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Plot und Story

16. November 2018 Keine Kommentare

Was ist der Unterschied zwischen Plot und Story? Mir hat vor Ewigkeiten mal jemand erklärt: Plot, das ist Erst stirbt der König, dann die Königin. Alles andere ist Story.

Soll heißen: Aus Erst stirbt der König, dann die Königin kann man noch alles machen — das große Drama, ein Rührstück, bestes Degeto-Fernsehen.

Oder eben eine Komödie. Was, wenn die Königin sich schon lange darauf gefreut hat, dass der alte Esel endlich stirbt, und sich dann vor Freude an einem Kirschkern verschluckt und erstickt? Im Plot ist also noch nicht enthalten, wie der Stoff behandelt wird.

Mit anderen Worten: Es ist eines der größten Missverständnisse, dass die Geschichten, die Comedy erzählen kann, per se unernst, quatschig sein müssen. Es sind ernste Geschichten, mit komischen Mitteln erzählt, die am Besten funktionieren, denn sie gehen auf das Bedürfnis ein, etwas über echte Menschen zu erfahren (nicht über Comicfiguren) — und dabei trotzdem unterhalten zu werden.

„There She Goes“ (BBC4, seit Oktober) nimmt den ersten Teil seiner Geschichte absolut ernst. Die Mittelklassefamilie, bestehend aus dem spätjugendlichen Simon (David Tennant), seiner Frau Emily (Jessica Hynes), Sohn Ben (Edan Hayhurst) und Tochter Rosie (Miley Locke), hat eines der schwersten Schicksale, die man sich so vorstellen kann: Rosie ist lernbehindert. Allerdings ist „lernbehindert“ ein Euphemismus — tatsächlich ist sie praktisch schwerst autistisch. Sie muss permament überwacht werden, will man nicht, dass sie sich mit Milch übergießt, das Bad unter Wasser setzt, Fäkalien im Puppenhaus versteckt oder einfach nur ohne zu schauen über die Straße rennt, weil sie auf einem Autokennzeichen ein X gesehen hat und ihre einzige Liebe im Leben dem Buchstaben x gilt.

Diese Seite spielt vor allem Jessica Hynes (die offensichtlich viel zu selten ihre Talente als ernste Schauspielerin zeigen darf) sensationell. Sie als Mutter erfährt natürlich auch schon während der Schwangerschaft, dass ihre Tochter nicht so wächst, wie sie soll, schon als Säugling still und ernst ist — die Serie springt zwischen 2006 und 2015 hin und her — und dass praktisch alle Menschen um sie herum diese Situation nach Kräften ignorieren. Allen voran ihre eigene Mutter, deren Verdrängungsleistung der eines mittleren Öltankers gleicht. Wird schon werden! Alle Kinder sind unterschiedlich! Du wirst sehen, sie wird ein ganz normales Kind.

Wird sie natürlich nicht.

Aber wie „There She Goes“ den Stoff behandelt und die komischen Talente von Hynes und Tennant einzusetzen weiß, macht sie zu einem Highlight des Herbstes. Denn nicht nur das expandierende Chaos ist unbestreitbar komisch, auch die Reaktionen etwa des überforderten Simon, der zwischen Flucht in Feierabendbiere und halbherzigen Versuchen schwankt, die Familie nicht ganz aus der Balance geraten zu lassen: Wie er Emily nötigt, ihn mit Rosie in den Park zu fahren, 100 Meter, wo Rosie sich als erstes auf die Wiese legt und irgendwas in den Mund steckt, was zum Glück nur park matter ist; wie Simon frustriert den Fußball seines Elfjährigen wegkickt, um festzustellen, dass natürlich er selbst den dann zurückholen muss. Wie Emily Rosie auszutricksen versucht, deren Vorliebe für Schaumbäder, aus denen sie nicht mehr herauszuholen ist, in einer Art Schaum-Schach enden, bei dem Emily mit kleinen Snacks und Badezusatz Rochaden baut, um Rosie aus der Wanne zu locken. Und wie die Eltern über die Schwierigkeiten der Zahnpflege räsonieren, selbst ein professioneller Hygienespezialist habe in Rosies Fall auf einer Vollnarkose bestanden: das ist nichts weniger als sehr komisch.

Shaun Pye, Autor der Show, hat selbst ein lernbehindertes Kind mit einer noch nicht genau diagnostizierten Chromosomenmutation, was den ernsten Teil erklärt, hat für „Armstrong and Miller“ geschrieben und „The Increasingly Poor Decisions of Todd Margaret“ mitentwickelt und war Nebendarsteller in Ricky Gervais‘ „Extras“ — was den komischen Teil erklärt.

Absolut undenkbar hierzulande (um auch diesen Punkt gleich mal wieder zu machen) wären Dialoge wie der zwischen dem oberflächlichen Daddy mit Fluchttendenzen und der Mama, die nur noch aus einer tiefen Müdigkeit zu bestehen scheint (habe ich schon erwähnt, wie fantastisch Jessica Hynes in dieser Rolle ist?).

2006. SIMON und EMILY stehen über dem schlafenden Säugling in der Krippe.

SIMON
Look at Rosie. Isn’t she beautiful? You know what, if we had to do it all over again, I wouldn’t change a thing. Because whatever’s wrong … I’d want it to be wrong again. Because if she was different, she wouldn’t be Rosie, would she? (Pause) Would you? Would you want to change anything?

EMILY
(sehr müde) Yes. Yes. I’d change it all.

SIMON
Really? You’d want Rosie to be someone else?

EMILY
It was my worst nightmare, having a learning-disabled child. And it seems like it’s coming true.

SIMON
Why does it have to be the worst?

EMILY
Because I’m an intellectual snob? And because … Well, because I don’t know if I can … value her. Erm … You know, I love Ben, with his jigsaws and his puzzle books, just with all my heart, but I … I don’t know. I don’t know how to love her. I don’t. You know, it’s not that I don’t want to love her, I just don’t think I can.

SIMON
You’re overthinking it.

EMILY
Yeah, well, that’s what I do.  Yeah, but you know, I mean, she’s got you. You know, and she’s got Grandma, she’s got the grandparents and they all love her
unconditionally, so, yeah … you know, she will be loved. I’m just not sure if it will
ever be by me, that’s all.

Über ein behindertes Kind sagen, dass man keine Liebe dafür empfindet — das würde in tausend Jahren hier nicht durchgehen. Zu viel Ehrlichkeit, zu viel sozialer Druck. Nicht einmal, wenn es so situativ ist wie hier, denn in den Szenen, die 2015 spielen, wird schon recht eindeutig klar, dass Emily ihre Tochter durchaus liebt.

Aber diese Ehrlichkeit macht „There She Goes“ zu einer fantastischen Serie.

(Mit-)produziert hat hier übrigens Sharon Horgan, die mittlerweile eine der treibenden Kräfte des Britcom-Business geworden ist, und eine, die offenbar stets diesen realistischen Blick anstrebt, der auch „Catastrophe“ (Channel 4, seit 2015) auszeichnet. Ganz anders als, sagenwirmal, Julia Davis, deren „Sally4Ever“ mich nach der ersten Folge so gar nicht überzeugt hat. Aber da kommt ja noch was.

Jahresendabstimmung – die Auswertung

21. Dezember 2015 1 Kommentar

Die Polls sind geschlossen und wir haben zwei Gewinner: „W1A“ (2. Staffel) ist die beste Britcom 2015, und „Fargo“ (ebenfalls die zweite Staffel) das beste US-ComedyDrama des Jahres!

Mich überrascht der Sieg von „W1A“ (BBC2, seit 2014) deutlich mehr als der von „Fargo“, und vor allem der klare Abstand, mit dem die Satire auf den Arbeitsalltag in der BBC vor der zweitplatzierten Serie liegt: acht Stimmen Vorsprung auf „Episodes“, das hat jedenfalls mehr Aussagekraft als der Unterschied zwischen „Fargo“ und „Better Call Saul“ (drei Votes), den ich eher so werten würde, dass beide Serien gleichermaßen die Herzen der Serien- und Comedy-Freunde erobert haben. Sehr zu Recht, versteht sich.

Dass „W1A“ aber gewonnen hat, eine Serie, die doch als recht sophisticated gelten kann, freut mich. Die Chemie zwischen Hugh Bonneville als „Head of Values“ Ian Fletcher und Jessica Hynes‘ Siobhan Sharp als „Brand BBC Consultant“ stimmt einfach: er als eine Art unerschütterlicher Golden Retriever, sie als überspannter PR-Pudel, und dann all die unvermeidlichen Missverständnisse, die die Zusammenarbeit von so unterschiedlichen Charakteren mit sich bringt — das hat John Morton („Twenty Twelve“, „People Like Us“) als Writer/Director sehr schön inszeniert.

„Episodes“, mit der vierten Staffel dieses Jahr auf Platz zwei im Britcoms-Ranking, hat zwar tatsächlich eine sehr solide und komische Staffel abgeliefert, ich persönlich hätte allerdings „Catastrophe“ und „Detectorists“ höher bewertet; beides Serien, die mit erkennbar minimalem Budget und umso deutlicherer persönlicher Handschrift von Mackenzie Crook („The Office“, „Pirates of the Caribbean“) und Rob Delaney/Sharon Horgan versehen waren. Insbesondere von „Detectorists“ würde ich mir eine dritte Staffel wünschen, die die BBC Crook auch angeboten hat — der allerdings ist sich wohl nicht sicher, ob es genügend zu erzählen gäbe. Berechtigterweise, denn genau betrachtet war auch der diesjährige Handlungsbogen um einen jungen Deutschen, der nach dem Flugzeug sucht, mit dem sein Großvater im Zweiten Weltkrieg abgeschossen wurde, ja schon am Rande der Glaubwürdigkeit.

Apropos kleine Serien: Warum eigentlich hat Peter Kays „Car Share“ so schlecht abgeschnitten? Kay gehört in England zu den ganz Großen, und auch hier im Blog sind seine Serien immer wieder gebührend beachtet worden („Phoenix Nights“ gehört nach wie vor zu den Britcoms, die ich hoch schätze). War „Car Share“ also zu still? Kay zu lange weg vom Bildschirm? Das Setting zu unspezifisch? Zwischen „Cucumber“ und „Chewing Gum“ zu landen, das hätte ich von „Car Share“ jedenfalls nicht erwartet. Und „Cradle to Grave“, Kays zweite Sitcom des Jahres, ist sogar noch schlechter bewertet worden.

Keine Überraschung, wie gesagt, dass „Fargo“ und „Better Call Saul“ so gut abgeschnitten haben: beide haben tatsächlich phantastische Staffeln abgeliefert. Dass ich „Fargo“ ebenfalls knapp vor „Better Call Saul“ einordnen würde, kann einfach daran liegen, dass „Fargo“ erst unlängst zuende gegangen ist und mir noch in frischerer Erinnerung als „Better Call Saul“; aber wenn ich argumentieren müsste, würde ich sagen: „Fargo“ war auch die komischere Serie. Zum einen hatte sie die schöner überzeichneten Charaktere, namentlich Kirsten Dunsts Peggy Blumquist, die zu Beginn erstmal enorm genervt hat, bevor sie immer tiefer und in ihrer Fokussiertheit sympathisch wurde, aber natürlich auch Nick Offermans Karl Weathers. Seine volltrunkenes Plädoyer in der sechsten Folge war sicher einer der Höhepunkte des ganzen Fernsehjahres.

„Better Call Saul“ auf der anderen Seite hatte dafür das realistischere Setup, war weniger comicartig grell, dafür an vielen Stellen dramatischer. Möglicherweise genau deswegen hatte „BCS“ auch die für sich genommen größeren Lacher — der comic relief ist einfach stärker, wenn man in die Charaktere mehr investiert ist. Und da konnte „BCS“ immerhin auf Figuren zurückgreifen, die den meisten Zuschauern ja doch über die fünf Staffeln „Breaking Bad“ ans Herz gewachsen sein dürften.

Wo wir gerade dabei sind: Die Tendenz zu immer mehr Franchise übrigens finde ich nicht durch die Bank begrüßenswert. Die beiden höchstplatzierten US-Serien greifen auf lange etablierte Marken zurück („Breaking Bad“, den Film „Fargo“ von 1996), wo im Kino längst kaum noch etwas anderes läuft („Star Wars“, James Bond, die Peanuts, all die Superheldenfilme, die ich kaum auseinanderhalten kann …). Ich persönlich freue mich ja hin und wieder auch auf neue, originale Geschichten.

Überrascht bin ich bei den US-Serien noch vom vergleichsweise guten Abschneiden der letzten Staffel „Community“, die mich nicht mehr hinter dem Ofen hervorgelockt hat. Dass die besser abgeschnitten hat als die finale Season „Parks and Recreation“, als „Master of None“, „Happyish“ und „Modern Family“, finde ich … interessant. Ebenso das schlechte Abschneiden von „Transparent“, das sicher nicht schlechter war als die letzte Staffel „Orange is The New Black“. Allerdings haben beide Serien so wenige Stimmen, dass das Ergebnis wohl kaum repräsentativ ist.

Vielen Dank jedenfalls an alle, die abgestimmt haben — dass manche mehrfach abgestimmt haben, stört mich nicht im geringsten; große Begeisterung für eine Serie darf sich ruhig auch im Abstimmungsergebnis widerspiegeln, finde ich. Hat mich gefreut, dass immer noch so viele dieses kleine Blog lesen und über Serien diskutieren, die (jedenfalls was die überwiegende Anzahl der britischen Sitcoms angeht) hierzulande fast niemand je zu Gesicht bekommt, der sich aufs reguläre Fernsehen verlässt. Ich hoffe, wir sehen uns nächstes Jahr wieder und finden auch 2016 viele schöne Britcoms, über die es zu schreiben und zu lesen lohnt!

Die Britcoms des Jahres 2015

29. November 2015 5 Kommentare

Dieses Jahr stehen, weil ich mein Blog übers Jahr ein wenig vernachlässigt habe, wohl doch ein, zwei Neuigkeiten in dem alljährlichen Humorkritik Spezial, das gerade in der Dezemberausgabe der Titanic erschienen ist.

FUCK POLITICS!

Zu welchen Waffen soll politische Comedy noch greifen, wenn sie von der Wirklichkeit so in den Schatten gestellt wird wie unlängst in Großbritannien geschehen? Kein Wunder, dass sich die Britcoms des Jahres vollends ins Private verabschiedet haben.

David Cameron und das #piggate: Wenn die Wirklichkeit erst einmal so weit ist, dass in den Köpfen von Millionen Menschen Bilder vom Penis des ersten Mannes im Staate in der Schnauze einer toten Sau entstehen, dann hat die Comedy ein Problem. Dann haben nämlich die Nachrichten zur Satire aufgeschlossen: 2011, in der ersten Folge „Black Mirror“ (Channel 4) malte Charlie Brooker aus, wie eine englische Prinzessin entführt wird und die Forderung der Erpresser eben die ist: dass der Premier (Rory Kinnear) live im Fernsehen ein Schwein, nun ja, beglückt. Worauf dieser, nachdem er die Sympathien der Öffentlichkeit verliert, schließlich eingehen muss. So verblüffend waren die Parallelen, dass Brooker sich genötigt sah zu erklären, er habe selbstverständlich von diesem Detail aus Camerons Biographie nichts gewusst. Woher auch.

Life imitates art: Wenn selbst derart drastische Scherze in den Bereich des Möglichen rutschen, was bleibt da der Britcom noch übrig? Die politischen Sitcoms 2015 jedenfalls suchten ihr Heil darin, zu einer harmloseren, einer realistischeren Realität zurückzukehren: die „Ballott Monkeys“ (Channel 4) von Andy Hamilton und Guy Jenkin („Outnumbered“) hielten sich vorwiegend in den Omnbiussen von vier Wahlkampf-Teams auf, die bis zur General Election im Mai unterwegs waren und produzierten so eine dialoglastige Serie, die zwar recht komische Momente hatte, der Aktualität geschuldet aber keine große Halbwertszeit.

„Asylum“ (BBC4) dagegen nahm sich der Kasernierung eines egomanen Whistleblowers (Ben Miller) in einer Londoner Botschaft an (Julian Assange lässt grüßen) und bediente mit stark überzeichneten Figuren einen recht burlesken Humor — das allerdings nur mit sehr durchwachsenen Resultaten.

Die zweite Staffel „W1A“ (BBC2) dagegen, der wiederum sehr satirische Blick auf das Innenleben der BBC, war abermals brillant, womöglich sogar besser als die erste Staffel, und sicher die beste Serie unter den vorgenannten.

Das aber war’s dann auch mit politischer Satire. Der Rest: bleibt in der Familie.

„Boy Meets Girl“ (BBC2) etwa: Da hört man direkt schon im Titel das Understatement, mit dem prompt in der ersten Szene schon gebrochen wird. Denn das girl (39) ist in diesem Falle nicht nur deutlich älter als der boy (26), sondern war bis vor Kurzem noch ein Mann, jedenfalls dem äußerlichen Anschein nach. Dass „Boy Meets Girl“ aber trotz des großen Themas Transexualität eine old school Britcom ist: das ist genau die Größe dieser Serie, die zu den besten neuen Comedys des Jahres zählt. Denn mit dieser Normalität, ohne billige Witze mit Männern in Frauenkleidern, ohne dass die Protagonistin Judy (Rebecca Root, tatsächlich trans) dabei sad, bad or mad wäre, wie das Fernsehklischee es bis dato gebot, gab es tatsächlich noch keine Show über Transexualität. Auch Amazon Videos hochgelobtes „Transparent“ etwa kommt ja ohne melancholisch-problematisierende Töne nicht aus. Hier aber wurden in englischen Kritiken sogar Vergleiche mit „Gavin & Stacey“ (BBC3, 2007 – 10) gezogen, einer der wärmsten Familien-RomComs des letzten Jahrzehnts. Und in der Tat: Hie wie da sind es kulturelle Unterschiede (bei „Gavin & Stacey“ war ihre Familie aus der walisischen working class und seine aus der gehobenen Mittelschicht des Londoner Umlands), die für Reibung sorgen — aber eben absolut lösbare, praktische Konflikte, die keiner moralischen oder ethischen Diskussion bedurften, sondern dessen, was Engländer am Besten können: Diplomatie und Kompromisse. Fair play FTW!

Das nun ist die eine Möglichkeit, die viele DomComs des vergangenen Jahres nutzen: Das Familienleben mit einer ungewöhnlichen Idee aufzubohren. So tut es beispielsweise auch die zweite Staffel des ebenfalls sehr schönen „Catastrophe“ (Channel 4, siehe das Britcom-Humorkritik Spezial vom letzten Jahr), in dem Sharon (Sharon Horgan) und Rob (Rob Delaney) sich kaum kennen, aber zusammen ein Kind erwarten. Dieses Jahr ist schon das zweite da. Oder, und darauf sind verblüffend viele Britcom-Autoren 2015 gekommen, man bedient sich bei seiner Vergangenheit und verlegt gleich die ganze Serie in die Siebziger — oder adaptiert seine Kindheit in die Gegenwart.

So machen es die Schwestern Caitlin und Caroline Moran, erstere Times-Kolumnistin, in ihrer Sitcom „Raised By Wolves“ (Channel 4). Die beschreibt die Adoleszenz ihrer Autorinnen als fröhlich hippiesker Bodensatz der Gesellschaft ohne Schulbildung und Vater, dafür mit drei Geschwistern und einer Mutter mit ordentlich Durchsetzungskraft. Vor allem der 16jährigen Hauptdarstellerin Helen Monks als pummelige Germaine (Caitlin) ist es zu verdanken, dass „Raised By Wolves“ einer der Geheimtipps des letzten Jahres geworden ist: Monks’ Mimik und ihre Präsenz geben ihrer übersexualisierten Figur eine Energie, die ihre Dampfplauderei über ihre Vagina, ihre Periode und ihre notorische Geilheit auf einen gleichaltrigen bully zu einem komischen Trommelfeuer werden lässt, das nicht nur ihre Schwester (und vermutlich manchen Zuschauer), sondern auch ihre Mutter Della in den Wahnsinn treibt: „Living with you’s been like having a horny gorilla in the house.“ Immerhin können geile Gorillas ja auch sehr komisch sein. Wenn man nicht mit ihnen zusammenwohnen muss.

„The Kennedys“ (BBC1) und „Cradle To Grave“ (BBC2) dagegen verlegen ihren Schauplatz direkt in die Siebziger, aber während sich die „Kennedys“ (von Emma Kennedy autobiographisch angelegt) fast ein bisschen zu sehr auf alte Klischees (und das Talent von Katherine Parkinson) verlassen, lebt Danny Bakers ebenfalls autobiographische Serie, eine Art „Only Fools And Horses“ (BBC1, 1981 – 91) in den Siebzigern, von etwas authentischeren Tönen. Und von Hauptdarsteller Peter Kay („Phoenix Nights“).

Den ich allerdings für seine andere Sitcoms dieses Jahres mehr loben möchte: „Car Share“ (BBC1), eine Art Sitcom-Kammerspiel, das fast ausschließlich die Autofahrten zur Arbeit und nach Hause erzählt, bei denen John (Kay) seine Kollegin Kayleigh (Sian Gibson) zum Supermarkt mitnimmt, in dem sie beide arbeiten. Minimalistisch (heißt: kostengünstig), aber sehr komisch, weil ideenreich: Schon in der zweiten Folge etwa wird das Prinzip aufgebrochen, und wir finden die beiden nicht auf dem Arbeitsweg, sondern in einer Trauer-Kolonne für den verstorbenen trolley collector, der, wie es seinem Job entsprach, in einem Sarg auf einer Schlange Einkaufswagen seiner Beerdigung entgegengeschoben wird. Schön, dass Peter Kay nach Jahren der Bildschirmabstinenz wieder zu sehen ist.

Eine der bösesten Sitcoms des Jahres aber hat zwar einen Briten in der Hauptrolle: Steve Coogan, der im United Kingdom allmählich vermisst werden dürfte. Sie stammt aber aus den USA: „Happyish“ (Showtime) von Shalom Auslander. Sarkastischer wurden die Abgründe von Werbeagenturen nie beschrieben als hier, in diesem „Mad Men“-Antidot, das sich nicht zu schade ist, Coca Cola mit Faschismus gleichzusetzen. Aber dafür, dass es die ganze Zeit um Depressionen, Judentum und jugendliche, soziopathische Vorgesetzte geht, die Thom Payne (Coogan) das Leben zur Hölle machen, ist es doch ziemlich komisch geworden.

Genau das richtige für allzu besinnliche Weihnachtstage also.

Mangels Platz auf einer Doppelseite fehlen auch dieses Jahr natürlich wieder etliche Serien, unter anderen „Pompidou“ (BBC1) und „Sun Trap“ (dito BBC1), die diesjährigen Star-Vehikel für Matt Lucas („Little Britain“) respektive Kayvan Novak („Fonejacker“, „Four Lions“). Weil aber beide Serien derart medioker waren — erstere in ihrem Versuch, „Mr. Bean“ als verarmten Adeligen zu kopieren, letztere in ihrem Versuch, Novaks Wandlungsfähigkeit in einen hanebüchenen Schmarrn um einen Undercover-Journalisten in Spanien zur Schau zu stellen –, ist es (glaube ich) kein Verlust, dass sie hier nicht vorkommen.

Wer glaubt, es fehlt eine relevante Britcom des Jahres (etwa die neunte und letzte Staffel „Peep Show“, die derzeit läuft), schreibe das bitte in die Kommentare. Dann hole ich das ggf. nach und kann wengistens in der kommenden Jahresendabstimmung nochmal was dazu sagen.

Same old, but different

30. Januar 2015 Keine Kommentare

Schon klar: Die Überschrift ist alles andere als originell. Hat man schon gelesen, trifft auf praktisch alles zu — es gibt nichts Neues unter der Sonne; gerade nicht, was Sitcoms angeht. Mann trifft Frau, es ist erst einfach, dann kompliziert, hilarity ensues.

Andererseits dachte ich das auch, als ich die Prämisse von „Catastrophe“ (Channel 4) gelesen habe: Mann (Rob Delaney) trifft Frau (Sharon Horgan), sie haben einen One-Night-Stand (nun, genau genommen einen Six-Night-Stand), er fliegt zurück in die USA, sie ist schwanger, und weil sie in einem Alter ist, wo es das letzte Mal sein könnte, will sie das Kind behalten. Er kommt zurück, und … wie der Titel schon sagt. Same old.

But eben different. Denn womit ich nicht gerechnet hätte: Horgan und Delaney wringen aus diesem eigentlich verbrauchten Set Up unerwartet die (bislang) zwei lustigsten halben Stunden des Britcom-Jahres.

Vielleicht, weil „Catastrophe“ so schön erwachsen ist. Sharon (Horgan) und Rob (Delaney, ja sie benutzen einfach ihre eigenen Vornamen) sind ein bisschen zu alt, um im „Gavin & Stacey“-Stil oder à la „Pramface“ zum ersten Mal mit Erwachsenenproblemen konfrontiert zu sein, die so entstehen, wenn man plötzlich nicht mehr allein im Kinderzimmer wohnt oder mit den merkwürdigen Freunden des je anderen zusammentrifft. Sie haben schon Erfahrung mit ähnlichen Situationen — allerdings nicht genau mit dieser: „I never had casual sex with a sober person before“, sagt Sharon in der ersten Folge.

Denn sie ist zum ersten Mal schwanger, und auch er will das Kind und ihm ein Vater sein, schon weil er seinen eigenen nicht kannte und es bei seinem Kinder anders halten will. Also stürzen sie sich Hals über Kopf in eine Beziehung. Hilarity ensues.

Die Gelassenheit im Angesicht der Katastrophe (die bislang so schrecklich katastrophal gar nicht ist) macht die beiden sehr sympathisch, dass sie sich ohne großes Zögern einig sind, die Sache mit dem Kind einfach mal durchzuziehen, steht in schönem Kontrast zu ihren offensichtlichen Persönlichkeitsschwächen (sie ist zynisch und ein bisschen antisozial, er ist trockener Alkoholiker und Schürzenjäger), und vor allem funktioniert die Chemie zwischen Darstellern ebenso wie zwischen den Figuren ganz ausgezeichnet: Rob und Sharon, Delaney und Horgan sind sehr, sehr komisch (und haben ihre Dialoge so wie die ganze Serie auch selbst geschrieben).

Das beginnt beim gegenseitigen Identifizieren und Kennenlernen (Er: „I’m a friend who helped you make a mistake“), setzt sich fort darin, wie sie sich mit der Situation arrangieren (Nochmal er: „I’m just saying: a terrible thing has happened — let’s make the best of it!“) und endet bei den trivialen Sachen frischer Partnerschaften: Er hat bei seiner Rückkehr aus den USA keine Unterkunft in England. Sie: „So, where are you staying? — I’m joking! You can stay in my spare room. — I’m joking! I’m a teacher, I don’t have a spare room.“

Echte Lacher zu liefern, und zwar viele, das hatte ich vor allem nicht von Sharon Horgan erwartet, war sie mir bislang doch eher in so „meh“-Sitcoms begegnet („Dead Boss“, „Free Agents“, mit ihrem größten Hit „Pulling“ (BBC3, 2006 – 09) habe ich mich nie anfreunden können). In „Catastrophe“ aber ist sie brillant, und der Stand Up-Comedian und Twitter-Star Delaney nicht weniger.

Das sieht offenbar auch Channel 4 so: Der Sender hat „Catastrophe“, obwohl bislang erst zwei Folgen zu sehen waren, bereits eine zweite Staffel gewährt, und wenn sich die Serie auch weiterhin an den ersten beiden Folgen messen lässt, haben wir hier schon einen echten Kandidaten für die Top-5-Britcoms 2015.

Sitcom auf Bewährung

16. Juni 2012 1 Kommentar

Seit es Double Acts in der Comedy gibt, existiert die komische Rollenverteilung von straight guy und funny guy. Einer möchte die Stimme der Vernunft sein, ist verbindlich, womöglich etwas autoritär, wo nicht humorlos, jedenfalls erkennbar normal — und der andere lässt ihn auflaufen, versteht ihn nicht oder nimmt ihn allzu sehr beim Wort, macht sich über den Ersten lustig und ruiniert mit seinem Wahnsinn die guten Absichten des straight guy.

Auch für Sitcoms funktioniert dieses Rezept, in einer etwas erweiterten Version: Entweder ist die Hauptfigur der einzige Irre in einem Haufen Normaler, oder die Hauptfigur ist der einzige Normale unter Verrückten. Beispiel für die erste Variante wäre, logo, „The Office“ und alle von Steve Coogans „Alan Partridge“-Serien sowie sein „Saxondale“ (BBC2, 2006), aber auch der Uralt-Klassiker „Fawlty Towers“ (BBC2, 1975 – ’79) und „How Not to Live Your Life“ (BBC3, 2007 – ’11) sowie „Curb Your Enthusiasm“ (HBO, seit 2000), wo Larry David den Irren geben darf, an dem sich alle Konflikte entzünden. Überhaupt funktioniert diese Variante natürlich am Besten, wenn der Hauptdarsteller schon per se ein glaubwürdiger Wahnsinniger ist — sei es ein cholerischer Diktator (John Cleese), ein peinlicher Profilneurotiker (Ricky Gervais) oder ein Soziopath (Coogan).

Sitcoms, in denen die Haupfigur normal, die Welt aber verrückt geworden zu sein scheint, gibt es in noch größerer Zahl; vielleicht, weil sie ein bunteres Universum zeigen können. „The Fall And Rise of Reginal Perrin“ (BBC, 1976 – ’79), obwohl schon bald vierzig Jahre alt, spielt bereits mit dem Klischee des Normalen im alltäglichen Irrsinn: Hier flippt der extrem durchschnittliche kleine Angestellte Reginald Perrin (Leonard Rossiter) aus, der seinen sinnlosen Job bei Sunshine Desserts nicht mehr erträgt, und eröffnet (mit der Absicht zu scheitern) einen Laden, in dem es nur Trash gibt, mit dem er aber wider Erwarten erfolgreich wird — weil er sich der verrückten Welt um sich herum angepasst hat.

Auch „The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy“ (BBC2, 1981) beruht auf diesem Schema des Normalen (Arthur Dent) in einer durchgeknallten Galaxie (und nirgends war die Galaxie größer und durchgeknallter als bei Douglas Adams); gerade im Moment läuft die zweite Staffel „Episodes“ (Showtime/BBC2, seit 2011), in der zwei „normale“ Engländer sich im „durchgeknallten“ Hollywood bewähren müssen (die zweite Staffel scheint mir besser zu sein als die erste, btw), und bei „Peep Show“ (Channel 4, seit 2003) ist es Mark (David Mitchell), der den Normalen gibt und der sogar seine anfangs erwähnte Komplementärfigur in Jeremy (Robert Webb) hat, der sich in der eher schrägen Welt der Show ultimativ besser zurechtfindet als der Spießer Mark. Nicht zuletzt „The League of Gentlemen“ (BBC2, 1999 – 2002) zehrte von der inzestuösen, provinziell-höllischen kleinen Welt, in der Außenseiter oft nicht lange lebten („You’ll never leave“ stand auf dem Schild am Ortseingang).

Es ist also kein neuer Trick, den Sharon Horgan in ihrer gerade angelaufenen Sitcom „Dead Boss“ (BBC3) einsetzt. Horgan („Pulling“) alias Helen Stephens findet sich hier plötzlich zu einer langjährigen Gefängnisstrafe verurteilt im Frauengefängnis Broadmarsh wieder, obwohl sie den Mord an ihrem Boss (vermutlich) nicht begangen hat. Doch irritierenderweise scheint es eine Verschwörung gegen sie zu geben, denn weder ihr inkompetenter, feiger Anwalt Tony (Geoffrey McGivern) scheint ein großes Interesse daran zu haben, sie aus dem Knast zu bekommen („No win, no some fee“), noch ihre schlampige Schwester Laura (Aisling Bea), die Helens Wohnung und Arbeitsplatz einfach übernimmt, noch ihr undurchschaubarer ehemaliger Arbeitskollege Henry (Edward Hogg). Von der äußerst launenhaften Gefängnisdirektorin Margaret (Jennifer Saunders) ganz zu schweigen.

https://www.youtube.com/watch?v=Aupc3P1DqOE?version=3&hl=de_DE

Das Frauengefängnis (und die Firma, in der Helen gearbeitet hat) übernimmt dabei die verrückte Welt, in der sich „Normalo“ Helen nicht zurechtfindet: ihre Zellenkollegin, die Brandstifterin Christine (Bryony Hannah), ist ebenso lieb und einfältig wie unheimlich, die Bullies um die Frauen-Gangchefin sind unberechenbar in ihren Aggressionen, und die Wärter (u.a. Tom Goodman-Hill, der schon in „Ideal“ den Polizisten spielen durfte) extrem grob — und allenfalls teilalphabetisiert. Ebenso scheint Helens vormaliger Arbeitsplatz ein Hort von Wahnsinnigen zu sein, angefangen bei ihrer ältlichen, hysterischen Exkollegin, die mit ihrem Status als graue Maus nicht zurechtkommt, über die junge, intrigante, etwas zu gut aussehenden Witwe von Helens Ex-Boss bis hin zu Henry, den Helen erst einmal gar nicht aus dem Büro zu kennen scheint und der seinerseits sowohl ein sexuelles Interesse an Helen hat als auch daran, sie möglichst lange inhaftiert zu lassen.

Klischees also, wo man hinschaut, und gar nicht mal neu interpretierte. „Dead Boss“, von Horgan und der Newcomerin Holly Walsh geschrieben, könnte leicht seicht werden und versickern, verließe es sich allzu sehr auf die geschilderten Mechanismen. Doch nach der ersten Doppelfolge ist noch alles offen: Die Mystery-Elemente des ungeklärten Mordes und der Verschwörung könnten für hübsche Wendungen sorgen (hier ahnt man die Regie von Steve Bendelack, der auch bei „League of Gentlemen“ Regisseur war), Horgan, Bryony Hannah und Jennifer Saunders spielen fabelhaft, und es mögen nicht die originellsten Scherze sein, die da gemacht werden, aber es sind genügend und so gut erzählte dabei, dass jedenfalls ich auf meine Kosten gekommen bin.

Richtig angenehm an „Dead Boss“ fand ich aber, dass da zur Abwechslung mal keine Schmonzette rund um eine dysfunktionale Familie in Nordengland versucht wurde, sondern eine reguläre, halbdunkle Sitcom mit richtigen Lachern drin. Dafür jetzt schon mal vielen Dank!

The Episodes of „Free Agents“

24. September 2011 2 Kommentare

„Episodes“ (Showtime/BBC2, 2011) war die Sitcom-Aufarbeitung eines Traumas, das britische Fernsehschaffende davontragen, wenn ihre (britische) Erfolgsserie in den USA reproduziert wird: Dann werden grundfalsche Hauptdarsteller besetzt (in „Episodes“ war es Matt LeBlanc als gesetzter Internats-Leiter) und Nichtskönner in Nebenrollen, der Ton ändert sich (und zwar eher selten in Richtung sophistication), und überhaupt stimmt nichts mehr. Aber alle (Briten) machen alles mit, weil sie sich viel Geld und gute Nachfolgeaufträge in Amerika versprechen.

„Free Agents“ (Channel 4, 2009) war eine britische Sitcom, in der Stephen Mangan (mhm, der aus „Episodes“) und Sharon Horgan zwei Schauspiel-Agenten gaben, deren Leben aus verschiedenen Gründen in Trümmern lag, die aber trotzdem (oder deswegen) eine On-and-off-Beziehung pflegten, welche vom Zynismus ihres Arbeitsplatzes und der Kaputtheit ihres Privatlebens geprägt war. Ihm kamen postkoital gerne die Tränen, wenn er an seinen bei der Mutter lebenden Sohn dachte, sie hatte noch immer zwei Dutzend große Porträts ihres toten Verlobten in der Wohnung aufgehängt. Eine böse, kleine Serie mit dunkler Grundstimmung und ohne großen Publikumserfolg, produziert von Nira Park („Spaced“, „Black Books“).

https://www.youtube.com/watch?v=c1Mf93_2Hq0?version=3&hl=de_DE

Nira Park ist auch bei dem US-Remake von „Free Agents“ (NBC, 2011) mit an Bord, ebenso Christopher Anthony Head, der abermals den Agenturboß spielen darf. Die Hauptrollen aber sind gegangen an Hank Azaria („The Simpsons“) als Alex und Kathryn Hahn als Helen; Chris Niel, Autor des Originals, tritt hier als Co-Creator und Producer an. Der Rest ist wie bei „Episodes“ beschrieben: Alle strengen sich an, so gut sie können in unterschiedliche Richtungen zu ziehen, und das Ergebnis ist schauderlich.

Das beginnt bei der Hauptfigur: Hank Azaria ist nicht ganz zehn Jahre älter als Mangan. Sein Alex wirkt wie ein durchtrainierter Fünfzigjähriger mit dichtem, dunkel gefärbtem Haar — durch und durch dominant und insofern das genaue Gegenteil von Mangans Alex, der eher unsicher war und mit Mitte dreißig immer noch der ewige Nachwuchs, der niemals in die Chefetage aufrücken wird. Tatsächlich darf Azaria schon in der ersten Folge seine beeindruckenden Brustkorb oben ohne herzeigen — ein Schelm, wer immer noch nicht an LeBlanc denkt.

Dafür ist seine Partnerin Helen praktisch durchsichtig: mit Kathryn Hahn funkt aber mal so gar nichts. Auch zwischen Horgan und Mangan funkte es zu Beginn der Serie wie zwischen einem Handtuch und einem nassen Waschlappen, aber immerhin war so viel Chemie zwischen den Figuren vorhanden, daß es regelmäßig Momente gab, in denen man es sich wenigstens vorstellen konnte, daß das funktionieren könnte: In den Dialogen, in kleinen Gesten, die vermutlich schwierig zu spielen sind, aber hey, dafür werden Schauspieler ja bezahlt. Zwischen Azaria und Hahn aber ist nur Vakuum, und das ist vorwiegend: ziemlich langweilig. Dafür ist das Agentur-Brimborium aufgeblasener als in England — schließlich sind wir ja in den Vereinigten Staaten, wo bekanntlich alles größer, toller und lustiger ist.

Nun produziert Azaria das Ganze auch, nicht zuletzt deswegen wird er (sich) da so in Szene gesetzt (haben), und das macht „Episodes“ (US) noch unerträglicher: Daß man so mit der Nase drauf gestoßen wird, daß da kein Underdog, kein Verlierer am Ende doch noch eine Chance kriegt (oder auch nicht). Sondern daß sich abermals ein US-Comedian, der vermutlich genügend Geschmack und Geld hat, um britische Comedy zu goutieren und dann auch noch kaufen zu können, eine weitere Britcom unter den Nagel gerissen hat.

Nun, uns bleibt ja noch das Original. Das ist übrigens neulich bei ZDF neo gelaufen und wird deshalb im November auf deutsch auf DVD erscheinen.