The state of comedy
Ricky Gervais, berichtet der Guardian, habe sich kürzlich mockiert, Großbritannien falle in puncto Comedy mittlerweile hinter die USA zurück:
„We’ve got some poor copies of ‚Curb Your Enthusiasm‘, some poor copies of ‚Entourage‘ and some poor copies of ‚Seinfeld‘. With a few exceptions the Americans seem to be ahead of the game.“
Er, Gervais, sehe in der Folge gar keine britische Comedy mehr.
Hat Ricky Gervais recht? fragt der Guardian und gibt keine rechte Antwort, verweist aber darauf, daß a) Gervais stets zu Polemik neigt und b) gerade seinen neuen (US-produzierten) Film The Invention of Lying bewirbt, man außerdem seiner Ansicht sein könnte, wenn man gute US- mit schlechten GB-Produktionen vergliche, ihm aber widersprechen, wenn man gute GB- neben schlechte US-Comedys stellte.
(Hier übrigens der Trailer zu „The Invention of Lying“, der tatsächlich ganz vielversprechend aussieht:)
https://www.youtube.com/watch?v=VSGt673XsIg&hl=de&fs=1&
Das sind natürlich Binsenweisheiten. In der Tat aber hat das amerikanische Fernsehen in den letzten Jahren immer bessere, ja bisweilen fantastische Serien produziert, auch komische, während große britische Sitcoms-Hits wie „The Office“ rar geworden sind. Aber während es ziemlich einfach ist, den Erfolg von US-Sitcoms zu erklären (alle von Gervais aufgezählten Beispiele etwa sind mit Budgets gesegnet (gewesen), von denen die BBC und ihre heimischen Konkurrenten nur träumen können; die USA sind so groß, daß selbst die Minderheiten, die an intelligentem, schwarzen Humor interessiert sind, groß genug sind, daß speziell für sie Comedy produziert wird), während also die Vorteile leicht zu erkennen sind, die ein so großer Markt wie der amerikanische für Nischen bietet, aus denen heraus durchschlagende Mainstream-Erfolge kommen können, ist es nicht so leicht zu erkennen, warum das britische Fernsehen gerade keine Comedy-Smash-Hits hervorbringt.
Eine Erklärung, die ich für möglich und sehr bedauerlich halte, ist: Globalisierung. Ich vermeine einen ganz allgemeinen Trend zu erkennen, keineswegs nur auf Comedy bezogen, der die Vorteile der Insellage, die splendid isolation Großbritanniens Stück für Stück wegbrechen läßt, die Briten immer mehr ans Festland der restlichen Welt schmiedet und ihnen so den speziell englischen Charakter, nun ja, nicht gerade wegnimmt, aber doch in seiner Ausprägung reduziert. Das ist insbesondere für den spezifisch englischen Humor bedauerlich, der von Charaktereigenschaften lebt, wie sie in den USA so nicht zu finden sind, oder besser: nicht zu finden waren, denn mittlerweile gibt es eben auch genügend US-Beispiele für britischen Humor, der u.a. von Exzentrik, Grausamkeit („schwarzem Humor“), Nonsens, starkem Individualismus und Respektlosigkeit vor Autoritäten, Understatement und Bathos geprägt ist. Zusammen mit dem schleichenden Abschied von anderen englischen Eigenheiten (wie etwa dem Gentleman-Ideal) treten auch diese Eigenschaften zurück, während das US-Fernsehen gleichzeitig immer mehr Comedy auf Grundlage des englischen Humors produziert — und das natürlich in jeder Hinsicht megalomanisch: mit mehr Autoren, mehr Gags pro Folge, mehr Folgen pro Staffel und mehr Staffeln pro Serie.
Daß aber die Briten nun bei den Amerikanern Ideen und Formate klauten, wie Gervais das unterstellt, halte ich für reine Polemik, denn jeder Comedian, der etwas Neues zu machen versucht, hat Vorbilder, an denen er sich orientiert, und jede Serie baut auf das auf, was vor ihr da war. Es kommt, wie immer, nicht darauf an, etwas völlig Neues zu erfinden (das dürfte im Drama mehr noch als in der Komödie ausgeschlossen sein), sondern das Alte so zu erzählen, daß es die Zuhörer mitnimmt. Über einen Witz, den man schon kennt, lacht man schließlich auch ein zweites Mal, wenn er nur gut erzählt ist.
Das ist natürlich nun sehr allgemein dahingesagt, aber genauer weiß ich es auch nicht. Thoughts, anyone?
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