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The remarkable Bill Bailey strikes again

2. Dezember 2009 4 Kommentare

Wer dachte, die Gigantomanie der letzten Bill Bailey-DVD „Tinselworm“, die in der ausverkauften Wembley-Arena alle Register moderner Licht-Ton-Bild-und-Komik-Kunst zieht, sei nicht mehr zu übertreffen, den belehrt der Meister der Musik-Comedy eines Besseren: „Bill Bailey’s Remarkable Guide To The Orchestra“ (hat UT) bietet ein komplettes Symphonieorchester auf, nämlich das BBC Concert Orchestra, das Bailey in der ebenso ausverkauften Royal Albert Hall erstmals die Möglichkeit gibt, den Musik-Anteil in seiner Show auf nahezu 100 Prozent zu erhöhen. Und diese Gelegenheit nutzt Bailey weidlich: Da kommt der Nokia-Klingelton zur Aufführung, es wird enthüllt, wo in der klassischen Musik sich Bee Gees-Melodien verstecken, wie ein Schwarm Heuschrecken oder Quallen sich von einem Orchester in Musik umgesetzt anhören (eine Fortsetzung von Camille Saint-Saëns‘ „Karneval der Tiere“, nur  mit unangenehmen Viechern), wie der „Universal“-Trailer sich in fast forward anhört (ein Erlebnis, das man bei DVDs nie haben wird, weil sich die Eröffnungstrailer ja nicht schnell vorspulen lassen) und wie Nachrichten-Jingle sich rückwärts gespielt anhören.
(Hier ein Clip aus dem Telegraph, in dem heute eine begeisterte Review zu lesen steht:)


Lustig ist das und lehrreich, denn Bailey versteht es, mittels Dekonstruktion altbekannter Melodien von Beethoven, Händel und Strauss bis zur Stock Music der Filmstudios aus den Zwanzigerjahren, wie sie etwa bei „Ren & Stimpy“ en masse verwendet werden, und zeitgenössischer Popkultur auch noch fast alle Instrumente des Orchesters einzeln vorzustellen und zu erläutern, welche Charaktere sie haben und wofür sie deshalb verwendet werden können — für Banken-Fernsehwerbung bis zu Krimiserien aus den Siebzigern.

(Hier der Trailer von Universal:)
https://www.youtube.com/watch?v=SKWxJUmWXFM&hl=de_DE&fs=1&

Daß so viele Facetten aus einigen hundert Jahren Musikgeschichte zu einer nicht immer konsistenten Show führen (und man zwischendurch schon mal denkt, ein so großes Orchester ist an einige Bailey-Nummern fast ein bißchen verschwendet; eine Kritik, die auch der Guardian anführt), scheint aber im Nachhinein verzeihlich. Und klar kommen bei zwei Stunden Laufzeit einige musikalische Nummern vor, die uns Nichtbriten nicht unbedingt etwas sagen, wenn Bailey sich etwa der „Emmerdale“- und „Coronation Street“-Titelmelodien annimmt. Und auch etliche Elemente aus früheren Bailey-Shows recyclet er hier, „Hats Off to the Zebras“ bis „Insect Nation“, und auch die schreiend komische Nummer aus „Cosmic Jam“, in der er „Cockney Music“-Intros in Werken von Mozart, Bach und Beethoven einbaut, ist wieder mit dabei — diesmal allerdings, mit dem Bombast eines Symphonieorchesters, mit noch größerer Fallhöhe. Darum stören diese Wiederholungen auch nicht — es ist schließlich ein Konzert, mehr als eine Comedy-Show. Allerdings eins, das endlich die Antwort auf Frank Zappas Frage „Does Humor Belong in Music?“ gibt: Yes, indeed. And very much so.