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Artikel Tagged ‘The Office (US)’

Kaufbefehl

1. August 2013 4 Kommentare

Bedauerlicherweise verlassen mitten in der nächsten, der sechsten Staffel von „Parks and Recreation“ sowohl Rob „Chris Traeger“ Lowe als auch Rashida „Ann Perkins“ Jones die Serie. Allerdings werde ich Lowe, dem ich so viel Selbstironie nie zugetraut hätte, vermutlich mehr vermissen als die Figur der Anne Perkins. Die hatte in den letzten Staffeln kein richtig klares Ziel mehr, und die Plot Line, in der sie mit Chris Traeger versucht, ein Baby zu bekommen, erschien mir als eher schwacher Versuch, dieses grundlegende Problem zu kaschieren.

Nichtsdestoweniger gilt meine Kaufempfehlung für die ersten Staffeln, die in der aktuellen Titanic steht, aber uneingeschränkt.

Einen geharnischten Dank möchte ich der BBC an dieser Stelle aussprechen für ihre weise Entscheidung, die phantastische US-Sitcom »Parks and Recreation« (NBC, seit 2009; siehe Titanic 6/2011) auszustrahlen. Danken will ich indes nicht, weil die Briten nun endlich mal eine gute Sitcom zu sehen bekommen, sondern weil »Parks and Recreation« durch diesen Editionsvorgang zum ersten Mal auf in Europa abspielbaren DVDs herausgekommen ist: Im Laufe der letzten Wochen sind bereits die ersten drei Staffeln erschienen, die vierte erscheint Januar 2014. Jedenfalls wenn es nach mir geht.

Denn eine vergleichbar brillant komische und gleichermaßen satirische Sitcom ist mir noch nie untergekommen: Amy Poehler, die gerade Tina Fey als komischste amerikanische Komödiantin ablöst, hat in der Figur der Leslie Knope ihre Paraderolle gefunden. In dieser darf sie als Leiterin des Grünflächenamts eines winzigen und extrem muffigen US-Kaffs gegen bürokratische Wände laufen, um ihren Traum von einer Kleinstadtwelt voller kleinstädtischer Stadtparks zu verwirklichen — unterstützt von notorisch faulen Praktikantinnen, übermotivierten Stadtplanern und Vorgesetzten.

»Parks and Recs«, wie die Fans sagen, stammt von den Machern der US-Version von »The Office« und hat sich auch in der kürzlich ausgestrahlten fünften Staffel noch keineswegs totgelaufen. Allein das darf zu den Wundern gezählt werden, die offenbar auch bei großen US-Networks noch möglich sind: kleine, feine Sitcoms für ein feines, kleines Minderheitenpublikum. Bitte sofort alle Staffeln bestellen!

Recreational Comedy

26. April 2011 5 Kommentare

Gerade als man dachte, der große Sitcomtrend der letzten Dekade sei tot, läuft nun doch noch eine Mockumentary im Stile von „The Office“ zu neuen Höchstformen auf: „Parks and Recreation“ (NBC) dürfte derzeit neben „Modern Family“ die beste US-Sitcom sein. Denn sie gibt dem dokumentarischen Stil das zurück, was bei der amerikanischen „Office“-Version zuletzt arg fehlte: Relevanz.

Man könnte es beinah satirisch nennen, wie „Parks and Recreation“ die kommunale Politik in der amerikanischen Provinz beschreibt: Leslie Knope (Amy Poehler) ist die stellvertretende Leiterin der Abteilung „Parks und Erholung“ im (fiktiven) Städtchen Pawnee, Indiana. Ihr ungebrochener Enthusiasmus für Grünanlagen, Spielplätze und ihren Job kollidiert ständig mit der Haltung ihrer Kollegen, die längst resigniert haben, auf ihre Verrentung warten, nur ihren eigenen Vorteil suchen oder ganz generell gegen jede Form von Staat und Regierung sind, wie ihr Vorgesetzter Ron Swanson (hervorragend mit Betonfrisur, Schnauz und stets todernstem Gesicht: Nick Offerman). Knopes größtes Projekt zu Beginn der Serie ist es, aus der aufgelassenen Grube eines gescheiterten Bauunternehmens einen, genau: Stadtpark zu machen. Und zwar wenn nötig auch gegen den Widerstand der Erzfeinde des „Parks and Recreation“-Departments: die Bibliothekenverwaltung, die dort eine Bücherei errichten möchten. Keine leichte Aufgabe für Knope, die Leute von der Bibliothekenverwaltung sind schließlich sehr belesen, aber Leslie nimmt die Herausforderung gut gelaunt und kämpferisch wie allzeit an…

https://www.youtube.com/watch?v=PdxkdQ-gmaw?fs=1&hl=de_DE

Nur beinah satirisch ist „Parks and Recreation“, weil die Scherze über unfähige Stadtplaner, korrupte Kommunalpolitiker und Wutbürger, die sich sogar darüber beschweren, daß auf dem im Park gefundenen Sandwich kein Senf war, nie zu aufklärerisch werden. An erster Stelle steht immer der komische Effekt – und der beruht einerseits so sehr auf den prima gezeichneten Charakteren, wie man es aus britischen Sitcoms kennt (die permanent gelangweilte, apathische Praktikantin etwa ist ein Musterbeispiel beobachtender Comedy), ist aber so dicht an Gags, wie es nur US-Sitcoms hinbekommen. Allein die vielen Fresken in der Stadtverwaltung sind schon ein unerschöpflicher Quell von Komik: gemalt im naiven Realismus der dreißiger Jahre verprügelt da ein weißer Farmer seine Frau, wird ein gefesselter Indianerhäuptling mit einer großen Kanone von US-Soldaten erschossen oder eine Hochzeit zwischen einem Indianer und einer Weißen von sowohl aufgebrachten Rothäuten als auch weißen Siedlern brutal überfallen – selten hat man in einer Network-Sitcom so explizite Witze über die amerikanische Geschichte gesehen. Solche Scherze gehen vermutlich nur durch, weil sie in einem vordergründig heiteren und harmlosen Rahmen erzählt werden, wie ihn die US-Version von „The Office“ eben auch hat.

Tatsächlich stammen die Serien-Macher Greg Daniels und Michael Schur aus dem kreativen Team der US-„Office“-Produktion, und auch Rashida Jones, eine der „P&R“-Hauptfiguren, hat man dort schon gesehen. Doch „Parks and Recreation“ darf nun nicht als Spin-Off mißverstanden werden; das ist es nicht. Sondern eine leider sträflich unterbewertete politische Sitcom, die den Vergleich mit dem brillanten britischen „The Thick of It“ nicht scheuen muß. Gerade weil sie dem bösartig beißenden Humor der Engländer, die mit ihren Regierungspolitikern ins Gericht gehen, einen hinterhältig nachsichtigen Blick auf Provinzpolitiker der mittleren Eben entgegensetzt, der aber genauso aussagekräftig ist. Und, falls ich das noch nicht oft genug gesagt haben sollte, sehr, sehr komisch.

David Brent ist wieder da!

19. Januar 2011 6 Kommentare

Gerade sah es bei den Golden Globes noch so aus, als wäre Steve Carrell ernsthaft genervt von Ricky Gervais und dessen Witze über ihn, nun tritt, aber ja: Ricky Gervais in seiner Rolle als David Brent neben Carrell in der US-Version von „The Office“ auf. Ich habs von Obsessed With Film, die haben es von hier. Sieben Jahre nach der letzten Szene und dem Versprechen, nie mehr als Brent zu sehen sein zu wollen: das ist eine kleine Sensation.

Funny Money

21. Oktober 2010 1 Kommentar

The Sun hat die Top-40-Verdiener der britischen Comedy zusammengestellt und ihre Einkünfte aus dem laufenden Jahr geschätzt. Die geringste Überraschung sind natürlich die Spitzenreiter:

1. Sacha Baron Cohen: 8 Millionen Pfund (9 Mio. Euro) dank „Brüno“ und „Borat“

2. Ricky Gervais: 7 Mio. Pfund (7,9 Mio. Euro) dank der US-Lizenz für „The Office“, seiner UK-Tour „Science“ und zwei US-Live-Auftritten für geschätzte 500 000 Pfund.

2. Rowan Atkinson: dito 7 Mio. Pfund aus seiner „Mr Bean“-Rente, die ihm die permanente Ausstrahlung seiner Kultserie in Flugzeugen bringt: „Mr Bean“ ist die am häufigsten gezeigte Show auf Flügen.

2. Peter Kay: dito 7 Mio. für seine erste Stand Up-Tour seit sieben Jahren, die im nächsten Monat anläuft.

Auf Platz 6 folgt Steve Coogan, der sich mittlerweile auf dem US-Film- und -Fernsehmarkt etabliert hat, mit 5 Mio. Pfund (5,6 Mio. Euro); Platz 9 geht an Eddie Izzard (4 Mio. Pfund). Erst auf Platz 16 kommt Stephen Fry (2 Mio. Pfund), Plätze 21 resp. 24 gehen an die „Little Britain“-Stars David Walliams und Matt Lucas (1,8 bzw. 1 Mio. Pfund). John Cleese trudelt auf Rang 29 ein mit einer halben Million Pfund, dito Bill Bailey, und Mitchell & Webb haben 700 000 bzw. 400 000 Pfund eingefahren.

Was verdienen eigentlich deutsche Comedians? Ich habe mal eben schnell gegoogelt, aber offenbar sind deutsche Medien a) weniger an den Umsätzen der Comedy-Industrie interessiert oder b) ein wenig zurückhaltender mit so privaten Informationen wie Jahreseinkünften. Wer weiß was?

Endlich Herbst

23. September 2010 11 Kommentare

Die Fall Season der US-Fernsehsender hat begonnen! Ich habe noch nichts gesehen (gibt’s denn was Neues, das man sehen müßte?), allerdings klingt „Outsourced“ (NBC, ab heute abend), über das ich gerade gestolpert bin, nicht sehr vielversprechend: ein amerikanischer Jung-Manager, der nach Indien versetzt wird, wo er in einer indischen Version von „The Office“ landet. Inklusive trotteliger Inder, die mit voll lustigen Akzenten uralte US-Popkultur-Referenzen darbieten.

Klingt nicht nur schlimm (wie ja so ziemlich alle Comedybemühungen von NBC), sondern auch entfernt wie „Mumbai Calling“ (2009), einer gemeinsamen Produktion von ITV, HBO und dem australischen Sender ABC1. Nur daß die wirklich in Indien gedreht haben, dementsprechend realistischer mit der Thematik umgegangen sind, als es bei „Outsourced“ den Anschein hat, und von Anfang an eine Wendung mehr in ihrem Setup hatten: Denn bei „Mumbai Calling“ war die Hauptfigur, die aus ihrem beschaulichen Londoner Leben gerissen und in ein Call-Center nach Indien versetzt wird, ein in England geborener Manager indischer Abstammung, der sich auf diesem Weg plötzlich mit seiner eigenen Herkunft konfrontiert sah und damit, wie wenig er über seine eigenen Wurzeln weiß.

Nun war auch „Mumbai Calling“ trotz  Sanjeev Bhaskar („Goodness Gracious Me“) kein für alle Zeiten unvergeßlicher Comedy-Höhepunkt. Aber es wirkte authentisch (location, location, location!)  und keine Sekunde problematisch im Umgang mit Ausländer-Stereotypen. Und es hatte viele Lacher auf der Seite der Inder, was „Outsourced“ wohl eher fehlt. Ich würde jedenfalls lieber eine zweite Staffel davon sehen als den amerikanischen Rip-Off.

In the long run

30. Juni 2010 12 Kommentare

Zwei Texte über US-Sitcoms, die ich einmal gemocht habe, lassen mich dieser Tage annähernd unberührt: Die Meldung, daß Steve Carell „The Office“ nach der nächsten (der siebten) Staffel verlassen wird, und ein Kommentar zu „30 Rock“, der sich darüber beklagt, die Macher der Show vertrauten in letzter Zeit zu sehr darauf, daß die zahlreichen Stargäste die Serie trügen, die ansonsten aber immer noch die beste US-Comedy im britischen Fernsehen sei.

Woran liegt das? Immerhin habe ich die ersten drei Staffeln „Office“ und „30 Rock“ wirklich gerne gesehen. Beiden Serien könnte ich nicht guten Gewissens vorwerfen, sie seien irgendwann „über den Hai gesprungen“. Es war kein qualitativer Absturz, der mich die Fernbedienung hätte weglegen und sagen lassen: Also diesen Scheiß will ich nie mehr sehen. Aber sie haben es auch nicht geschafft, mich bei der Stange zu halten — etwa mit innovativen Storybögen oder tieferen Einblicken in die Charaktere. Wenn eine Sitcom gut ist, muß das ja auch nicht sein. „Frasier“ etwa habe ich, trotz schwächelnder Staffeln, gerne bis zum Ende gesehen, und das waren im Prinzip immer die gleichen Plots. Sie funktionierten immer aufs Neue, weil die Figuren mit ihren Schwächen und angespannten Beziehungen untereinander jede für sich liebenswert waren. Ich habe sie, wie Freunde im wirklichen Leben, immer wieder gerne getroffen. Auch wenn sie immer das gleiche erzählt haben.

Sind Michael Scott und Jim Halpert, Liz Lemon und Tracy Morgan also nicht liebenswert genug? Unterkomplex gar? So daß ich mich an ihnen schlicht sattgesehen habe? Oder, und das ist mein Verdacht, sind die kurzen britischen Staffeln dramaturgisch tragfähiger, weil sie Zuseher nicht auf lange Frist binden müssen und deshalb stärkere Charaktere zeichnen können: so dunkel, zerrissen, abgründig, daß man sie nicht Jahr für Jahr dutzende Male ertragen könnte — aber zwei- oder dreimal sechs halbe Stunden lang eben schon? Ist David Brent also anstrengend, aber unterhaltsam, Michael Scott aber nervig und, in den drei, vier verschiedenen charakterlichen Geschmacksrichtungen, die ihm die „Office“-Autoren über die Zeit auf den Leib geschrieben haben, dann doch — einfach zu langweilig?

Was meint die Leserschaft? Guckt ihr überhaupt noch das US-„Office“ und „30 Rock“?