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Artikel Tagged ‘This is Spinal Tap’

This is Family Tree

27. September 2013 3 Kommentare

Spinal Tap, die Heavy Metal Band mit den röck döts über dem n, war bekanntlich die lauteste Band der Welt — weil sie die einzige Band mit Verstärkern war, deren Lautstärke man nicht wie üblich bis zehn, sondern sogar bis elf aufdrehen konnte. Doch trotz ihrer ungeheuren Lautstärke war der humoristische Ton von »This is Spinal Tap« (1984, Regie: Rob Reiner) eher leise. So entstand eine fein beobachtende, bisweilen sogar melancholische Doku-Parodie, die vor allem von den Hauptdarstellern und ihren improvisierten Dialogen (in einem parodierten Britisch-Englisch) lebte.

Christopher Guest, seinerzeit Leadgitarrist von Spinal Tap, hat diese komische Grundstimmung beibehalten, ebenso seine Vorliebe fürs Britische — und nun nach einigen kleinen Filmen (Titanic 5/2004) seine erste Sitcom vorgelegt: »Family Tree« (HBO/BBC). Auch hier gibt die Komik eben nicht eins auf die Zwölf, sondern, man verzeihe mir das gemopste Bild: auf die Elf. Chris O’Dowd (»The IT Crowd« und »Moone Boy«, siehe auch die »Humorkritik Spezial« in Titanic 12/2012) trägt hierzu als Tom Chadwick, Protagonist der Serie, das Seine bei, indem er den mehr oder weniger meschuggenen Menschen, auf die er trifft, stets zurückhaltende Irritation und ahnungslose Freundlichkeit entgegenbringt.

Und er trifft auf viele Meschuggene. Denn Tom, just arbeitslos geworden, erbt einen Koffer mit altem Krempel, zieht das Foto eines eindrucksvollen edwardianischen Offiziers heraus und beschließt umgehend – fasziniert von einer möglicherweise spannenden Familiengeschichte – seinen Stammbaum zu erforschen und noch lebenden Verwandten nachzuspüren.

Schnell stellt sich jedoch heraus, daß sein Vorfahr gar nicht der Porträtierte ist, sondern der Fotograf. Und natürlich war sein Urgroßvater, der neben Sir Laurence Olivier auf der Theaterbühne stand, nur Komparse und, als Teil seines eigenen Double Acts, die hintere Hälfte eines menschlichen Pferdes (die auch auf seinem Grabstein eingraviert ist). Doch Tom ist immun gegen Enttäuschungen, forscht immer weiter und gelangt in der zweiten Hälfte der Serie schließlich in die USA, wo er auf immer mehr Spinner trifft – und tatsächlich auf die komischeren. Womöglich ist die Fallhöhe in Amerika größer als in Großbritannien, wo Exzentriker förmlich zur Rudelbildung neigen; oder Christopher Guest kennt seine Landsleute doch ein bißchen genauer. Unter Umständen ist Guests amerikanischer Cast (der auch in seinen Filmen stets der gleiche ist) auch etwas besser eingespielt. Jedenfalls wird »Family Tree« nach einer eher schwachen ersten Episode von Folge zu Folge erfreulicher.

Am besten gefielen mir die Miniaturen, die Guest in jeder Folge untergebracht hat: kleine Parodien auf englische Sitcoms, wie sie Toms Vater gerne sieht (»There Goes the Neighbourhood«), oder die sehr komische Mischung aus Sherlock Holmes und Star Trek, »The New Sherlock Holmes«, die sich Tom gerne reinzieht. Überhaupt scheint mir Christopher Guest im episodischen Genre viel besser aufgehoben als im Spielfilm. Hier kann er sich ganz in seine Charaktere und deren absurde kleine Geschichten verwickeln – und prompt entsteht eine Serie, die mindestens doppelt so kurzweilig ist wie seine Filme. Gerade ist sie auf DVD erschienen und via Import erhältlich.

zuerst erschienen in der Humorkritik in Titanic 10/2013.

It’s Shaun the Sheep

1. November 2007 Keine Kommentare

Kinderfernsehen fällt selten in meinen Zuständigkeitsbereich; zu viel Lautes und Grellbuntes wird dem jungen Zuschauer von ­Öffentlich-Rechtlichen wie Privaten zugemutet. Daher ist auch »Shaun, das Schaf« lange an mir vorbeigegangen – ziemlich zu Unrecht, wie ich nun zerknischt feststellen muß.

Denn »Shaun the Sheep«, so der Originaltitel, hat mein Herz in wenigen Minuten erobert. Shaun stammt aus der Zucht des Trickfilmers Nick Park und ist wie seine berühmten Kollegen Wallace und Gromit ebenfalls ein mittels Stop-Motion animiertes Knetgeschöpf. (Wer »Wallace & Gromit« aufmerksam verfolgt hat, kennt Shaun bereits aus der Episode »A Close Shave«, deutsch: »Unter Schafen«.) Shaun, von dem man nicht weiß, ob er jünger oder einfach nur kleiner ist als die anderen Schafe, lebt mit seiner Herde, dem Hütehund Bitzer, drei mißgünstigen Schweinen und einigen anderen Tieren auf einer Farm und durfte bislang in 40 Episoden à sieben Minuten Alltagsabenteuer erleben: Die Schafe sollen gebadet werden, aber das Wasser ist viel zu kalt – also muß Shaun warmes Wasser organisieren. Die Herde vergnügt sich mit dem Wäscheständer des Farmers und ruiniert dabei das ganze Trockengut, das anschließend in einer Rettungsaktion geflickt werden muß. Die Schafe sollen geschoren werden, möchten aber nicht nackt herumlaufen, weshalb sie flugs einen Fluchttunnel graben – zum nächstgelegenen Friseur, der ihnen einen anständigen Schnitt verpaßt. Versteht sich, daß der Farmer von den Aktionen seiner Schafe nie etwas bemerken darf und – auch nie etwas spitzkriegt.

Sahnehäubchen vieler Episoden aber sind die augenzwinkernden Anspielungen, die die Produzenten von Aardman ­Animations eingebaut haben: Mal drischt der ­Farmer mit einem Bäumchen auf seinen Traktor ein wie Basil Fawlty in »Fawlty Towers« auf sein liegengebliebenes Auto, mal geht ein Gitarren­verstärker bis elf wie sein berühmtes Vorbild bei »Spinal Tap«, außerdem sind die ganzen Hitchcock-, »E.T.«- und »Rocky«-Zitate in Knetgummi und von Schafen nachgespielt natürlich noch mal so lustig wie das Original.

»Shaun das Schaf« lief in Deutschland schon in der »Sendung mit der Maus« und im KiKa; für alle, die ihn da aber noch nicht gesehen haben, besteht noch Hoffnung: Mitte November erscheint die umfassende DVD »Shaun The Sheep – Off The Baa« als UK-Import, wird aber auch Kindern ohne Englischkenntnisse verständlich sein, denn »Shaun« kommt völlig ohne Dialoge aus.

Zuerst erschienen in der Humorkritik in TITANIC 11/2007