Archiv

Artikel Tagged ‘Spaced’

„Spaced“, US-Version

29. Juni 2010 6 Kommentare

Sie hätte sie bekifft gesehen und viel lachen müssen, hat Jessica Hynes, geb. Stevenson, unlängst zu Protokoll gegeben: Die Pilotfolge des US-Remakes von „Spaced“, 2008 produziert und anschließend umstandslos im Giftschrank verschwunden. Dabei war die längste Zeit weder Hynes noch Simon Pegg, mit dem sie die Original-Bücher geschrieben hat, zum Lachen zumute gewesen, ebensowenig wie dem Regisseur der Originalserie Edgar Wright — denn die Adaption war ohne jede Rücksprache mit den drei Schöpfern erfolgt.

Für mich war „Spaced“ (1999 – 2001, Channel4) damals der Schlüssel zum Britcom-Universum; nur wenige Serien habe ich öfter gesehen. Und selten war ich sprachloser als gerade eben, als ich diesen Clip bei YouTube gefunden habe, der das georgische „Simpsons“-Plagiat wie eine werkgetreue Übertragung aussehen läßt. Daß US-Adaptionen (wie ja auch deutsche) den Charakter des Originals, vorsichtig formuliert, oft nicht völlig treffen, ist das eine. Aber das hier… nein, ich bin immer noch sprachlos. Es sieht aus, als hätte jemand das Drehbuch genommen, alle Witze entfernt, Schauspieler ohne jeden Sinn für Timing gesucht und das dann einen Regisseur filmen lassen, der nie etwas anderes im Fernsehen gesehen hat als „Two And a Half Men“.

Für die Kenner des Originals: Achtung — das ist nichts für Zartbesaitete. Das ist Carcrash TV vom unfeinsten.
https://www.youtube.com/watch?v=YDsdBB1LUto&hl=de_DE&fs=1&

Warum Peter Serafinowicz Filme stiehlt… und sogar solche, in denen er selbst mitspielt

Bei Gizmodo beschreibt der britische Comedian Peter Serafinowicz („The Peter Serafinowicz Show“, „Spaced“, „Shaun of the Dead“), warum er Filme und Bücher per Torrent aus dem Internet zieht und was das mit ihm macht — zum einen als Konsument, zum anderen als jemand, der von der Industrie lebt und davon, daß Leute für Film, Fernsehen und Bücher etwas bezahlen.

Ein Konflikt, der mir nicht ganz unbekannt ist. Ich mußte ihn als Internet-Beauftragter selbst lösen, als es darum ging, wie man TITANIC-Inhalte schützen kann, so daß sie nicht gratis im Internet verteilt werden. Antwort: Gar nicht. Gratis im Internet verteilte TITANIC-Witze sind Werbung für das Heft. Und tatsächlich steigt, seit es das Internet, den Internetauftritt und eine Möglichkeit gibt, online zu abonnieren, die Abo-Zahl stetig — und zwar, weil online Inhalte verschenkt werden. Daß das Verschenken von Witzen, Cartoons und Texten, zu mehr Käufern des Heftes führt, war in der frühen Phase des Onlineauftritts keineswegs selbstverständlich. Mittlerweile bietet TITANIC sogar, wie letztes Jahr zum 30. Heftgeburtstag, komplette Hefte als .pdfs zum Runterladen — und die wenigen Stimmen, die zu dem Gratis-Internet-Content blökten, jetzt bräuchten sie ja kein Heft am Kiosk mehr kaufen, sind längst verstummt.

Ein schlechtes Gewissen habe auch ich nicht dabei, mir selbst auf nicht ganz lauteren Wegen z.B. Britcoms zu besorgen. Wer einmal bei mir zu Besuch war, weiß auch, daß bestimmt nicht ich daran schuld sein werde, wenn die britische Comedy-(DVD-)Industrie eines Tages pleite sein sollte. Ganz im Gegenteil: Der größte Teil dessen, was in diesem Blog steht, dürfte verkaufsfördernd für britische Comedy-DVDs sein. Werbung also. Selbst wenn ich mir das, worüber ich schreibe, nach seiner Erstausstrahlung erst einmal auf grauen Wegen besorgt habe.

„Spaced“-Flashmob @ Trafalgar Square

25. März 2010 8 Kommentare

Was man bei TITANIC von Fans hält, ist klar: nix. Trotzdem fände ich einen Flashmob, der auf der Konstablerwache Szenen aus Gärtner/Nagel-Texten nachspielt, natürlich prima.* Nicht so prima, daß ich hingehen würde, genauso wenig wie Simon Pegg zu dem „Spaced“-Flashmob gegangen ist, der auf dem Trafalgar Square das Slow-Motion-Shootout mit Finger-„Pistolen“ nachgespielt hat, worüber nun der Telegraph und ein Guardian-Blog berichten:

Flashmobs, nee, nee, nee…

*Nicht daß ich wüßte, wie das gehen sollte und welche Texte sich dafür überhaupt anbieten. Wie die Vorstellung eh ziemlich eitel und eingebildet ist. Und dann nicht mal hingehen, wie arrogant ist das denn bitte?!

KategorienAllgemein Tags: ,

Your own personal britcom top ten

4. Dezember 2009 5 Kommentare

Nach 39 Kommentaren ziehe ich eine (vorläufige) Bilanz und stelle fest: Ich habe richtig getippt! „Black Books“ liegt mit 19 Stimmen auf Platz eins der Charts, jedenfalls was Britcoms aus den letzten zehn Jahren angeht! Die Plazierungen im Einzelnen:

1. „Black Books“ (19 Votes)

4. „The Mighty Boosh“, „The IT Crowd“ und „The Office“ (je 15 Stimmen)

6. „Extras“ und „Peep Show“ (12)

7. „Green Wing“ (10)

8. „Nathan Barley“ (8)

9. „The Thick of It“ (7)

11. „Garth Marenghi’s Darkplace“ (und „Spaced“, das bestimmt noch viel weiter oben, wenn nicht auf Platz eins gelandet wäre, zählte es denn offiziell zu Britcoms aus den Nullerjahren) (5)

Über die Plazierung von „Garth Marenghi’s Darkplace“ habe ich mich nicht wenig gewundert — eine so nerdige Sitcom hätte ich nicht unter den ersten, äh, elf Britcoms erwartet. Dann schon eher „Ideal“, das es auf nur vier Stimmen gebracht hat; vielleicht, weil es ohne Untertitel halt so gar nicht zu verstehen ist. Auch „Nathan Barley“ hätte ich nicht in der Leserwertung erwartet. Herzlichen Glückwunsch zu Deinem guten Geschmack, Leser! Und weiter so!

Wer will, kann natürlich weiterhin Stimmen abgeben, am besten hier unter dem Beitrag, dann kann ich die Auswertung hin und wieder aktualisieren.

Die Top-10-Britcoms der 00er-Jahre: Platz 2

29. November 2009 10 Kommentare

Unterhaltungsliteratur (wie etwa die momentan äußerst erfolgreiche Romantrilogie von Stieg Larsson) bedient sich einiger Tricks, um ihre Leser in Bann zu schlagen: Sie ist kritisch genug gegenüber Systemen, um sich von rein affirmativer Trivialliteratur zu unterscheiden, befeuert die Phantasie des Lesers/der Leserin aber wie diese durch gezielt gestreute Liebesplots und sexuelle Abenteuer, und hält durch zopf-artig verwobene Storylines genügend Abwechslung bereit, um auch ungeübte Leser bei der Stange zu halten. Vor allem aber schlägt sie ein langsames Tempo an und wiederholt alle für das Verständnis der Handlung wichtigen Informationen so oft, daß auch vorübergehend unkonzentriertes Lesen niemanden aus dem Buch wirft — unter anderem deshalb sind etwa Larssons Bücher auch dermaßen dick.

Im Fernsehen arbeiten Soap Operas und Daily Soaps mit ähnlichen Mitteln. Sind sie schlecht, merkt man die minütliche Wiederholung relevanter Wissensfragmente z.B. über den Charakter einer Figur an grottigen Dialogen („Daß Tanja ein Scheusal ist, weiß ich schon, seit sie meine Katze in den Betonmischer geworfen hat!“); bessere Soaps bauen solche Informationen subtiler ein. So wie die Krankenhaus-Soap-Sitcom, die so innovativ, unkonventionell und komisch war, daß sie in England zunächst nur ein kleines, aber dafür umso fanatischeres Gefolge hatte, alsbald zum Kult wurde und nun in meinen Top-10-Britcoms der Nullerjahre auf Platz zwei angelangt ist:

„Green Wing“ (2004 — 07, Channel 4)topten02b

„Green Wing“ erzählt in der Form einer Ensemble-Sitcom die Geschichte einer Krankenhaus-Belegschaft: Caroline Todd, zu Beginn der Serie Neuzugang in der Chirurgie, ist schon bald zwischen dem charmant-lässigen Dr. Mac und dem arroganten Anästhesisten Guy hin- und hergerissen; die Personalchefin Joanna Clore fügt ihrer obsessiven erotischen Beziehung zum Chefradiologen und Hochgeschwindigkeitsneurotiker Alan Statham ständig neue, bizarre Facetten hinzu; Statham führt einen lächerlichen Kleinkrieg mit dem Arzt im Praktikum Boyce, und Sue White, Staff Liaison Officer und damit Vertrauensfrau des Krankenhauspersonals, scheint komplett wahnsinnig zu sein. Jede Folge beschreibt einen Arbeitstag, und das Drehbuch spielt dabei alle mathematisch möglichen Begegnungen zwischen den Charakteren konsequent durch, den oben aufgeführten wie etlichen anderen, — mit immer wieder neuen, unfaßbar komischen Ergebnissen.

IstCaroline die Identifikationsfigur für den Zuschauer, so stellt das Nervenbündel Statham eines der komischen Epizentren der Serie dar: Der permanent haspelnde, verklemmte Statham mit seiner autoritätsheischenden, aber erbärmlichen Art ist die Zielscheibe des allgemeinen Spotts, und selbst wenn er sich mal an Boyce und seinen kindischen Pranks rächen will und seinerseits einen practical joke inszeniert, geht das nach hinten los:

Eine Auseinandersetzung über einen Parkplatz in nächster Nähe zum Krankenhaus, wie ihn Mac hat, Statham aber nicht, kann schon mal zu Besessenheit führen, die mit einem Streit mit dem Parkplatzpersonal beginnt…

…und mit dem Verspeisen einer Gallenblase endet:

Die Handlung der Serie ist typisch für Soaps: Mac und Guy tragen ihre Rivalitäten aus, Joanna Clore fürchtet sich vor dem Altwerden und würde deshalb gerne eine Affäre mit dem farbigen IT-Experten beginnen, Caroline schmeißt eine House-Warming-Party, Martin muß sich Prüfungen unterziehen und Mac überlegt, das Krankenhaus zu verlassen und woanders eine bessere Stelle anzunehmen.

Sensationell an „Green Wing“ ist aber, wie innerhalb dieser Soap die Figurencharakterisierung durch beständige Wiederholung funktioniert: Indem nämlich die Körpersprache der Figuren ebenso durch Zeitraffer und Zeitlupen verdeutlicht wird wie durch visuelle Gags, lange Einstellungen und einen brillianten Soundtrack und durch sketchartige Vignetten, nämlich die beschriebenen Zusammentreffen der Figuren in allen denkbaren Konstellationen. In diesen Miniaturen werden Charaktere so präzise porträtiert, wie es Dialoge kaum könnten — etwa in dieser Szene, wo Boyce und Martin um die Wette aus Schokoriegeln Türme bauen und Sue White dazukommt:

Überhaupt ist Sue White neben Statham eine weitere schillernde Figur, weil sie vollkommen unberechenbar ist:

Diese Mischung aus handlungstragenden und nur charakter-basierten Sketchen schlug sich in der Drehbucharbeit in unendlich vielen Zetteln nieder, die zusammen eine Folge ergaben und die, von den Autoren geschrieben, vor der Produktion immer aufs neue arrangiert wurden: für die Story relevante Szenen auf Zetteln in einer Farbe, freie Gags in anderen Farben, so lange umgruppiert und verschoben, bis stimmige, runde Episoden dabei herauskamen.

„Green Wing“ lebt zum einen von dieser außergewöhnlichen Herangehensweise, zum anderen aber von dem phantastischen Cast. Der ging, allen voran Stephen Mangan (Guy) und Michelle Gomez (Sue), so in seinen Rollen auf, daß etliche Szenen durch Improvisationen noch komischer wurden, als die Autoren sie vorher geschrieben hatten — sehr zum Leidwesen letzterer. Tamsin Greig (als Caroline) hatte sich zuvor in „Black Books“ Meriten erworben, Mark Heap (Statham) desgleichen als der Künstler Brian in „Spaced“, Oliver Chris (Boyce) war bereits aus „The Office“ bekannt. Sarah Alexander („Coupling“, „The Worst Week of My Life“), Michelle Gomez als Sue White („The Book Group“) und Pippa Haywood („The Brittas Empire“) unterstützten sie nach Kräften, in der zweiten Staffel ergänzt durch Sally Phillips („I’m Alan Partridge“). Hinter der Serie steckte das Team, das zuvor mit der Frauen-Sketchshow „Smack the Pony“ populär geworden war, allen voran Produzentin Victoria Pile, und hinter dem Soundtrack Trellis aka Jonathan Whitehead, der auch für „Nathan Barley“, „Black Books“, „Brass Eye“ und „The Day Today“ den Soundtrack besorgt hat.

Einziges Manko von „Green Wing“ ist, daß die zweite Staffel gegen Ende das hohe Niveau des Anfangs nicht mehr ganz halten konnte und mit einem Special endet, das ein wenig enttäuschte, weil es nicht mehr in der vertrauten Krankenhausumgebung spielte und die großen Erwartungen, die die Fans darauf gerichtet hatten, nicht erfüllen konnte. Dennoch ist „Green Wing“ eine der hierzulande weitgehend unbekannten Britcoms, die größere Bekanntheit, ja: unbedingtes Fantum auf jeden Fall verdient haben. Schon für diese Szene, in der Sue White einen schönen Teller Nabelschnüre ißt, was Guy allerdings erst nach einer beherzten Kostprobe erfährt:

PS: Ein Tip, der sich schon mehrfach bewährt hat: „Green Wing“ funktioniert bei vielen Zuschauern erst mit und nach der zweiten Episode, möglicherweise, weil man sich an den Stil erst gewöhnen muß, weil die erste Folge zum Teil aus der Pilotfolge besteht (mal drauf achten: Macs Frisur ändert sich in der ersten Episode mehrfach) oder weil erst die zweite Folge eine Serie überhaupt erst zur Serie und serielle Momente augefällig macht.

It’s the joggers I don’t trust

12. November 2009 8 Kommentare

Der sympathische Mensch hinter Manny Bianco, dem Buchhalter aus „Black Books“, der in der ersten Folge das „Little Book of Calm“ verschluckt und anschließend buddhistisch ruhig und oft sehr komisch ist, heißt Bill Bailey (und spielt in „Spaced“ den Comicladenverkäufer), und weil ich ihn nun endlich, endlich auch live (auf DVD, versteht sich) gesehen habe, muß ich hier einen weiteren Kaufbefehl äußern: „Tinselworm“, die letzte Live-DVD vor dem am 23. November erscheinenden „Bill Bailey’s Remarkable Guide to the Orchestra“.

Baileys surrealistisch-naive Art in Verbindung mit seinem musikalischen Talent (man erinnere sich an die erste Folge der zweiten Staffel „Black Books“) und der gigantomanischen Bühnenshow in Wembley erzeugt eine komische Atmosphäre, wie ich sie bislang selten bei Live-Comedy erlebt habe: ob Bailey über die Polizeisirenen in verschiedenen Ländern sinniert (der Ausschnitt ist allerdings nicht aus dem Wembley-Gig)…

…oder über die Türklingel des Papstes (hier aus dem Comedy-Programm zu Ehren von Prinz Charles anläßlich seines ichglaube Sechzigsten): Er ist immer brillant.


Wer sich bislang von Stand Up-Gigs auf DVD ferngehalten hat: der könnte mit Bill Baileys Shows einen Einstieg finden, denn Baileys Musik-Comedy ist leicht zugänglich, entwaffnend komisch und äußerst sympathisch.

Ah, und: Den Joggern traut er nicht, weil sie immer die sind, die die Leichen finden.