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Hader muß her

19. Februar 2009 4 Kommentare

In der Druckausgabe der Süddeutschen gibt es heute, begleitend zu dieser Filmkritik, ein Interview mit Josef Hader, das Susan Vahabzadeh mit der Frage beginnt, warum in Österreich eigentlich das Kabarett und das Kino so leicht zusammenfänden. Hader beantwortet das mit dem Verweis auf Woody Allen in den USA und Benigni in Italien: „Das ist doch überall so, ist ja auch naheliegend“, und hat damit natürlich völlig recht.

Im Prinzip. Denn naheliegend ist das vielleicht tatsächlich in Österreich, in Italien und, hier kommt dieses Blog ins Spiel, in England — in Deutschland eher nicht. Das suggeriert schon die Frage, die sich um klar definierte Grenzen bemüht nicht nur zwischen Film und Bühne, sondern auch zwischen Politkabarett und Comedy. Diese Unterscheidung wird hauptsächlich in Deutschland bemüht; schon in Österreich, speziell bei Hader und einigen seiner Kollegen, werden diese Kategorien obsolet, denn dort sind die Kabarettisten weder politisierende Dozenten noch apolitische Grimassenschneider. Hader entwirft auf der Bühne Figuren und Geschichten, die gewiß ein Schlaglicht auf gesellschaftliche Zustände werfen, aber ihre primäre Absicht ist doch die Unterhaltung. Das ist ein Ansatz, der dem britischen sehr nahe ist, viel näher als der deutsche.

Wie sollte er auch nicht: Von der äußeren Verfaßtheit ist Österreich England ähnlicher als Deutschland. Beide, Österreich wie England, sind Länder mit einem einzigen urbanen Zentrum und einer Fernsehlandschaft, die aus einer dominierenden Anstalt (ORF/BBC) besteht, die sich gegen private Konkurrenz mehr oder weniger mühelos durchsetzen kann. Das scheint gut für komische Talente zu sein, die hier wie dort einen viel kleineren horizontalen Radius haben, weil sie schnell alle Bühnen des Landes bespielt haben, dafür aber vertikal agiler sind: Von der Bühne ins Radio ins Fernsehen zum Film. Sehr auffällig, diese Parallele: Viele Österreicher (Hader, Alfred Dorfer, Stermann & Grissemann, Martin Puntigam, Thomas Maurer, um nur einige zu nennen) sind überall präsent; in England ist es seit jeher gang und gebe, daß Comedians durch die Schule des Stand Ups und oft auch des Radios gehen, bevor sie beim Fernsehen landen. Und manchmal zum Film kommen.

In Deutschland ist es für Komik-Schuster viel leichter, bei ihren Leisten zu bleiben: Man kann davon leben, Radio zu machen, Fernsehen, Film, auf Bühnen zu tingeln — kein Ansporn, das Medium zu wechseln. Es ändert sich höchstens mal was, wenn das Publikum endgültig die Nase voll hat von einem speziellen Fach, z.B. dem der komisch gemeinten Belehrung: Daß sich etwa der „Scheibenwischer“ gefühlte 100 Jahre zu spät für Comedians öffnen will. (Eine Idee, die interessanterweise das ZDF viel früher hatte mit „Live Neues aus der Anstalt“.) Deutschland ist schlicht groß genug, um Nischen zu bieten, in denen auch ungeschliffene Diamanten glitzern können.

Der ORF, der ein viel kleineres und homogeneres Publikum erreichen will als etwa die ARD, kann auch deshalb mutiger sein, gibt außergewöhnlichen Formaten wie „Die 4 da“ und der legendären „Sendung ohne Namen“ eine Chance und auch Zeit, sich zu entwickeln. Da hat Österreich es besser, auch wenn es womöglich das entscheidende Quentchen zu klein ist, um international komische Relevanz zu haben. Josef Hader, so hört man, entwickelt jedenfalls derzeit eine Fernseh-Sitcom, in der er einen Pathologen spielen wird. Auf die bin ich jetzt schon gespannt. Und auf den „Knochenmann“ natürlich auch.