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Artikel Tagged ‘Peter Kay’s Britain’s Got The Pop Factor’

Auf der Überholspur

Peter Kay ist so etwas wie der britische Hape Kerkeling: Sehr komisch und gleichzeitig sehr mehrheits-, ja, familienfähig. Seine Live-Shows sind seit vielen Jahren chronisch ausverkauft, und weil mit Liveauftritten sehr viel mehr Geld zu machen ist als mit schlecht bezahlten Sitcoms, tut Peter Kay das, was wirtschaftlicher ist: Er tritt live auf. Dabei muss er sich allenfalls vorwerfen lassen, dass er das Comedy-Rad keinesfalls neu erfindet: dass das, was er macht, zum größten Teil harmlos und altmodisch ist, observational comedy, also die unter Comedians mit Herablassung betrachtete niedrigste Form der Comedy. Aber was macht das schon, wenn man erfolgreich ist und, wie gesagt, dabei auch noch sehr komisch.

Aus vermutlich vorwiegend wirtschaftlichen Gründen also ist Peter Kay seltener im Fernsehen zu sehen, als man sich das als Zuschauer wünscht, hat er doch mit „Phoenix Nights“ (Channel 4, 2001 – 02) zwei Staffeln einer wunderbaren Sitcom abgeliefert, die in einem nordenglischen Social Club angesiedelt ist, und mit  Peter Kay’s Britain’s Got The Pop Factor… and Possibly a New Celebrity Jesus Christ Soapstar Superstar Strictly on Ice“ (Channel 4, 2008) ein One-Off-Special, das bis heute seinesgleichen sucht: nämlich die liebevolle Parodie auf die englische Version von DSDS, mit Originalmoderatoren und -Jury, u.a. Pete Waterman, und unglaublich hochkarätigen Gastauftritten (Paul McCartney!). Gut, außerdem gab es noch ein paar nicht so großartige Serien wie „Max and Paddy’s Road to Nowhere“ (Channel 4, 2004) mit dem ungleich weniger talentierte Patrick McGuinness (über den Stewart Lee mal in einem Stand Up zum Thema englische Provinz sagte: „There’s a corn exchange. And that bloke from Max and Paddy is coming. No, no, not Peter Kay, the other one … Paddy. Yes, Paddy McGuinness is coming. Paddy McGuinness is coming with his joke.“)

Nun kommt aber wieder Peter Kay, und wenn meine ganze lange Einleitung ein Ziel hatte, dann das zu verdeutlichen, warum das in England so ein großes Ding ist und warum Kay damit gleich mal den BBC-iPlayer gesprengt hat, auf dem die vorab dort veröffentlichten sechs Folgen von „Peter Kay’s Car Share“ (BBC1, seit April) schon zu sehen waren, bevor sie nun sukzessive auch linear laufen: Weil die wenigen Fernseh-Shows, die Kay gemacht hat, (fast) alle sehr komisch waren — und weil Kay nun nach zehn Jahren Abstinenz wieder in einer Sitcom zu sehen ist.

Auch diese Sitcom — die erste mit Peter Kay, die er nicht selbst geschrieben hat, sondern in diesem Fall Tim Reid und Paul Coleman — ist, das ist das erste, was auffällt, vor allem von dem niedrigen Budget geprägt, mit dem sie produziert ist: Denn die Autoren haben sich von vorneherein gleich selbst darauf beschränkt, sie komplett in einem Auto mit nur zwei Hauptfiguren anzulegen. Das spart ordentlich Geld, und nur einen kleinen Teil des Eingesparten hat die Produktion dann für etwas anderes (Sichtbares) ausgegeben: für ein paar eingestreute Musikvideo-Parodien.

Ansonsten geht es, weil man ja einen wiederholbaren Rahmen braucht, um den Weg zur Arbeit und zurück, und weil die zwei Protagonisten ein bisschen Reibungsfläche brauchen, sind sie nur mehr oder weniger freiwillig zusammen: nämlich weil die Firma, ein Supermarkt, ein Car-Share-Programm aufgelegt hat.

So fahren John (Kay) und Kayleigh (Sian Gibson, unter dem Namen Sian Foulkes schon bei „Britain’s Got The Pop Factor“ mit dabei) täglich zusammen zum Supermarkt und zurück und hören dabei den fiktionalen Musiksender Forever FM, wo alles läuft, was der Generation der Anfang-bis-Mitte-der-70er-Geborenen Spaß macht: R.E.M., They Might Be Giants, Johnny Hates Jazz, Duran Duran usw.

Ein einfaches Konzept, das naheliegenderweise hauptsächlich auf Dialogwitz setzt — und davon gibt es reichlich. Kay und Gibson ergänzen sich prima: Man nimmt den beiden ab, dass sie nicht viel miteinander anzufangen wüssten, wären sie nicht durch das Car-Share-Programm aneinander gebunden: er als dicklicher Spät-Junggeselle im mittleren Management, sie als leicht oberflächliche Verkäuferin, dass sie aber auch nicht so weit auseinander sind, dass sie es nicht miteinander aushielten. Will also etwa ein Dritter mitfahren, etwa der stinkende Fischverkäufer Ray (Gaststar Reece Shearsmith), verbünden die beiden sich ganz schnell.

Außerdem sind die Autoren klug genug, das Prinzip der Serie schnell zu variieren. Schon in der zweiten Episode fahren John und Kayleigh nicht zur Arbeit, sondern sind Teil eines Trauer-Corsos, weil ein Einkaufswagenzusammenschieber gestorben ist. Oder sie fahren mal durch die Waschstraße.

Und man sollte auch nicht annehmen, dass „Mainstream“ und „mehrheitsfähig“ gleichbedeutend mit „bieder“ wäre; es ist schon immer noch eine britische Sitcom. Wie vielleicht nachstehender Clip verdeutlicht, der aus einer der ersten Szene der ersten Folge stammt:

An einer anderen Stelle geht es darum, wie gerne Kayleigh Dogging betreibt, und es braucht eine hübsche Weile, bis klar wird, was Kayleigh unter Dogging versteht, und noch eine, bis sie davon überzeugt ist, dass andere Menschen unter Dogging etwas anderes verstehen als sie.

2,8 Millionen Mal ist „Peter Kay’s Car Share“ schon über den iPlayer abgerufen worden und damit die erfolgreichste Serie ever, die als Box-Set online Premiere hatte. Und das trotz ihres eher restriktiven Rahmens, der einem das Binge-Watching ein wenig schwer werden lässt: Denn mehr als eine Folge will man am Stück eigentlich nicht sehen. Dazu passiert dann äußerlich doch zu wenig.

Aber eine Folge pro Abend, das geht sehr gut, denn es sind viele echte Lacher dabei — eine Seltenheit mittlerweile, wo ich bei den meisten Sitcoms kaum noch schmunzeln muss. Ich hoffe, wenigstens die Autoren haben von dem vielen Geld, das die BBC da gespart hat, ordentlich etwas abbekommen. Hahahaha!

Der phänomenale Tony Ferrino

21. November 2012 6 Kommentare

Wie alt diese phänomenale One-Man-Show ist, bemerkt man sofort an der lausigen Bildqualität der DVD: ein schlechteres Bild habe ich lange nicht gesehen. Macht aber nichts, das passt irgendwie sogar ganz gut zu Steve Coogans One-Off-Show „The Tony Ferrino Phenomenon“ (BBC2, 1997, dieses Jahr erstmals auf DVD erschienen). Denn diese 60-Minuten-Show ist eine Parodie auf das Dinosaurierfernsehen der guten alten Zeit, als Leute wie Peter Alexander allein mit ihrer „Personality“ ganze Sendungen bestreiten durften. Hier ist es die (gemessen an Alan Partridge) kurzlebige Figur des portugiesischen Crooners Tony Ferrino, die Steve Coogan zum Leben erweckt; ein Entertainer der klassischen Schule — Andy Williams und Tom Jones lassen grüßen; von letzterem ist sogar ein Song im Repertoir Tony Ferrinos: „Help Yourself“. Doch den Rest der Show bestreitet Coogan mit exklusiven Songs bzw. Songparodien vor Livepublikum, und davon ist eine lustiger als die andere. Weil Coogan schon damals ein Star war in England, hat er auch bei dieser Produktion prominente Unterstützung: ein Duett mit Mick Hucknall und eines mit Kim Wilde sind mit dabei. Weil der Großteil ohnehin bei YouTube steht: bittesehr.

(Wer Björk lieber mag als Kim Wilde: es gibt auch eine Version mit ihr, für den Comic Relief 1997.)

Zwischen die Live-Songs erzählt uns die Show den Werdegang Tony Ferrinos: wie er als Sohn eines Geheimpolizisten in Portugal groß wurde und sein Vater oft kleine Geschenke von der Arbeit mit nach Hause brachte: Herrenarmbanduhren oder Herrenschuhe. Wie er mit seinen beiden Brüdern erste Songs fürs portugiesische Fernsehen einspielte. Seine zahlreichen Frauenabenteuer und vier Ehen. Und dann der große Durchbruch beim Eurovision Song Contest mit seiner Band Papa Bendi und ihrem Superhit „Papa Bendi“ — auch der natürlich bei YouTube:

leider offline

Von den vielen schmierlappigen Figuren, die Coogan im Laufe seiner Karriere gespielt hat, ist Tony Ferrino vielleicht die schmierlappigste: ohnehin nie um eine zotige Anspielung verlegen (natürlich gedeckt durch die südeuropäisch-machistische Natur Ferrinos), ist Ferrino hin und wieder auch absichtslos anstößig, weil des Englischen nicht ganz mächtig, oder einfach unbritisch angeberhaft, was ja immer lustig ist — etwa wenn er in einem Lied über sein Leben singt, mit welchen Prominenten er schon Skifahren war oder Sex hatte: „I can borrow Sting’s Tuscany farmhouse any time that I want.“

Eine halbe Stunde Interview-Porträt über Ferrino rundet die DVD schön ab; das ist nicht etwa Bonusmaterial, sondern Bestandteil des Werks, und dementsprechend nicht zugabenlustig, sondern genauso komisch wie die Show selbst. Hier wie bei den Songs, die allesamt ihre Form wahren, den Rahmen ernstnehmen und deswegen als Songs funktionieren (ganz ähnlich wie bei Peter Kays phantastischem „Britain’s Got The Pop Factor… and Possibly a New Celebrity Jesus Christ Soapstar Superstar Strictly on Ice“, Channel 4, 2008) merkt man, wie genau es Coogan mit Details nimmt, und wie wichtig es ist, solche Figuren und Rollen straight zu spielen und ohne jedes Augenzwinkern, das die Illusion bräche.

Obwohl die meisten Songs online sind (eine gütige BBC lässt offenbar nicht löschen; vielen Dank, BBC!), empfehle ich selbstverständlich die DVD zu kaufen (die mit £ 6.49 auch gewiss nicht zu teuer ist); ich selbst werde mir zu Weihnachten womöglich die CD des „loving latino“ zulegen, mal sehen. Apropos Weihnachten: auch ein Weihnachtssong ist in der Show. Hier ist er. Merry Christmas!

… leider ebenfalls nicht mehr online.

Pausenmusik: Geraldine McQueen – „The Winner’s Song“

Dieser Song stand in meinen Last.FM-Charts eine ganze Weile sehr hoch oben, knapp unter dem Weihnachtssong der gleichen „Künstlerin“. Vielleicht, weil „The Winner’s Song“ auf gleich zwei Ebenen so gut funktioniert: Als schöne Parodie auf den Song eines Casting-Show-Gewinners — und ganz einfach als sehr schöne, sehr kitschige Ballade. Die Parodie stammt von Peter Kay, der hier als Geraldine McQueen im phantastischen Castingshow-Spoof „Peter Kay’s Britain’s Got The Pop Factor… and Possibly a New Celebrity Jesus Christ Soapstar Superstar Strictly on Ice“ (Channel 4, 2008) auftritt, die schöne Ballade entspringt der  Feder Gary Barlows.  Letzterer nur einer in einer verblüffenden Riege von Superstars, die in Peter Kay für sein One-Off gewinnen konnte. Stieg direkt auf Rang zwei (!) in die britischen Single-Charts ein und war erfolgreicher als der Song des tatsächlichen „X-Factors“-Gewinner von 2007.

https://www.youtube.com/watch?v=GrudfWE_omQ&hl=de_DE&fs=1&

Die Top-10-Britcoms der 00er-Jahre: Platz 7

27. Oktober 2009 9 Kommentare

Britischer Humor, das meint in den meisten Fällen: englischer Humor. Und in fast allen von diesen meisten Fällen steht „englisch“ für „aus London“. Denn dem englischen Humor eignet etwas spezifisch Urbanes, Metropolitanes, das aus dem Zusammenleben vieler Menschen auf engstem Raum entsteht, wo Höflichkeit die eine Option ist, Distanz zu schaffen und zu wahren, und Humor eine andere. Der aristokratische, bildungsnahe (aber gleichzeitig antiintellektuelle), geschliffene Witz — das ist der, den man aus vielen Britcoms kennt, die wiederum zum größten Teil in London produziert werden.

Natürlich gibt es auch einen spezifisch irischen und schottischen Humor. Aber man muß England gar nicht verlassen, um brillante Sitcoms zu sehen, die weniger highbrow sind. Ein Blick nach Manchester genügt, dessen Milieus von Armut, Alkohol und Arbeitslosigkeit geprägt sind. Aus dessen nächster Umgebung kommt auch Platz sieben der Britcomcharts:

Platz 7: „Peter Kay’s Phoenix Nights“ (2001 — 2002, Channel 4)

topten07

Der „Phoenix Club“ in Bolton ist ein social club alter Schule: Es gibt, vornehmlich für ältere Menschen aus den unteren Gesellschaftsschichten, Unterhaltungsangebote von Snooker- und Pool-Tischen über Lotterien und Bingo-Abende bis hin zu Auftritten von DJs, Bands, Comedians und Entertainern und natürlich eine Bar. Das „Phoenix“ ist reichlich heruntergewirtschaftet und seine Angestellten nicht die hellsten und schnellsten; die beiden Wachmänner Max und Paddy dabei die einfachsten Gemüter, der DJ Ray Von („as in rave on„) (Neil Fitzmaurice, „Peep Show“) versagt oft spektakulär in seinen Versuchen als Elektriker, und der Haus-Conférencier Jerry „St. Clair“ Dignan (Dave Spikey) hat schon bessere Tage gesehen, hält aber den Laden zusammen. Insbesondere weil Brian Potter (Peter Kay, zusammen mit Spikey und Fitzmaurice auch Autor der Serie), der an den Rollstuhl gefesselte Inhaber und Linzenzbesitzer, die unglückseligste Figur des Ladens ist: Meistens schlecht gelaunt, geizig, bösartig gegenüber seinen Angestellten — und nie um schneidend böse, aber komische Bemerkungen verlegen. Er ist vom Pech verfolgt: Das „Phoenix“ ist schon sein dritter Club, nachdem der erste in einem Hochwasser abgesoffen und der zweite abgebrannt ist; ein Schicksal, das auch das „Phoenix“ am Ende der ersten Staffel (von zwei) teilt.

Bis dahin passieren in „Phoenix Nights“ die buntesten Katastrophen: Schon in der ersten Folge wird die feierliche Eröffnung des Clubs durch einen Stromausfall ruiniert, eine Bingomaschine geklaut und ein deutschsprachiger Spielautomat mit „Das Boot“-Thema geliefert („Wunderbar! Das Jackpot! Wunderbar!“), und schließlich tritt eine Folkband auf, die von der anwesenden Journalistin schnell als rassistisch mißverstanden wird, obwohl sie nur von Kommunionschuhen singt, die das lyrische Ich nicht haben möchte („…send the black ones back“). Mißgeschicke und die teilweise grotesken Unzulänglichkeiten der Unterhaltungskünstler, gepaart mit der Zwielichtigkeit von Brian Potter (man weiß nicht einmal, ob er wirklich einen Rollstuhl braucht), führen zu komischen Momenten von unglaublicher Größe — „Phoenix Nights“ ist ein Comedy-Edelstein von 1000 Karat.

Dazu trägt die authentische Atmosphäre und die offene Zuneigung der Macher für ihr Sujet enorm bei: Das Senioren-Publikum in vielen Szenen ist echt, ebenso etliche der Show-Acts. Und auch die Liebenswürdigkeit, die hinter der schroffen Fassade Brian Potters dann doch hin und wieder aufscheint, dürfte das ihre dazu beigetragen haben, daß „Peter Kay’s Phoenix Nights“ schnell zum bafta-nominierten Kulthit wurde und Peter Kay, bei „Phoenix Nights“ noch keine dreißig, zum Publikumsliebling und Comedy-Superstar. Die beiden Wachmänner Max und Paddy (Kay und Patrick McGuinness) erhielten in der Folge ihre eigene Spin-off-Serie (die allerdings nicht mehr so brillant war wie „Phoenix Nights“), und bis heute ist eine dritte Staffel „Phoenix Nights“ im Gespräch, die angeblich schon fertig geschrieben, allerdings noch ohne Drehtermin geblieben ist. Peter Kay ist im britischen Fernsehen nicht sehr präsent; zwischen „Phoenix Nights“ und „Max and Paddy’s Road to Nowhere“ lagen drei Jahre, bis zum abermals fantastischen „Britain’s Got the Pop Factor…“ (2008) vergingen gar weitere vier.

N.b.: Für die meisten mit Schulenglisch aufgewachsenen deutschen Britcomfans dürfte eine Version mit Untertiteln (sind auf den DVDs enthalten) empfehlenswert sein. Das Manchester-Englisch ist doch recht gewöhnungsbedürftig.

Britain’s Got a Comedy Superstar’s TV Spectacular on DVD Out Now

2. Oktober 2009 Keine Kommentare

Niemals hätte ich vermutet, daß diese Show auf DVD erscheinen würde — nicht weil sie so schlecht ist, ganz im Gegenteil, sondern weil es ein irrer Alptraum gewesen sein muß, die Musikrechte zu kriegen. Doch Peter Kay hat es geschafft, et voilà: „Peter Kay’s Britain’s Got the Pop Factor… and Possibly a New Celebrity Jesus Christ Soapstar Superstar Strictly on Ice“ ist da. Und jeder, der das nötige Kleingeld hat, die DVD zu erwerben, soll das bitte tun: Er legt sich damit die (na ja, neben der zweiten Staffel „Outnumbered“, die im November erscheint) lustigste Show des Jahres zu — liebevoller wurden Castingshows nie parodiert.

https://www.youtube.com/watch?v=eJDQ4kN3czY&hl=de&fs=1&

Peter Kay’s Got The Spoof Factor

8. Januar 2009 2 Kommentare

Ein Schwiegermutterliebling, der mit einer grenzrassistischen schwarzen Bauchrednerpuppe „Ebony And Ivory“ singt, ein Quartett aus zwei an den Rollstuhl gefesselten Frauen und ihren Männern namens 2 Up 2 Down sowie eine dicke Transsexuelle, deren Medley von „Free Nelson Mandela“ in, ela – ela – ela, „Umbrella“ von Rihanna übergeht – selbst wenn es im deutschen Fernsehen eine Parodie auf „Deutschland sucht den Superstar“ gäbe, kämen diese Figuren darin eher nicht vor. Dabei ist „Peter Kay’s Britain’s Got The Pop Factor… and Possibly a New Celebrity Jesus Christ Soapstar Superstar Strictly on Ice“ (Oktober 2008, Channel 4, hier gibt’s annähernd die ganze Show bei YouTube) nicht annähernd so tabuverletzend böse, wie man meinen könnte. Sondern ganz im Gegenteil eine mit bemerkenswerter Liebe zum Medium Fernsehen und seinen Castingshows gemachte Spoof Show, bei der mitzuwirken sich weder Paul McCartney noch Rick Astely zu schade waren. Von den Jurymitgliedern (u.a. Pete Waterman vom Produzententrio des Grauens Stock, Aitken, Waterman), der Moderatorin und dem Voiceover ganz zu schweigen, die alle bei mindestens einer der parodierten Shows („The X Factor“, „Pop Idol“) mitgewirkt hatten – einzig Simon Cowell fehlte. So herzlich wirkt „Britain’s Got The Pop Factor…“, und so perfekt produziert ist die Show, daß man, je länger sie dauert, umso mehr mit den Kandidaten mitfühlt, und am Ende ernsthaft gerührt ist, obwohl man weiß: Es ist alles Fake.

Es dürfte nicht zuletzt an dieser Wärme gelegen haben, daß Channel 4 mit „Britain’s Got The Pop Factor…“ sensationelle Einschaltquoten hatte: Nicht nur die Fans der Originale werden sich von der Parodie angezogen gefühlt haben, sondern sicher auch die Fans Peter Kays. Das sind nicht wenige: Kay gehört in Großbritannien zu den Comedy-Superstars, obwohl er nach der großartigen Serie „Peter Kay’s Phoenix Nights“ (und einem etwas weniger wunderbaren Spinoff dazu) in den letzten vier Jahren kaum etwas fürs Fernsehen gemacht hat. Umso zufriedener kann er sein, daß er mit den beiden Songs aus seiner neuen Show sogar in die britischen Charts kam: Der „Winner’s Song“ schaffte es auf Platz zwei, der an Weihnachten zu einer (natürlich ebenfalls gefakten) einstündigen Retrospektive veröffentlichte „Once Upon a Christmas Song“ auf Rang fünf. Völlig zu Recht: Beide Titel stammen aus der Feder von Gary „Take That“ Barlow und sind Ohrwürmer der schlimmsten Sorte. Was Simon Cowell bestimmt nicht schlecht geärgert hat – denn Kay lag mit seiner Parodie in den Charts genau einen Rang vor dem Original, dem „X Factor“-Gewinner Leon Jackson.

Wenn Channel 4 wie angekündigt tatsächlich die ganze Herbst/Winter-Season so nachlegt, wie Kay es vorgemacht hat, steht uns ein komisches Frühjahr ins Haus. Hurra! Peter Kay, FTW!