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Artikel Tagged ‘Grandma’s House’

Parasitecom

10. September 2012 1 Kommentar

„Boomerang Generation“ wird sie im angelsächsischen Raum mittlerweile genannt: die Kohorte der Krisenverlierer, die zwar längst erwachsen ist, nun aber vor den Trümmern ihrer Existenz steht und deshalb wieder bei ihren Eltern einzieht, sprich: wieder dort landet, von wo sie dereinst ins Leben gestartet ist. Die Eltern wiederum, die sich schon auf ein leeres Nest eingerichtet hatte, stehen plötzlich vor einem „crowded nest“, in dem wie in früheren Zeiten drei Generationen unter einem Dach leben. 500.000 Haushalte sind in Großbritannien von diesem Phänomen schon betroffen, Tendenz selbstverständlich steigend.

Kein Wunder, dass die Comedy dieses Thema zunehmend für sich entdeckt: Die Konflikte, die entstehen, wenn 40jährige plötzlich wieder in ihrem Kinderzimmer wohnen, sind ja offensichtlich komikträchtig. Und die Familie war immer der Ort der Sitcom („Domcom“) schlechthin, schließlich lassen sich auch die meisten Sitcoms, die am Arbeitsplatz spielen, im Grunde auf familiäre Strukturen zurückführen.

Nun gibt es schon die dritte Sitcom, die den Plot des Wiederzuhauseeinziehens aufgreift; die ersten beiden waren das weitgehend unbeachtet gebliebene „Home Time“ (BBC2, 2009), in dem eine Dreißigjährige (Emma Fryer) zwölf Jahre nach ihrem überstürzten Auszug wieder bei ihren Eltern aufschlägt, die zweite war Simon Amstells „Grandma’s House“ (BBC2, 2010 – ’12). Die hatte den zusätzlichen Clou, dass Simon Amstell sich darin quasi selbst spielte: den jungen Comedian und Panel-Show-Host, der sich mit derben Scherzen auf Kosten seiner Gäste unbeliebt gemacht und dann von der Mattscheibe vorübergehend verabschiedet hat, um wieder bei Großmama einzuziehen (und dort, Amstell ist offen schwul, sechzehnjährige Jungs in seinem Kinderzimmer zu empfangen und zu hoffen, dass die Familie das nicht spitzkriegt). Parasitecom hat der Independent dieses neue Subgenre der Sitcom getauft.

„Parents“ (Sky1, 2012) will keinen Zuschauer im Unklaren lassen über die Vorgeschichte der Serie. Darum wird die Backstory in jedem Vorspann rekapituliert: Wie Jenny Pope (Sally Phillips) von zuhause aus- und nach London zieht, einen Bürojob findet, heiratet und zwei Kinder hat, die gerade Teenager sind, als Sally gefeuert wird. Daraufhin verlieren sie das Haus an die Bank und gehen zurück in die Provinz — wo sie zu Beginn von „Parents“ dementsprechend zu sechst in dem eher kleinen Häuschen ihrer Eltern einziehen und fortan miteinander auskommen müssen.

Das fällt nicht immer leicht. Am leichtesten noch Sallys Mutter Alma (Susie Blake), die sich für ihre Tochter ohnehin ein Leben am Herd vorgestellt hat und nur wenig überrascht scheint, dass aus Sallys Karriere nichts geworden ist. Ihr Vater Len (Tom Conti, „The Dark Knight Rises“) hat da schon mehr zu knabbern, vor allem an Nick (Darren Strange, „The Armando Iannucci Shows“), dem nichtsnutzigen, aber stets optimistischen Ehemann von Sally, der mit seinem Startup gescheitert ist — offenbar ist es gar nicht so einfach, einen Energydrink für Topmanager („X-celsior“) zu entwickeln. Und dann ist da noch Sallys Schwester (Daisy Haggard, „Episodes“), die sich ihren Erfolg im Leben stets anmerken lässt.

„Parents“ ist in jeder Hinsicht eine Familiensitcom: durchaus an den Mainstream gerichtet, nicht die Neuerfindung der Comedy, dafür aber mehrheitsfähig und liebenswürdig. Letzteres ist vor allem Sally Phillips zu verdanken, die hier in ihrer ersten Hauptrolle zu sehen ist. Britcom-Fans aber ist sie keineswegs unbekannt: Seit „I’m Alan Partridge“ (BBC2, 1997 – 2002), wo sie als giggelnde Hotel-Rezeptionistin zu sehen war, und „Hippies“ (BBC2, 1999) gehört sie zu den besseren Nebendarstellern, und neben Doon Mackichan und Fiona Allen machte sie sich bei der ersten komplett weiblichen Sketch-Comedy „Smack the Pony“ (Channel 4, 1999 – 2003) auch noch einen Namen als Mit-Autorin.

Hier war sie am Drehbuch zwar nicht beteiligt (das stammt von Lloyd Woolf und Joe Tucker), aber ihre Fähigkeit, in Sekundenbruchteilen von grundsympathisch auf superbiestig umschalten zu können, verleiht ihrer Figur Tiefe, die den anderen Charakteren hin und wieder ein bisschen abgeht. Vor allem die Kinder Becky und Sam Pope (Jadie Rose Hobson und Christian Lees) sind ein wenig zu zweidimensional.

Wenn man der Serie überhaupt einen Vorwurf machen wollte, dann wäre es vielleicht der, dass das Buch sich ein wenig zu sehr auf die Gags verlässt, statt den Figuren Tiefe zu geben. Vom selbsterklärten Vorbild „Modern Family“ jedenfalls ist „Parents“ weit entfernt. Das macht aber nichts — dafür ist bei „Parents“ die Underdog-Perspektive viel sympathischer. Und es hatte offenbar jemand ein Händchen für die Musikauswahl. Die nämlich ist, von The Cure bis Badly Drawn Boy, durch die Bank gelungen.

Sky wird „Parents“ hoffentlich eine zweite Staffel geben; daran zweifle ich aber nicht, schließlich hat Rupert Murdochs Bezahlfernsehen zumindest in den letzten zwölf Monaten schon zu viel Geld in gute Comedy gesteckt: von „The Cafe“ bis „Stella“ hatte Sky in letzter Zeit die wesentlich besseren Sitcoms und ComedyDramas als die BBC.

Lacht am Ende des Tunnels

4. November 2011 1 Kommentar

Britische Fernsehverantwortliche setzen derzeit auf helle, schnelle „laugh out loud“-Comedy, die Phase bös-finsterer Satire ist erst mal vorbei: Das berichtet das Comedy-Portal Chortle und zitiert dafür den BBC-Comedy-Commissioner Kristian Smith sowie Baby-Cow-Produzenten Henry Normal.

Die letzten zehn Jahre der (englischen) Comedy waren geprägt von peinlich berührten Blicken in die Kamera, ungemütlichen Situationen und trüben bis trostlosen Tönen. Nun könnte der Trend in die andere Richtung gehen: Die BBC setzt für die nächste Zeit auf Slapstick, „Live vor Publikum“-Sitcoms, leichtere Unterhaltung — mehr LOL als OMG.

Schon eine ganze Weile spekuliere ich hier im Blog immer mal wieder, wohin die Britcom driften könnte (z.B. hier und zuletzt nur vier Einträge weiter unten im Eintrag zu „Fresh Meat“): „The Office“ (BBC2, 2001 – ’03) ist mittlerweile wirklich alt, ebenso der Mockumentary-Stil, der naturgemäß auf Selbstentblößung und Fremdscham setzt, seelische Grausamkeiten a lá Julia Davis in „Nighty Night“ (BBC3/BBC2, 2004 – ’05) und Kammerspiele wie die maßstabsetzende „Royle Family“ (BBC1, 1998 – 2000). Die Nuller-Jahre waren voll mit cringe comedy, die mehr auf Dialoge als auf Action setzte, oder, wie Henry Normal sagt:

There was a style that started with „People Like Us“ and „The Royle Family“ that was a sort of post-punk movement, trying to get away from „ooh, the vicar’s come round and my trousers have fallen down“ approach and tried to do something a little too different.

Nun schwingt das Pendel offenbar in die andere Richtung: Die Sender bestellen vorwiegend wieder klassischere Sitcoms, familientaugliche Ware wie das preisgekrönte „Miranda“ (BBC2, 2009 – ) von und mit Miranda Hart als tollpatschige Besitzerin eines Scherzartikel-Ladens oder „Gavin & Stacey“ (BBC3/BBC2/BBC1, 2007 – ’10). Zwar werde es weiterhin low-key Sitcoms wie Simon Amstells „Grandma’s House“ (BBC2, 2010 – ) geben, es sei aber ein „Appetit auf laugh-out-loud-Comedy spürbar“. Und also werden die ohnehin nicht allzu üppigen Budgets in nächster Zeit wohl für eher an den Mainstream gewandte Comedy ausgegeben werden.

Was zunächst wie eine schlechte Nachricht klingt, muß aber keine sein: Wirklich erfolgreich wird nämlich erst eine tatsächliche Weiterentwicklung der traditionellen Sitcom werden, kein bloßer Rückfall in ausgetretene Hohlwege. Es wird Innovationen brauchen, um sowohl das Feuilleton wie auch das Publikum zu gewinnen. Kristian Smith:

We see a lot of people who can write brilliant gags without having a strong character or strong idea. But it’s those things with real heart that push through.

Womöglich war es das, was mich beim schon oben verlinkten „Friday Night Dinner“ (Channel 4, 2011 – ) jedenfalls prinzipiell an diesen neuen dritten Weg denken ließ: zwar single camera gedreht, aber im Prinzip wie eine Publikums-Sitcom aufgebaut, zwar familientauglich sympathische Figuren, aber trotzdem mit originellen cringe-Momenten — und Robert Popper („Look Around You“) wäre auch genau der Typ gewesen, dem ich das zugetraut hätte: Channel 4-Produzent, ebendort Commissioning Editor for Comedy und Script Editor für viele große Serien inklusive „Black Books“, „Peep Show“ und „The Inbetweeners“. Leider wird es offenbar erst Ende nächsten Jahres mit „Friday Night Dinner“ weitergehen, und die durchschlagende neue Idee war in der ersten Staffel „FND“ dann doch noch nicht so genau zu erkennen — aber die meisten bahnbrechenden Innovationen erkennt man ja ohnehin erst retrospektiv.

Ich jedenfalls hätte nichts gegen wärmere, liebenswürdigere, quatsch-orientiertere Britcoms. Meine langjährige Lieblingsserie „Spaced“ (Channel 4, 1999 – 2001) war wohl so etwas wie der Schwanengesang dieser Richtung, meine andere Lieblingsserie „Father Ted“ (Channel 4, 1995 – ’98) einer ihrer Höhepunkte: an ein breites Publikum gewandt, das sie auch erreicht hat, unschuldig-naiv zuweilen, vor allem aber sehr, sehr komisch — LOL eben. Nicht OMG.

UPDATE: Der Independent bringt heute ein Stück zum Thema: „Sitcoms: It’s beyond the cringe, and back to the bellylaugh“

Einladung zum Abendessen

14. Februar 2011 2 Kommentare

Wenn schon für nichts anderes, so muß man Robert Popper doch bis in alle Ewigkeit dankbar sein für „Look Around You“ (2002 + 2005): Liebevollere Parodien auf das Oldschool-Schulfernsehen gab es nie, und dank der Zusammenarbeit mit Peter Serafinowicz und Unterstützung durch Simon Pegg, Edgar Wright (also praktisch der ganzen „Spaced“-Posse) und viele andere Größen der britischen Sitcom auch nie prominenter besetzte. Wer sie noch nicht hat, dem seien die beiden Staffeln dringend empfohlen, schon weil die DVD-Menüs und -Bonusveranstaltungen ihresgleichen suchen (und für die Kürze der Shows entschädigen). Doch auch um die „Inbetweeners“ hat sich Popper verdient gemacht (als Script Editor), um „Peep Show“ (als Producer), „The IT Crowd“ (Comissioning Editor für Channel 4) und die „Peter Serafinowicz Show“ (Writer/Consultant Producer). Manche halten ihn für ein Genie.

Die Latte für seine neue Sitcom „Friday Night Dinner“ (Channel 4, ab dem 25.2.) liegt also denkbar hoch, und daß der „Inbetweeners“-Jungstar Simon Bird und Tamsin Greig („Black Books“, „Episodes“, „Green Wing“) mitspielen und Mark Heap abermals den merkwürdigen Nachbarn geben darf, schraubt die Erwartungen ebenfalls nicht herunter. Dafür sieht der Clip nach einer vergleichsweise konservativen Sitcom aus — in den Kommentaren wird er schon als Mischung aus „Inbetweeners“ und Simon Amstells hölzernem „Grandma’s House“ beschrieben. Ich aber sage: Das guck ich mir an! Und bin mir noch nicht ganz sicher, ob die Besetzung von Tamsin Greig als Mutter zweier Twens mehr über ihr Alter oder über meines aussagt.

https://www.youtube.com/watch?v=Oxs7phFtT4k?fs=1&hl=de_DE

The British Comedy Award 2011: Nominations

16. Januar 2011 Keine Kommentare

Nächsten Samstag werden die British Comedy Awards 2011 verliehen, und die Jury hat gestern die Nominierten bekanntgegeben. Aus dieser Liste geht imho vor allem eines hervor: 2010 war kein sehr gutes Comedy-Jahr.

Über die Nominierungen für „Comedy Panel Shows“ gehe ich hinweg — ich sehe sie einfach nie, auch wenn bestimmt sowohl „Have I Got News For You“ wie auch „Shooting Stars“ und „Would I Lie To You?“ ihre Meriten haben. Ich tippe mal, HIGNFY wird gewinnen, weil das Konzept der Show, Comedy-Improvisationen zu aktuellen Nachrichten, so anspruchsvoll ist. Neu ist es allerdings nicht — HIGNFY läuft seit 1990 in der BBC. Und lustiger fand ich während meines Englandurlaubs „Would I Lie To You?“, bei dem die Panels erraten müssen, ob die (autobiographischen) Geschichtchen, die von Gästen zum Besten gegeben werden, tatsächlich stimmen oder frei erfunden sind.

Als „Best Comedy Entertainment Programme“ sind „Harry Hill’s TV Burp“, „The Graham Norton Show“ und „Newswipe“ nominiert. Toi, toi, toi für Charlie Brooker — allerdings ist „Newswipe“ kein genuines Comedy-Format.

Charlie Brooker ist neben Ant & Dec und Harry Hill ebenfalls einer der Nominierten in der Kategorie „Best Comedy Entertainment Personality“. In den Kategorien „Best Male Comic“ sind David Mitchell, Harry Hill und Michael McIntyre am Start, „Best Female Comic“ sind entweder Jo Brand, Sarah Millican oder Shappi Khorsandi. Bei den Herren fände ich Mitchell am sympathischsten (und sowohl Hill als auch McIntyre ausgesprochen unsympathisch); bei den Damen kenne ich nur Jo Brand, und die war zumindest in „Getting On“ ganz gut.

Jetzt aber: „Best New British TV Comedy“. Hier stehen „Grandma’s House“, „Miranda“ und „The Trip“ zur Auswahl, und ich schätze mal, „Miranda“ macht das Rennen. Schon weil die beiden anderen Nominierten entweder so wenig zur Identifikation einladende Figuren wie Simon Amstell in der Hauptrolle spazierenführen, oder kaum laute Lacher erzeugen konnten wie Coogans und Brydons „Trip“, das doch eher ein stiller Schmunzler für die Zeit nach Mitternacht war.

Ich muß allerdings zugeben, daß mir die zweite Staffel „Miranda“ überraschend doch noch ganz gut gefallen hat. Nicht zuletzt, weil ich der Frau mal eine Folge gezeigt habe, und ihr diese altmodische Slapstick-Sitcom mit der tollpatschigen Miranda umstandslos so ans Herz gewachsen ist, daß sie mehr sehen wollte. Was will man da machen! Nach drei Folgen hatte sie mich dann.

Warum aber fehlen „Whites“ und „Rev.“? Beide hätte ich „Grandma’s House“ in jedem Fall vorgezogen.

Die „Best Male/Female Breakthrough Artists“ überspringe ich gerade mal und komme direkt zu den „Best Sketch Shows“, which are: „Harry & Paul“, mit dem ich leider wenig anfangen kann, trotz der eigentlich guten Harry Enfield und Paul Whitehouse, „Horrible Histories“ (gut, aber genaugenommen ein Kinderprogramm) und „The Miller & Armstrong Show“. Letztere meine Favoriten, wie aufmerksamen Lesern dieses Blogs nicht entgangen sein wird. Nicht auf der Shortlist: „That Mitchell & Webb Look“, was in der vierten Staffel mittlerweile leichte Ermüdungserscheinungen zeigt.

„Best Sitcom“: „Miranda“, „The Inbetweeners“ und „The Thick Of It“. Es wird natürlich „Miranda“, schon weil sie so dermaßen erfolgreich war; die letzte Staffel „The Thick Of It“ lief m.W. schon 2009, es ist mir nicht klar, warum das dieses Jahr wieder nominiert ist. Gar nicht erst nominiert: „The IT Crowd“. Aus guten Gründen.

„Best Comedy Actor“: Nominiert sind James Buckley („The Inbetweeners“), Peter Capaldi, Rob Brydon („The Trip“) und Tom Hollander („Rev“), bei den Damen Jo Brand, Katherine Parkinson und Miranda Hart.

Und zum Schluß: „Best British Comedy Performance In Film“: Neben dem (mir unbekannten) Aaron Johnson („Kick Ass“ — hä?) sind Kayvan „Hands too big“ Novak und Nigel „We’re bombing the mosque“ Lindsay aus „Four Lions“ nominiert, der auf diesem Weg wenigstens noch mal ein bißchen zu seinem Recht kommt. Natürlich wäre es mir ein Fest gewesen, wenn als drittes noch Riz Ahmed in der Hauptrolle als sympathischer Selbstmordattentäter auf der Liste gewesen wäre, aber man kann nicht alles haben.

Nächsten Samstag wissen wir mehr; meine Spannung hält sich allerdings in Grenzen — es wird eh alles „Miranda“ gewinnen. Behaupte ich jetzt einfach mal.

Comedy im Sommerloch

16. August 2010 4 Kommentare

Der August ist traditionell der Monat, in dem die BBC all die Shows verklappt, an die sie nicht mehr so recht glaubt, die aber schon produziert sind und versendet werden müssen. Gut versteckt vor allen, die Ferien haben und im Urlaub sind — aber natürlich nicht gut genug für dieses Blog. Die Comedy-Flut, die in den letzten Wochen losgebrochen ist, verheißt da nichts Gutes. Und in der Tat: Das meiste davon kann man sich sparen. Insbesondere

„Roger and Val Have Just Got In“ (BBC2). Alfred Molina und Dawn French in einem Comedy-Kammer- bzw. Kummerspiel der besonderen Art — nämlich der besonders langweiligen. Der Zuschauer darf dem „middle aged“ (BBC) Ehepaar (btw: Molina ist 57, Dawn French 52) bei der Erörterung alltäglicher Themen zusehen: Muß man alle Quittungen für alle Haushaltsgegenstände über Jahre hinweg aufbewahren? Und gelten Garantien noch, wenn man sie aus Versehen zerrissen und dann mit Tesa geklebt hat? Mildly amusing für alle, deren bevorzugte Saunatemperatur bei 23,5 °C liegt; mir ist allerdings nicht ganz klar, was Molina an den Dialogen so superspitze fand, daß er (der immerhin einer der allerbeliebtesten Schauspieler der Briten ist) sofort zugesagt hat. Dabei war er in „An Education“ doch so gut! Für Dawn French gilt ähnliches, jedenfalls in der Hinsicht, daß sie in England unfaßbar beliebt ist. Ihr letzter sehenswerter Auftritt liegt allerdings schon etwas länger zurück.

„Grandma’s House“ (BBC2). Welchen Schluß soll man aus dem Erfolg von x Staffeln „Larry Sanders“, sieben Staffeln „Curb Your Enthusiasm“, drei Staffeln „Lead Balloon“ und der zweiten Staffel „Extras“ ziehen? Daß es nun langsam langt mit Comedians, die, sobald das Rotlicht erloschen ist, sauertöpfisch, unleidlich und/oder merkwürdig werden? Oder daß man jetzt endlich mal eine Serie machen sollte, in der ein Comedian sich im Privatleben als verschroben, distanziert und unsympathisch herausstellt? Simon Amstell, bis vor kurzem Host der Comedy-Panelshow „Never Mind The Buzzcocks“, war eben dort berühmt dafür, noch recht jung, dafür aber schon sehr fies zu seinen Gästen zu sein. Dann warf er das Handtuch, um vielleicht ein bißchen schauzuspielen. Und tataa: schon sehen wir ihn in einer Sitcom, wo er sich selbst spielt und wo im Kreise von Mutter (Rebecca Front) und weiterer Verwandtschaft erörtert bzw. nicht erörtert wird, ob es klug war, die Fernsehkarriere hinzuwerfen, um ein bißchen schauzuspielen. Sehr meta. Ob es klug war, wird sich noch zeigen — schauspielen scheint jedenfalls nicht Amstells größtes Talent zu sein.

Eine überraschend gute Variante des Themas Comedians, die im Privatleben voll unlustig sind ist übrigens (ausführliche Kritik folgt, sobald ich die zweite Staffel gesehen habe) „Happiness“ (BBC2, 2001 – 03). Zu unrecht vergessen, spielt darin Paul Whitehouse einen Comedian mit Identitätskrise: Er schreibt und spricht einen Fernseh-Knetgummibär (den Ninja-Krankenschwester-Bär Dexter), den alle Welt liebt — aber ihn, den Mann hinter dem Bär, kennt niemand… Sehr melancholisch, fast eine Melanchomedy (aua!), und top besetzt nicht nur mit Whitehouse, sondern auch mit dem jungen und sehr guten Johnny Vegas, Fiona Allen und Mark Heap, den man zuletzt gesehen hat in

„The Great Outdoors“ (BBC4). Die haben sich zuletzt leider als doch nicht so great entpuppt, muß ich einräumen. Mark Heap ist zwar immer gut als Mark Heap, die Drehbücher aber mäanderten doch recht ziellos herum und zogen sich wie, nun ja, Wanderungen bei Regen. Nicht schlimm, daß BBC4 davon nur drei Folgen in Auftrag gegeben hat.

Soviel erstmal als Sommer-Comedy-Zwischenbilanz. Vielleicht werden sie ja noch besser, die Comedy und das Wetter.