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Artikel Tagged ‘Psychoville’

„Vexed“ (adj.): „ärgerlich“

24. August 2010 2 Kommentare

Nein, es wird wohl keine gute neue Serie mehr geben in diesem Monat. Nicht einmal Howard Overman, auf dessen Konto immerhin das sehr schöne „Misfits“ (E4) geht, und Regisseur Matt Lipsey („Human Remains“, „Saxondale“, „Psychoville“) reißen mehr was: Auch „Vexed“ (BBC2) kann man, sofern ich das nach zwei von drei Folgen richtig beurteile, wohl abschreiben.
https://www.youtube.com/watch?v=WKON3jMHy0Y?fs=1&hl=de_DE

Hauptfiguren dieses je 60minütigen ComedyDramas sind die beiden Cops Kate Bishop (Lucy Punch, „Doc Martin“) und Jack Armstrong (Toby Stephens), die gemeinsam ermitteln: In der ersten Folge einen Serienkiller, in der zweiten, wer es auf das Leben eines suizidalen Bänkers abgesehen hat. Jack ist dabei faul, inkompetent und immer hinter irgend welchen Weibern her, Kate, die etwas professionellere, ist verheiratet und genervt von Jack, der ihr qua seines Charmes und seiner Unfähigkeit zum Trotz oft einen Schritt voraus ist. Die beiden scheinen merkwürdigerweise stets vollkommen alleine, ohne weitere Anbindung an die Polizei zu agieren — einzig ein Spurensicherer steht ihnen zur Seite. Ihr Hauptquartier ist nicht das Polizeipräsidium, sondern eine Café-Bar, in der als komischer Sidekick ein Schwarzer das Regiment führt, der Kate permanent wegen ihres vermeintlichen Rassismus aufzieht und, wenn ich das richtig verstanden habe, hellseherische Fähigkeiten hat. Ein komisches Setup also, in beiden Bedeutungen des Wortes: einerseits lustig, andererseits merkwürdig.

Damit aber nicht genug: Statt daß nun, um eine gewisse Fallhöhe zu schaffen, in dieser schrägen Welt wenigstens eine ernste Handlung vonstatten geht, scheint es permanent, als würden die beiden Ermittler ihre Fälle nicht wirklich ernst nehmen. Weder sind sie in der ersten Folge darum besorgt, es mit einem Serienkiller zu tun zu haben, der hinter alleinstehenden, emotional verletzlichen Frauen her ist, noch wird schlüssig erklärt, warum sie in der zweiten Folge den Bänker, auf den immerhin ein Bombenattentat verübt worden ist, nicht aus der Nervenklinik in eine sichere Umgebung verlegen oder zumindest eine Polizeieinheit zu seinem Schutz abstellen, sondern nur zu zweit und abwechselnd vor seiner Tür Wache schieben — ohne auch nur die anderen Patienten der Klinik zu verhören.

Und dann kommen die Witze. In der ersten Szene der ersten Episode lassen sich die beiden von einem Makler eine Wohnung zeigen, bewundern ausführlich ihre Eigenschaften und ihre Schönheit — und steigen dann nonchalant über das Mordopfer auf dem Boden, um zu diskutieren, wie man am besten das viele Blut aus dem Teppich kriegt, das da vergossen worden ist. Wenig später stopft Jack sorglos Pralinen in sich hinein — und halb gegessen wieder in die Packung zurück, als Kate ihn darauf hinweist, daß sie sich immerhin noch an einem Tatort befinden. Witze über die Insaßen der Psychiatrie und ihre Krankheiten verstehen sich da von selbst (und sind aber allerdings sogar noch die besseren). Wenn die Chemie zwischen den beiden Hauptcharakteren stimmte, wenn sie irgendwie funktionierten, sprich: interessant wären, weil sie gebrochen sind oder sonstwie Tiefe hätten, könnte man sogar über maue Witze hinwegesehen — aber leider: auch da ist Fehlanzeige total.

Es scheint, als wäre da zu vieles übers Knie gebrochen worden. Möglicherweise war schlicht zu wenig Zeit, die Serie richtig zu entwickeln. So wirkt es jedenfalls, wenn man nach einer Stunde eine doch sehr übersichtliche, um nicht zu sagen unterkomplexe Handlung Revue passieren läßt. Da scheint je eine gute Viertelstunde Luft in der Story zu sein — mindestens. Vielleicht wären auch die Charaktere, hätte der Autor sie noch ein wenig poliert und ihnen ein, zwei Facetten mehr mitgegeben, am Ende sogar halbwegs interessant geworden. So aber fehlt „Vexed“ ziemlich viel, um Spaß zu machen. Die Chancen auf eine zweite Staffel halte ich angesichts dessen für äußerst mager. Sei’s drum.

British Comedy Awards 2009 – die Gewinner

13. Dezember 2009 6 Kommentare

Gestern abend wurden die diesjährigen British Comedy Awards vergeben, und wie schon bei den Nominierungen klar geworden ist, hat „Outnumbered“ abgeräumt: Ramona Marquez hat den Award für Beste Female Comedy Newcomer gewonnen, die Serie selbst die Awards Best Sitcom und Best British Comedy 2009. „Dead Set“ mußte die Waffen strecken gegen „Pulling“, das als Best Television Comedy Drama gewonnen hat, dafür wurde Charlie Brooker als Best Male Comedy Newcomer ausgezeichnet für ausgerechnet „You Have Been Watching“, eine vergleichsweise konventionelle Panelshow, die m.E. weit hinter seinen anderen Werken zurückbleibt.

Des weiteren hat Graham Linehan („Father Ted“, „The IT Crowd“) den Ronnie Barker Writer’s Guild of Great Britain Award verliehen bekommen und sich damit gegen Peter Kay durchgesetzt, der immerhin für seine Outstanding Contribution to British Comedy geehrt wurde. Rätselhaft bleibt mir die Begeisterung für „Psychoville“ (Best New British Television Comedy).

Etwas ausführlicher berichtet der British Comedy Guide; auf der Seite der Awards selbst ist noch keine Aktualisierung zu sehen.

Show me the way to Psychoville

4. August 2009 3 Kommentare

Ab heute, es geht immer schneller, daß DVDs nach der Fernseherstausstrahlung erscheinen, gibt es „Psychoville“ (BBC2) auf DVD (und Blue-ray). Allerdings fällt mir kein Grund ein, warum sich jemand die Serie auf DVD kaufen sollte — ich hatte ja von Anfang an kein Faible für das Horror-Comedy-Thriller-Genre, das die „League of Gentlemen“-Macher Shearsmith und Pemberton sich hier vorgenommen haben. An meinem Urteil von damals hat sich auch nach fünf weiteren Folgen wenig geändert; außer daß mich die erheblichen formalen und qualitativen Unterschiede zwischen den Episoden verblüfft haben: Da gibt es eine Folge, die in einem einzigen Take aufgenommen ist (bzw. so scheint — ein Schnitt ist doch drin, angeblich weil die HD-Kameras nach 20 Minuten heruntergefahren werden müssen) und so etwas äußerst Theaterhaftes hat, was der Rest der Serie nicht hat, ohne daß es einen erkennbaren Grund für diesen Bruch gäbe. Daß mal eine nicht so gute Folge in einer Serie vorkommt, ist ja nicht ungewöhnlich, aber das Finale von „Psychoville“ ist schon sehr hanebüchen: Da werden alle Erpressungsopfer zum Showdown in einer verlassenen psychiatrische Klinik versammelt — oder eben nicht alle, sondern nur einige, weil ein paar andere es drehbuchbedingt nicht schaffen, was ein beträchtlich schwächeres Finish ergibt. Über diese Skriptschwäche wird dann sogar noch verhandelt, statt sie dezent zu überspielen. Und der letzte große Höhepunkt (inklusive einer furchtbar schlecht inszenierten Explosion) läßt der Möglichkeit einer zweiten Staffel so viel Raum, daß das Finale der ersten endgültig vage bleibt.

Die einzigen echten Lacher hat der Clown Jelly, der sich ob seines Versagens immer wieder schön in Rage redet wie hier im Altenheim:

Doch sonst regiert, was belachbare Gags angeht, leider der horror vacui. Schlecht für eine Sitcom.

ProllCom from Benidorm

14. Juli 2009 10 Kommentare

Wie ich gerade Spiegel online entnehme, sendet Timm ab heute abend die Britcom „Benidorm“ immer dienstags um 22.15 Uhr (bedeutet UT Original mit Untertiteln oder was?). Die Kritiken der britischen Presse waren nicht so schlecht, wie Spon es darstellt, aber für mich war „Benidorm“ einen Ticken zu lowbrow, trotz eines einwandfreien Cast inklusive Nicolas „Nathan Barley“ Burns, Johnny „Ideal“ Vegas und Steve „diesmal ohne groteske Verkleidung wie sonst immer in ‚The League of Gentlemen‘ oder ‚Psychoville'“ Pemberton. Geschrieben hat die ganze Serie Derren Litten von der „Catherine Tate Show“, mit der ich auch nie recht warm geworden bin. Trotzdem tut „Benidorm“ aber nicht direkt weh und bietet hie und da sogar echte Lacher.

Will they never leave?

30. Juni 2009 4 Kommentare

Nun ist die League of Gentlemen umgezogen: Von Royston Vasey (Grußschild am Ortseingang: „You’ll never leave“) nach „Psychoville“ (BBC2, donnerstags). Bislang (zwei Folgen) kein sehr weiter Umzug: Auch in Psychoville begegnen wir wieder inzestuösen Hinterwäldlern, amtlichen Irren und dem typischen Pemberton-Shearsmith-Gatiss-Humor zwischen Goth-Horror und „Little Britain“-Nonsens.

„Psychoville“ allerdings geht einen Schritt weg vom „League of Gentlemen“-Realismus und sieht bislang aus, als ob Stephen King sich an einer Comedy probiert hätte: Eine illustre Runde grotesker Figuren erhält von unbekannter Seite Drohbriefe — in der ersten Folge schön auf Büttenpapier abgefaßte und versiegelte Briefe mit den Worten „I know what you did“, in der zweiten Folge schon persönlichere Botschaften mit den Worten „You killed her“. Die Adressaten sind der böse Clown Mr. Jelly (Reece Shearsmith), der bei seinen Auftritten im Clown-Leichenwagen vorfährt und Kinder mit seinem Armstumpf erschreckt, ein offenbar direkt aus Royston Vasey stammendes und inzestgezeichnetes Mutter-Sohn-Duo (Steve Pemberton und Shearsmith), das sich für Serienkiller begeistert, ein ungepflegter blinder Millionär, der Plüschfiguren sammelt (Pemberton), eine psychotische Hebamme, die permanent eine Babypuppe mit sich herumträgt und diese für ein echtes Baby hält (Dawn French), und ein kleinwüchsiger Schauspieler, der sich vom Schneewittchen aus seinem Theaterensemble permanent sexuell demütigen läßt („you’re giving it to her — all both inches!“).

Mr. Jelly in action:
https://www.youtube.com/watch?v=6IK-9l7F4QE&hl=de&fs=1&

Was genau diese Geisterbahngestalten getan haben, in welcher Verbindung sie stehen und wer der geheimnisvolle Erpresser ist, ist noch keineswegs klar; klar ist allerdings: die Begeisterung von Zusehern und Presse ob des neuen LoG-Projekts ist groß und wird durch virale Sperenzchen wie eigenen Internetseiten der Figuren auch von Seiten der Produzenten befeuert (eine schöne Übersicht hat der Comedy-Guide im Angebot). Ein noch kommender Gastauftritt von Mark Gatiss wird ebenso vorab bejubelt wie die Ankündigung, die letzten beiden Folgen seien praktisch in einem Take gedreht, und man kann der Serie durchaus zugutehalten, daß sie überdurchschnittliche Schauwerte hat, wie „The League of Gentlemen“ ja auch.

Mutter und Sohn Sowerbutts und ihre Serienkillerbegeisterung:

Meins, man ahnt es vielleicht schon, ist es trotzdem mal wieder nicht. Wie schon bei „League of Gentlemen“ (und auch bei „Little Britain“) kann ich einfach nichts mit diesen Provinzbeschimpfungen anfangen, die sich über tumbe bis bösartige Hillbillies lustig macht. Degeneration allein finde ich zu wenig Fallhöhe für eine Sitcom. Und das Rezept Comedy plus Horror geht in meinen Augen gar nicht: So lange die Comedy im Vordergrund steht, finde ich den Horror keinen Millimeter gruselig. Ganz im Gegensatz, natürlich, zum umgekehrten Rezept Horror plus Comedy: „Dead Set“ finde ich sensationell, weil comic relief nach oder in packenden Horror-Szenen immer funktioniert.

Andere mögen das aber anders sehen, und vielleicht sogar auf Pro7, die schließlich „The League of Gentlemen“ auch schon ausgestrahlt haben (die entsprechenden DVDs gibts also auch auf deutsch).