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If you’re happy and you know it shit your pants

10. Juni 2015 1 Kommentar

„HAPPYish. Created by Shalom Auslander. Starring Samuel Beckett, Albert Camus, and Dr. Alois Alzheimer“ lauten die Opening Credits von „Happyish“ (Showtime, sieben von zehn Folgen sind bereits gelaufen). Aber was soll uns das sagen?

Während man darüber noch mit zumindest einer halben Gehirnwindung nachdenkt (ja, der Autor heißt wirklich Shalom Auslander), stellt „Happyish“ uns Thom (Steve Coogan) vor, der gerade 44 wird und Werber in New York ist, und der (nach einem Eingangs-rant gegen den Begriff der pursuit of happiness) es hinter einer freundlichen und positiven Attitüde versteckt (oder das zumindest versucht), dass er seinen Job, seine Vorgesetzten, das ganze Leben hasst. Mit Ausnahme seiner Frau Lee (Kathryn Hahn, „Parks and Recreation“) und seines kleinen Sohnes. Andere Kinder dagegen hasst er durchaus und bezeichnet sie als „fucking assholes“, zumindest das von einem befreundeten Ehepaar mitgebrachte Kind, über das sogar die eigene Mutter und ihr neuer Mann schlecht reden: „He’s an asshole because his father was an asshole.“ — „Still. Your ex is still an asshole.“ — „An asshole doesn’t fall far from the tree.“

Alles Arschlöcher also, Gott sowieso, Menschen aber genauso, vor allem die beiden Millenial-Kids aus Schweden, die Thom in seiner Werbeagentur vor die Nase gesetzt bekommt und die sich zwar gut in Sachen social media auskennen, aber von klassischer Werbung keine Ahnung haben. Jedenfalls nicht in Thoms Augen. Und wer würde schon Pepto Bismol, wer würde mithin einem Mittel gegen Sodbrennen auf Twitter folgen?

Thoms Leben ist also die Hölle: die Hölle eines Mittvierzigers, den seine Jugendlichkeit langsam verlässt, der sein Leben lang mit Scheiße verbracht hat: mit Werbung. Denn natürlich ist Werbung nicht glamourös, schon gar nicht so wie in „Mad Men“, sondern das Hinterletzte. Der „Mad Men“-Vergleich fällt auch tatsächlich gleich, und schon damit dürfte es sich „Happyish“ bei einem Gutteil der amerikanischen Fernsehkritiker (z.B. bei Alan Sepinwall) verscherzt haben. (Tatsächlich hat „Happyish“ laut Rottentomatoes bei Kritikern auch nur 30 Prozent Zustimmung, bei Zuschauern aber über 70.)

Thom hasst es, wenig Zeit für seinen Sohn zu haben, die Entlassungswelle in der Agentur mittragen zu müssen und dem Schwachsinn von Kunden und Vorgesetzten ausgesetzt zu sein — etwa Rob Reiner (der sich selbst spielt) als Regisseur einer neuen Cookies-Kampagne, der die Comicelfen durch Kleinwüchsige mit echten Problemen ersetzen will (Krebs, Arbeitslosigkeit). Woraufhin Thom Ärger mit seinen Freunden, den Comicelfen, kriegt.

Denn ja, in jeder Folge treiben entweder animierte Werbefiguren ihr Unwesen, ob es ein Logo-Gecko ist, den Thom natürlich tritt, schlägt und überfährt, oder die Comicelfen oder ein Raumschiff, das Thom und Lee leider nicht mitnimmt. Das ist kurz unterhaltsam, dann nervt es leider etwas, vor allem der Schock-Anteil der Comedy, den 15jährige bestimmt superlustig finden (Comicelfen, die sich erschießen!), aber auf die zielt „Happyish“ ansonsten eher nicht (auf die 15jährigen, meine ich).

„Happyish“ zielt, wie auch „Togetherness“ (HBO, 2015) und „Catastrophe“ (Chanel 4, 2015), auf Menschen meiner Alterskohorte: Mittvierziger, die gerade noch jung waren und nun schon von der nächsten Generation weggespült zu werden drohen, festgefahren in ihren Jobs, die auch dadurch nicht erträglicher werden, dass man jugendlich-coole Hemden trägt („This one says ‚asshole‘ … this one? ‚Half asshole‘ maybe?“). Dabei ist „Happyish“ düster, szenenweise unerträglich düster sogar. Englisch also, was den Ton der Comedy angeht, und Steve Coogan scheint eine ideale Besetzung für Thom zu sein.

Dabei sollte eigentlich Philip Seymour Hoffman diese Figur spielen, hat es in einem (nicht ausgestrahlten) Piloten auch getan. Es wäre seine erste Fernsehrolle gewesen.

Was allerdings gänzlich unenglisch an „Happyish“ ist, ist der moralische Unterton. Der ist sehr amerikanisch. Die ganze Düsterkeit, all der beißende jüdische Selbsthass (Lee ist Jüdin und hat speziell unter ihrer Mutter wohl sehr zu leiden gehabt), die Hoffnungslosigkeit gegenüber Holocaust, Tod und Schuld, hat hier eine moralische Komponente, es scheint dauernd Klage wie Anklage geführt zu werden, was eine britische Sitcom eher nicht tun würde.

Dafür wäre eine britische Sitcom u.U. hin und wieder etwas komischer. Denn selbst wenn man nicht die Beschwerde vorbringen will, die US-Kritiker (wie auch der Guardian) führen: dass Thom und Lee, mit denen wir uns ja identifizieren sollen, wahnsinnig prätentiös und unsympathisch sind (genauso wie das Namedropping im Vorspann, wo noch Sigmund Freud und Adolf Hitler auftauchen), und dass sie nie glücklich wären, egal was passiert, und dass sie immer etwas zu hassen fänden („If he wasn’t complaining about the internet, it would be telephones or electric lightbulbs or women who show their ankles in public“, wie es der Guardian-Kritiker etwas gehässig formuliert), selbst wenn man also nicht die Frage stellt: Warum, um Himmels willen, machst du denn die ganze Scheiße, wenn du alles so schrecklich findest? — dann muss man doch attestieren: „Happyish“ könnte hin und wieder ein bisschen komischer sein, ein, zwei Gags mehr einbauen.

Also: Richtige Gags, nicht nur wieder Schock-Gags, obwohl auch die ja durchaus gut sein können — zum Beispiel der, wo es (ausgerechnet!) um den Cola-Werbespot von 1976 geht, den sog. Hilltop-Spot, der eine zentrale Rolle in der letzten Folge „Mad Men“ spielt, und der hier (leider in Begleitung eines nur ähnlichen Songs, offenbar waren die Rechte an „I’d Like to Teach the World to Sing“ zu teuer) ebenfalls zentral vorkommt, und wo … nein, das verrate ich jetzt nicht. Es ist jedenfalls die gleiche Folge, in der der Thoms Vorgesetzter Jonathan (sympathisch: Bradley Whitford, „West Wing“), der ohnehin ISIS und Al Qaida für ihre Marketingtechnik bewundert, dieses Buch herauszieht und es als die ultimative Werber-Bibel bezeichnet, und schließlich wolle Cola ja ebenfalls nichts anderes als die Weltherrschaft …

… das ist dann doch ein bisschen ehrlicher und lustiger als „Mad Men“.