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Artikel Tagged ‘Steve Coogan’

Aha!

9. Februar 2019 Keine Kommentare

Ich bin sehr gespannt.

Fabulöse Mediathekenschlampen

2. September 2016 Keine Kommentare

Bei „Absolutely Fabulous“ (BBC1) erkennt man den Stellenwert schon an den Eckdaten der Serie: Original Series: 12 November 1992 — 7 Novermber 1996; Revived Series: 31 August 2001 — 25 December 2004; 20th Anniversary Specials: 25 December 2011 — 23 July 2012, so steht es bei Wikipedia; insgesamt sind es (nur, muss man sagen, wenn man US-Serien danebenhält) 39 Folgen in fünf Staffeln (plus Specials). Die Serie von Jennifer Saunders, in der sie neben Joanna Lumley auch die Hauptrolle spielt, ist einer der Klassiker der Britcom: die Geschichte zweier Karrierefrauen in PR und Modejournalismus, die rauchend, schwer trinkend und oft auf Drogen durch die Londoner Glitzerwelt stolpern, als enfants terrible der Emanzipation. Besonders Frauen und Schwule liebten die Serie, aber nicht nur: sie war Mainstream genug, um nur Kult zu bleiben, inspirierte am Ende auch „Sex and the City“ und verbreiterte die Straße für Comediennes beträchtlich, die schon die aufklärerische Welle der alternative comedy in Großbritannien angelegt hatte.

Nun kommt noch ein Kinofilm hinzu, der am 8. September auch in deutsche Kinos kommt.

Hauptplot: Edina Monsoon (Saunders) tötet versehentlich Kate Moss, woraufhin Patsy (Lumley) und sie fliehen müssen.

Das ist als Geschichte, nun ja, eher dünn; allerdings kommt es auf die Geschichte selbst auch gar nicht so sehr an. Viel interessanter ist, für Fans der Serie, das Wiedersehen mit all den Stars der Originalserie (insbesondere Jane Horrocks als unterbelichtete Assistentin Bubble und Julia Sawalha als spießige Tochter von Edina), und für alle anderen das immense Staraufgebot (das abermals den Stellenwert der Serie reflektiert): von Kate Moss selbst über Jean Paul Gaultier, Jerry Hall bis Stella McCartney gibt sich die Modeszene ein Stelldichein, die zahllosen Film- und Fernsehstar-Cameos will ich gar nicht spoilern (Jon Hamm und Gwendoline Christie sieht man ja im Trailer). Wikipedia listet allein 60 Cameos auf, von denen allerdings etliche vermutlich nur für intensive Kenner der Szene sind (ich wüsste jedenfalls nicht, wie etwa Perez Hilton aussieht).

Die Scherze sind, klarerweise hat Saunders selbst das Drehbuch geliefert, von der gleichen Güte wie früher: oft erfreulich drastisch, manchmal vielleicht ein bisschen allzu sehr mit der Zaunlatte — bei „Ab Fab“ war es einer der komischen Höhepunkte der Serie, als Edina in einer Szene einmal rückwärts aus ihrem Rolls Royce (oder war’s ein Bentley) gefallen ist: den identischen Gag feiert der Film (natürlich auch als Reminiszenz) gleich in den ersten Minuten sehr nebenbei ab.

Was leider auch von der gleichen Qualität ist wie die Serie, ist nicht nur die Dramaturgie (wie gesagt, der Plot ist so dünn wie ein Model auf dem Cover der Vogue), sondern auch die Bildgestaltung. Mandie Fletcher kommt vom Fernsehen und hat auch die letzten Folgen „Ab Fab“ gedreht, und leider ist ihr Stil dementsprechend wenig cineastisch: viele Halbnahen, viele Ausschnitte, in denen das Motiv so bildfüllend in Szene gesetzt ist, dass ich mir gewünscht hätte, jemand hätte die Kamera einfach mal ein paar Meter zurückgefahren — es ist doch Platz auf so einer Leinwand, man muss doch nicht alles übergroß zeigen! Ein bisschen Luft, ein bisschen Rahmen und Passepartout um die Hauptfiguren wäre schön gewesen.

So wirkt „Ab Fab, der Film“ leider wie eine überlange Reunion-Folge der Serie, die es ins Kino geschafft hat. Gestreckt mit allzu vielen Montagen, ästhetisch deutlich hinter dem, was etwa Steve Coogan mit dem Alan-Partridge-Film „Alpha Papa“ (2013) (oder die „Inbetweener“-Movies) geschafft haben, von den „Mr. Bean“-Filmen zu schweigen (die allerdings auch ein deutlich größeres Budget gehabt haben dürften). Und offenbar hat es auch niemand geschafft, Jennifer Saunders die größte Schwäche des Buches auszureden: die Flucht ins Ausland.

Das ist einer dieser Standard-Kniffe, die praktisch alle Fernsehserien-Filme gemacht haben: die eben schon erwähnten „Mr. Bean“-Filme wie die „Inbetweeners“, nur dass bei letzteren die innere Logik noch größer war als die hier, dass man nach dem „Mord“ an Kate Moss nämlich ins Ausland fliehen müsse: dass 18jährige nach dem Ende ihrer Schulzeit Weltreisen antreten, das akzeptiere ich sofort. Steve Coogan hat das klug erkannt und seinen Alan Partridge das genaue Gegenteil machen lassen: ihn noch weiter in die Provinz verlegt.

Trotzdem funktioniert „Ab Fab, der Film“, wenn man ihn als das nimmt, was er ist: eine etwas zu spät aufgelegte Kinofassung eines Specials, von der Fans bestimmt mehr haben als Zuschauer, die Edina und Patsy neu entdecken.

Die Britcoms des Jahres 2015

29. November 2015 5 Kommentare

Dieses Jahr stehen, weil ich mein Blog übers Jahr ein wenig vernachlässigt habe, wohl doch ein, zwei Neuigkeiten in dem alljährlichen Humorkritik Spezial, das gerade in der Dezemberausgabe der Titanic erschienen ist.

FUCK POLITICS!

Zu welchen Waffen soll politische Comedy noch greifen, wenn sie von der Wirklichkeit so in den Schatten gestellt wird wie unlängst in Großbritannien geschehen? Kein Wunder, dass sich die Britcoms des Jahres vollends ins Private verabschiedet haben.

David Cameron und das #piggate: Wenn die Wirklichkeit erst einmal so weit ist, dass in den Köpfen von Millionen Menschen Bilder vom Penis des ersten Mannes im Staate in der Schnauze einer toten Sau entstehen, dann hat die Comedy ein Problem. Dann haben nämlich die Nachrichten zur Satire aufgeschlossen: 2011, in der ersten Folge „Black Mirror“ (Channel 4) malte Charlie Brooker aus, wie eine englische Prinzessin entführt wird und die Forderung der Erpresser eben die ist: dass der Premier (Rory Kinnear) live im Fernsehen ein Schwein, nun ja, beglückt. Worauf dieser, nachdem er die Sympathien der Öffentlichkeit verliert, schließlich eingehen muss. So verblüffend waren die Parallelen, dass Brooker sich genötigt sah zu erklären, er habe selbstverständlich von diesem Detail aus Camerons Biographie nichts gewusst. Woher auch.

Life imitates art: Wenn selbst derart drastische Scherze in den Bereich des Möglichen rutschen, was bleibt da der Britcom noch übrig? Die politischen Sitcoms 2015 jedenfalls suchten ihr Heil darin, zu einer harmloseren, einer realistischeren Realität zurückzukehren: die „Ballott Monkeys“ (Channel 4) von Andy Hamilton und Guy Jenkin („Outnumbered“) hielten sich vorwiegend in den Omnbiussen von vier Wahlkampf-Teams auf, die bis zur General Election im Mai unterwegs waren und produzierten so eine dialoglastige Serie, die zwar recht komische Momente hatte, der Aktualität geschuldet aber keine große Halbwertszeit.

„Asylum“ (BBC4) dagegen nahm sich der Kasernierung eines egomanen Whistleblowers (Ben Miller) in einer Londoner Botschaft an (Julian Assange lässt grüßen) und bediente mit stark überzeichneten Figuren einen recht burlesken Humor — das allerdings nur mit sehr durchwachsenen Resultaten.

Die zweite Staffel „W1A“ (BBC2) dagegen, der wiederum sehr satirische Blick auf das Innenleben der BBC, war abermals brillant, womöglich sogar besser als die erste Staffel, und sicher die beste Serie unter den vorgenannten.

Das aber war’s dann auch mit politischer Satire. Der Rest: bleibt in der Familie.

„Boy Meets Girl“ (BBC2) etwa: Da hört man direkt schon im Titel das Understatement, mit dem prompt in der ersten Szene schon gebrochen wird. Denn das girl (39) ist in diesem Falle nicht nur deutlich älter als der boy (26), sondern war bis vor Kurzem noch ein Mann, jedenfalls dem äußerlichen Anschein nach. Dass „Boy Meets Girl“ aber trotz des großen Themas Transexualität eine old school Britcom ist: das ist genau die Größe dieser Serie, die zu den besten neuen Comedys des Jahres zählt. Denn mit dieser Normalität, ohne billige Witze mit Männern in Frauenkleidern, ohne dass die Protagonistin Judy (Rebecca Root, tatsächlich trans) dabei sad, bad or mad wäre, wie das Fernsehklischee es bis dato gebot, gab es tatsächlich noch keine Show über Transexualität. Auch Amazon Videos hochgelobtes „Transparent“ etwa kommt ja ohne melancholisch-problematisierende Töne nicht aus. Hier aber wurden in englischen Kritiken sogar Vergleiche mit „Gavin & Stacey“ (BBC3, 2007 – 10) gezogen, einer der wärmsten Familien-RomComs des letzten Jahrzehnts. Und in der Tat: Hie wie da sind es kulturelle Unterschiede (bei „Gavin & Stacey“ war ihre Familie aus der walisischen working class und seine aus der gehobenen Mittelschicht des Londoner Umlands), die für Reibung sorgen — aber eben absolut lösbare, praktische Konflikte, die keiner moralischen oder ethischen Diskussion bedurften, sondern dessen, was Engländer am Besten können: Diplomatie und Kompromisse. Fair play FTW!

Das nun ist die eine Möglichkeit, die viele DomComs des vergangenen Jahres nutzen: Das Familienleben mit einer ungewöhnlichen Idee aufzubohren. So tut es beispielsweise auch die zweite Staffel des ebenfalls sehr schönen „Catastrophe“ (Channel 4, siehe das Britcom-Humorkritik Spezial vom letzten Jahr), in dem Sharon (Sharon Horgan) und Rob (Rob Delaney) sich kaum kennen, aber zusammen ein Kind erwarten. Dieses Jahr ist schon das zweite da. Oder, und darauf sind verblüffend viele Britcom-Autoren 2015 gekommen, man bedient sich bei seiner Vergangenheit und verlegt gleich die ganze Serie in die Siebziger — oder adaptiert seine Kindheit in die Gegenwart.

So machen es die Schwestern Caitlin und Caroline Moran, erstere Times-Kolumnistin, in ihrer Sitcom „Raised By Wolves“ (Channel 4). Die beschreibt die Adoleszenz ihrer Autorinnen als fröhlich hippiesker Bodensatz der Gesellschaft ohne Schulbildung und Vater, dafür mit drei Geschwistern und einer Mutter mit ordentlich Durchsetzungskraft. Vor allem der 16jährigen Hauptdarstellerin Helen Monks als pummelige Germaine (Caitlin) ist es zu verdanken, dass „Raised By Wolves“ einer der Geheimtipps des letzten Jahres geworden ist: Monks’ Mimik und ihre Präsenz geben ihrer übersexualisierten Figur eine Energie, die ihre Dampfplauderei über ihre Vagina, ihre Periode und ihre notorische Geilheit auf einen gleichaltrigen bully zu einem komischen Trommelfeuer werden lässt, das nicht nur ihre Schwester (und vermutlich manchen Zuschauer), sondern auch ihre Mutter Della in den Wahnsinn treibt: „Living with you’s been like having a horny gorilla in the house.“ Immerhin können geile Gorillas ja auch sehr komisch sein. Wenn man nicht mit ihnen zusammenwohnen muss.

„The Kennedys“ (BBC1) und „Cradle To Grave“ (BBC2) dagegen verlegen ihren Schauplatz direkt in die Siebziger, aber während sich die „Kennedys“ (von Emma Kennedy autobiographisch angelegt) fast ein bisschen zu sehr auf alte Klischees (und das Talent von Katherine Parkinson) verlassen, lebt Danny Bakers ebenfalls autobiographische Serie, eine Art „Only Fools And Horses“ (BBC1, 1981 – 91) in den Siebzigern, von etwas authentischeren Tönen. Und von Hauptdarsteller Peter Kay („Phoenix Nights“).

Den ich allerdings für seine andere Sitcoms dieses Jahres mehr loben möchte: „Car Share“ (BBC1), eine Art Sitcom-Kammerspiel, das fast ausschließlich die Autofahrten zur Arbeit und nach Hause erzählt, bei denen John (Kay) seine Kollegin Kayleigh (Sian Gibson) zum Supermarkt mitnimmt, in dem sie beide arbeiten. Minimalistisch (heißt: kostengünstig), aber sehr komisch, weil ideenreich: Schon in der zweiten Folge etwa wird das Prinzip aufgebrochen, und wir finden die beiden nicht auf dem Arbeitsweg, sondern in einer Trauer-Kolonne für den verstorbenen trolley collector, der, wie es seinem Job entsprach, in einem Sarg auf einer Schlange Einkaufswagen seiner Beerdigung entgegengeschoben wird. Schön, dass Peter Kay nach Jahren der Bildschirmabstinenz wieder zu sehen ist.

Eine der bösesten Sitcoms des Jahres aber hat zwar einen Briten in der Hauptrolle: Steve Coogan, der im United Kingdom allmählich vermisst werden dürfte. Sie stammt aber aus den USA: „Happyish“ (Showtime) von Shalom Auslander. Sarkastischer wurden die Abgründe von Werbeagenturen nie beschrieben als hier, in diesem „Mad Men“-Antidot, das sich nicht zu schade ist, Coca Cola mit Faschismus gleichzusetzen. Aber dafür, dass es die ganze Zeit um Depressionen, Judentum und jugendliche, soziopathische Vorgesetzte geht, die Thom Payne (Coogan) das Leben zur Hölle machen, ist es doch ziemlich komisch geworden.

Genau das richtige für allzu besinnliche Weihnachtstage also.

Mangels Platz auf einer Doppelseite fehlen auch dieses Jahr natürlich wieder etliche Serien, unter anderen „Pompidou“ (BBC1) und „Sun Trap“ (dito BBC1), die diesjährigen Star-Vehikel für Matt Lucas („Little Britain“) respektive Kayvan Novak („Fonejacker“, „Four Lions“). Weil aber beide Serien derart medioker waren — erstere in ihrem Versuch, „Mr. Bean“ als verarmten Adeligen zu kopieren, letztere in ihrem Versuch, Novaks Wandlungsfähigkeit in einen hanebüchenen Schmarrn um einen Undercover-Journalisten in Spanien zur Schau zu stellen –, ist es (glaube ich) kein Verlust, dass sie hier nicht vorkommen.

Wer glaubt, es fehlt eine relevante Britcom des Jahres (etwa die neunte und letzte Staffel „Peep Show“, die derzeit läuft), schreibe das bitte in die Kommentare. Dann hole ich das ggf. nach und kann wengistens in der kommenden Jahresendabstimmung nochmal was dazu sagen.

If you’re happy and you know it shit your pants

10. Juni 2015 1 Kommentar

„HAPPYish. Created by Shalom Auslander. Starring Samuel Beckett, Albert Camus, and Dr. Alois Alzheimer“ lauten die Opening Credits von „Happyish“ (Showtime, sieben von zehn Folgen sind bereits gelaufen). Aber was soll uns das sagen?

Während man darüber noch mit zumindest einer halben Gehirnwindung nachdenkt (ja, der Autor heißt wirklich Shalom Auslander), stellt „Happyish“ uns Thom (Steve Coogan) vor, der gerade 44 wird und Werber in New York ist, und der (nach einem Eingangs-rant gegen den Begriff der pursuit of happiness) es hinter einer freundlichen und positiven Attitüde versteckt (oder das zumindest versucht), dass er seinen Job, seine Vorgesetzten, das ganze Leben hasst. Mit Ausnahme seiner Frau Lee (Kathryn Hahn, „Parks and Recreation“) und seines kleinen Sohnes. Andere Kinder dagegen hasst er durchaus und bezeichnet sie als „fucking assholes“, zumindest das von einem befreundeten Ehepaar mitgebrachte Kind, über das sogar die eigene Mutter und ihr neuer Mann schlecht reden: „He’s an asshole because his father was an asshole.“ — „Still. Your ex is still an asshole.“ — „An asshole doesn’t fall far from the tree.“

Alles Arschlöcher also, Gott sowieso, Menschen aber genauso, vor allem die beiden Millenial-Kids aus Schweden, die Thom in seiner Werbeagentur vor die Nase gesetzt bekommt und die sich zwar gut in Sachen social media auskennen, aber von klassischer Werbung keine Ahnung haben. Jedenfalls nicht in Thoms Augen. Und wer würde schon Pepto Bismol, wer würde mithin einem Mittel gegen Sodbrennen auf Twitter folgen?

Thoms Leben ist also die Hölle: die Hölle eines Mittvierzigers, den seine Jugendlichkeit langsam verlässt, der sein Leben lang mit Scheiße verbracht hat: mit Werbung. Denn natürlich ist Werbung nicht glamourös, schon gar nicht so wie in „Mad Men“, sondern das Hinterletzte. Der „Mad Men“-Vergleich fällt auch tatsächlich gleich, und schon damit dürfte es sich „Happyish“ bei einem Gutteil der amerikanischen Fernsehkritiker (z.B. bei Alan Sepinwall) verscherzt haben. (Tatsächlich hat „Happyish“ laut Rottentomatoes bei Kritikern auch nur 30 Prozent Zustimmung, bei Zuschauern aber über 70.)

Thom hasst es, wenig Zeit für seinen Sohn zu haben, die Entlassungswelle in der Agentur mittragen zu müssen und dem Schwachsinn von Kunden und Vorgesetzten ausgesetzt zu sein — etwa Rob Reiner (der sich selbst spielt) als Regisseur einer neuen Cookies-Kampagne, der die Comicelfen durch Kleinwüchsige mit echten Problemen ersetzen will (Krebs, Arbeitslosigkeit). Woraufhin Thom Ärger mit seinen Freunden, den Comicelfen, kriegt.

Denn ja, in jeder Folge treiben entweder animierte Werbefiguren ihr Unwesen, ob es ein Logo-Gecko ist, den Thom natürlich tritt, schlägt und überfährt, oder die Comicelfen oder ein Raumschiff, das Thom und Lee leider nicht mitnimmt. Das ist kurz unterhaltsam, dann nervt es leider etwas, vor allem der Schock-Anteil der Comedy, den 15jährige bestimmt superlustig finden (Comicelfen, die sich erschießen!), aber auf die zielt „Happyish“ ansonsten eher nicht (auf die 15jährigen, meine ich).

„Happyish“ zielt, wie auch „Togetherness“ (HBO, 2015) und „Catastrophe“ (Chanel 4, 2015), auf Menschen meiner Alterskohorte: Mittvierziger, die gerade noch jung waren und nun schon von der nächsten Generation weggespült zu werden drohen, festgefahren in ihren Jobs, die auch dadurch nicht erträglicher werden, dass man jugendlich-coole Hemden trägt („This one says ‚asshole‘ … this one? ‚Half asshole‘ maybe?“). Dabei ist „Happyish“ düster, szenenweise unerträglich düster sogar. Englisch also, was den Ton der Comedy angeht, und Steve Coogan scheint eine ideale Besetzung für Thom zu sein.

Dabei sollte eigentlich Philip Seymour Hoffman diese Figur spielen, hat es in einem (nicht ausgestrahlten) Piloten auch getan. Es wäre seine erste Fernsehrolle gewesen.

Was allerdings gänzlich unenglisch an „Happyish“ ist, ist der moralische Unterton. Der ist sehr amerikanisch. Die ganze Düsterkeit, all der beißende jüdische Selbsthass (Lee ist Jüdin und hat speziell unter ihrer Mutter wohl sehr zu leiden gehabt), die Hoffnungslosigkeit gegenüber Holocaust, Tod und Schuld, hat hier eine moralische Komponente, es scheint dauernd Klage wie Anklage geführt zu werden, was eine britische Sitcom eher nicht tun würde.

Dafür wäre eine britische Sitcom u.U. hin und wieder etwas komischer. Denn selbst wenn man nicht die Beschwerde vorbringen will, die US-Kritiker (wie auch der Guardian) führen: dass Thom und Lee, mit denen wir uns ja identifizieren sollen, wahnsinnig prätentiös und unsympathisch sind (genauso wie das Namedropping im Vorspann, wo noch Sigmund Freud und Adolf Hitler auftauchen), und dass sie nie glücklich wären, egal was passiert, und dass sie immer etwas zu hassen fänden („If he wasn’t complaining about the internet, it would be telephones or electric lightbulbs or women who show their ankles in public“, wie es der Guardian-Kritiker etwas gehässig formuliert), selbst wenn man also nicht die Frage stellt: Warum, um Himmels willen, machst du denn die ganze Scheiße, wenn du alles so schrecklich findest? — dann muss man doch attestieren: „Happyish“ könnte hin und wieder ein bisschen komischer sein, ein, zwei Gags mehr einbauen.

Also: Richtige Gags, nicht nur wieder Schock-Gags, obwohl auch die ja durchaus gut sein können — zum Beispiel der, wo es (ausgerechnet!) um den Cola-Werbespot von 1976 geht, den sog. Hilltop-Spot, der eine zentrale Rolle in der letzten Folge „Mad Men“ spielt, und der hier (leider in Begleitung eines nur ähnlichen Songs, offenbar waren die Rechte an „I’d Like to Teach the World to Sing“ zu teuer) ebenfalls zentral vorkommt, und wo … nein, das verrate ich jetzt nicht. Es ist jedenfalls die gleiche Folge, in der der Thoms Vorgesetzter Jonathan (sympathisch: Bradley Whitford, „West Wing“), der ohnehin ISIS und Al Qaida für ihre Marketingtechnik bewundert, dieses Buch herauszieht und es als die ultimative Werber-Bibel bezeichnet, und schließlich wolle Cola ja ebenfalls nichts anderes als die Weltherrschaft …

… das ist dann doch ein bisschen ehrlicher und lustiger als „Mad Men“.

Schön böser Onkel

22. Februar 2014 4 Kommentare

Es ist dann doch nicht alles so böse und finster, wie man zuerst denkt.

Aber erstmal liegt Onkel Andy (Nick Helm), moppelig und unrasiert, mit Liebeskummer in der Badewanne und macht Anstalten, seinem Versagerleben ein Ende zu setzen. Freundin Gwen (Sydney Rae White) hat ihn verlassen, seine „Karriere“ als Musiker findet ausschließlich in seiner Phantasie statt, und Andy ist kurz davor, ein Radio im Wasser zu versenken, als seine Schwester Sam anruft (Daisy Haggard, momentan auch in der sehr guten dritten Staffel „Episodes“ als humorlose Comedy-Senderchefin zu sehen): Ob Andy nicht seinen Neffen Errol (Elliot Speller-Gillott) von der Schule abholen könnte?

Andy lässt sich breitschlagen und holt den spießigen, nerdigen, von Allergien und Naivität geplagten zwölfjährigen „Roly“ von der Schule ab — Vorhang auf für eine neue Variation des odd couple, Vorhang auf für „Uncle“ (BBC3, alle sechs Folgen sind bereits gelaufen).

Das  Verhältnis der beiden ist sofort ziemlich angespannt („Why couldn’t mom pick me up?“ — „Because she’s dead. I’ve come to take you to identify the body.“ — „That’s not funny.“ — „Well, I’m only a chauffeur, I’m not a bloody comedian“), doch dann stellt sich heraus, dass Roly Andy womöglich nützen kann, nämlich dabei, seine Angebetete Gwen zurückzuerobern, indem er ihn als seinen eigenen Sohn und sich als Alleinerziehenden ausgibt („About a Boy“ lässt grüßen). Auch wenn er Roly dazu in den Schwulen-Nachtclub ihres Vaters Val schleifen muss (Con O’Neill in einer Rolle als Transsexueller, für die Noel Fielding leider zwanzig Jahre zu jung war).

Klar ist das alles ein bisschen düster. „Uncle“ trägt deutlich die Handschrift der Produktionsfirma Baby Cow, deren Produzenten Steve Coogan und Henry Normal auch hier ein Händchen für Nachwuchstalent bewiesen haben, indem sie Oliver Refson haben schreiben und Regie führen lassen.

Aber „Uncle“ wird recht zügig auch warm und herzlich. Denn natürlich kann Andy nicht zulassen, dass sein Neffe während eines Kindergeburtstags vom stiernackigen Gastgebersöhnchen gequält wird. Natürlich will er Roly teilhaben lassen an seinem, Andys, großen Wissensschatz über Frauen und das Leben („Now, jokes. Women love good jokes. For instance, why do blondes wear knickers?“ — „Why?“ — „To keep their ankles warm“). Und natürlich nützt es ihm, Andy, selbst am meisten, mit seinem Neffen eine Band zu gründen (mit der er an einem Wettbewerb im Gayclub teilnehmen will), aber auch Roly hat etwas davon, denn so kommt er seiner, Rolys, eigener Flamme näher.

Überhaupt, die Musik. Refson hat in jede Folge einen Song eingebaut, meist plus zugehörigem Video. Die funktionieren auch für sich ganz prima, auch wenn es vermutlich nützt, die Figur Andy zu kennen, um die melodramatische Großspurigkeit etwa von „No Survivors“ komisch zu finden, das die BBC dankenswerterweise in voller Länge online bereitstellt:

Zum Schluss ist es nicht Andy, der den Plattenvertrag erhält (von Gaststar Kayvan „Four Lions“ Novak), sondern Roly. Dafür wird Andy noch von Rolys Vater Ben gedemütigt (eine weitere Paraderolle für Nicholas „Nathan Barley“ Burns), von der Ex-Schwiegermutter seiner Schwester und natürlich von Caspar, dem neuen Freund Gwens. Aber zum Glück gibt es ja immer noch die Familie — wenn sie hier auch schon fast mehr Patchwork als Familie ist. „We don’t need to be friends, darling, we’re family“, heißt es in einer Szene.

Im noch recht jungen Britcom-Jahr 2014 gehört „Uncle“ vorläufig zu meinen Favoriten. Viel britischer wird’s nicht als hier: Schmutzig, lustig und düster. Ein Loser erster Kajüte und ein altkluger Rotzlöffel in den Hauptrollen, sympathische Transsexuelle und rekonvaleszente Drogenabhängige in den Nebenrollen, dazu ein paar gute Frauen (neben Sam etwa Rolys Lehrerin Melodie (Esther Smith)) — das gibt schon mal ziemlich viele von zehn Punkten.

„Uncle“ war im Königreich sowohl ein Quoten- als auch ein Kritikererfolg, die BBC hat schon eine weitere Staffel „Uncle“ bestellt, und die erste erscheint deshalb leider erst Anfang 2015 auf DVD.

Kleiner Mann auf großer Leinwand

6. Dezember 2013 2 Kommentare

Muss man die „Alan Partridge„-Saga von drei Staffeln Sitcom, zwei Specials, einer Mini-Series und etlichen kleinen Auftritten in „The Day Today“ (BBC2, 1994) gesehen haben, um Alan in seinem erste großen Kinofilm „Alan Partridge: Alpha Papa“ genießen zu können?

Nein. Aber es hilft.

Ein Kinofilm braucht große Bilder, und „Alpha Papa“ liefert: eine Geiselnahme und die daran anschließenden Verfolgungsjagd durch die nordenglische Provinz samt großem Polizeiaufgebot, Schießereien und Menschen, die in Toilettenfenster klettern wollen und dabei ihre Hose verlieren. Die Geschichte dreht sich dabei um eine kleine Digitalradiostation, North Norfolk Digital, die von ihren neuen Eigentümern zwangsverjugendlicht werden soll — weg mit dem alten gemütlichen Radiogeplauder, her mit formatiertem Jinglegeballer und der aufgekratzten guten Laune von Frühstücksradiozombies.


Alan, mittlerweile Mitte fünfzig, und sein irischer Kollege Pat (Colm Meaney) stehen ganz oben auf der Abschussliste, und nachdem Alan Pat im Handumdrehen verraten und verkauft hat, dreht der durch, nimmt Geiseln und beginnt, aus der besetzten Radiostation sein eigenes Programm zu senden — mit Alan als von der Polizei ausgewähltem Vermittler und Pats partner in crime („guest“, korrigiert Alan Pat schnell). Doch früher oder später muss Pat darauf kommen, dass niemand anderes als Alan für Pats Rauswurf verantwortlich ist.

Alan Partridge wieselt sich mal wieder durch und changiert zwischen Entsetzen und Schwäche angesichts der großen Aufgabe und einem überdimensional aufgeblasenem Ego, das er aus seiner Rolle als „Gesicht der Geiselnahme“ zieht. Zu dem wird er von den lokalen Medien schnell gemacht, und diese Rolle nimmt er gerne an, nicht zuletzt, weil der Chef der neuen Besitzer von North Norfolk Digital (oder Shape, wie die Station inzwischen heißt), ihm einen prominenten Moderatorenposten in Aussicht stellt.

Steve Coogan, Armando Iannucci, Peter Baynham und Neil und Rob Gibbons als Autoren sowie Declan Lowney als Regisseur (der auch schon bei „Father Ted“ Regie geführt hat) ist mit „Alpha Papa“ eine gute Mischung aus Slapstick und „Alanisms“ gelungen, den für Alan typischen Weisheiten („Never, never critisise Muslims! Only Christians! And Jews a little bit.“) Viele Figuren aus dem Partridge-Universum tauchen wieder auf: seine verhärmte Assistentin Lynn (Felicity Montague, kaum verändert seit damals), Alans Moderatorenkollege Dave Clifton (Phil Cornwell) und, hier nicht als Hotelangestellter, jedoch abermals als beinah unverständlicher Geordie, Simon Greenall. Und auch Alans Sidekick seit der Fosters-Miniserie, Simon (Tim Key), als der viel schlagfertigere, komischere, aber stets von Alan geduckte Comoderator, funktioniert hier gut.

Aber obwohl „Alpha Papa“ kein Reboot ist (anders als etwa „In The Loop“, das zwar deutlich auf „The Thick of It“ beruhte, aber in einer Art Paralleluniversum zu spielen schien), haben Coogan und Co. klugerweise darauf verzichtet, allzu viele Anspielungen und Bezugnahmen auf Alans Vergangenheit einzubauen — sein Markenzeichen, das „Ahaaa“ aus „Knowing Me, Knowing You“ (BBC2, 1994) taucht zum Beispiel gar nicht mehr auf. Der Film, das versteht sich ohnehin von selbst, soll eigenständig funktionieren, und das tut er auch.

Fast.

Denn ein kleines Problem scheint mir doch nicht ganz gelöst worden zu sein: Alan Partridges Charakter musste sich für den Film ändern. Alan ist nicht mehr so ein Arschloch wie früher, er braucht für 90 Minuten einfach die Sympathie des Zuschauers, sonst würde er vermutlich unerträglich. Aber prompt ist er eben nicht mehr ganz Alan Partridge — und „Alpha Papa“ ist, wie ein Kritiker schrieb, darum eigentlich mehr ein Film, wie ihn Alan Partridge über Alan Partridge drehen würde: einer, in dem Alan auch mal Held sein darf.

Zu dem wird er nämlich zwischendurch: in einer Wendung des Films ist Alan (und auch Pat, dem seine Zuhörer am Rande der Verfolgungsjagd zujubeln) plötzlich ein Widerstandskämpfer, er steht auf einmal für die Unbeugsamkeit des kleinen Mannes, der gegen die Zurichtung des Großkapitals aufbegehrt. Eine Wendung, die ich sehr lustig fand, die aber im Film nicht so weit ausgespielt wird, wie ich es kurz vermutet habe — weil sie nämlich im Grunde gegen die Figur Alans geht: Niemals, nie im Leben hätten dem „alten“ Alan Partridge seine Zuhörer zugejubelt. Ganz im Gegenteil. Sie hätten ihn mit faulen Eiern beworfen.

Am lustigsten war Alan früher, als er klein, schwach und jämmerlich und doch von oben herab war, als er seine Position als Moderator dazu ausnutzte, seine Gäste klein zu machen und sie, wenn auch nicht immer absichtlich, ihre Defizite spüren zu lassen. Er war ein Würstchen, unreif in seinen sozialen Umgangsformen, hin und wieder trotzig, immer feige. Sich dessen aber nicht so bewusst wie beispielsweise David Brent. Er war kein Held, kein Retter des alten Radios vor dem gesichtlosen Formatradio. Er war ein Jammerlappen.

Der ist er hier nicht mehr, kann es vielleicht auch innerhalb des Filmformats auch nicht sein, ist aber trotzdem noch ein kleiner Mann auf einer (zu) großen Leinwand — ein Dilemma, das sich vermutlich kaum lösen ließ.

Das ruiniert den Film keineswegs, „Alpha Papa“ ist nach „The World’s End“ der komischste britische Film des Jahres. Aber er wirkt weniger filmisch als „The World’s End“, ist weniger großes Kino als eben Fernsehen, ins Kino übersetzt. Vielleicht hat er auch deswegen den Sprung nach Amerika und auf den Kontinent (soweit ich weiß) nicht geschafft, anders als „The World’s End“.

Vielleicht hätte „Alpha Papa“, um an äußerer wie innerer Größe zu gewinnen, dann eben doch den Trick anwenden sollen, den das „Inbetweeners“-Movie angewendet hat (wie auch „In The Loop“, die „Mister Bean“-Filme und bestimmt noch ein paar andere, die aus Fernsehserien entstanden sind) — und ins Ausland gehen, etwa in die USA. Das haben die Produzenten von „Alpha Papa“ recht schnell ausgeschlossen, und ich bewundere sie für diese Entscheidung, weil sie dafür spricht, dass Iannucci, Baynham und Coogan dem Charakter Alans treu zu bleiben versuchten, der nun einmal in die Provinz gehört.

Aber für den Film wäre ein ganz anderes Setting dann vielleicht doch eine stabilere Grundlage gewesen.

„Alpha Papa“ ist seit Montag auf DVD und BluRay erhältlich.