Ooh, Betty, the cat’s done a whoopsie in my beret!
Unter den zahllosen Popkulturreferenzen in „The Office“ findet sich, ganz am Ende des zweiten Weihnachts-Specials, in der letzten Einstellung der letzten Szene, eine der üblich lahmen Parodien und Comedy-Anspielungen David Brents: „The cat did a whoopsie in my beret“, und, unnötigerweise: „That was Frank Spencer.“
Unnötig, denn jeder Brite der Generation Brents/Gervais‘ weiß, wer Frank Spencer war, und für Brents Kollegen (die trotzdem zum ersten Mal über seine Scherzchen lachen) lahm, denn die Figur des Frank Spencer war vermutlich die am häufigsten imitierte Comedy-Figur der Siebziger: auf Schulhöfen und in Büros, am Mittagstisch und auf Showbühnen von Parodisten. Jeder Komiker dürfte Frank Spencer damals im Repertoir gehabt haben, denn seine Show war ein Meilenstein der britischen Comedy — und das, obwohl sie in fünf Jahren auf nur 22 Folgen gekommen ist: „Some Mothers Do ‚Ave ‚Em“ (BBC1, 1973 – ’78).
Genau diese Unverwechselbarkeit, die es so leicht macht, ihn zu imitieren, dürfte der Schlüssel zum Erfolg Michael Crawfords gewesen sein, der bis heute mit dieser Rolle identifiziert wird: das linkische Weichei mit der weinerlichen Stimme, das Unfälle und Missgeschicke magisch anzuziehen schien — und im scharfen Kontrast dazu die nicht selten gefährlichen Stunts in der Manier Buster Keatons, die Michael Crawford stets selbst spielte.
Hier ist ein Beispiel für diese Stunts, die heute jedem Health-and-Safety-Beauftragten die Haare zu Berge stehen lassen dürften (und damit meine ich nicht die erste Dreiviertelminute, die in ihrer Harmlosigkeit nur das Kontrastmittel zu dem gibt, was auf sie folgt):
Es war genau dieser Körpereinsatz und sein bübischer Charme, der Crawford schon als Kind schnell zum Star gemacht hat und dafür sorgte, dass er bereits in etlichen frühen Fernseh-Soaps zum Einsatz gekommen war, ehe er mit 19 an der Seite seines Idols Steve McQueen in „The War Lover“ („Wir alle sind verdammt“, 1962) spielen durfte.
Sein großer Durchbruch aber kam in der Zusammenarbeit mit dem US-Regisseur Richard Lester, der 1964 den Beatles-Film „A Hard Days Night“ gedreht hatte. Schon ein Jahr später stand Crawford an der Seite von Charlotte Rampling und Jane Birkin vor Lesters Kamera („The Knack …And How To Get It“, 1965), im Jahr darauf mit seinem Helden Buster Keaton („A Funny Thing Happened on The Way To The Forum“), und zwei Jahre darauf neben John Lennon in der Antikriegssatire „How I Won The War“ (1967). Bei letzterem wohnte Crawford schließlich sogar für die Dauer der Dreharbeiten. Da ist er 25.
So geht das weiter mit Crawfords Karriere: In den USA entdeckt ihn Gene Kelly für den Broadway („Listen, we’re looking for an attractive idiot. My wife thinks you’re attractive, and I think you’re an idiot“), spielt neben Barbara Streisand und Walter Matthau in „Hello, Dolly!“ (1969), der so ein großer Flop ist, dass er Crawfords Karriere vorübergehend ruiniert, und kommt erst zwei Jahre im Londoner Westend wieder auf die Beine mit einer Rolle in „No Sex Please — We’re British“ (1971).
Dort entdeckt ihn ein Produzent der BBC, und nachdem Ronnie Barker die Rolle abgelehnt hat, wird Crawford zu Frank Spencer — und zu einem der berühmtesten Gesichter der BBC.
Nach seiner erfolgreichen Zeit beim Film, seiner noch erfolgreicheren Zeit beim Fernsehen und einigen Flops im Anschluss an „Some Mothers“, das ihn als Schauspieler allzu sehr festgelegt hat, folgt seine dritte erfolgreiche Phase: beim Musical. Andrew Lloyd-Webber macht ihn zum „Phantom der Oper“, was 1986 ein mittlerer Schock für das Musicalpublikum ist — dieser Hanswurst in einer (nun ja) seriösen Rolle? Doch Crawford spielt sich in kürzester Zeit in die Herzen seiner Zuschauer und landet schließlich wieder in den USA: in Las Vegas, wo er bis 1996 der Star einer auf ihn zugeschnittenen Show ist: „EFX“, eine enorm aufwendige Nummernrevue aus spektakulären Stunt- und anderen Effekten. Crawford spielt, bis er seine Hüfte endgültig ruiniert hat.
Die Popularität, die ihm Frank Spencer eingebracht hat, erreicht Michael Crawford nie wieder, aber als dieser wird er unvergesslich bleiben. Und wer sich als zu spät (und/oder im falschen Land) Geborener darauf einlässt, dass Sitcoms der 70er Jahre bei allen Stunts trotzdem enorm altmodisch wirken und eher langsam erzählt sind, der könnte in „Some Mothers Do ‚Ave ‚Em“ eine Slapstick-Sitcom entdecken, die es mit der Farce von „Nonstop Nonsens“ aufnehmen kann, aber dabei eine Hauptfigur hat, die äußerst liebenswert ist.
Bonus-Tipp: Wer erstmal reinschmecken möchte, ist mit den Weihnachts-Specials gut beraten, die zumindest mir in noch besserer Erinnerung sind als die Serien.
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