Comedy Performance In Film“, die ihm „Four Lions“ eingebracht hat.

Zuguterletzt: Sam Bain und Jesse Armstrong („Peep Show“ sowie ungezählte Co-Autorenschaften von „The Thick Of It“ bis „That Mitchell And Web Look“) haben den „Writer’s Guild Of Great Britain Award“ abgeräumt — verdientermaßen.

Bedauerlich ist und bleibt allerdings, daß weder „Rev.“ noch „Whites“ etwas abgekriegt haben vom schönen Awards-Segen — beide hätten es verdient gehabt. Tom Hollander war immerhin nominiert („Best Comedy Actor“); daß aber „Whites“ nicht einmal eine Chance hatte: Shame! Shame!

How TV Ruined Your Life

20. Januar 2011 3 Kommentare

Was hat das Fernsehen mit der Realität zu tun? — Soll ich mal raten, welche Antwort Charlie Brookers neue Show auf diese Frage gibt? Ab nächsten Dienstag wissen wir es genau: Dann läuft nämlich „How TV Ruined Your Life“ auf BBC2 an.

https://www.youtube.com/watch?v=xR3YvrNpssM?fs=1&hl=de_DE

The British Comedy Award 2011: Nominations

16. Januar 2011 Keine Kommentare

Nächsten Samstag werden die British Comedy Awards 2011 verliehen, und die Jury hat gestern die Nominierten bekanntgegeben. Aus dieser Liste geht imho vor allem eines hervor: 2010 war kein sehr gutes Comedy-Jahr.

Über die Nominierungen für „Comedy Panel Shows“ gehe ich hinweg — ich sehe sie einfach nie, auch wenn bestimmt sowohl „Have I Got News For You“ wie auch „Shooting Stars“ und „Would I Lie To You?“ ihre Meriten haben. Ich tippe mal, HIGNFY wird gewinnen, weil das Konzept der Show, Comedy-Improvisationen zu aktuellen Nachrichten, so anspruchsvoll ist. Neu ist es allerdings nicht — HIGNFY läuft seit 1990 in der BBC. Und lustiger fand ich während meines Englandurlaubs „Would I Lie To You?“, bei dem die Panels erraten müssen, ob die (autobiographischen) Geschichtchen, die von Gästen zum Besten gegeben werden, tatsächlich stimmen oder frei erfunden sind.

Als „Best Comedy Entertainment Programme“ sind „Harry Hill’s TV Burp“, „The Graham Norton Show“ und „Newswipe“ nominiert. Toi, toi, toi für Charlie Brooker — allerdings ist „Newswipe“ kein genuines Comedy-Format.

Charlie Brooker ist neben Ant & Dec und Harry Hill ebenfalls einer der Nominierten in der Kategorie „Best Comedy Entertainment Personality“. In den Kategorien „Best Male Comic“ sind David Mitchell, Harry Hill und Michael McIntyre am Start, „Best Female Comic“ sind entweder Jo Brand, Sarah Millican oder Shappi Khorsandi. Bei den Herren fände ich Mitchell am sympathischsten (und sowohl Hill als auch McIntyre ausgesprochen unsympathisch); bei den Damen kenne ich nur Jo Brand, und die war zumindest in „Getting On“ ganz gut.

Jetzt aber: „Best New British TV Comedy“. Hier stehen „Grandma’s House“, „Miranda“ und „The Trip“ zur Auswahl, und ich schätze mal, „Miranda“ macht das Rennen. Schon weil die beiden anderen Nominierten entweder so wenig zur Identifikation einladende Figuren wie Simon Amstell in der Hauptrolle spazierenführen, oder kaum laute Lacher erzeugen konnten wie Coogans und Brydons „Trip“, das doch eher ein stiller Schmunzler für die Zeit nach Mitternacht war.

Ich muß allerdings zugeben, daß mir die zweite Staffel „Miranda“ überraschend doch noch ganz gut gefallen hat. Nicht zuletzt, weil ich der Frau mal eine Folge gezeigt habe, und ihr diese altmodische Slapstick-Sitcom mit der tollpatschigen Miranda umstandslos so ans Herz gewachsen ist, daß sie mehr sehen wollte. Was will man da machen! Nach drei Folgen hatte sie mich dann.

Warum aber fehlen „Whites“ und „Rev.“? Beide hätte ich „Grandma’s House“ in jedem Fall vorgezogen.

Die „Best Male/Female Breakthrough Artists“ überspringe ich gerade mal und komme direkt zu den „Best Sketch Shows“, which are: „Harry & Paul“, mit dem ich leider wenig anfangen kann, trotz der eigentlich guten Harry Enfield und Paul Whitehouse, „Horrible Histories“ (gut, aber genaugenommen ein Kinderprogramm) und „The Miller & Armstrong Show“. Letztere meine Favoriten, wie aufmerksamen Lesern dieses Blogs nicht entgangen sein wird. Nicht auf der Shortlist: „That Mitchell & Webb Look“, was in der vierten Staffel mittlerweile leichte Ermüdungserscheinungen zeigt.

„Best Sitcom“: „Miranda“, „The Inbetweeners“ und „The Thick Of It“. Es wird natürlich „Miranda“, schon weil sie so dermaßen erfolgreich war; die letzte Staffel „The Thick Of It“ lief m.W. schon 2009, es ist mir nicht klar, warum das dieses Jahr wieder nominiert ist. Gar nicht erst nominiert: „The IT Crowd“. Aus guten Gründen.

„Best Comedy Actor“: Nominiert sind James Buckley („The Inbetweeners“), Peter Capaldi, Rob Brydon („The Trip“) und Tom Hollander („Rev“), bei den Damen Jo Brand, Katherine Parkinson und Miranda Hart.

Und zum Schluß: „Best British Comedy Performance In Film“: Neben dem (mir unbekannten) Aaron Johnson („Kick Ass“ — hä?) sind Kayvan „Hands too big“ Novak und Nigel „We’re bombing the mosque“ Lindsay aus „Four Lions“ nominiert, der auf diesem Weg wenigstens noch mal ein bißchen zu seinem Recht kommt. Natürlich wäre es mir ein Fest gewesen, wenn als drittes noch Riz Ahmed in der Hauptrolle als sympathischer Selbstmordattentäter auf der Liste gewesen wäre, aber man kann nicht alles haben.

Nächsten Samstag wissen wir mehr; meine Spannung hält sich allerdings in Grenzen — es wird eh alles „Miranda“ gewinnen. Behaupte ich jetzt einfach mal.

Kleine Einkaufsliste (1)

8. November 2010 8 Kommentare

Weihnachten nähert sich mit großen Schritten, und wer über die Feiertage mit Serien versorgt sein möchte, bestellt besser jetzt — oder wartet allenfalls noch ein paar Tage, bis wirklich Unmengen an neuen DVDs erscheinen. Hier meine Tips für ein wahrhaft frohes Fest:

Für den ganzen Winter: „Modern Family“ (ABC, 2009)

Diese Serie ist DER Gute-Laune-Garant schlechthin und mein Tip für alle, die ihre Zeit gerne mit der Familie verbringen, so lange es nicht die eigene ist. „Modern Family“ ist midbrow entertainment vom Feinsten: Es ist sowohl klug, weil praktisch jede Folge ein Thema hat, das in allen drei Familien durchgespielt wird, als auch unglaublich lustig. Besonders geeignet für Fernsehabende zu zweit, denn diese Mockumentary aus den Federn der „Frasier“-Macher Christopher Lloyd und Steven Levitan strahlt große Wärme aus. Mit 24 Folgen könnte man den ganzen Dezember hindurch bis Weihnachten jeden Abend eine Folge sehen.

Für die Feiertage: „Sherlock“ (BBC1, 2010)

Nur drei Folgen (á 90 Minuten) kurz ist diese moderne Adaption des Sherlock-Holmes-Stoffes mit Benedict Cumberbatch und Martin Freeman. Aber Steven Moffat (Autor von „Coupling“ und neueren „Dr Who“-Folgen) und Mark Gatiss („The League Of Gentlemen“ und kürzlich eine hervorragende dreiteilige BBC4-Doku über Horrorfilme) haben ein Händchen bewiesen für einen Mittelweg zwischen Krimi und Fantasy, Spannung und Humor, und dabei so hohe Produktionsstandards, daß man auch etwas abwegigeren Plots gerne folgt. Sehr kurzweilig, mit nur einem von drei möglichen Punkten für Humor, aber dafür vier von drei Punkten für typisch englische Miniserien.

Für die Adventswochenenden mit (des Englischen mächtigen) Kindern:
„Walk On The Wild Side“ (BBC1, 2009)

Lange verschoben, aber endlich erschienen: die nicht übertrieben originelle, aber recht lustige Doku über sprechende Tiere. Bzw. genaugenommen natürlich eine Comedy mit sensationellen BBC-Tierdoku-Aufnahmen, über die einige talentierte Comedians Quatsch synchronisiert haben. Hier bereits mehrfach besprochen.

Für einen misanthropen Vorweihnachtsabend allein zuhaus:
Stewart Lee: „If You Prefer A Milder Comedian, Please Ask For One“ (2010)

Verbittert, von Menschenhaß zerfressen, mit so schlechter Laune ausgestattet, daß normale schlechte Laune daneben wie gute Laune wirkt: So von Stewart Lee zu sprechen, wäre bestimmt übertrieben. Aber er verfügt über einen kaustischen Humor, der selbstbewußt genug ist, auch mal das ganze Publikum zu verlieren, nur um es dann über eine halbe Stunde hinweg wieder für sich zu gewinnen. Seine Shows sind anstrengend, nicht zuletzt, weil sein liebstes Stilmittel die Wiederholung ist, aber wer damit kann, wird einen der besten Stand Up-Comedians Englands für sich entdecken. Um genau zu sein: den 41.-besten. Habe ich eigentlich je sein Buch mit dreien seiner Stand-Ups und einer Handvoll autobiographischer Kapitel erwähnt? Wenn nein: gehört das auch auf den Wunschzettel.

Wo wir schon dabei sind: Auch Charlie Brookers Buch „TV Go Home“ (2001) mit ausgedachten Fernsehprogrammhinweisen ist gerade wieder erschienen. Brooker hat zu Protokoll gegeben, mittlerweile erschienen einige seiner Späße von damals als völlig plausible Ideen für Fernsehshows, aber das heißt ja letztlich nur, wie lustig das Buch ist (vermutlich — ich hab’s noch nicht UPDATE: jepp, ist lustig!), denn: It’s funny cos it’s true.

Demnächst (vielleicht) an dieser Stelle: Kaufhinweise für

Wer nach Neuerscheinungen sucht und nach einer Liste bald erscheinender DVDs, wird übrigens auch immer hier und hier fündig.

Charlie Brooker calls it quits

15. Oktober 2010 1 Kommentar

Charlie Brooker, mein Lieblingsgrantler der britischen Fernsehkritik, haut in den Sack: Nach elf Jahren gibt er seine Fernsehkolumne „Screen Burn“ im Guardian auf. Weil er selbst zu einer Fernsehfigur geworden und dem Gegenstand seiner (oft reichlich gewaltaffinen) Kritik längst viel zu nahe gekommen ist. Weil er seine eigenen pubertären Beschimpfungsorgien nicht mehr lesen mag. Und weil er (natürlich) längst ein anderes Angebot auf dem Tisch hat. Für eine Kolumne. Im Guardian.

Die letzte Folge „Screen Burn“ also heute morgen in der gedruckten Ausgabe des Guardian, und heute schon online (und nicht ohne einen ausführlichen Rückblick auf die schönsten Kanonaden). Schade. Und ein Grund mehr, mal wieder einen Blick in die drei „Best of“Bücher zu werfen, die je einen Index haben und es einem so also richtig leicht machen, die Leute, Serien und Sendungen zu finden, über die man Brookers Schimpfereien am liebsten lesen möchte.

UPDATE: Hier sind zehn der besten „Screen Burn“-Kolumnen online.

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Depperte Dschihadis

24. September 2010 4 Kommentare

Eine Podiumsdiskussion zum Thema militanter Islamismus. Barry, ein weißer englischer Konvertit und fanatischer Muslim, hat gerade einige verwirrende, widersprüchliche (und natürlich lustige) Sachen gesagt, als ein dunkelhäutiger junger Mann im Publikum aufsteht und sich darüber beklagt, daß alle Welt junge dunkelhäutige Männer für Bombenleger hält. »Wenn mich alle für einen Bombenleger halten, warum soll ich mich dann nicht wie einer verhalten?« ruft er und öffnet die Jacke, damit alle sehen können: Er trägt einen Sprengstoffgürtel. Und beginnt, vor dem zunächst entsetzten, dann eher verwirrten Publikum zu rappen: »I’m the Mujahideen/and I’m making a scene/Now you’s gonna feel/what the boom-boom means!« Er zündet — »Allahu akbar!« — die Ladung, doch unter dem Geschrei der Menschen stellt sie sich als Attrappe mit Krachern und Luftschlangen heraus: »Oh man, come on. Just ’cos I’m muslim you thought it was real?!«

Daß man nicht genau weiß, was man davon halten soll: das ist die große Stärke von Chris Morris’ eben auf DVD erschienener Islamisten-Satire »Four Lions«. Eines weiß ich allerdings sicher: Sie ist unglaublich lustig. Denn »Four Lions« setzt ganz auf Fallhöhe. Er erzählt die Geschichte einer Gruppe englischer Muslime in Sheffield, die, vom Trainingscamp in Pakistan übers Bombenbauen bis hin zur Ausführung, einen Selbstmordanschlag in London verüben wollen. Ihre Motive und die Charakterzeichnung sind dabei vollkommen glaubwürdig. Um so mehr zünden die Elemente der Farce, wenn sich mehrere Möchtegern-Dschihadisten als reichlich deppert entpuppen: Das Bekennervideo besteht nur aus Bloopers, der Einsatz von Krähen als Bombenträger funktioniert nicht so recht, und aus Geheimhaltungsgründen müssen die angehenden Attentäter ihre Kommunikation in einem Kinder-Chatforum abwickeln.

So scheitert der heilige Krieg zuvörderst an irdischen Mißgeschicken. Doch leistet der Film weder dem Antiislamismus Vorschub, noch spielt er die Versöhnlichkeitskarte aus, die »The Infidel« im letzten Akt so ungeschickt aus dem Ärmel zieht. Statt dessen unterläuft »Four Lions« immer wieder auf das Komischste die Erwartungen des Zuschauers. In einer Szene versucht Omars tief religiöser Bruder den angehenden und im Glauben weniger gefestigten Omar für dessen Attentatspläne zur Rede zu stellen: Der Koran verbiete solche Aggression, einem echten Moslem sei in jedem Falle verboten zu töten. Doch noch bevor man die Hand vor dem Mund hat, um angesichts dieser Political Übercorrectness herzhaft zu gähnen, wird das Gut/Böse-Schema schon wieder durchbrochen: Denn der feine Herr Moslem weigert sich, das Zimmer zu betreten, in dem sich Omars Frau aufhält; und zu Hause sperrt er während des Gebets die Frauen sogar in einen sehr kleinen Verschlag (»Bevor du die Kloschüssel hast rausnehmen lassen, war es eine Toilette!«).

Drehbuchautor Chris Morris, heißt es, habe nicht nur mit Terrorismusexperten, Imamen und Muslimen gesprochen, bevor er sich ans Schreiben machte, sondern den fertigen Film auch einem Ex-Guantánamo-Häftling vorgelegt — der dann zu dem Schluß kam, es sei nichts zu sehen, was britische Muslime beleidigen könnte. Das überrascht, schließlich werden etliche der heiligen Krieger als veritable Vollpfosten dargestellt. Aber eben nicht alle, und mit Omar (sehr gut: Riz Ahmed), dem vernünftigsten und mitfühlendsten der Bande, haben die Islamisten sogar eine Identifikationsfigur, die den Zuseher in das denkbar größte Dilemma versetzt: Er ist nicht weniger als ein sympathischer islamischer Selbstmordattentäter – etwas, das es im Bewußtsein der westlichen Welt eigentlich gar nicht geben dürfte.

»Four Lions« ist Chris Morris’ Debüt auf der großen Leinwand und sein erstes Lebenszeichen, seit er vor fünf Jahren mit Charlie Brooker die ebenfalls großartige mediensatirische Sitcom »Nathan Barley« abgeliefert hat; zum Glück gibt es zumindest von seinen Co-Autoren Sam Bain und Jesse Armstrong mehr und regelmäßiger Komisches zu sehen: zum Beispiel „The Thick of It“, an dem sie zusammen mit Armando Iannucci ebenfalls mitschreiben.

Zuerst erschienen in Titanic 10/2010