The Life and Opinions of Steve Coogan, Comedian
Wer einen Sinn hat für Filme mit Metaebene, zahllosen Anspielungen, Cameos und Seitenhieben auf das Film-Business, der ist gut bedient mit „Tristram Shandy: A Cock and Bull Story“ (2006). Überflüssig zu sagen, daß die Kenntnis von Laurence Sternes Romanklassiker unentbehrlich ist: Wer nicht weiß, daß Sterne mit „Tristram Shandy“ den postmodernen Roman erfunden hat, bevor es die Moderne überhaupt gab, wird keinen Spaß haben an Michael Winterbottoms tongue in cheek-Comedy. Denn nicht nur kommen in Winterbottoms Film sowohl Tristram Shandy (Steve Coogan) als auch Onkel Toby (Rob Brydon) vor, die Beschneidungs-Szene mit dem zuschlagenden Fenster, die eng mit einer aufzuziehenden Standuhr verbundene Sex-Szene sowie Onkel Tobys Schlachtenmodell und Tristrams Geburt. Winterbottom bezwingt mit einem dreisten Handgriff sogar das, was am Roman als unverfilmbar galt, nämlich die uferlosen Abschweifungen und Erzählungsmäander, die dem Narrator so übermächtig geraten, daß er nicht einmal die Distanz zwischen Zeugung und Geburt Tristrams bewältigt: Indem der Film von der Erzählung in die Metaerzählung abschweift, einen Schritt zurücktritt und von den Dreharbeiten zu „Tristram Shandy“ erzählt. Weshalb Coogan und Brydon auch als sie selbst eine zentrale Rolle spielen: Als die Schauspieler Steve Coogan und Rob Brydon.
Infolge dieses kühnen Tricks bestehen der zweite und dritte Akt des Films aus den immer unübersichtlicheren Verwicklungen am Set, in denen der Hahnenkampf zwischen Hauptdarsteller Coogan und Nebendarsteller Brydon ausufert, weil Coogans Part immer kleiner wird, während Brydon sogar eine Liebesgeschichte mit Gillian Anderson ins Drehbuch geschrieben wird. Coogans Privatleben, das inklusive Seitensprünge und Drogen in England häufig durch die Medien geschleift wurde, wird auch im Film ausführlich geschildert, und seine Rolle als Alan Partridge geht ihm auch am Set bei jedem Interview erneut auf den Senkel, das sich nur um Partridge dreht (den übrigens auch Brydon schön hinkriegt).
Gewiß, im letzten Drittel hat „A Cock and Bull Story“ seine Längen, und ich hätte mir hin und wieder eine engere Verwobenheit von Stoff und Metastoff gewünscht. Aber wo es an Bezügen zum Original von Sterne mangelt, fährt Winterbottom dafür viele Referenzen zu anderen Filmen auf (erwähnt sei nur der ebenfalls von Winterbottom gedrehte „24 Hour Party People“, in dem ebenfalls Coogan und Brydon mitspielen, es aber um das Leben von Tony Wilson geht, der wiederum in „Cock and Bull Story“ als er selbst Steve Coogan interviewt), und die Unmengen Gaststars tun für jeden Britcom-Fan das ihre — Dylan Moran („Black Books“), David Walliams („Little Britain“), Ashley Jensen („Extras“) und Stephen Fry etwa spielen kleinere bis kleinste Rollen.
Ein fabelhafter Film also, der aus einem brillanten Roman von 1759 eine clevere Satire auf das Filmgeschäft von heute macht, dabei beidem gerecht wird und auch noch lustig ist. Was will man mehr.
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