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Artikel Tagged ‘Will Forte’

Louis C.K., again

Für gewöhnlich halte ich mich von Sitcoms und Comedys fern, die mir, in Ermangelung eines besseren Begriffes, zu albern erscheinen. Von Comedys also, die ihre Charaktere so wenig ernst nehmen, dass sie um schneller Lachen willen zweidimensional bleiben. Ich kann mit den wenigsten Sachen von Judd Apatow etwas anfangen, mir sind Will Ferrell und „Ron Burgundy“ fremd geblieben, auch „Eastbond & Down“ war nichts für mich: alles zu laut, zu sehr auf die zwölf, zu viel Klamauk für meinen Geschmack. „The Last Man on Earth“ (Fox, seit 2015) war da schon eine Ausnahme, weil Will Fortes Phil immerhin noch ein Quentchen Tragik mitbrachte. Dass ich auch diese Serie im Laufe der zweiten Staffel irgendwann nicht mehr weiter geguckt habe, lag wohl eher an der konzeptbedingten Invarianz: es wiederholte sich alles halt doch recht regelmäßig.

Auch Zach Galifianakis („Hangover“) fiel bislang in diese Kategorie — und hat nun mit „Baskets“ (FX, seit Januar) aber eine Sitcom vorgelegt, die ich trotz ihrer Albernheit bislang gerne sehe: denn auch sie hat diese Prise Melancholie und Verlorenheit, die den reinen Quatsch (etwa Männer in Frauenkleidern) aufwiegen. Vermutlich nicht zuletzt, weil „Baskets“ nicht nur von Galifianakis, sondern auch Louis C.K. stammt, der allerdings nicht selbst mitspielt.
So ist es womöglich C.K.s Schwermut, die die Schießbudenfiguren erdet, von denen „Baskets“ bevölkert ist: von Chip Baskets (Galifianakis), einem nicht mehr wirklich jungen Mann, dessen Berufswunsch Clown in der ersten Folge schön zerschmettert wird: auf der Clown-Akademie in Paris scheitert er nicht zuletzt daran, dass er kein Wort Französisch spricht, und die Berufsaussichten zurück in den USA halten sich in engen Grenzen. So endet er als Rodeoclown; ein Beruf, von dessen Existenz ich bislang nichts gewusst hatte. Hier bedeutet es hauptsächlich, dass er sich von Stieren auf die Hörner nehmen lassen muss, um Menschen zum Lachen zu bringen. Talent ist dafür nicht erforderlich.


Weil er mit seinem französischen Motorroller einen Unfall baut, ist Chips hauptsächliche Bezugsperson bald die Versicherungsagentin Martha (Martha Kelly), die Karikatur eines farblosen, emotional vollkommen ausdruckslosen Mauerblümchens, die aber immerhin stoisch Chips (schlechte) Launen eträgt, ihn in ihrem Auto überall hinfährt und bald für seine Freundin gehalten wird. Und dann ist da noch Chips übergewichtige Mutter (gespielt von Stand-Up-Comedian Louie Anderson), ein Paradebeispiel übergriffiger Mütter, zu dem Chip den trotzigen Sohn als Counterpart gibt.

Für eine Serie, die an hanebüchenen Prämissen nicht eben spart (da gibt es z.B. noch Chips französische „Freundin“ und später Ehefrau, die nicht das geringste Interesse an ihm hat, der er aber vollkommen ergeben ist), fällt dann zwar als erstes auf, dass richtige, laute Lacher gar nicht mal so gehäuft vorkommen, wie man erwarten könnte. Im Gegenteil, die vordergründige Albernheit wird schön konterkariert durch Galifianakis‘ Deadpan-Spiel und insgesamt beinah depressive Töne.

Genau das aber macht dann eine Mischung, die ich so noch nicht gesehen habe — außer eben bei Louis C.K., wo ich diese spezielle Comedy-Farbe aber bislang immer mit der Person und der Persona von Louis C.K. selbst verbunden habe. Turns out: das lässt sich auch auf andere Serien übertragen!

Noch bin ich mir nicht sicher, ob nicht auch bei „Baskets“ die Halbwertzeit ähnlich kurz sein wird wie bei „Last Man on Earth“, ob nicht auch hier die flachen Figuren und ihre enge Bindung an die Prämisse schnell zu öden Wiederholungen führen. Aber für die erste Serie von Louis C.K. ohne Louis C.K. darin finde ich „Baskets“ bislang eigentlich ganz gut.

Pro und contra High-Concept

23. November 2015 2 Kommentare

Die zweite Staffel „The Affair“ (Showtime, seit 2014) ist noch besser als die erste.

Das ist deshalb etwas besonderes, weil ich das Gimmick, mit dem Sarah Treem und Hagai Levi („In Treatment“) ihre Serie gepimpt haben, schon während der ersten Staffel schwierig fand: die Erzählweise, in zweimal einer halben Stunde dieselben Ereignisse mit den Augen der zwei Hauptprotagonisten, sprich: subjektiv zu erzählen. Ein Gimmick, dessen sich die Macher von „The Affair“ nurmehr sporadisch bedienen (gerade in der achten von zwölf Folgen wieder etwas mehr, weshalb ich vermutlich auch darauf aufmerksam geworden bin). Mittlerweile sind die Charaktere, die in der ersten Staffel je nach Perspektive mal mehr, mal weniger sympathisch waren, durch die Bank konsistenter, was die Serie zwar ein ganzes Stück weniger innovativ und experimentell macht, aber auch besser — weil man der Charakterentwicklung nun wieder leichter folgen kann, ohne sich dauernd fragen zu müssen, ob das, was man sieht, womöglich eben nur im Spiegel des Charakters selbst geschieht oder tatsächlich.

So haben Treem und Levi mit „The Affair“ eine Kurve gekriegt, die andere fortgesetzte Serien dieser Season leider nicht ganz so gut gekriegt haben — und weil diese ungewöhnlichen, speziellen Konzepte von Serien gerade Konjunktur haben, sind es leider auch (mindestens) zwei andere Serien, die von diesem Problem betroffen sind:

„The Last Man on Earth“ (Fox, seit 2015) etwa. Der war nun schon seit der zweiten Folge nicht mehr der letzte und einzige Mensch auf der Welt; ja, über den Verlauf der ersten Staffel wurde es ein ganzes Ensemble.

Zwar haben sich die Autoren hier zu Beginn der zweiten Staffel zunächst auf das ursprüngliche Konzept halbwegs zurückbesonnen und den Cast wieder auf zwei reduziert, aber nur mit Phil (Will Forte) und Carol (Kristen Schaal) alleine eine ganze Staffel zu füllen, das ging nun halt doch nicht. Also waren bald alle aus der ersten Season wieder zurück, und mit ihnen das Grundproblem der Serie: Wie oft kann man den einzigen Witz der Serie wiederholen? Wie oft kann es sich ein Soziopath wie Phil mit allen verscherzen, und wie oft können sich alle anderen mit ihm wieder versöhnen, bis auch der letzte Zuschauer gemerkt hat, dass in dieser Serie nichts vorangehen kann?

Leider nicht so oft, wie ich es mir gewünscht hätte.

Auch „You’re The Worst“ (FX, seit 2014) ist diesem Problem so halb erlegen. Die will they, won’t they-Mechanik, die in der ersten Staffel die bindungsunfähigen Narzisten Jimmy (Chris Geere) und Gretchen (Aya Cash) magnetisch gleichermaßen zusammengebracht wie voneinander abgestoßen hat, wurde in der zweiten Staffel ersetzt durch eine feste Beziehung, und schon war die Chemie der ersten Staffel perdu. Schade, und noch bedauerlicher, dass Stephen Falk beschlossen hat, Gretchen auch noch auf halbem Weg durch die Season eine Depression anzudichten, die sie mehr oder weniger aus der Serie hinausgekickt hat. Das sollte wohl wieder etwas von dem Zauber des Verkorksten herstellen, der die erste Staffel hindurch so gut funktioniert hat — allein, das klappt nicht so recht. Denn Jimmy müsste, zumindest empfinde ich das so, eigentlich zu schlau sein, um zu glauben, man könnte jemandes Depression heilen, indem man ihm einen lustigen Tag bereitet. Und Gretchen ist nurmehr reduziert auf einen Flunsch, der sich die Decke über den Kopf zieht und vom Moment an, in dem sie eingestanden hat, depressiv zu sein, tatsächlich nur noch das: ein Häufchen Elend.

Das mögen amerikanische Zuschauer nun besonders mutig finden, dass sich eine Serie dem Tabuthema Depressionen so offen stellt — ich fand es eine Charakterentwicklung, die jemand offenbar mit einer Brechstange und einem großen Holzhammer ins Werk gesetzt hat.

Nun haben diese High-Concepts deswegen gerade Erfolg, weil sie mit einem ungewöhnlichen „Was wäre wenn …“-Setup viele Zuschauer schnell in ihren Bann ziehen: Was wäre, wenn eine junge Frau herausfindet, dass sie nur einer von ziemlich vielen Klonen ist? wenn ein junger Mann einen Hund hätte, der (nur) mit ihm spricht? wenn Tote sich unter die Lebenden mischen und die Lebenden das einfach hinnehmen, weil sie so ihrer Trauer aus dem Weg gehen können?

Das Risiko allerdings ist groß, dass Showrunner mit dieser Form von Konzept zu hoch pokern, dass die dieses Konzept zulasten der Charaktere geht, die Serien ja später einmal tragen müssen, wenn sich der Neuigkeitswert des Gimmicks abgenutzt hat — dass Serien also „keine Füße“ haben und in der Folge mehr stolpern und sich dahinschleppen, als wirklich laufen zu können.

Umso beeindruckender, dass „The Affair“ seine Füße gefunden hat und Dominic West („The Wire“), Ruth Wilson („Orange is The New Black“) und Maura Tierney in die Lage versetzt hat, ihre Charaktere zu entwickeln. Und mit den Charakteren und ihren amourösen Verstrickungen auch noch einen kriminalistischen Plot, der immer noch, in der Mitte der zweiten Staffel, gerade erst beginnt, Konturen zu entwickeln, und dabei doch spannender ist, als es der Taschenspielertrick mit den zwei Perspektiven langfristig je hätte sein können.

Scherze nach dem Ende der Welt

20. März 2015 3 Kommentare

Diese Sitcom dürfte eigentlich nicht funktionieren. Ein Mann, „The Last Man on Earth“ (Fox), alleine auf der weiten Welt? Wie kann das komisch sein — abgesehen davon, dass da vorher ja erst einmal die Welt untergegangen und also eine Katastrophe von unermesslicher Größe passiert sein muss?

Die Überraschung ist: Es kann. Es ist. Ziemlich lustig sogar.

Kleiner Spoiler: Phil Miller (Will Forte, auch Creator der Show) ist nur eine Folge lang wirklich allein, und auch die nur bis kurz vor ihrem Ende. Diese erste Folge aber ist so verblüffend komisch, dass er von mir aus auch noch zwei Episoden lang damit hätte zubringen können, Sachen kaputtzumachen, zu trinken, Kunstschätze aus aller Welt zusammenzutragen und sich ordentlich zugrunde zu richten.

Eine pubertäre Wendung des postapokalyptischen Schreckensszenarios ist das also erst einmal: Endlich allein zuhause auf der Welt — woohoo! Party like it’s 1999! Nie mehr Salat essen, mit dem Auto durch Schaufenster semmeln, den ganzen Tag besoffen! So muss das Paradies sein. Wenn man zwölf ist (innerlich).

Allerdings wird es Adam im Paradies bzw. Phil in seinem postapokalyptischen Bällebad doch recht schnell langweilig, denn er merkt: Tom Hanks war in „Cast Away“ vielleicht doch nicht der Trottel, für den ihn Phil zunächst gehalten hat. Man(n) braucht etwas mehr, um glücklich zu sein — eine Frau.

Phil hat Glück: Diese letzte Frau auf der Welt, Carol (Kristen Schaal), gibt es — sie ist seinen Schildern gefolgt, mit denen er auf sich aufmerksam machen wollte. Leider stellt sich schnell heraus, dass Carol nicht so hübsch ist, wie Phil seine Eva fantasiert hätte, und außerdem anstrengend konservativ bis spießig. Sex erst nach der Hochzeit, wenn überhaupt. Bzw.: Sagt dir die Formulierung „nicht einmal, wenn du der letzte Mensch auf der Welt wärst“ etwas?

Aber auch dieses schon etwas gewohntere Terrain für eine Sitcom, sozusagen die kompakteste, reduzierteste Form für Männer-sind-so-und-Frauen-sind-so-Witze, halten Forte und seine Produzenten Phil Lord und Christopher Miller („Cloudy With a Chance of Meatballs, „21 Jump Street“) nur zwei Folgen lang durch.

Dann tritt eine weitere Frau auf den Plan: Melissa („Mad Mans“ January Jones), und Phil bereut es sehr schnell, auf Carols alberne Hochzeitspläne eingegangen zu sein …

So verblüffend wie die erste Folge, in der Fox unerklärlicherweise Dinge wie betrunken Autofahren und versuchten Selbstmord durchgehen lässt, sind die anschließenden Episoden zwar nicht mehr. Dazu ist die Dreiecksbeziehung zwischen Phil, Carol und Melissa doch zu konventionell. Aber es ist immer noch außergewöhnlich komisch, was Will Forte („Saturday Night Live“, „30 Rock“) aus der Prämisse herausholt, eine Sitcoms nach dem Ende der Zivilisation anzulegen (eine Idee, die das britische „Cockroaches“, ITV2, leider längst nicht so gut umgesetzt hat).

Denn dass kein gesellschaftliches Korrektiv mehr da ist (die Menschheit soll von einem Virus ausgelöscht worden sein, aber es gibt keine sichtbaren Toten, alle Menschen scheinen — ohne dass die Show das je erklären würde — schlicht von der Erdoberfläche verschwunden), dass also keine Kontrollinstanz mehr existiert, wirkt wie ein Vergrößerungsglas auf die kleinen und großen Schrullen der letzten Menschen: Phil lässt sich vollkommen gehen, nutzt einen Swimmingpool als Toilette und richtet sich ein Margherita-Planschbecken ein, und Carols Liebe zu Ordnung und Regeln gibt ihr Halt in einer ansonsten haltlosen Umgebung.

Das aber führt zu lustig überdramatisierten Konflikten, die dementsprechend komisch sind. Und hoffentlich auch bleiben. Da wird es nun sehr drauf ankommen, ob die Serie eine sich weiterentwickelnde Geschichte erzählen will (was zumindest die Entwicklung der ersten Folgen andeutet), oder ob sie nun, da das komplizierte Dreieck angelegt ist, frozen in time weitergeht und die Konflikte der drei stets aufs Neue variiert. Das könnte dann ein bisschen wie die „Flintstones“ in einer Zukunfts-Steinzeit werden.

Gegen einen sich weiterentwickelnden Plot der Serie spräche, dass dafür vermutlich noch weitere Figuren nötig wären, die ihrerseits aber die Prämisse („last man on earth“) noch weiter verwässern würden, als es jetzt schon der Fall ist (immerhin sind es jetzt schon drei letzte Menschen auf der Erde).

Das Dilemma, das sich da abzeichnet, lässt mich leise befürchten, dass „The Last Man on Earth“ noch im Laufe der zehn Folgen dieser ersten Staffel (vier sind bereits gelaufen) schal werden könnte.

Andererseits hat diese Show in den ersten Folgen so viele gute Einfälle gehabt, dass ich hoffe, sie haben auch einen, wie das alles weitergehen soll.