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Artikel Tagged ‘Richard Ayoade’

Bunny and the Bullshit

27. April 2010 13 Kommentare

Das Betreiben dieses Blogs stellt mich regelmäßig vor die Frage: Warum soll ich über kleine, unbekannte, hierzulande vollkommen irrelevante britische Fernsehserien oder Filme schlechte Kritiken schreiben? Wären sie gut, die Serien, Filme und Kritiken: right, das hätte Nachrichtenwert — da gibt es einen uns unbekannten Kosmos aus Witz und guter Laune, wir sind alle eingeladen und brauchen nur die Information, wo die Party stattfindet! Ist ja auch oft genug so, zum Glück. Aber darüber zu schreiben, daß kleine, unbekannte und hierzulande irrelevante Filme oder Serien nicht so richtig gut sind: Da geht der Nutzen für den Leser doch eher gegen null.

Daß ich „Bunny and the Bull“ (2009) nicht so richtig super fand, erschließt sich dem einen oder anderen gewiß schon aus der Überschrift, und wer keine Wegbeschreibung zu einer öden Party braucht, muß ab hier nicht weiterlesen. Nehmen wir aber mal an, es gibt einen, nur einen einzigen großen „Mighty Boosh“-Fan, der gerne wissen möchte, ob das Filmdebüt des „Boosh“-Regisseurs Paul King („Garth Marenghi’s Darkplace“) etwas taugt und warum nicht, obwohl doch die Boosh-Stars Julian Barratt und Noel Fielding mitspielen und Richard Ayoade sowie Rich Fulcher klitzekleine Gastauftritte haben. Nennen wir diesen Fan der Einfachheit Anna. Dann, liebe Anna: Ist diese Kritik für dich.

Zunächst einmal: „Bunny and the Bull“ ist gewiß kein „Mighty Boosh“-Film, nicht offiziell, und inoffiziell auch nicht. Da ist zwar die äußere Erscheinung, die tatsächlich etwas von der psychedelischen Kultserie hat — aber in den entfernt Boosh-artigen Kulissen findet überraschenderweise keine Komödie statt, sondern ein Drama. Es ist das Drama eines jungen Mannes namens Stephen (Edward Hogg), der seine Wohnung seit einem Jahr nicht verlassen hat, seinen Tagesablauf einer minutiösen Routine unterzieht und seine gebrauchte Zahnseide in datierten Umschlägen archiviert. Und nicht nur die. Die Grenzen der Realität werden allerdings schnell durchlässig, und ohne daß sie als solche sofort kenntlich wären, erfahren wir in Rückblenden die Ereignisse aus der Zeit vor Stephens selbstgewählten Weltferne: Wie er mit seinem Freund Bunny (Simon Farnaby) durch Europa reiste, nachdem sie bei einer Pferdewette gewonnen hatten. Mehr…

Now Shipping

19. April 2010 3 Kommentare

Das heutige Erscheinen der dritten Staffel „The Thick of It“ (für Einsteiger: die Box mit allen Folgen) habe ich gerade für einen kleinen Einkauf genutzt, der schon lange fällig war: „Bunny and the Bull“ ist schon Mitte März in die Läden gekommen. Der Film von Paul King gilt als inoffizieller „Mighty Boosh“-Film: King hat bei allen drei Staffeln der surreal-psychedelischen Sitcom Regie geführt, und auch bei „Bunny and the Bull“ sind Julian Barratt, Noel Fielding, Rich Fulcher und Richard Ayoade dabei, allerdings eher in Cameos. Was man so hört, ist „Bunny and the Bull“ allerdings keine reine Comedy, hat aber wohl komische Momente. Wurde schon mit Gondrys „Eternal Sunshine of the Spotless Mind“ verglichen — aber halt in britisch.

Außerdem im Einkaufskorb: „Ladies of Letters“ und die zweite Staffel „Being Human“, die ich nicht mehr ganz so stark fand wie die erste, aber allemal sehenswert. Das ComedyDrama um eine WG aus Werwolf, Geist und Vampir ist eine hübsche Symbiose aus Fantasy in der Tradition von „Doctor Who“, aber mit den Schauwerten heutiger Serien à la „Skins“. Sehr empfohlen!

Die IT-Krauts

17. September 2009 7 Kommentare

Ab Sonntag läuft „The IT Crowd“ bei Comedy Central (immer sonntags, 22.15 Uhr), und sie klingen, als hätte die B-Mannschaft des Theater-Grundkurses an der „Reich und schön“-Oberschule in Mölln sie eines nebligen, grauen Tages synchronisiert, obwohl sie weiß Gott keine Lust dazu hatte.

Chris Morris (Denholm Reynholm), verdienter Satire-Haudegen des britischen Fernsehens und hier Senior-Gaststar mit nur wenigen Auftritten, wird von einem Schnösel im genau gleichen Alter wie der Rest der Bande gesprochen, ohne auch nur annähernd soviel Distanz und Autorität in der Stimme wie das Original. Von Chris O’Dowds (Roy) Loser-Irisch ist nichts übriggeblieben, und auch die kieksige Unsicherheit von Katherine Parkinson (als Jen) ist weg. Ganz zu schweigen von Richard Ayoades (Moss) mokantem Näseln, das durch eine Nerd-Stimme ersetzt worden ist, die in meiner Erinnerung gerade wie Willie aus der „Biene Maja“ klingt. Hoffentlich kriegt CC nie Graham Linehans noch größeren Geniestreich „Father Ted“ in die Finger…

Who cares about funny?!

12. Juni 2009 1 Kommentar

Es klingt wie eine gute Idee: Eine entlarvende Komödie über Comedians, die sich auf der Bühne locker und cool geben, im Privatleben aber bestenfalls als humorlos, eitel und aufgeblasen durchgehen. Eine kleine Independent-Produktion, ein Ensemble-Film über ein Festival, bei dem auch Comedy aufgeführt und ausgezeichnet wird, gedreht auf dem Edinburgh Festival Fringe. Ein Film, in dem man es esoterischen Schauspielern und selbstverliebten Agenten reinreichen kann, nach Höherem strebenden Lokalradiomoderatoren und höheren Töchtern, die so gerne auch frei und kreativ wären wie die von Festival zu Festival vagabundierenden Schauspieler. Ein Film, der einen Blick hinter die Kulissen der Gaukler ermöglicht, auf schalen Sex und unmäßigen Alkoholkonsum, vergeigte Karrieren und permanente Sucht nach Aufmerksamkeit.

Ein solcher Film wäre „Festival“ (2005) gerne, und die Anlagen dazu hat er auch: Gute Schauspieler/Comedians wie Stephen Mangan („Green Wing“), Amelia Bullmore („Jam“, „I’m Alan Partridge“, „Big Train“), Raquel Cassidy („Lead Balloon“) und Chris O’Dowd („The IT Crowd“). Jubel und Trubel eines Festivals, das Gelegenheit für Improvisationen mit ahnungslosen Festivalbesuchern bietet. Und ein Drehbuch, das dem ewig angeekelten und überdrüssigen Star-Comedian Sean Sullivan (Mangan) wie der Radiomoderatorin Joan Gerard (Daniela Nardini) finstere Ausbrüche zuschreiben kann — ihm, weil ihn sein Job längst anekelt, ihr, weil sie gerne ihre Position als Comedy-Jurorin sexuell ausnutzen würde, aber eher selbst ausgenutzt wird:

„Arsehole comedians! ‚Look at me, look at me, laugh at me, laugh at me.‘ Christ, haven’t we not had enough?! Who cares about funny? What’s all the fuss about funny?!“

„Oh, this is the comedy awards, Joan…“

Und natürlich ergeben sich auch Gelegenheiten, es den Größen des Metiers zu besorgen:

„Eddie Izzard — he can’t do voices. Only got one accent: Tranny London Pothead.“

Leider schafft es „Festival“ aber nicht, sein Potential auszuspielen: Der Film kann sich nicht entscheiden, ob er Komödie, Melodrama oder doch sogar Tragödie sein will. Die Erzählstränge sind zu belanglos nebeneinandergestellt und bleiben weitgehend unverknüpft. Keine Figur schafft es, sympathetisch zu werden. Nicht einmal das Aufgebot von Comedians, die kleinere Auftritte haben, von Richard Ayoade (ebenfalls „The IT Crowd“) über Tom Goodman-Hill (der Polizist aus „Ideal“) bis Neil Fitzmaurice (Sophies Arbeitskollege aus „Peep Show“), reißt es raus, und auch nicht die Fülle an expliziten Sexszene inklusive Fistfuck: „Festival“ bleibt irgendwie schal, hinterläßt keinen bleibenden Eindruck außer dem, daß man einer vertanen Chance zugesehen hat. Vertan von Annie Griffin, deren Buch und Regie hier gefloppt sind. Was mich nicht sehr zuversichtlich stimmt, daß ihre Sitcom „The Book Group“ der Burner ist, der mir bislang entgangen ist. Na, schaumermal.

Neue Pups- und Pillermannwitze auf Comedy Central

12. Juni 2009 3 Kommentare

Comedy Central war einkaufen! Wie ich gerade bei Kress lese, gibt es ab September alle drei Staffeln „IT Crowd“, das ist mal eine gute Nachricht — wenn man davon absieht, daß die Synchronisation wieder einiges ruinieren dürfte, gerade Chris O’Dowds irische Sprachfärbung transportiert ja seine Position als Underdog, und Richard Ayoades kaugummizerdehnte Nerd-Sprechweise prägt ebenfalls entscheidend seinen Charakter.

Schlimmer aber finde ich, daß sich Comedy Central mit „Testees“ wieder eine (US-amerikanische und kanadische) Sitcom zugelegt hat, die auf Pups- und Pillermannwitzen basiert. „South Park“-Autor Kenny Hotz hat nämlich den zwei spätjugendlichen Verlierern Peter und Ron, die sich ihr mageres Einkommen als menschliche Versuchskaninchen aufbessern, in erster Linie medizinische Versuche unterhalb der Gürtellinie ins Drehbuch geschrieben: In der ersten Folge wird Peter prompt schwanger bzw. „schwanger“, denn der Babybauch stellt sich dann doch als blähungsbedingt heraus, und Ron, der Gebärhilfe leisten möchte, kriegt eine gefühlte Ewigkeit lang aus nächster Nähe ins Gesicht gepupst. In der zweiten Folge machen Ron und Peter eine Geschlechtsumwandlung durch und werden Frauen auf Zeit, und die restlichen Episoden habe ich mir dann geschenkt. Ich bin mir aber sicher, es geht um Homosexualität, häßliche Frauen und Keuschheitsgürtel. D.h., bis eben war ich mir nicht sicher, aber ein Blick in die Wikipedia hat genau diese Befürchtungen gerade bestätigt. Nichts gegen lowbrow-Comedy, aber ein bißchen über Meereshöhe darf das Niveau dann doch noch sein.

Hier der Trailer, für alle, die es nicht glauben:

You are all idiots!

13. April 2009 8 Kommentare

Ich kann mittlerweile weite Teile auswendig mitsprechen, so sehr liebe ich „Nathan Barley“ (2005, Channel 4), die Mediensatire-Serie der nuller Jahre von Chris Morris und Charlie Brooker rund um selbstverliebte junge Medienaffen, die coole Websites, hippe Stadtmagazine und ganz generell „was mit Medien“ machen. Nathan Barley (Nicholas Burns) ist der Oberaffe, dessen Webpage trashbat.co.ck (dot cock, got it?) ihm als Ort der Selbstdarstellung dient, an dem er seine Gratismeinungen über George W. Bush neben „lustige“ Videoschnipsel mit gemeinen Streichen stellt, die er seinem Praktikanten spielt. Ein ganzer Affenfelsen für Hipster-Medienprimaten ist die Redaktion des Untergrund-Magazins „Sugar Ape“ (das „Suga“ steht klein im Bauch des R von „RAPE“): Dort sieht man sie mit ihren lustigen Hütchen auf ultramodernen Handys herumspielen, während sie schaukeln oder albern mit Tretautos herumfahren, sich in Hipster-Speak unterhalten und „Cock, Muff, Bunghole“ spielen, eine obszöne Variante von „Stein, Schere, Papier“ — so habe ich mir die Spex-Redaktion in den späten Neunzigern immer vorgestellt (bestimmt sehr zu Unrecht!). Permanent grinsende Idioten, die sich für etwas Besseres halten, für „in“ und „vorne“.

Für „Sugar Ape“ schreibt Dan Ashcroft (Julian Barratt, „The Mighty Boosh“), dem allerdings diese Idioten sehr auf den Sack gehen. „The Rise of the Idiots“ heißt sein wegweisender Essay über die Spezies, als deren Spitzenkraft Barley gelten kann:


Doch kaum ist Dans Leitartikel erschienen, gratulieren ihm ebendiese Idioten herzlichst zu seinen kritischen Auslassungen, jubeln ihm nach Kräften zu und beginnen ihn regelrecht als Preacher zu verehren. Eine Rolle, die er aus Sachzwängen (Geldnot) annimmt, um in der zweiten Folge auf einer Club-Bühne als Prediger verkleidet aufzutreten. Ein Auftritt, der ihm zutiefst widerstrebt, bei dem er schließlich aus der Rolle fällt und alle als Idioten beschimpft: „You are all idiots!“ — „Yes, we are all idiots!“ schallt es zurück; was sonst.

„Nathan Barley“ (die Figur geht auf Brookers satirische Website TVgohome zurück, hier gesammelte Barley-Einräge) ist atmosphärisch dicht, so voller böser, lustiger Details, daß man erst beim wiederholten Sehen alle wahrnimmt: Wie etwa ein Plakat im Hintergrund, das für „Email the Musical“ wirbt („Ross Kemp as Pixel, Lyrics by Ben Elton“). Es geht um die Sorte Kunst, die meine Frau als „Kunscht“ bezeichnet, wenn etwa eine Vernissage von Schwarzweißfotos vorkommt, in der Prominente beim Urinieren (z.B. in einen Toaster) ausgestellt werden („When you urinate you are actually a lot more relaxed than when you sleep!“) und um einen Klamottenladen namens „bumphuk“ — alles spot on gezeichnet. Allen voran die Figur des Nathan Barley, der über einen Beischlaf prahlt: „Kicked the brown door in, painted it white on the way out.“

Drastisch und hochkomisch, das alles. So nimmt es kaum Wunder, daß im Abspann praktisch nur Menschen stehen, denen ich jederzeit mein gesamtes Erspartes ausleihen würde, bräuchten sie denn Geld für eine neue Serie: Neben den Giganten Chris Morris („Jam“, „The Day Today“, „Brass Eye“) und Charlie Brooker („Dead Set“, „Charlie Brooker’s Screenwipe“, „Newswipe With Charlie Brooker“) u.a. Noel Fielding (wie Barratt in „The Mighty Boosh“), Oliver Chris („The Office“, „Green Wing“) und Richard Ayoade („The IT Crowd“); für die Musik zeichnet neben Morris selbst (der auch „Jam“ bereits zu Radiozeiten selbst mitvertont hat) auch Jonathan Whitehead verantwortlich, der seinerseits etwa den perfekten „Green Wing“-Score komponiert und eingespielt hat und immer phantastisch ist, wenn es um parodistische Musik geht.

Weiteres „Nathan Barley“-Material, das gerüchteweise in der Pipeline ist, würde ich aufs Entschiedenste begrüßen, selbst wenn es so schrecklich erfolglos sein sollte, wie es die Serie zu ihrer Zeit leider war. „Nathan Barley“ ist, soweit ich das überblicken kann, so ziemlich komplett bei YouTube zu sehen, und weil ich die Schnipsel hier nicht einbetten kann, gibts halt nur einen Link — mit der dringenden Empfehlung, sich die DVD zu kaufen, die ihrerseits ein veritables Gesamtkunstwerk mit aufwendigem Booklet und tollen Menüs und allem ist. Kaufzwang!