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Artikel Tagged ‘Tristram Shandy: A Cock and Bull Story’

Unterwegs mit Rob und Steve

3. November 2010 5 Kommentare

„Es ist 2010. Alles ist gemacht, man kann nur etwas nochmal machen, anders oder besser“, sagt Rob Brydon (Rob Brydon) in den ersten Minuten von „The Trip“ (BBC2) zu Steve Coogan (Steve Coogan). Vielleicht auch eine Absicherung gegen Kritiker, denn tatsächlich: Brydon als Brydon zusammen mit Coogan als Coogan unter der Regie von Michael Winterbottom, das gab es tatsächlich schon: In der Verfilmungs-Verfilmung von Laurence Sternes „Tristram Shandy“, „A Cock And Bull Story“ (2006).

Hier nun reisen die beiden durch den nordenglischen Lake District, und zwar unter der Fiktion, daß Coogan eine Gastro-Kolumne vom Observer bekommen hat, für die er Restaurants besprechen soll. Leider ist seine amerikanische Freundin Mischa im letzten Moment abgesprungen, Coogan will aber nicht alleine reisen, also telefoniert er herum und landet, sonst hat leider niemand Zeit, schließlich bei seinem alten Kumpel Brydon. Der kommt gerne mit, und es entspinnt sich ein Roadtrip, während dem die beiden Freunde (und Konkurrenten im Comedy-Geschäft) über Gott und die Welt parlieren und vor allem ihre Fähigkeit vergleichen, Stimmen zu imitieren: die von Anthony Hopkins, Ronnie Corbett oder, wie hier im Clip, Michael Caine:
https://www.youtube.com/watch?v=HFIQIpC5_wY?fs=1&hl=de_DE

Im Laufe der ersten Episode wird klar, wie die beiden ticken: Coogan ist mit seinen Rollen in großen US-Filmen der erfolgreichere von beiden, der gerne mit seinem Agenten telefoniert („I don’t want to do British TV!“), schnell ein bißchen arrogant wirkt und reichlich kurz angebunden wirkt, als sich herausstellt, daß im ersten Hotel in Erwartung eines Pärchens lediglich ein Doppelzimmer gebucht ist statt zwei Einzelzimmer — und daß es auch kein freies Zimmer mehr gibt. Brydon hingegen, seinerseits mit Auftritten in zahllosen Pannel-Shows in England derzeit viel präsenter als Coogan, hat kein Problem, mit Coogan in einem Doppelbett zu schlafen, gibt den sympathischen Familien-Typ und wird prompt für den Assistenten Coogans gehalten.

Noch ist es ein bißchen unentschieden, wohin die Reise mit „The Trip“ wirklich gehen soll. Während der ersten Folge hatte ich das Gefühl, ich möchte nicht endlos dabei zusehen müssen, wie Coogan und Brydon einen Schauspieler nach dem anderen imitieren. Wenn sie aber etwa darüber streiten, wie man einem Kellner nach dem Probe-Schluck zu verstehen gibt, daß man mit der Flasche Wein einverstanden ist, oder wie man am naturgetreusten das Geräusch einer Pistole mit Schalldämpfer nachmacht, das hatte etwas im besten Sinne „Seinfeld“-haftes, dem ich noch länger zusehen könnte.

Es steckt vielleicht noch ein wenig mehr in dem Gespann Brydon/Coogan, das ja tatsächlich im wahren Leben genauso befreundet ist wie hier vor der Kamera und die gleichen Konflikte hat: Coogan als der erfolgreichere, aber unzufriedenere, Brydon als der ausgeglichenere, der zu Beginn seiner Karriere vom frühen Erfolg Coogans angestachelt war, selbst nachzuziehen. Selbst daß Coogan die Nase voll hat vom ewigen Promi-Parodieren, dürfte der Wahrheit entsprechen: Seine Comedy-Laufbahn hat bei „Spitting Image“ begonnen, wo er nichts anderes gemacht hat, als den Promi-Puppen seine Stimme zu leihen; umso glücklicher dürfte er gewesen sein, endlich mit Alan Partridge eine Figur entwickelt zu haben, die vollständig ihm gehörte.

Rob Brydon: Fat Man Walking

15. April 2010 3 Kommentare

Rob Brydon ist dick geworden: Acht britische Pfund, gute dreieinhalb Kilo, das Gewicht eines Säuglings also. Shocking! Die gute Nachricht: Er hat währenddessen im Lake District eine Serie mit Steve Coogan gedreht: „The Trip“ soll im Herbst auf BBC2 laufen und Brydon und Coogan quasi als sie selbst dabei zeigen, wie sie Restaurants testen. Das „quasi als sie selbst“ erklärt sich, wenn man erwähnt, daß Michael Winterbottom Regie führt: Er hat Brydon und Coogan in „A Cock and Bull Story“ (2005) schon einmal als quasi sie selbst gezeigt, nämlich als die Schauspieler Brydon und Coogan hinter den Kulissen einer „Tristram Shandy“-Verfilmung. Fragt sich nur, warum Steve Coogan und Rob Brydon („Human Remains“, „Marion & Geoff“, „Gavin and Stacey“) Restaurants testen.

Zugelegt habe Brydon wegen der vielen Szenen in Restaurants, denn die hätten bedeutet: dreimal das gleiche Essen nacheinander, damit man es aus drei verschiedenen Kameraperspektiven drehen kann.

The Life and Opinions of Steve Coogan, Comedian

4. Juni 2009 1 Kommentar

Wer einen Sinn hat für Filme mit Metaebene, zahllosen Anspielungen, Cameos und Seitenhieben auf das Film-Business, der ist gut bedient mit „Tristram Shandy: A Cock and Bull Story“ (2006). Überflüssig zu sagen, daß die Kenntnis von Laurence Sternes Romanklassiker unentbehrlich ist: Wer nicht weiß, daß Sterne mit „Tristram Shandy“ den postmodernen Roman erfunden hat, bevor es die Moderne überhaupt gab, wird keinen Spaß haben an Michael Winterbottoms tongue in cheek-Comedy. Denn nicht nur kommen in Winterbottoms Film sowohl Tristram Shandy (Steve Coogan) als auch Onkel Toby (Rob Brydon) vor, die Beschneidungs-Szene mit dem zuschlagenden Fenster, die eng mit einer aufzuziehenden Standuhr verbundene Sex-Szene sowie Onkel Tobys Schlachtenmodell und Tristrams Geburt. Winterbottom bezwingt mit einem dreisten Handgriff sogar das, was am Roman als unverfilmbar galt, nämlich die uferlosen Abschweifungen und Erzählungsmäander, die dem Narrator so übermächtig geraten, daß er nicht einmal die Distanz zwischen Zeugung und Geburt Tristrams bewältigt: Indem der Film von der Erzählung in die Metaerzählung abschweift, einen Schritt zurücktritt und von den Dreharbeiten zu „Tristram Shandy“ erzählt. Weshalb Coogan und Brydon auch als sie selbst eine zentrale Rolle spielen: Als die Schauspieler Steve Coogan und Rob Brydon.

Infolge dieses kühnen Tricks bestehen der zweite und dritte Akt des Films aus den immer unübersichtlicheren Verwicklungen am Set, in denen der Hahnenkampf zwischen Hauptdarsteller Coogan und Nebendarsteller Brydon ausufert, weil Coogans Part immer kleiner wird, während Brydon sogar eine Liebesgeschichte mit Gillian Anderson ins Drehbuch geschrieben wird. Coogans Privatleben, das inklusive Seitensprünge und Drogen in England häufig durch die Medien geschleift wurde, wird auch im Film ausführlich geschildert, und seine Rolle als Alan Partridge geht ihm auch am Set bei jedem Interview erneut auf den Senkel, das sich nur um Partridge dreht (den übrigens auch Brydon schön hinkriegt).

Gewiß, im letzten Drittel hat „A Cock and Bull Story“ seine Längen, und ich hätte mir hin und wieder eine engere Verwobenheit von Stoff und Metastoff gewünscht. Aber wo es an Bezügen zum Original von Sterne mangelt, fährt Winterbottom dafür viele Referenzen zu anderen Filmen auf (erwähnt sei nur der ebenfalls von Winterbottom gedrehte „24 Hour Party People“, in dem ebenfalls Coogan und Brydon mitspielen, es aber um das Leben von Tony Wilson geht, der wiederum in „Cock and Bull Story“ als er selbst Steve Coogan interviewt), und die Unmengen Gaststars tun für jeden Britcom-Fan das ihre — Dylan Moran („Black Books“), David Walliams („Little Britain“), Ashley Jensen („Extras“) und Stephen Fry etwa spielen kleinere bis kleinste Rollen.

Ein fabelhafter Film also, der aus einem brillanten Roman von 1759 eine clevere Satire auf das Filmgeschäft von heute macht, dabei beidem gerecht wird und auch noch lustig ist. Was will man mehr.