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Artikel Tagged ‘Harald Schmidt’

Schmidtchen schleich dich

15. Januar 2019 2 Kommentare

Unqualifizierter Beitrag, die zweite: Aber ich kann nicht. Ich kann „Labaule & Erben“ (SWR, nach einer Idee von Harald Schmidt) nicht ansehen. Jedenfalls nicht mehr als die erste Folge, die ich fast ganz geschafft habe. Immerhin.

Und soviel kann ich auch nach Besichtigung dieser ersten Folge sagen: Das Konzept von „Satire“, das die Verantwortlichen hier verfolgen, ist wohl, dass Satire mit der Wirklichkeit nicht viel zu tun haben braucht. Dass Charaktere in Dialogen reden dürfen, die vollkommen papiern klingen. Dass Figuren wie mit der Heckenschere ausgeschnitten wirken dürfen.

Ich glaube schon mal von Anfang an nicht, dass ausgerechnet Uwe Ochsenknecht (63) als der „junge Verlegersohn“ besetzt ist, dessen Schicksal es sein soll, dass er zu schöngeistig ist, um einen Verlag zu führen. In einem Alter, in dem andere kurz vor der Pensionierung stehen.

Ich glaube nicht an das (grotesk schlecht inszenierte) Missverständnis der Polizei, der Verlegersohn sei mit seiner Tennistasche in den Verlag gegangen, um dort Geiseln zu nehmen.

Ich glaube nicht an den „zufällig“ ins Internet übertragenen Monolog, den der Verlegersohn in ein Handy spricht, das direkt vor seiner Nase auf einem Stativ montiert steht, das er aber angeblich gar nicht sieht.

Ich glaube nicht, dass diese Liveübertragung „zufällig“ von praktisch der Mehrheit der Deutschen (auf der Onlineseite einer Regionalzeitung!) live (!) angesehen wird.

Kurz: Ich glaube überhaupt gar nichts, keine Sekunde. Keinen Charakter, keine Szene. So dass die Zeit, in der ich die ersten 45 Minuten durchhocke, sich anfühlt wie sechs Wochen Urlaub in Bottrop bei Regen.

Umso schrecklicher, dass ich noch permanent die gute Version dieser Serie vor Augen habe: „Succession“ (HBO), in der eben dieses Szenario perfekt durchgespielt wird: dass der Sprössling eines Medienmoguls sich als so unfähig herausstellt, dass der Alte ihn kurzerhand demontiert und in der Folge ein intrafamiliärer Krieg aller gegen alle beginnt.  (Wie sich Quotenmeter.de ein Vergleich mit „Newsroom“ auch noch aufdrängen kann, ist mir vollkommen schleierhaft.)

Ist also Harald Schmidt, der die Idee zu dieser Serie hatte, das für den SWR, was Woody Allen für Amazon Prime war? Ein weiteres Beispiel dafür, dass große Namen in letzter Zeit (vor allem bei Streaminganbietern) auch mal durch zu viel Freiheit und zu wenig Qualitätskontrolle Mist bauen können?

Oder ist, Schmidt hat ja nun angeblich nur die „Idee“ zur Serie geliefert (was auch immer das heißen mag), „Labaule“ ein weiterer Beleg dafür, dass bei manchen Projekten zu viele Fernsehredakteure ihren künstlerischen Anwandlungen nachgeben dürfen, sich als die besseren Autoren dazwischenwerfen und so viel Einfluss nehmen, dass am Ende so ein verkopft-esoterischer Murks herauskommt?

Und interessiert mich das wirklich? Oder sonst wen?

Japan-Witze

16. März 2011 7 Kommentare

Es ist wieder mal so weit: Comedians werden gefeuert für Witze über Japan und die verschiedenen Katastrophen dort, die immer noch und wie in Zeitlupe in vollem Gange sind. Die Tragödie, die Katastrophe selbst ist ja noch nicht einmal ansatzweise vorbei, so daß das Rezept „Tragedy + Time = Comedy“ noch nicht zur Anwendung kommt; momentan geraten Medien bereits in die Kritik, weil sie Katastrophenbilder zu einer Art Musikvideoclip zusammenschneiden und so etwas leisten möchten wie Trauerarbeit (wie es ein Autor der „heute show“ bei Facebook nannte), für die es genauso zu früh ist wie für Comedy. Weshalb auch eine öffentlich-rechtliche Comedy-Show schon ihre Autoren informiert hat, daß für die nächste Ausgabe keine Japan-Witze benötigt werden.

Dabei weiß ich gar nicht genau, was mit Japan-Witzen gemeint ist. Natürlich gibt es die Sorte geschmackloser Witze, die an den schattigen Stellen des Netzes sofort wie Unkraut gewachsen sind und die sich von selbst verbieten. Andererseits scheinen diese Witze ein Grundbedürfnis zu befriedigen, vielleicht ein Bedürfnis nach Normalität, und auch ich mußte über den einen (der etwa mit der Hautfarbe der „Simpsons“ und unfähigen Atomkraftwerks-Angestellten arbeitete) oder anderen (der sagte, daß Wale und Delphine so schnell keine bessere Chance zur Rache bekämen) immerhin schmunzeln.

Aber es gibt ja noch andere Möglichkeiten, mit der Katastrophe in komischer Form umzugehen. Die neue Variation des alten Anti-Atomkraft-Aufklebers etwa („Atomkraft? Deine Mutter!“) finde ich komisch und moralisch kein bißchen fragwürdig, sondern Ausdruck der einzigen Haltung, die man haben kann. Oder die herzzerreißende Information, daß Afghanistan 50.000 Dollar nach Japan spendet: Darüber den Scherz zu machen „Du weißt, daß dein Land wirklich am Arsch ist, wenn plötzlich Spenden aus Afghanistan kommen“ — ist das verwerflich? Oder die Tatsache, daß die USA Atom-Experten nach Japan geschickt haben: Darf man nicht anmerken, daß beim letzten Mal, als die USA Atom-Experten nach Japan geschickt haben, anschließend 100.000 Japaner tot waren?

Oder sollte man gerade von Comedians, deren Shows ja immer mehr zum Nachrichtenersatz für junge Menschen werden, eine Einordnung erwarten und damit rechnen dürfen, daß sie sich zum Thema äußern und es nicht schamhaft tabuisieren? Ich denke da an Leute wie Jon Stewart (habe die „Daily Show“ in letzter Zeit allerdings nicht verfolgt) oder Charlie Brooker, der gewiß etwas zur medialen Aufbereitung des japanischen Infernos zu sagen hätte. Verbietet sich das? Wenn ja, aus welchen Gründen? Wird „10 O’Clock Live“ nichts zu Japan sagen? Wo verläuft die Grenze zwischen (moralischem, also immer legitimen) Kabarett und Comedy (zur schnöden Unterhaltung)? Dürfte Harald Schmidt, liefe er denn am morgigen Donnerstag, nichts dazu sagen, Dieter Nuhr im „Satire Gipfel“ aber schon? Wo liegt die Grenze zwischen Japan-Witzen und Witzen über den Umgang mit der Katastrophe und ihren weitreichenden Folgen? Gibt es diese Grenzen überhaupt?

Was meint ihr?

UPDATE Björn Mannel, der oben zitierte Autor der „heute show“, schreibt mir:

Ich bin gerade dabei, die Strecke zum Thema für die Sendung zu schreiben. Wir konzentrieren uns ganz auf die Atomdebatte hierzulande, und da gibts so einiges zum Thema Heuchelei und Angst um die Wahl zu sagen… Ansonsten bin ich ganz bei Dir: Lachen hat was Befreiendes. Und außerdem: Das Argument, wie könnt ihr lachen, wenn in Afrika jeden Tag Kinder sterben, das Argument kann man immer bringen. Da ist es fast schon zynisch, jetzt irgendeine Pietät einzufordern.

Die bessere zweite Folge

25. September 2009 1 Kommentar

Es hat sich ausgezahlt, mit einer Kritik der neuen „Harald Schmidt“-Show eine Woche zu warten: Denn die zweite, gestrige war eindeutig die bessere. Ein Phänomen, das ich mittlerweile ganz gut von „Willkommen Österreich“ kenne — auch wenn dort zwei Sendungen am Stück aufgezeichnet werden und die zweite deshalb die bessere ist, weil Gastgeber und Publikum dann schon auf einander eingespielt sind (und auch der Alkoholpegel das seine zur guten Laune tut).

Bei Schmidt gab’s gestern nichts zu meckern: Das war eine runde Sache. Schöne Scherze, clevere Zuspieler (auch wenn die Schalte zu Peter Richter schon deutlich von der Korrespondenten-Idee der „Daily Show“ zehrte — mei, warum nicht, solange die Vorbilder stimmen), ein guter Gast (Claus Peymann). Die deutliche Ausrichtung auf die Hochkultur gefällt mir sehr, denn da geht es mir wie weiland als kleiner Leser mit TITANIC (und anderen offenbar mit Monty Python, dazu ein andermal mehr): Man kann nämlich lachen, außerdem aber auch was lernen (und natürlich Distinktionsgewinne einfahren, wenn man beispielsweise von der Situation am Berliner Ensemble schon einmal was gehört hat). Mit 17, 18 stammte ein Gutteil meiner Bildung aus TITANIC: ich ahnte plötzlich, was wichtig war und welche Meinung außerhalb des Medienkanons man auch haben konnte. Es wäre schön, wenn das mit Harald Schmidt und seiner Show auch wieder so würde.

Und wo ich schon Lorbeeren verteile: Chapeau, Öffentlich-Rechtliche! Eine fantastische Idee, nach Schmidt andere Comedy-Formate zu programmieren, die etwas mehr high brow sind. Vor Wochenfrist habe ich gerne Kurt Krömer zugesehen, und gestern setzte „Pelzig unterhält sich“ nahtlos fort, was Schmidt begonnen hatte: Clevere politische Comedy (denn natürlich ist auch Kultur Politik). Natürlich waren Jürgen Falter und der Deutschland-Korrespondent von Al Dschasira die deutlich interessanteren Gäste als Werner „Nase“ Mang und irgendwelche Extrembergsteiger, die offenbar nicht nur einmal unter akutem Sauerstoffmangel gelitten hatten. Aber zumindest für Werner „Ich bin sozialer Leistungsdemokrat“ Mang fand Erwin Pelzig die richtigen Worte. Ich habe Pelzig lange unterschätzt, und offenbar tun seine Gäste das hin und wieder immer noch.

Reümee: Schmidt, Krömer und Pelzig im Ersten, Anstalt und Welke im ZDF, wo ja vielleicht noch das eine oder andere Comedy-Qualitätsformat dazukommt — die Öffentlich-Rechtlichen legen in Sachen Komik plötzlich vor, wie ich es nicht vermutet hätte. So kann’s weitergehen.

Schmidt & Böhmermann

7. September 2009 5 Kommentare

Harald Schmidt hat sein neues Team bekanntgegeben, und an seiner Seite ist (u.a.) niemand geringeres als: Jan Böhmermann! So schnell hat sich meine Prophezeihung also bewahrheitet. Glückwunsch, Jan!!