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Artikel Tagged ‘The Larry Sanders Show’

Comedy im Sommerloch

16. August 2010 4 Kommentare

Der August ist traditionell der Monat, in dem die BBC all die Shows verklappt, an die sie nicht mehr so recht glaubt, die aber schon produziert sind und versendet werden müssen. Gut versteckt vor allen, die Ferien haben und im Urlaub sind — aber natürlich nicht gut genug für dieses Blog. Die Comedy-Flut, die in den letzten Wochen losgebrochen ist, verheißt da nichts Gutes. Und in der Tat: Das meiste davon kann man sich sparen. Insbesondere

„Roger and Val Have Just Got In“ (BBC2). Alfred Molina und Dawn French in einem Comedy-Kammer- bzw. Kummerspiel der besonderen Art — nämlich der besonders langweiligen. Der Zuschauer darf dem „middle aged“ (BBC) Ehepaar (btw: Molina ist 57, Dawn French 52) bei der Erörterung alltäglicher Themen zusehen: Muß man alle Quittungen für alle Haushaltsgegenstände über Jahre hinweg aufbewahren? Und gelten Garantien noch, wenn man sie aus Versehen zerrissen und dann mit Tesa geklebt hat? Mildly amusing für alle, deren bevorzugte Saunatemperatur bei 23,5 °C liegt; mir ist allerdings nicht ganz klar, was Molina an den Dialogen so superspitze fand, daß er (der immerhin einer der allerbeliebtesten Schauspieler der Briten ist) sofort zugesagt hat. Dabei war er in „An Education“ doch so gut! Für Dawn French gilt ähnliches, jedenfalls in der Hinsicht, daß sie in England unfaßbar beliebt ist. Ihr letzter sehenswerter Auftritt liegt allerdings schon etwas länger zurück.

„Grandma’s House“ (BBC2). Welchen Schluß soll man aus dem Erfolg von x Staffeln „Larry Sanders“, sieben Staffeln „Curb Your Enthusiasm“, drei Staffeln „Lead Balloon“ und der zweiten Staffel „Extras“ ziehen? Daß es nun langsam langt mit Comedians, die, sobald das Rotlicht erloschen ist, sauertöpfisch, unleidlich und/oder merkwürdig werden? Oder daß man jetzt endlich mal eine Serie machen sollte, in der ein Comedian sich im Privatleben als verschroben, distanziert und unsympathisch herausstellt? Simon Amstell, bis vor kurzem Host der Comedy-Panelshow „Never Mind The Buzzcocks“, war eben dort berühmt dafür, noch recht jung, dafür aber schon sehr fies zu seinen Gästen zu sein. Dann warf er das Handtuch, um vielleicht ein bißchen schauzuspielen. Und tataa: schon sehen wir ihn in einer Sitcom, wo er sich selbst spielt und wo im Kreise von Mutter (Rebecca Front) und weiterer Verwandtschaft erörtert bzw. nicht erörtert wird, ob es klug war, die Fernsehkarriere hinzuwerfen, um ein bißchen schauzuspielen. Sehr meta. Ob es klug war, wird sich noch zeigen — schauspielen scheint jedenfalls nicht Amstells größtes Talent zu sein.

Eine überraschend gute Variante des Themas Comedians, die im Privatleben voll unlustig sind ist übrigens (ausführliche Kritik folgt, sobald ich die zweite Staffel gesehen habe) „Happiness“ (BBC2, 2001 – 03). Zu unrecht vergessen, spielt darin Paul Whitehouse einen Comedian mit Identitätskrise: Er schreibt und spricht einen Fernseh-Knetgummibär (den Ninja-Krankenschwester-Bär Dexter), den alle Welt liebt — aber ihn, den Mann hinter dem Bär, kennt niemand… Sehr melancholisch, fast eine Melanchomedy (aua!), und top besetzt nicht nur mit Whitehouse, sondern auch mit dem jungen und sehr guten Johnny Vegas, Fiona Allen und Mark Heap, den man zuletzt gesehen hat in

„The Great Outdoors“ (BBC4). Die haben sich zuletzt leider als doch nicht so great entpuppt, muß ich einräumen. Mark Heap ist zwar immer gut als Mark Heap, die Drehbücher aber mäanderten doch recht ziellos herum und zogen sich wie, nun ja, Wanderungen bei Regen. Nicht schlimm, daß BBC4 davon nur drei Folgen in Auftrag gegeben hat.

Soviel erstmal als Sommer-Comedy-Zwischenbilanz. Vielleicht werden sie ja noch besser, die Comedy und das Wetter.

Hey now: Larry Sanders bald auf DVD?

3. März 2010 1 Kommentar

Die „Larry Sanders Show“ könnte, zwölf Jahre nach der letzten Folge, bald erstmals komplett auf DVD erscheinen. Das berichtet Chortle. Die brillante Mediensatire von Garry Shandling, ausgestrahlt von 1992 – 1998 auf HBO, war bislang nur in kleinen Teilen als „Best of“ erhältlich, obwohl sie nicht nur zahllose Preise (vier American Comedy Awards, BAFTA, drei Emmys, Rose d’Or) abgeräumt, sondern auch etlichen ähnlichen Shows den Weg bereitet hat — namentlich „Curb Your Enthusiasm“, „Knowing Me, Knowing You With Alan Partridge“ und „Extras“.

Die „Larry Sanders Show“ spielt vor und hinter den Kulissen einer Late Night Show, deren Gastgeber Sanders unter einer Maske der Freundlichkeit häufig als egozentrisch, hinterhältig und kleinkariert zu erkennen ist und bei seinen Gästen (u.a. Robin Williams, Roseanne Barr, Billy Crystal, Jon Stewart, Jim Carrey und Ellen DeGeneres) meist nicht den besten Eindruck hinterläßt. Verblüffend ähnlich mit seiner Rolle war Shandling im Interview mit Ricky Gervais für dessen „Ricky Gervais meets…“-Serie von 2006, für die Gervais seine Comedy-Heroen besuchte. Kann ich jedem empfehlen, der einmal zwei extrem verspannten Comedians dabei zusehen will, wie sie immer kühlere Frotzeleien austauschen.

Alle 89 Folgen könnten noch im Herbst erscheinen, wenn auch vermutlich nur in den USA und dementsprechend als Region 1-DVDs.

Animierte Tapeten

25. Februar 2009 1 Kommentar

Bin ich das, oder hat Fernsehen tatsächlich bessere Chancen, glaubwürdig zu sein, wenn es sich um sich selbst dreht? Ich jedenfalls habe eine ausgesprochene Vorliebe für Sitcoms, die vom Fernsehen (und Film) handeln: „Entourage“, um mal eine Serie zu erwähnen, um die es hier noch nicht tausendmal gegangen ist, „30 Rock“, „Larry Sanders“ und natürlich „Curb“; aus England klarerweise alle Alan Partridge-Serien, mit „Garth Marenghi’s Darkplace“ und „Rob Brydon’s Anually Retentive“ konnte ich allerdings nicht ganz so viel anfangen (zu viele In-Jokes), dafür wiederum mehr mit der Big Brother-Zombie-Serie „Dead Set„.

Hinter den Kulissen einer Fernsehserie spielt nicht nur die zweite Staffel „Extras“, sondern auch das vor knapp einem Jahr zum ersten Mal ausgestrahlte Moving Wallpaper. „Moving Wallpaper“ steht für anspruchsloses Fernsehen oder, abschätzig, Fernsehen insgesamt, und abschätzig gegenüber seinem Job ist auch die Hauptfigur hier: der knallharte Produzent Jonathan Pope (Ben Miller, „The Worst Week Of My Life“). Der wird zwei Wochen vor Sendebeginn für eine neuen Soap namens „Polnarren“ von ITV abgestellt, die Show auf Vordermann zu bringen, und tut das auch prompt: Aus einer sozialkritischen, anspruchsvollen Soap über das schwere Leben der Küstenbewohner Cornwalls wird im Handumdrehen „Echo Beach“, inklusive völlig überarbeiteter Drehbücher, einem Surf-Shop und Jason Donovan in der Hauptrolle — ja, der aus „Neighbours“, der Stock-Aitken-Waterman-„Sealed With a Kiss“-Australier Jason Donovan. Pope hat ein Ziel: Er will mindestens einen „British Soap Award“ — und dementsprechend plant er die Serie so, daß jede Kategorie („Most Dramatic Episode“, „Villain Of The Year“) bedient wird. Dabei ist er zwar über die Maßen egoistisch und gefühllos, also ein weiteres Serien-Ekel, in das man sich prima verlieben kann, aber auch eher ahnunglos. Seine Erfolge basieren mehr auf Zufall und der Zuarbeit seines Teams als auf seiner Kompetenz. Was Nancy Heads (Raquel Cassidy, „Lead Balloon“), Head Of Continuing Drama bei ITV, natürlich bemerkt. Und alles unternimmt, Pope so schnell als möglich zu feuern.

Fast amerikanisch sähe „Moving Wallpaper“ aus, wäre die „Echo Beach“-Produktion nicht so klein, mit einer knappen Handvoll Autoren, einer zickigen Möchtegernschauspielerin und einem Set, das wegen knappen Budgets „gedalekt“ werden muß, sprich: im Wesentlichen aus dem gleichen Pappmaché gebaut werden muß wie seinerzeit die ultrabilligen „Doctor Who“-Roboter. Der Clou bei „Moving Wallpaper“ allerdings ist: Es geht nicht um eine fiktionale Serie — „Echo Beach“ gibt es tatsächlich. Es spielt in Cornwall, hat einen Surfshop, und in der Hauptrolle zu sehen ist Jason Donovan. Alles, worauf bei „Moving Wallpaper“ angespielt wird, ob Pope ein kleines Mädchen zum Weinen bringt oder es um eine dramatische Explosion geht, die aber niemanden töten darf, ist bei „Echo Beach“ (ebenfalls ITV) zu sehen. Eine nachgerade geniale Idee von verschränkten Wirklichkeiten, die weidlich genutzt wird für Anspielungen auf britisches Fernsehen, Schauspieler, die Schauspieler spielen, die Schauspieler spielen — unendliche Möglichkeiten, die sich auftun. Leider hat diese TV-Version einer Matrioschka einen kleinen Haken: „Echo Beach“ ist durchaus keine Parodie, sondern ernst gemeint. Möglicherweise war genau das die Herausforderung für das „Moving Wallpaper“-Team, daß die „fiktionale“ Serie als eben das funktionieren sollte, was sie darstellte; der „Moving Wallpaper“-Zuschauer jedoch sieht sich mit einer eher langweiligen und unglaubwürdigen Soap konfrontiert, die einfach nicht lustig ist. Weil sie es nicht sein will.

„Moving Wallpaper“ aber funktioniert gut, und hat, anders als „Echo Beach“, daher eine zweite Staffel bekommen, in der es nun um „Renaissance“, eine One-Off Zombie-Show, geht. — Zombie-Show? Ich bin gespannt!

Meine DVD übrigens enthält keine Untertitel, was umso bedauerlicher ist, als viele Anspielungen auf britisches Alltags-TV für Leute, die es nicht gesehen haben können, ohnehin schwer verständlich sind.